23.04.2018 · IWW-Abrufnummer 200792
Arbeitsgericht Aachen: Urteil vom 17.11.2016 – 8 Ca 2260/16 d
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Arbeitsgericht Aachen
8 Ca 2260/16 d
Tenor:
1
T a t b e s t a n d:
2
Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche der Klägerin aus dem zwischen ihnen bestehenden zwischenzeitlich beendeten Arbeitsverhältnis.
3
Die Klägerin war bei dem Beklagten anfangs befristet vom 01.04.2015 bis zum 31.07.2015 und anschließend neuerlich befristet vom 01.08.2015 bis zum 31.07.2016 als Betreuungskraft/Springerin beschäftigt. Der letzte Arbeitsvertrag vom 31.07.2015 regelt im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung einen Stundenlohn von 10,50 EUR, ohne dass eine Wochen- oder Monatsarbeitszeit geregelt ist (Bl. 13 f der Akte). Die monatliche Abrechnung wurde so praktiziert, dass die in einem Monat geleisteten Arbeitsstunden jeweils im Folgemonat abgerechnet wurden.
4
Die Klägerin war am 19.02.2016 im Rahmen ihrer Springer Tätigkeit als Integrationshelferin in der Grundschule R. tätig, wo sie ein Kind getreten haben soll. Am 23.02.2016 kam es zu einem Gespräch zwischen der Klägerin, der Mitarbeiterin des Beklagten Frau S.-J. und dem Vorgesetzten der Klägerin Herrn K.. Über dieses Gespräch fertigte Herr K. das Gedächtnisprotokoll vom gleichen Tag (Bl. 24/24 R der Akte). In der Folgezeit wurde die Klägerin von dem Beklagten nicht mehr eingesetzt.
5
Mit Schreiben vom 24.03.2016 wies die Klägerin darauf hin, dass sie seit dem 23.02.2016 trotz Nachfrage nichts mehr gehört habe, und fragte, wie es nun weitergehen solle (Bl. 57 der Akte). Mit E-Mail vom 31.03.2016 teilte Herr K. der Klägerin mit, dass ihr Vertrag zum 31.07.2016 auslaufe und der Beklagte bis dahin voraussichtlich keine passenden Aushilfstätigkeiten mehr für die Klägerin habe, und erklärte die Bereitschaft, den Vertrag schon vorzeitig aufzuheben (Bl. 44 der Akte). Mit Schreiben vom 19.04.2016 wies die Klägerin darauf hin, dass sie wiederholt vergeblich ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt habe und zugleich Entlohnung im Umfang von mindestens 10 Wochenstunden nach § 12 Abs. 1 TzBfG geltend mache (Bl. 56 der Akte).
6
Gewerkschaftlich vertreten ließ die Klägerin mit Schreiben vom 10.05.2016 Differenz-Vergütungsansprüche für den Zeitraum September 2015 bis März 2016 geltend machen, da sie weniger als 10 Wochenstunden im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG vergütet bekommen habe und verweist auf ihre vergeblichen mündlichen und schriftlichen Arbeitsangebote (Bl. 11 f der Akte). Mit Schreiben vom 19.05.2016 lehnte der Beklagtenvertreter die Ansprüche ab und verwies darauf, dass im Anschluss an den Vorfall vom Februar 2016 eine Freistellung bis zum Beendigungszeitpunkt unter Wegfall der Vergütungspflicht vereinbart gewesen sei (Bl. 9 f der Akte). Mit Schreiben vom 06.06.2016 ließ die Klägerin die behauptete Vereinbarung bestreiten (Bl. 8 der Akte), woraufhin der Beklagte mit Schreiben vom 16.06.2016 an der Freistellungsregelung ohne Entgeltpflicht festhielt (Bl. 7 f der Akte).
7
Mit der am 08.07.2016 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche auf Vergütung von 10 Wochenstunden gemäß § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG für den Zeitraum September 2015 bis Juli 2016 weiter. Mit Blick auf die Vereinbarung der Parteien, wonach ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis beabsichtigt war, reduziert die Klägerin zuletzt den monatlichen Vergütungsanspruch auf 450,00 EUR brutto und lässt sich die abgerechneten Zahlungsbeträge in Abzug bringen. Da die Parteien im Arbeitsvertrag die wöchentliche Arbeitszeit nicht festgelegt hätten, sei von einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden auszugehen, die von der Beklagten nicht vergütet worden sei.
