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· Fachbeitrag · Steuererklärungen

Abschlüsse und Steuererklärungen 2019 ‒ Teil 1: Wichtige Neuerungen im betrieblichen Bereich

von StBin Dipl. Fwin (FH) Jutta Liess, Traunreut

| Die Erstellung von Abschlüssen und Steuererklärungen ist Alltagsgeschäft. Doch die ständigen Rechtsänderungen machen eine Routine unmöglich. Damit Sie nicht den Überblick verlieren und Gestaltungsspielräume ungenutzt bleiben, haben wir Ihnen eine Auswahl praxisrelevanter Neuerungen für die betrieblichen Steuererklärungen 2019 zusammengestellt. Ein Leitfaden für die „privaten Steuererklärungen“ folgt in der kommenden Ausgabe. |

1. Kleiner Exkurs zur „Aktualisierung der GoBD“

Die schon lange als „praxisfern“ kritisierten GoBD wurden kürzlich aktualisiert ‒ aber viele Fragen sind leider weiterhin ungeklärt. Die am 28.11.19 veröffentlichte aktuell gültige Version (BMF 28.11.19, IV A 4 - S 0316/19/10003 :001) gilt zwar grundsätzlich für Besteuerungszeiträume, die nach dem 31.12.19 beginnen. Die Neuerungen können aber bereits vorher angewendet werden. In erster Linie wurden aktuelle technische, organisatorische und fachliche Entwicklungen umgesetzt. Neu sind z. B. die Regelungen

  • zum ersetzenden Scannen bzw. „bildlichen Erfassen“ ‒ auch mittels mobiler Endgeräte wie Smartphones,
  • zur Konvertierung von aufbewahrungspflichtigen Originaldateien in unternehmenseigene „Inhouse-Formate“ und
  • zur kurzzeitigen gemeinsamen Erfassung barer und unbarer Geschäftsvorfälle.

 

Beachten Sie | Die aktuellen GoBD machen erneut deutlich, wie wichtig eine akkurate Verfahrensdokumentation ist! Sie ist nicht nur für die Anwendbarkeit der neuen Erleichterungen unerlässlich. Mit ihr steht und fällt die gesamte Ordnungsmäßigkeit der Buchführung. Gerade im Hinblick auf die mandanten- und beraterfreundliche Möglichkeit, Belege abzufotografieren und in einer Cloud zu speichern, hat die BStBK zusammen mit dem DStV am 29.11.19 eine überarbeitete Muster-Verfahrensdokumentation veröffentlicht. Darin geht es um die einzelnen Verfahrensschritte der Belegbearbeitung vom Posteingang über die Prüfung und Digitalisierung bis zur Archivierung sowie um die Anforderungen an Hard- und Software.

 

PRAXISTIPP | Die Musterverfahrensdokumentation (www.iww.de/s3312) lässt sich meist nicht unverändert für den Einzelfall übernehmen, gibt aber Aufschlüsse, welche Bereiche zu regeln sind. Es genügt aber nicht, dass nur die Prozesse in der Kanzlei festgehalten werden, sondern auch die beim Mandanten!

 

Nicht umgesetzt in den neuen GoBD wurden die Vorschläge des DStV zur Anpassung der Buchungsfrist an betriebliche Gegebenheiten und zu Ausnahmen für kleine Unternehmen bei der Verfahrensdokumentation. Doch die fortschreitende Digitalisierung wird schon bald für Ergänzungsbedarf sorgen.

 

Beachten Sie | Das BMF hat zeitgleich ergänzende Informationen zur Datenträgerüberlassung veröffentlicht (BMF 28.11.19, Referat IV A 4). Laut GoBD müssen bei einer Außenprüfung nämlich nicht nur die aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten bereitgestellt werden, sondern auch alle Strukturinformationen, die zur Auswertung der Daten notwendig sind. Hier gibt das ergänzende BMF-Schreiben weitere Hilfestellungen.

2. Wichtige Änderungen bei einzelnen Bilanzposten

Damit beim Jahresabschluss kein Detail übersehen wird, sollten die „Checklisten zur Jahresabschlusserstellung 2019“ (mit und ohne Plausibilitätsprüfungen) beachtet werden, die unter iww.de/gstb zum Download bereitstehen. Nachfolgend deshalb nur eine Auswahl von Bilanzpositionen, bei denen sich zum Bilanzstichtag 31.12.19 wesentliche Neuerungen ergeben:

 

2.1 Anlagevermögen: Neue GWG-Grenze auch für Software und ARAP

Im Rahmen der Aktivierung gekaufter Software bzw. von Computerprogrammen ist die 800-EUR-Grenze anzuwenden. Somit können standardisierte Trivialprogramme sofort abgeschrieben werden (R 5.5 Abs. 1 EStR mit Fußnote, BT-Drs. 16.6.17, 18/12750, S. 21). Die seit 1.1.18 gültige GWG-Grenze gilt zudem für Betriebsausgaben, die vor dem Abschlussstichtag für die Zeit danach gezahlt werden: Liegen diese unter 800 EUR netto, muss kein aktiver RAP i. S. d. § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG gebildet werden (FG Baden-Württemberg 2.3.18, 5 K 548/17, rkr.).

