· Fachbeitrag · Lohnpfändung
Wer muss die Lohnabrechnung herausgeben - der Schuldner oder der Drittschuldner?
| In der Praxis stellt sich immer öfter die Frage, ob der Gläubiger im Rahmen einer Lohnpfändung direkt vom Drittschuldner (Arbeitgeber) verlangen kann, die letzten drei Lohn-/Gehaltsnachweise herauszugeben. Oft verweisen die Drittschuldner darauf, dass der Schuldner und nicht sie zur Herausgabe verpflichtet seien. Der folgende Beitrag zeigt, ob diese Auffassung richtig ist. |
1. Anspruch gegen Schuldner
§ 836 Abs. 3 ZPO verpflichtet den Schuldner, dem Gläubiger die über die Forderung vorhandenen Urkunden herauszugeben. Die Herausgabe der Urkunden - Lohnabrechnung - kann der Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung erwirken.
Folge: Gibt der Schuldner die Abrechnung nicht freiwillig heraus, kann der Gläubiger den Gerichtsvollzieher nach § 883 ZPO mit der Wegnahme beauftragen.
PRAXISHINWEIS | In diesem Zusammenhang wird regelmäßig bei der Pfändung des „Anspruch A (an Arbeitgeber)“ auf Seite 9 angekreuzt: „Es wird angeordnet, dass der Schuldner die Lohn- oder Gehaltsabrechnung oder die Verdienstbescheinigung einschließlich der entsprechenden Bescheinigung der letzten drei Monate vor Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Gläubiger herauszugeben hat“. Insoweit kann der Gläubiger nach diesem Wortlaut tatsächlich nur die Gehalts- bzw. Lohnabrechnung der letzten drei Monate vor Zustellung des PfÜB vom Schuldner verlangen und gerade nicht vom Arbeitgeber als Drittschuldner. |
2. Anspruch gegen Drittschuldner
Der BGH hat entschieden, dass der Anspruch auf Erteilung einer Lohnabrechnung als unselbstständiger Nebenanspruch mit pfändbar ist, wenn es der Abrechnung bedarf, um den Anspruch auf Lohnzahlung geltend machen zu können (VE 13, 59). Wenn nicht ausgeschlossen ist, dass dem Schuldner gegen den Drittschuldner derartige Ansprüche auf Lohnabrechnung zustehen, werden diese angeblichen Ansprüche des Schuldners gegen den Drittschuldner (Arbeitgeber) bei einer Lohnpfändung mitgepfändet. In derartigen Fällen kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers die Mitpfändung im PfÜB (klarstellend) - auch noch nachträglich - aussprechen.
Wenn das Vollstreckungsgericht also im amtlichen Pfändungsformular den PfÜB mit nachfolgender Formulierung erlässt, kann der Gläubiger die Lohnabrechnungen unmittelbar vom Drittschuldner einfordern:
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3. Wichtige Ausnahme
Allerdings stellt sich die Frage, ob dies auch für die letzten drei Lohnabrechnungen vor Zustellung des PfÜB gilt.
Im Rahmen des § 836 Abs. 3 ZPO hat der BGH entschieden: Der Schuldner muss außer den laufenden Lohnabrechnungen regelmäßig auch die letzten drei Lohnabrechnungen aus der Zeit vor Zustellung des PfÜB an den Gläubiger herausgeben (VE 07, 41). Dieser Anspruch richtet sich demnach nur gegen den Schuldner!
PRAXISHINWEIS | Diese BGH-Rechtsprechung kann nicht auf das Verhältnis Schuldner - Drittschuldner übertragen werden. Denn um den Anspruch auf Lohnzahlung gegenüber dem Drittschuldner im Sinne der BGH-Rechtsprechung (VE 13, 59) geltend machen zu können, bedarf es einer wirksamen Pfändung. Diese Wirksamkeit tritt allerdings erst mit Zustellung des PfÜB an den Drittschuldner ein. Erst ab diesem Zeitpunkt treffen diesen demnach Pflichten. Insofern ist der Zeitraum vor Zustellung des PfÜB für den Drittschuldner irrelevant. |
Weiterführende Hinweise
- Herausgabe der Lohnabrechnung durch Drittschuldner, VE 14, 87
- Wann ist die Drittschuldnerklage zulässig?, VE 15, 207
- Vorbereitungskosten des Drittschuldnerprozesses: So begründen Sie die Notwendigkeit richtig, VE, 10, 65
- Schadenersatzpositionen bei fehlerhafter Drittschuldnererklärung siehe VE 13, 138
- Anspruch auf Erteilung einer Lohnabrechnung ist als unselbstständiger Nebenanspruch mitpfändbar, VE 13, 59
- BGH erkennt Herausgabeverpflichtung für Lohnabrechnungen an, VE 07, 41
- Probleme bei Lohnpfändungen, VE 14, 163
- Herausgabe von Leistungsbescheiden durch die Krankenkasse, VE 14, 102
- Ansprüche auf Erteilung von Renteninformationen und -auskünften nicht pfändbar, VE 12, 79