8
Unrichtig sei, dass am 23.02.2016 wegen des Vorfalls vom 19.02.2016 eine Vereinbarung geschlossen worden sei, wonach sie bis zum Auslaufen des Arbeitsvertrages ohne Vergütungszahlung freigestellt werde. Eine schriftliche Vereinbarung sei nicht getroffen worden, das Gesprächsprotokoll vom 23.02.2016 enthalte selbst auch keine dementsprechende Vereinbarung, auch spreche die E-Mail vom 31.03.2016 gegen die von dem Beklagten behauptete Vereinbarung. Der Klägerin steht somit ab dem Vorfall im Februar 2016 Annahmeverzug zu.
9
Letztlich begehrt die Klägerin die Verzugsschadenspauschale gemäß § 288 Abs. 5 BGB für jeden geltend gemachten Monat.
10
Die Klägerin beantragt zuletzt,
11
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3285,73 EUR brutto sowie 400,00 EUR netto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins aus 271,79 EUR seit dem 01.11.2015, aus 66,75 EUR seit dem 01.05.2015, aus 135,00 EUR seit dem 01.01.2016, 127,12 EUR seit dem 01.02.2015, aus 226,87 EUR seit dem 01.03.2016, aus 208,50 EUR seit dem 01.04.2016, aus 450,00 EUR seit dem 01.05.2016, aus 450,00 EUR seit dem 01.06.2016, aus 450,00 EUR seit dem 01.07.2016 und aus 450,00 EUR seit dem 01.08.2016 zu zahlen.
12
Der Beklagte beantragt,
13
die Klage abzuweisen.
14
Er ist der Auffassung, der Klägerin stehe ab dem Vorfall im Februar 2016 Vergütung nicht mehr zu, da die Parteien eine entsprechende Freistellungsvereinbarung ohne Entgeltpflicht vereinbart hätten. Die Klägerin habe ein in ihrer Obhut befindliches Kind getreten, wobei es sich um ein nicht entschuldbares und letztlich auch strafrechtlich relevantes Verhalten gehandelt habe. Die Eltern des Kindes hätten darauf bestanden, dass die Klägerin nicht mehr eingesetzt werde. Im Rahmen der Fürsorgepflicht des Beklagten und aufgrund der Freistellungsvereinbarung habe der Beklagte die Klägerin in der Folgezeit auch nicht mehr eingesetzt. Vor dem Hintergrund, dass sonst eine außerordentliche fristlose Kündigung ausgesprochen worden wäre, sei die Klägerin hiermit auch einverstanden gewesen. Sie habe mutmaßlich auch den drohenden Strafantrag der Eltern des betroffenen Kindes abwenden wollen. Einer Schriftform der Vereinbarung hätte es nicht bedurft.
15
Ein Anspruch aus Annahmeverzug scheitere auch daran, dass die Klägerin ihre Arbeitsleistung nicht nur per E-Mail hätte anbieten müssen.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.
17
Entscheidungsgründe:
18
Die zulässige Klage ist in tenoriertem Umfang begründet, im Übrigen aber unbegründet.
19
Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten einen monatlichen Vergütungsanspruch von 450,00 EUR brutto für den Zeitraum September 2015 bis Juli 2016. Dieser Anspruch stützt sich auf § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG. Unstreitig sieht der Arbeitsvertrag der Parteien keine Regelung einer wöchentlichen oder monatlichen Arbeitszeit vor, was zur Folge hat, dass die gesetzliche Fiktion einer 10-Stundenwoche eingreift, wenn der Arbeitnehmer wie vorliegend zeitlich geringer eingesetzt und entsprechend geringer vergütet wird. Dem ist der Beklagte letztlich auch nicht entgegengetreten.