 

2.2 Anlagevermögen: GmbH-Beteiligung als Betriebsvermögen

Ist ein Einzelunternehmer an einer GmbH beteiligt, gehört die Beteiligung zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie aus Sicht des Einzelunternehmers mit erheblichen betrieblichen Vorteilen verbunden ist. Das ist laut BFH insbesondere dann der Fall, wenn die GmbH die branchengleiche Betätigung des Einzelunternehmens fördert oder den Absatz der Produkte bzw. Dienstleistungen des Einzelunternehmens gewährleistet.

 

Beachten Sie | Maßgeblich für eine solche Absatzförderung ist der Anteil am Umsatz des Einzelunternehmens, nicht am Gewinn. Nicht maßgeblich ist, ob die GmbH über die Geschäftsbeziehung hinaus noch einen weiteren Geschäftsbetrieb unterhält. Entscheidend sind die Vorteile aus Sicht des Einzelunternehmers. Im Streitfall war dieser an der GmbH unmittelbar zu 100 % beteiligt und über diese mittelbar an zwei weiteren GmbHs. Mit diesen drei GmbHs tätigte er 99,9 % seiner Umsätze. Die Dividenden führten damit nicht zu Kapitaleinkünften, sondern zu gewerblichen Einkünften (BFH 10.4.19, X R 28/16).

 

2.3 Anlagevermögen: Investitionsabzugsbetrag

Das zur Liquiditätssteuerung beliebte Gestaltungsmittel des Investitionsabzugsbetrags (IAB) hat an Attraktivität verloren, seit er rückwirkend aufgelöst und verzinst werden muss, soweit die spätere Investition nicht bzw. nicht im geplanten Umfang durchgeführt oder das angeschaffte Wirtschaftsgut nicht bis zum Folgejahr der Anschaffung zu mindestens 90 % betrieblich genutzt wird. Bei unrealistischen Vorhaben sollte man also davon Abstand nehmen. Neben den bekannten Grundlagen zum IAB sind folgende aktuelle Neuerungen zu beachten:

 

  • Die konkrete Investitionsabsicht muss zur Bildung des IAB zwar nicht mehr nachgewiesen werden, wohl aber die fast ausschließlich betriebliche Nutzung. Für einen Pkw kann die mindestens 90%ige betriebliche Nutzung nur über ein Fahrtenbuch nachgewiesen werden. Die Anwendung der 1 %-Regelung schließt einen IAB aus. Es ist auch auf einen rechtzeitigen Nachweis zu achten, nachträgliche Aufzeichnungen reichen nicht (FG Münster, 10.7.19, 7 K 2862/17 E; Rev. BFH: VIII R 24/19).

 

  • Die fast ausschließlich betriebliche Nutzung muss im Inland stattfinden. Werden Maschinen oder Werkzeuge bei einem ausländischen Auftragnehmer eingesetzt und gelagert, bleibt die Zuordnung zum inländischen Betrieb bestehen, wenn im Ausland keine Betriebsstätte entsteht und die tatsächliche Verfügungsgewalt beim investierenden Unternehmen im Inland bleibt. Allerdings hat auch hier der BFH das letzte Wort (Rev. BFH: IV R 16/18).

 

  • Der IAB ist bei Anschaffung des entsprechenden Wirtschaftsguts durch Gewinnzurechnung aufzulösen (§ 7g Abs. 2 EStG). In der Regel werden die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten entsprechend gemindert. Was passiert aber, wenn das Wirtschaftsgut zwar angeschafft und die Kosten entsprechend reduziert wurden, allerdings der IAB nicht entsprechend aufgelöst wurde? Das FG Rheinland-Pfalz (26.2.19, 3 K 1658/18) ist der Meinung, dass der IAB auch in diesem Fall rückwirkend aufzulösen ist, obwohl die Anschaffung erfolgte. Denn der Gesetzgeber hätte bewusst auf das Ausbleiben der Hinzurechnung und nicht der Anschaffung abgestellt. Letztendlich hat auch hier der BFH das letzte Wort (Rev. BFH: X R 11/19).

 

  • Die Finanzverwaltung hat für Personengesellschaften ihre Meinung zur Verwendung eines IAB an die Rechtsprechung angepasst (BFM 26.8.19, IV C 6 - S 2139-b/07/10002-02):

 

    • Ein IAB kann sowohl vom Gesamthandsgewinn als auch vom Sonderbetriebsgewinn abgezogen werden. Wurde ein IAB vom Gesamthandsgewinn gemindert, kann er auch für begünstigte Investitionen eines Gesellschafters im Sonder-BV verwendet werden ‒ und umgekehrt.

 

    • Möglich ist auch, dass ein Gesellschafter einen IAB bildet und ein anderer Gesellschafter den IAB für ein Wirtschaftsgut in seinem notwendigen Sonderbetriebsvermögen (derselben Gesellschaft) verwendet.

 

    • Keine begünstigte Anschaffung liegt vor, wenn ein Gesellschafter ein Wirtschaftsgut von der Gesellschaft erwirbt. Und auch nicht, wenn die Gesellschaft oder ein Gesellschafter ein Wirtschaftsgut erwirbt, das zuvor zum Sonderbetriebsvermögen eines anderen Gesellschafters gehört hat.

