· Fachbeitrag · Arbeitsentgelt
40-Euro-Verzugspauschale im Arbeitsverhältnis?
von Rechtsanwältin Dr. Viktoria Winstel, Osborne Clarke, Köln
| Haben auch Arbeitnehmer bei Verzug des Arbeitgebers mit einer Entgeltzahlung Anspruch auf die Verzugspauschale in Höhe von 40 Euro? Diese Frage ist seit Geltung des § 288 Abs. 5 S. 1 BGB nicht eindeutig beantwortet. Ein Urteil des BAG liegt bislang nicht vor. Die überwiegende Zahl der Landesarbeitsgerichte wendet § 288 Abs. 5 S. 1 BGB auch im Arbeitsrecht an. Für Arbeitgeber kann es teuer werden, wenn sich der Anspruch über mehrere Monate kumuliert. |
Verzugspauschale nach § 288 Abs. 5 S. 1 BGB
Die „Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.02.2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr“ sieht u. a. einen Pauschalbetrag von mindestens 40 Euro als „Beitreibungskosten“ vor. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Vorgabe umgesetzt. Seit 2014 hat der Gläubiger einer Entgeltforderung bei Verzug des Schuldners, der kein Verbraucher ist, Anspruch auf die Zahlung einer Pauschale von 40 Euro. Und zwar neben dem Ersatz des durch den Verzug entstehenden konkreten Schadens (§ 288 Abs. 5 S. 1 BGB). Umstritten ist,
- ob § 288 Abs. 5 S. 1 BGB auch im Arbeitsrecht gilt bzw. ob sich Arbeitnehmer darauf berufen können, und,
- wenn ja, ob Arbeitnehmer diesen Anspruch gegenüber ihrem Arbeitgeber für jeden Monat des Verzugs geltend machen können.
Anwendbarkeit der Verzugspauschale im Arbeitsrecht?
Mittlerweile geht die überwiegende Zahl der Landesarbeitsgerichte davon aus, dass § 288 Abs. 5 S. 1 BGB auch im Arbeitsrecht anwendbar ist. Einheitlich ist die Rechtsprechung allerdings nicht. Besonders erstinstanzliche Gerichte verneinen oft die Anwendbarkeit im Arbeitsrecht. Im Arbeitsrecht gebe es keinen Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten (§ 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG). Wenn schon im arbeitsgerichtlichen Verfahren erster Instanz keine Rechtsverfolgungskosten erstattet werden, könne dies auch außergerichtlich nicht der Fall sein.
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Pro Anwendbarkeit | Contra Anwendbarkeit |
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Verzugspauschale für jeden Monat des Verzugs?
Ist die Regelung des § 288 Abs. 5 S. 1 BGB auch auf arbeitsrechtliche Entgeltansprüche anwendbar, stellt sich die nächste Frage: Fällt die Pauschale für jeden Monat erneut an, in dem kein Lohn gezahlt wird und somit Verzug eintritt? Auch das ist umstritten:
- Der Arbeitnehmer kann die Verzugspauschale für jeden Monat des Verzugs geltend machen, so das LAG Berlin-Brandenburg und das LAG Niedersachsen.
- Im Berliner Fall hatte ein Mann Vergütungsdifferenzen für die Monate September bis November 2015 und die Zahlung der Verzugspauschale für jeden Monat geltend gemacht. Das LAG hat ihm die Verzugspauschale in Höhe von 40 Euro für 3 Monate zugesprochen (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.03.2017, Az. 15 Sa 1992/16, Abruf-Nr. 200790).
- In Niedersachsen hatte ein Mann die Zahlung von nicht ausgezahlten monatlichen Prämien geltend gemacht. Das LAG hat ihm die Verzugspauschale in Höhe von 40 Euro für jeden Monat zugesprochen. Das ergab insgesamt für 9 Monate einen Betrag von 360 Euro (LAG Niedersachsen (Urteil vom 31.01.2018, Az. 2 Sa 946/17, Abruf-Nr. 200670).
- Auch bei fehlerhafter oder unterlassener Abrechnung fällt die Verzugspauschale monatlich erneut an, so das LAG Köln (Urteil vom 07.12.2017, Az. 8 Sa 127/17, Abruf-Nr. 200793).
Umgang in der Praxis
Die Rechtsprechung ist uneinheitlich, ob § 288 Abs. 5 S. 1 BGB im Arbeitsrecht gilt. Große Unsicherheit herrscht daher im Moment bei Arbeitgebern und Unternehmen.
PRAXISTIPPS |
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