20
Die Klägerin hat auch über den 19.02.2016, bzw. den 23.02.2016 hinaus einen Vergütungsanspruch aus Annahmeverzug. Ein solcher Anspruch könnte ausgeschlossen sein, wenn tatsächlich die von dem Beklagten behauptete Vereinbarung vom 23.02.2016 zu Stande gekommen wäre, wonach die Klägerin bis zum Auslaufen des Arbeitsvertrages ohne Vergütung freigestellt worden wäre. Die Kammer geht jedoch davon aus, dass solch eine Vereinbarung nicht zu Stande gekommen ist. Zwar benennt der Beklagte die Zeugen K. und S.-J. für die behauptete Vereinbarung und legt das diesbezügliche Gedächtnisprotokoll des Zeugen vor. Nach ausdrücklichen Bestreiten durch die Klägerseite hat es der Beklagte jedoch unterlassen, sich mit den von der Klägerin geäußerten Einwänden, wie sie sich aus dem Wortlaut des Gedächtnisprotokolls und darüber hinaus aus der E-Mail des Zeugen K. vom 31.03.2016 ergeben, ergänzend auseinander zusetzen.
21
Aus dem Gedächtnisprotokoll ergibt sich gerade nicht, dass eine Freistellung ohne Vergütungspflicht vereinbart worden wäre. Der Beklagte hat durch den Zeugen lediglich zum Ausdruck gebracht, dass er aus seiner Sicht die Klägerin nicht mehr einsetzen könne und im letzten Absatz des Protokolls vermerkt, dass die Klägerin bis zum Auslaufen des Vertrages keine weiteren Einsätze mehr erhalte. Von einem Verzicht auf Vergütung ist nichts zu lesen. Hierzu passt auch die E-Mail vom 31.03.2016, in der der Zeuge gerade nicht auf die angeblich behauptete Verzichtsvereinbarung vom 23.02.2016 Bezug nimmt - was doch angesichts des nunmehr prozessualen Vortrags des Beklagten naheliegender erster und einziger Einwand hätte sein müssen -, sondern in der der Zeuge nur darauf hinweist, für die Klägerin bis zum Auslaufen des Vertrages voraussichtlich keine passenden Tätigkeit mehr zu haben.
22
Da der Beklagte sich mit den geschilderten Einwänden gegen die Behauptung eines Vergütungsverzichts nicht weiter auseinandergesetzt hat, sah die Kammer auch keinerlei Veranlassung, die Zeugen zu vernehmen.
23
Ein Anspruch der Klägerin aus Annahmeverzug scheitert auch nicht daran, dass die Klägerin lediglich schriftlich ihre Arbeitskraft angeboten hätte. So hat der Beklagte zum einen den Vortrag der Klägerin aus der Klageschrift nicht bestritten, dass die Klägerin persönlich nach dem 23.02.2016 um einen Gesprächstermin bei Herrn K. gebeten hatte, der mit dem Bemerken „es sei alles gesagt“ abgelehnt wurde. Zum anderen hatte der Beklagte durch Herrn K. am 23.02.2016 ausweislich des Gedächtnisprotokolls unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Klägerin bis zum Auslaufen ihres Vertrages keine weiteren Einsätze erhalten werde, was in geringfügig abgewandelter Form mit der E-Mail des Herrn K. vom 31.03.2016 wiederholt wurde. Hatte der Beklagte also hinreichend klar zu verstehen gegeben, er werde die Klägerin nicht einsetzen, war ein persönliches ausdrückliches Arbeitsangebot der Klägerin entbehrlich und die diversen schriftlichen Angebote der Klägerin ausreichend.
24
Die Hauptsacheklage hatte dem Umfang nach lediglich bezogen auf den Monat Februar 2016 i.H.v. 9,00 EUR keinen Erfolg, da bei 21 Arbeitstagen = 4,2 Wochen x 10 Std. x 10,50 EUR lediglich 441,00 EUR statt 450,00 EUR beansprucht werden können.