 

    • Die Frage, ob der Hinzurechnungsbetrag i. S. d. § 7g Abs. 2 EStG durch Auflösung eines IAB im Anschaffungsjahr das Kapitalkonto eines Kommanditisten erhöht, ist vor dem BFH anhängig (Revision IV R 26/19).

 

    • Wird ein IAB rückgängig gemacht, ist die daraus resultierende Gewinnerhöhung nach der vereinbarten Gewinnverteilung aufzuteilen (FG Düsseldorf 8.5.19, 15 K 1457/18 F, rkr.).

 

Beachten Sie | Wird eine Kapitalgesellschaft formwechselnd in eine Personengesellschaft umgewandelt, gilt für einen IAB, den die Kapitalgesellschaft für Anlagegüter gebildet hat, welche die Personengesellschaft dann anschafft, Folgendes: Bei den Personengesellschaftern kann es zu einem fiktiven Dividendenanteil für offene Gewinnrücklagen der Kapitalgesellschaft i. S. d § 7 UmwStG kommen. Nach der Einlagefiktion der §§ 9 S. 1, 5 Abs. 2 UmwStG kann diese fiktive Ausschüttung zu betrieblichen Einkünften bei der Personengesellschaft führen.

 

PRAXISTIPP | Entgegen der Literaturmeinung hat der BFH für diesen Fall klargestellt, dass die Zurechnung des steuerlichen Eigenkapitals ‒ bei dem streng genommen außerbilanzielle Korrekturen wie der IAB unberücksichtigt bleiben ‒ um einen bis zum Übertragungsstichtag in Anspruch genommenen und noch nicht aufgelösten IAB zu mindern ist (BFH 11.4.19, IV R 1/17). Der Grund: Es kommt zu keinen unbesteuerten Gewinnrücklagen, da die Auflösung des IAB bei der Personengesellschaft sichergestellt ist.

 

2.4 Umlaufvermögen: Teilwertabschreibung auf Fertigerzeugnisse

Ist der Wert des Umlaufvermögens am Bilanzstichtag wertgemindert, muss er handelsrechtlich selbst bei einer nur vorübergehenden Wertminderung mit dem niedrigeren Wert angesetzt werden (§ 253 Abs. 4 HGB). Steuerlich hingegen besteht ein Wahlrecht, das allerdings nur bei einer dauerhaften Wertminderung infrage kommt (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG). Soweit die Theorie.

 

In der Praxis stellt sich vor allem die Frage, wie hoch der aktuelle Verkehrswert ist, ob eine evtl. Wertminderung dauerhaft ist und wie beides nachgewiesen werden kann. Hier besteht durchaus Gestaltungsspielraum. Grundsätzliche Regelungen hat die Finanzverwaltung bereits vor Längerem zusammengefasst (R 6.7 und 6.8 EStR; H 6.8 EStH sowie BFM 2.9.16, IV C 6 - S 2171-b/09/10002 :002). Immer wieder sind die Verfahren zur Berechnung von Teilwertabschreibungen aber Streitpunkt zwischen Berater und Finanzamt, spätestens bei Betriebsprüfungen. Das betrifft v. a. Waren mit langer Lagerdauer und solche, die einem schnellen modischen oder technischen Wandel unterliegen.

 

Beachten Sie | Insbesondere für Saisonwaren bietet ein im Jahr 2019 veröffentlichtes Urteil des FG Münster (21.11.18, 13 K 444/16 K, G, F) für die Berechnung des Wertabschlags nach der retrograden Methode praxisrelevante Details. Das Urteil erfindet das Rad nicht neu, wiederholt die komplexe Rechtslage aber recht gut:

 

  • Die steuerlich zu berücksichtigende Gewinnmarge bestimmt sich nach den individuellen Gegebenheiten des Unternehmens.
  • Insbesondere ist der „Soll-Rohertrag“ im Einzelfall nach den betrieblichen Kennzahlen zu bestimmen.
  • Maßgeblich sind nicht branchenübliche Durchschnittswerte, sondern die konkreten Ist-Zahlen der vergangenen Jahresabschlüsse.
  • Die Schätzwerte für die zukünftig erwarteten Verkaufserlöse sind durch Analysen der tatsächlichen Verhältnisse der Vergangenheit zu belegen.

 

PRAXISTIPP | Die Berechnung und der Nachweis des „passenden“ Teilwerts sind komplex. Um Fehler zu vermeiden und Gestaltungspotenzial zu nutzen, lohnt es sich bei betragsmäßig wesentlichem Vorratsbestand, besondere Sorgfalt walten zu lassen. Auch sollte man die handels- und steuerrechtlichen Differenzen mit ins Kalkül ziehen. Oftmals ergeben sich insbesondere bei hohen Gewinnmargen höhere steuerrechtliche Teilwertabschreibungen.

 

2.5 Ordnungsgemäße Kassenführung und Zuschätzungen

Auch wenn letztlich der Mandant für die ordnungsgemäße Kassenführung haftet, kann sich für Steuerkanzleien schnell eine Mithaftung ergeben. Umfassende Neuerungen ergeben sich für die im Rahmen des Abschlusses 2019 zu prüfenden Kassenaufzeichnungen nicht, da die Verschärfungen des § 146a AO mitsamt KassenSichV und Anwendungserlass (BMF 17.6.19, IV A 4 - S 0316-a/18/10001) erst ab 2020 greifen. Dennoch sollten Berater ihre Mandanten eindringlich belehren und die entsprechenden Hinweise schriftlich dokumentieren sowie vom Mandanten „freizeichnen lassen“.