25
Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten jedoch die Schadensersatzpauschale gemäß § 288 Abs. 5 BGB nicht zu. Die Kammer stützt sich hierbei zum einen auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts Düsseldorf - 2 Ca 5416/15 in dessen Urteil vom 12.05.2016, wonach die Verzugspauschale in analoger Anwendung des § 12 a ArbGG für Arbeitsverhältnisse keine Anwendung findet, wie auch zum anderen auf die Anm. zu dieser Entscheidung von Ulrici (juris PP-ArbR 44/2016, Anm. 2 vom 02.11.2016), der §12 a ArbGG als lex spezialis für Verzugs- und/oder Schadensersatzansprüche bis zum Ende der 1. Instanz des arbeitsgerichtlichen Verfahrens ansieht. Da zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung eine obergerichtliche Klärung der in Schrifttum und Kommentarliteratur kontrovers diskutierten Frage, ob § 288 Abs. 5 BGB auch im Arbeitsrecht Anwendung findet, noch nicht bekannt war, war die Berufung insoweit zuzulassen. Das LAG Köln - 12 Sa 524/16 hat zwischenzeitlich jedenfalls mit Urteil vom 22.11.2016 § 288 Abs. 5 BGB als auch im Arbeitsrecht für anwendbar erklärt.
26
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO und auf § 61 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 3, 5 ZPO, wobei der Wert der Verzugspauschale als Nebenforderung im Sinne des § 43 Abs. 1 GKG unberücksichtigt blieb.
8 Ca 2260/16 d
Tenor:
- Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.276,73 EUR (i.W. dreitausendzweihundertsechsundsiebzig Euro, Cent wie nebenstehend) brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins aus 271,49 EUR (i.W. zweihunderteinundsiebzig Euro, Cent wie nebenstehend) seit dem 01.11.2015, aus 66,75 EUR (i.W. sechsundsechzig Euro, Cent wie nebenstehend) seit dem 01.12.2015, aus 135,00 EUR (i.W. einhundertfünfunddreißig Euro, Cent wie nebenstehend) seit dem 01.01.2016, aus 127,12 EUR (i.W. einhundertsiebenundzwanzig Euro, Cent wie nebenstehend) seit dem 01.02.2016,
aus 217,87 EUR seit dem 01.03.2016, aus 208,50 EUR (i.W. zweihundertacht Euro, Cent wie nebenstehend) seit dem 01.04.2016, und aus je 450,00 EUR (i.W. vierhundertfünfzig Euro, Cent wie nebenstehend) seit dem 01.05.2016, dem 01.06.2016, dem 01.07.2016 und dem 01.08.2016 zu zahlen. - Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 9 % und der Beklagte zu 91 %.
- Streitwert: 3.285,73 EUR.
- Die Berufung wird für die Klägerin hinsichtlich der abgewiesenen Verzugspauschale zugelassen.
1
T a t b e s t a n d:
2
Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche der Klägerin aus dem zwischen ihnen bestehenden zwischenzeitlich beendeten Arbeitsverhältnis.
3
Die Klägerin war bei dem Beklagten anfangs befristet vom 01.04.2015 bis zum 31.07.2015 und anschließend neuerlich befristet vom 01.08.2015 bis zum 31.07.2016 als Betreuungskraft/Springerin beschäftigt. Der letzte Arbeitsvertrag vom 31.07.2015 regelt im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung einen Stundenlohn von 10,50 EUR, ohne dass eine Wochen- oder Monatsarbeitszeit geregelt ist (Bl. 13 f der Akte). Die monatliche Abrechnung wurde so praktiziert, dass die in einem Monat geleisteten Arbeitsstunden jeweils im Folgemonat abgerechnet wurden.
4
Die Klägerin war am 19.02.2016 im Rahmen ihrer Springer Tätigkeit als Integrationshelferin in der Grundschule R. tätig, wo sie ein Kind getreten haben soll. Am 23.02.2016 kam es zu einem Gespräch zwischen der Klägerin, der Mitarbeiterin des Beklagten Frau S.-J. und dem Vorgesetzten der Klägerin Herrn K.. Über dieses Gespräch fertigte Herr K. das Gedächtnisprotokoll vom gleichen Tag (Bl. 24/24 R der Akte). In der Folgezeit wurde die Klägerin von dem Beklagten nicht mehr eingesetzt.