 

PRAXISTIPP | Um auf der sicheren Seite zu sein, können Sie Mandanten mit elektronischen Kassensystemen folgende „einfache“ Regeln zur Fehlervermeidung „eintriggern“:

 

  • Tägliche Aufzeichnungspflicht: nach jedem Ladenschluss Kassensturz mit Protokollierung und Abgleich der elektronisch erfassten Daten. Dies betrifft auch Geldbewegungen in Nebenkassen.
  • Einzelaufzeichnungspflicht: Jeden Umsatz sofort, nicht erst später eintippen. Kassenlade immer geschlossen halten, um Verdachtsmomente zu vermeiden.
  • Keine unprotokollierten Änderungen: Stichwort Nachvollziehbarkeit ‒ z. B. auch bei neuen Tastenbelegungen die „Vorher-Nachher-Belegung“ aufbewahren. An Aufzeichnung von Rabattaktionen und Sonderangeboten denken.
  • Nichts wegwerfen, nichts löschen: Immer alle Programmieranweisungen und Datenblätter aufbewahren. Auch Preislisten, Speisekarten und Kalkulationsgrundlagen zugänglich machen und aufbewahren, sowie jede Änderung.
  • Kontrollregeln implementieren: Regelmäßig prüfen, ob alle relevanten Daten gespeichert und lesbar sind. Auch die Prüfung ist zu protokollieren.
  • Verfahrensdokumentation: Auch der Mandant muss seine Prozesse dokumentieren und regelmäßig aktualisieren.
 

Während die Schätzungsbefugnisse der Finanzämter bei Kassenmängeln durch diverse BFH-Urteile im Jahr 2017 und 2018 eher eingeschränkt wurden (siehe GStB 19, 96), haben die obersten Bundesrichter im Jahr 2019 die Richtsatzsammlungen der Finanzverwaltung grundsätzlich als Schätzungsmethode anerkannt (BFH 8.8.19, X B 117/18). Der BFH hat sich allerdings für künftige Verfahren eine erneute Prüfung der Richtsatzsammlungen offengehalten. Auch die anhängigen Verfahren IV R 1/18 und IV R 2/18 sollten beobachtet werden.

 

2.6 Rücklage nach § 6b EStG

Mit einer Reinvestitionsrücklage lassen sich stille Reserven in verkauftem oder übertragenem betrieblichem Grundbesitz ohne Aufdeckung auf anderen Grundbesitz übertragen. Ein aktuelles Urteil macht allerdings deutlich, dass solch eine Rücklage gut geplant werden muss. Denn bei einer rückwirkenden Auflösung droht ein erheblicher Gewinnzuschlag i. S. d. § 6b Abs. 7 EStG.

 

Beachten Sie | Soll die Rücklage auf ein neu zu bauendes Gebäude übertragen werden, muss mit der Herstellung vor dem Schluss des vierten auf die Bildung folgenden Jahres begonnen werden. Bloße Vorbereitungshandlungen reichen für einen Herstellungsbeginn noch nicht. Nicht fristgerecht war im entschiedenen Fall die Beauftragung eines Architekten, der bis zum Ablauf der Frist nur einen Bruchteil der vereinbarten Stunden abgeleistet hatte und dessen Leistung sich nur auf die Entwurfsplanung beschränkte (BFH 9.7.19, X R 7/17, GStB 20, 44). Gut wäre ein Bauantrag vor Ablauf der Frist, auch wenn dieser nicht als Bedingung für den Herstellungsbeginn gesehen wird.

 

2.7 Rückstellungen

Im Bereich der Rückstellungen ist auf folgende Neuigkeiten hinzuweisen:

 

  • Rückstellung für Archivierungskosten: Für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen muss sowohl handels- als auch steuerrechtlich eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden. Allerdings setzt das eine öffentlich-rechtliche Aufbewahrungspflicht voraus. Diese liegt nicht vor, wenn Steuerberater Mandantendaten z. B. im DATEV-Rechenzentrum speichern. Für die dadurch entstehenden Kosten können die Kanzleien keine Rückstellung bilden (BFH 13.2.19, XI R 42/17).

 

  • Pensionsrückstellungen: Die alten „Richttafeln 2005 G” können letztmals für das Wirtschaftsjahr verwendet werden, das vor dem 30.6.19 endet (BMF 19.10.18, IV C 6 - S 2176/07/10004). Beim Übergang auf die neuen Richttafeln muss steuerrechtlich (Abweichung zum Handelsrecht) der ‒ positive oder negative ‒ Unterschiedsbetrag aus der alten und neuen Bewertung grundsätzlich auf (mindestens) drei Jahre verteilt werden (§ 6a Abs. 4 S. 2 EStG).