5
Mit Schreiben vom 24.03.2016 wies die Klägerin darauf hin, dass sie seit dem 23.02.2016 trotz Nachfrage nichts mehr gehört habe, und fragte, wie es nun weitergehen solle (Bl. 57 der Akte). Mit E-Mail vom 31.03.2016 teilte Herr K. der Klägerin mit, dass ihr Vertrag zum 31.07.2016 auslaufe und der Beklagte bis dahin voraussichtlich keine passenden Aushilfstätigkeiten mehr für die Klägerin habe, und erklärte die Bereitschaft, den Vertrag schon vorzeitig aufzuheben (Bl. 44 der Akte). Mit Schreiben vom 19.04.2016 wies die Klägerin darauf hin, dass sie wiederholt vergeblich ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt habe und zugleich Entlohnung im Umfang von mindestens 10 Wochenstunden nach § 12 Abs. 1 TzBfG geltend mache (Bl. 56 der Akte).
6
Gewerkschaftlich vertreten ließ die Klägerin mit Schreiben vom 10.05.2016 Differenz-Vergütungsansprüche für den Zeitraum September 2015 bis März 2016 geltend machen, da sie weniger als 10 Wochenstunden im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG vergütet bekommen habe und verweist auf ihre vergeblichen mündlichen und schriftlichen Arbeitsangebote (Bl. 11 f der Akte). Mit Schreiben vom 19.05.2016 lehnte der Beklagtenvertreter die Ansprüche ab und verwies darauf, dass im Anschluss an den Vorfall vom Februar 2016 eine Freistellung bis zum Beendigungszeitpunkt unter Wegfall der Vergütungspflicht vereinbart gewesen sei (Bl. 9 f der Akte). Mit Schreiben vom 06.06.2016 ließ die Klägerin die behauptete Vereinbarung bestreiten (Bl. 8 der Akte), woraufhin der Beklagte mit Schreiben vom 16.06.2016 an der Freistellungsregelung ohne Entgeltpflicht festhielt (Bl. 7 f der Akte).
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Mit der am 08.07.2016 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche auf Vergütung von 10 Wochenstunden gemäß § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG für den Zeitraum September 2015 bis Juli 2016 weiter. Mit Blick auf die Vereinbarung der Parteien, wonach ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis beabsichtigt war, reduziert die Klägerin zuletzt den monatlichen Vergütungsanspruch auf 450,00 EUR brutto und lässt sich die abgerechneten Zahlungsbeträge in Abzug bringen. Da die Parteien im Arbeitsvertrag die wöchentliche Arbeitszeit nicht festgelegt hätten, sei von einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden auszugehen, die von der Beklagten nicht vergütet worden sei.
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Unrichtig sei, dass am 23.02.2016 wegen des Vorfalls vom 19.02.2016 eine Vereinbarung geschlossen worden sei, wonach sie bis zum Auslaufen des Arbeitsvertrages ohne Vergütungszahlung freigestellt werde. Eine schriftliche Vereinbarung sei nicht getroffen worden, das Gesprächsprotokoll vom 23.02.2016 enthalte selbst auch keine dementsprechende Vereinbarung, auch spreche die E-Mail vom 31.03.2016 gegen die von dem Beklagten behauptete Vereinbarung. Der Klägerin steht somit ab dem Vorfall im Februar 2016 Annahmeverzug zu.
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Letztlich begehrt die Klägerin die Verzugsschadenspauschale gemäß § 288 Abs. 5 BGB für jeden geltend gemachten Monat.
10
Die Klägerin beantragt zuletzt,
11
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3285,73 EUR brutto sowie 400,00 EUR netto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins aus 271,79 EUR seit dem 01.11.2015, aus 66,75 EUR seit dem 01.05.2015, aus 135,00 EUR seit dem 01.01.2016, 127,12 EUR seit dem 01.02.2015, aus 226,87 EUR seit dem 01.03.2016, aus 208,50 EUR seit dem 01.04.2016, aus 450,00 EUR seit dem 01.05.2016, aus 450,00 EUR seit dem 01.06.2016, aus 450,00 EUR seit dem 01.07.2016 und aus 450,00 EUR seit dem 01.08.2016 zu zahlen.
12
Der Beklagte beantragt,
13
die Klage abzuweisen.