 

  • Beachten Sie | Die Verteilregel gilt (entgegen BMF 19.10.18, Rz. 5) nicht für Erstzusagen im Umstellungsjahr (BFH 13.2.19, XI R 34/16; BMF 17.12.19, IV C 6 - S 2176/19/10001 :001). Schließlich fehlt es bei der erstmaligen Erteilung einer Pensionszusage und damit bei deren erstmaligen Bewertung an einem Unterschiedsbetrag zu einer vorherigen Bewertung. Werden im Jahr der erstmaligen Anwendung der neuen Heubeck-Tafeln also Pensionszusagen neu zugesagt, kann der Aufwand sofort abgezogen werden. Wer mag, darf aber auch die Verteilregel anwenden ‒ dann aber für alle neuen Zusagen.

 

  • Rückstellung aus Kundenbindungsprogrammen: Ob für die Verpflichtung eines Einzelhändlers, Kunden bei künftigen Einkünften Rabatte aus einem Bonuspunktesystem zu gewähren, eine Rückstellung wegen ungewisser Verbindlichkeiten zu bilden ist, hat der BFH zu klären (Revision IV R 20/19). Nach Ansicht des FG Nürnberg ist die Verpflichtung zur Einlösung der Bonuspunkte wirtschaftlich durch die Umsätze der Vergangenheit verursacht, damit greift das Passivierungsverbot für einnahmen- bzw. gewinnabhängige Verpflichtungen i. S. d. § 5 Abs. 2a EStG nicht. Für Gutscheine von Friseuren, die im nächsten Jahr eingelöst werden können, hatte der BFH bisher sowohl den Ausweis von Verbindlichkeiten als auch von Rückstellungen verneint (19.9.12, IV R 45/09). Insofern wird der Ausgang des neuen Verfahrens hochinteressant sein.

 

2.8 Verbindlichkeiten

Im Bereich der Verbindlichkeiten ist v. a. die Abzinsung von länger als einem Jahr laufenden unverzinslichen Schulden kritisch. Handelsrechtlich sind solche Verbindlichkeiten nicht abzuzinsen, sondern mit dem Erfüllungsbetrag anzusetzen (§ 253 Abs. 1 S. 2 HGB). Der steuerliche Abzinsungssatz von 5,5 % scheint ernstlich zweifelhaft (FG Hamburg 31.1.19, 2 V 112/18). Für 2010 hat der BFH den Zinssatz für verfassungsgemäß eingestuft, allerdings anklingen lassen, dass die adäquate Zinshöhe in zeitnäheren Fällen anders zu beurteilen sein könne (22.5.19, X R 19/17). Die Bundesregierung hat hingegen bis auf Weiteres keine Aktualisierung einplant (BT-Drs. 19/12971).

 

PRAXISTIPP | Auch für den Gewinnzuschlag i. S. d. § 6b Abs. 7 EStG i. H. v. 6 % hat der BFH für das Jahr 2009 noch keine Bedenken gehabt (9.7.19, X R 7/17). Mit Spannung bleibt abzuwarten, wie das Revisionsverfahren gegen den 6%igen Gewinnzuschlag bei Überentnahmen i. S. d. § 4 Abs. 4a EStG ausgehen wird (BFH IV R 19/19). Auf dem Prüfstand stehen auch der Zinssatz von 6 % für die Bewertung von Pensionsrückstellungen (BVerfG 2 BvL 22/17) und die Höhe der Nachzahlungszinsen von 6 % nach § 238 AO (BVerfG 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17).

 

3. Sonstige Besonderheiten im Bereich der Gewinnermittlung

3.1 Zeitpunkt von Betriebseinnahmen bei ausgegebenen Gutscheinen

Im Rahmen der Abschlussarbeiten ist zu prüfen, ob die seit 1.1.19 geänderte ertrag- und umsatzsteuerliche Behandlung von Gutscheinen in der unterjährigen Buchhaltung richtig umgesetzt wurde. Zu den neuen lohnsteuerlichen Spielregeln für Gutscheine s. LGP 20, 12. Zur Behandlung von vor 2019 ausgestellten Gutscheinen s. OFD Karlsruhe 13.8.19, S 7270, Karte 3.

 

PRAXISTIPP | Das bereits für Herbst 2019 angekündigte BMF-Schreiben zur Anwendung der neuen umsatzsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen befindet sich derzeit in Abstimmung mit den Verbänden (vgl. u. a. Eingaben vom DStV 14.1.20, S 01/20 und Mitteilung der BStBK vom 15.1.20).

 

3.2 Private Kfz-Nutzung

Jeder Unternehmer möchte die Besteuerung seiner privaten Pkw-Nutzung so niedrig wie möglich halten. Wird relativ viel privat gefahren, ist die 1 %-Regelung gar nicht so schlecht. Bei wenigen Privatfahrten oder abgeschriebenen Fahrzeugen lohnt oft ein Fahrtenbuch. Berater sollten sich ein Fahrtenbuch aber nicht erst beim Abschluss vorlegen lassen. Aktuell ist u. a. die Frage anhängig, inwiefern die unmittelbare elektronische Erfassung der Fahrtwege ausreicht und wie zeitnah die Fahrtanlässe ‒ insbesondere die aufgesuchten Geschäftspartner bzw. die konkrete berufliche Verrichtung ‒ aufgezeichnet werden müssen (BFH VI B 25/19). Im Bereich der 1 %-Regelung sind folgende Punkte akut:

 

  • Noch anhängig ist z. B. die Frage, ob der Erlös aus dem Verkauf eines gewillkürten Betriebs-Pkw, der z. B. nur zu 25 % betrieblich genutzt wurde, zu 100 % als Betriebseinnahme zu erfassen ist (Rev. BFH VIII R 9/18).

 

  • Und zur Frage der Kostendeckelung sollte man das beim BVerfG anhängige Verfahren 2 BvR 2129/18 im Blick haben. Hier geht es darum, ob es verfassungsrechtlich geboten ist, die nach der 1 %-Regelung ermittelte Nutzungsentnahme auf 50 % der Gesamtaufwendungen für das Kfz zu begrenzen (Voraussetzung ist ja hier die mehr als 50%ige betriebliche Nutzung).

 

  • Der Anscheinsbeweis für eine Privatnutzung kann zwar mit gut vorgebrachten Argumenten eventuell dadurch erschüttert werden, dass ein gleichwertiges Privatfahrzeug zur Verfügung steht (BFH 4.12.12, VIII R 42/09). Allerdings geht das nur, wenn das Privatfahrzeug dem Unternehmer uneingeschränkt ständig zur Verfügung steht. Schädlich ist die Mitbenutzung durch den Lebenspartner (FG Niedersachsen 20.3.19, 9 K 125/18, rkr.).

 

3.3 Betriebsausgabenabzug bei gemischten Veranstaltungen

Kosten für Tagungen und Betriebsveranstaltungen führen immer wieder zu Streit mit dem Finanzamt. Rückenwind gibt nun ein BFH-Urteil, das in einer Jubiläums-Jahrestagung eines Vereins auf einem Schiff eine rein betriebliche Veranstaltung sah (BFH 20.2.19, XI B 15/18). Klar ist zwar, dass das kein Freischein ist, zumal das Urteil nicht allgemein veröffentlich wurde. Aber es zeigt, dass sich eine von Anfang an gute Planung, Argumentation und Dokumentation lohnen kann. Ausschlaggebend war letztendlich, dass der fachliche Austausch, die Kontaktpflege und der berufliche Charakter eindeutig im Vordergrund standen. Bei einem gemischten Teilnehmerkreis ließ der BFH nun sogar eine adäquate Schätzung zur Aufteilung der Aufwendungen zu (21.3.19, VIII B 129/18).

 

3.4 Begrenzung von Geschenkeaufwendungen

Ähnlich streitanfällig ist der Abzug von Geschenken an Geschäftsfreunde. Leider hat es im Jahr 2019 Gewissheit gegeben, dass typische Werbeträger ‒ wie z. B. Kalender mit Firmenlogo ‒ nicht vom begrenzten Betriebsausgabenabzug ausgenommen sind (FG Baden-Württemberg 12.4.16, 6 K 2005/11, rkr.). Auch die OFD Frankfurt hat neue Einzelheiten zu Geschenken und Aufmerksamkeiten herausgegeben (27.2.19, S 2145 A ‒ 005 ‒ St 210). Und das FG Berlin-Brandenburg hat sich mit Aufwendungen für VIP-Logen und Kulturveranstaltungen auseinandergesetzt (19.6.19, 7 K 7250/15).

 

3.5 Begrenzung des betrieblichen Schuldzinsenabzugs

Bereits im Jahre 2018 hat die Finanzverwaltung die Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen bei Überentnahmen konkretisiert (BMF 2.11.18, IV C 6 - S 2144/07/10001 :007; vgl. im Einzelnen GStB 19, 99, Punkt 3.2).

 

Nicht ganz einfach ist die Berücksichtigung von Verlusten: Sie erhöhen zwar nicht die Überentnahmen, zehren aber Einlagen im Verlustjahr und vortragsfähige Unterentnahmen auf. Klargestellt hat die Finanzverwaltung im Jahr 2019, dass der Antrag auf die Berücksichtigung von Verlusten nach den „alten“ Regeln kein Wahlrecht darstellt, sondern eine Vertrauensschutzregel (Zusatz in OFD Frankfurt 19.3.19, S 2144 A ‒ 117 ‒ St 210). Folge: Die „alte“ Verlustberücksichtigung kann nur beim erst- und einmaligen Übergang auf die neuen Berechnungsmodalitäten angewendet werden. Die konkreten Auswirkungen hat die OFD NRW dargestellt (28.3.19, S 2144-2018/0011-St 143).

 

PRAXISTIPP | Im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung alter Unterentnahmen vor dem 1.1.99 kann in einschlägigen Fällen ein Einspruch mit Hinweis auf die anhängigen Revisionen beim BFH (X R 40/18 bis X R 43/18) lohnen.

 

Beachten Sie | Auch im Bereich der Begrenzung von Schuldzinsen im Rahmen der Zinsschranke i. S. d. § 4h EStG gibt es aktuelle Regelungen, insbesondere zu Zinsswaps, der Berücksichtigung eines Sanierungsgewinns, zum EBITDA-Vortrag und zur Gesellschafterfremdfinanzierung (FinMin Schleswig-Holstein 30.4.19, VI 3013 ‒ S 2741 ‒ 109 akt. Kurzinfo ESt 8/2014).

 

3.6 Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen

Nach langem Hin und Her sind Gewinne aus Schuldenerlassen zu Sanierungszwecken sowohl für alte Zeiträume vor 8.2.17 über den Sanierungserlass (BMF 29.3.18, IV C 6 - S 2140/13/10003; Verfassungsbeschwerde BVerfG 2 BvR 2637/17 nicht zur Entscheidung angenommen) als auch für Zeiträume danach über § 3a EStG (BT-Drs. 8.11.18, 19/5595, Zustimmung BR 23.11.18) unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei. Nun hat die EU-Kommission auch der Sanierungsklausel zur körperschaftsteuerlichen Verlustwahrung bei Beteiligungserwerben in § 8c Abs. 1a KStG grünes Licht gegeben (PM EU-Kommission 22.1.20).

4. Streiflicht Umsatzsteuer

Bei der Umsatzsteuer hat sich im Jahr 2019 sehr viel getan, hier ein Ausschnitt:

 

  • Wichtig für Kleinunternehmer: Wie der Umsatz im Falle der Differenzbesteuerung zu ermitteln ist, ist nun geklärt (BFH 23.10.19, XI R 17/19): Bei Wiederverkäufern i. S. d. § 25a Abs. 1 Nr. 1 S. 2 UStG bestimmt sich der Gesamtumsatz i. S. d. § 19 Abs. 3 S. 1 UStG nicht nach der Marge (Summe der Differenzbeträge), sondern nach der Summe der vereinnahmten Entgelte. So sieht es auch die Finanzverwaltung (Abschn. 19.3 Abs. 1 S. 5 UStAE).

 

  • Wichtig für Reiseveranstalter: Die Margenbesteuerung gilt für ab 18.12.19 erbrachte Reiseleistungen auch im B2B-Bereich (Änderung des § 25 Abs. 1 UStG durch das „JStG 2019“). Für Reiseveranstalter kann auch die Überlassung der von anderen Unternehmen angemieteten Ferienwohnungen der Margenbesteuerung unterliegen (BFH 22.8.19, V R 12/19). Hier gilt es nun, Vermittlungsleistungen und zur Überlassung der Ferienwohnung weiter erbrachte Leistungselemente abzugrenzen.

 

  • Einige Unklarheiten gibt es bei Wärmelieferungen: Ein Urteil des FG Niedersachsen (19.9.19, 11 K 195/17) setzte sich mit der Bemessungsgrundlage für die Abgabe von kostenloser Wärme einer Biogasanlage zur Stromerzeugung auseinander. Ob hier der KWK-Bonus vom Netzbetreiber als Entgelt von dritter Seite zu werten ist oder die Selbstkosten die Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Wärmeabgabe bilden, muss der BFH entscheiden (XI B 104/199). Das FG Münster (1.10.19, 15 K 1050/16 U, rkr.) will die Bemessungsgrundlage für selbst verbrauchte oder an nahestehende Personen-(mehrheiten) überlassene Wärme aus einem BHKW, das nicht an die Fernwärme angeschlossen ist, nach den Selbstkosten bestimmen und diese auf die einzelnen Leistungsbestandteile nach den Marktpreisen aus den Energiedaten des Bundeswirtschaftsministeriums aufteilen. Anders sehen die FG Niedersachsen (12.7.18, 11 K 276/17, rkr) und Baden-Württemberg (9.2.17, 1 K 755/16 und 2.8.19, 9 K 3145/17, rkr) vor, dass die Aufteilung nicht nach Marktwerten, sondern nach produzierten kWh zu erfolgen habe (energetische Aufteilungsmethode). Ob die Lieferung von Wärme durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft tatsächlich nach § 4 Nr. 13 UStG steuerfrei ist, das prüft der EuGH (C-449/19).

 

  • Nach deutschem Umsatzsteuerrecht kann für eine gemischt genutzte Fotovoltaikanlage nur dann Vorsteuer erstattet werden, wenn die Anlage spätestens in der zum 31.7. einzureichenden Jahreserklärung dem Unternehmensvermögen zugeordnet wurde (Abschn. 15.2c Abs. 16 UStAE). Ob das mit EU-Recht vereinbar ist, lässt der BFH vom EuGH prüfen (18.9.19, XI R 7/19). Dasselbe gilt für die Zuordnung eines Arbeitszimmers (BFH 18.9.19, XI R 3/19). Entsprechende Vorsteuern sollten auch in später eingereichten Jahressteuererklärungen geltend gemacht werden. Im Übrigen hat die OFD Karlsruhe aktuell zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Fotovoltaikanlagen Stellung bezogen (13.8.19, S 7104).

 

  • Wie genau die Leistung in zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnungen beschrieben sein muss, dafür gab es im Jahr 2019 einige BFH-Entscheidungen, teilweise mit Zurückverweisung an die Finanzgerichte (BFH 14.3.19, V B 3/19; 16.5.19, XI B 13/19; 10.7.19, XI R 2/18; XI R 27/18; XI R 28/18). Klargestellt hat der BFH einige Fehler der Vorinstanz zu den Fragen Schlussrechnung und Rechnungskorrektur (BFH 5.9.19, V R 38/17). Für den EuGH ist die Bedeutung der Rechnung bzw. der Leistungsbeschreibung für das Vorsteuerabzugsrecht wesentlich geringer als bei uns in Deutschland (u. a. EuGH 13.12.18, C-491/18). Im Ernstfall sollte man sich darauf berufen. Dennoch sollten Kanzleien Rechnungen möglichst zeitnah prüfen.

 

  • Im Bereich nachträgliche Änderung der Bemessungsgrundlage ist häufig umstritten, ob eine Entgeltminderung bzw. Uneinbringlichkeit vorliegt, wenn der leistende Unternehmer aufgrund einer Vereinbarung mit dem Leistungsempfänger über die Fälligkeit des Entgelts für mehr als zwei Jahre nicht mit einer Vereinnahmung rechnen kann (Rev. BFH: V R 16/19).

 

PRAXISTIPP | Für kleine und mittlere Unternehmen sollten Berater bei den Abschlussarbeiten 2019 zwei Änderungen ab 2020 prüfen:

 

  • Der Grenzwert für die Ist-Besteuerung wurde auf 600.000 EUR erhöht. Da § 20 S. 1 Nr. 1 UStG auf den Vorjahresumsatz abstellt, kann ab 2020 die Ist-Besteuerung beantragt werden, wenn der Umsatz im Jahr 2019 über 500.000 EUR, aber unter 600.000 EUR lag.

 

  • Auch die Kleinunternehmergrenze wurde angehoben. Damit könnten Unternehmer mit einem Umsatz im Jahr 2019 über 17.500 EUR, aber unter 22.000 EUR, ab 2020 zur Kleinunternehmerregelung wechseln.
 

5. Kurzabriss „gewerbesteuerliche Neuerungen“

  • Immer noch ist trotz bereits bestätigter Verfassungskonformität der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Finanzierungsaufwendungen vor dem BFH ein Verfahren anhängig (III R 33/17). Dargelegt hat der BFH im Jahr 2019 hierzu, wann genau es sich um einen nicht hinzuzurechnenden Durchlaufkredit handelt (BFH 17.7.19, III R 24/16). Anhängig sind u. a. noch die Sonderfälle Stückzinsen (III R 15/18), Streubesitzdividenden (I R 29/17) und Zinsswaps (I R 7/19).

 

  • Verausgabte Leasingraten sind auch bei einer Refinanzierung von Leasinggesellschaften hinzuzurechnen (BFH 11.12.18, III R 23/16). Zu den Bedingungen, unter denen Entgelte eines Reiseveranstalters an Hotels für die Überlassung der Hotelzimmer nicht hinzuzurechnen sind, gibt der BFH in seinem Urteil vom 25.7.19 (III R 22/16) Aufschluss. Noch anhängig ist die Frage, ob in aktivierten (Wahlrecht nach § 255 Abs. 3 S. 2 HGB, R 6.3 Abs. 5 EStR) unfertigen Erzeugnissen enthaltene Miet-, Pacht- oder Leasingzahlungen hinzuzurechnen sind, wenn das Bauvorhaben noch nicht fertiggestellt ist oder der Posten vor dem Bilanzstichtag ausgeschieden ist (BFH III R 24/18 und IV R 31/18).

 

  • Zur erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags für Betriebsgrundstücke i. S. d. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG kommt es nicht, wenn die grundbesitzverwaltende Gesellschaft nicht nur das Hotelgebäude, sondern auch Betriebsvorrichtungen mitvermietet (BFH 11.4.19, III R 36/15, III 5/18, III 6/18). Das gilt selbst dann, wenn auf die Betriebsvorrichtungen nur ein geringer Anteil des Miet- bzw. Pachtzinses entfällt. Ebenso scheidet die erweiterte Kürzung aus bei einer Beteiligung an einer gewerblich geprägten, vermögensverwaltenden Immobilien-Personengesellschaft (Bestätigung durch BFH 27.6.19, IV R 44/16).

 

  • Ein Verlustvortrag geht wegen Wegfalls der Unternehmensidentität unter, wenn der Betrieb verpachtet wird und zum Schluss des Erhebungszeitraums unterbrochen ist. Aus dem gleichen Urteil ergibt sich, dass bei einer Betriebsaufspaltung die Unternehmensidentität so lange fortbesteht, wie die Besitzpersonengesellschaft mit der Betriebskapitalgesellschaft sachlich und personell verflochten bleibt (BFH 30.10.19, IV R 59/16). Abgelehnt wurde ein Verlustvortrag für den Fall, dass eine Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft ausgegliedert wird, weiterhin fortbesteht und Beteiligungen an Tochtergesellschaften hält (BFH 17.1.19, III R 35/17). Die Frage des Verlustvortrags bei unterjährigem teilweisem Gesellschafterwechsel ist anhängig (BFH IV R 8/17).

 

  • Die Finanzverwaltung hat ihr Schreiben zur Anrechnung der Gewerbesteuer nach § 35 EStG im Hinblick auf diverse BFH-Urteile aktualisiert. Betroffen sind insbesondere die Punkte zur betriebsbezogenen Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags (Rz. 9), dessen Besonderheiten bei mehrstöckigen Personengesellschaften (Rz. 25) und die Begrenzung auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer (Rz. 25a; BMF 17.4.19, IV C 6 - S 2296-a/17/10004).
Quelle: Seite 110 | ID 46356919