14
Er ist der Auffassung, der Klägerin stehe ab dem Vorfall im Februar 2016 Vergütung nicht mehr zu, da die Parteien eine entsprechende Freistellungsvereinbarung ohne Entgeltpflicht vereinbart hätten. Die Klägerin habe ein in ihrer Obhut befindliches Kind getreten, wobei es sich um ein nicht entschuldbares und letztlich auch strafrechtlich relevantes Verhalten gehandelt habe. Die Eltern des Kindes hätten darauf bestanden, dass die Klägerin nicht mehr eingesetzt werde. Im Rahmen der Fürsorgepflicht des Beklagten und aufgrund der Freistellungsvereinbarung habe der Beklagte die Klägerin in der Folgezeit auch nicht mehr eingesetzt. Vor dem Hintergrund, dass sonst eine außerordentliche fristlose Kündigung ausgesprochen worden wäre, sei die Klägerin hiermit auch einverstanden gewesen. Sie habe mutmaßlich auch den drohenden Strafantrag der Eltern des betroffenen Kindes abwenden wollen. Einer Schriftform der Vereinbarung hätte es nicht bedurft.
15
Ein Anspruch aus Annahmeverzug scheitere auch daran, dass die Klägerin ihre Arbeitsleistung nicht nur per E-Mail hätte anbieten müssen.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.
17
Entscheidungsgründe:
18
Die zulässige Klage ist in tenoriertem Umfang begründet, im Übrigen aber unbegründet.
19
Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten einen monatlichen Vergütungsanspruch von 450,00 EUR brutto für den Zeitraum September 2015 bis Juli 2016. Dieser Anspruch stützt sich auf § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG. Unstreitig sieht der Arbeitsvertrag der Parteien keine Regelung einer wöchentlichen oder monatlichen Arbeitszeit vor, was zur Folge hat, dass die gesetzliche Fiktion einer 10-Stundenwoche eingreift, wenn der Arbeitnehmer wie vorliegend zeitlich geringer eingesetzt und entsprechend geringer vergütet wird. Dem ist der Beklagte letztlich auch nicht entgegengetreten.
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Die Klägerin hat auch über den 19.02.2016, bzw. den 23.02.2016 hinaus einen Vergütungsanspruch aus Annahmeverzug. Ein solcher Anspruch könnte ausgeschlossen sein, wenn tatsächlich die von dem Beklagten behauptete Vereinbarung vom 23.02.2016 zu Stande gekommen wäre, wonach die Klägerin bis zum Auslaufen des Arbeitsvertrages ohne Vergütung freigestellt worden wäre. Die Kammer geht jedoch davon aus, dass solch eine Vereinbarung nicht zu Stande gekommen ist. Zwar benennt der Beklagte die Zeugen K. und S.-J. für die behauptete Vereinbarung und legt das diesbezügliche Gedächtnisprotokoll des Zeugen vor. Nach ausdrücklichen Bestreiten durch die Klägerseite hat es der Beklagte jedoch unterlassen, sich mit den von der Klägerin geäußerten Einwänden, wie sie sich aus dem Wortlaut des Gedächtnisprotokolls und darüber hinaus aus der E-Mail des Zeugen K. vom 31.03.2016 ergeben, ergänzend auseinander zusetzen.
21
Aus dem Gedächtnisprotokoll ergibt sich gerade nicht, dass eine Freistellung ohne Vergütungspflicht vereinbart worden wäre. Der Beklagte hat durch den Zeugen lediglich zum Ausdruck gebracht, dass er aus seiner Sicht die Klägerin nicht mehr einsetzen könne und im letzten Absatz des Protokolls vermerkt, dass die Klägerin bis zum Auslaufen des Vertrages keine weiteren Einsätze mehr erhalte. Von einem Verzicht auf Vergütung ist nichts zu lesen. Hierzu passt auch die E-Mail vom 31.03.2016, in der der Zeuge gerade nicht auf die angeblich behauptete Verzichtsvereinbarung vom 23.02.2016 Bezug nimmt - was doch angesichts des nunmehr prozessualen Vortrags des Beklagten naheliegender erster und einziger Einwand hätte sein müssen -, sondern in der der Zeuge nur darauf hinweist, für die Klägerin bis zum Auslaufen des Vertrages voraussichtlich keine passenden Tätigkeit mehr zu haben.
22
Da der Beklagte sich mit den geschilderten Einwänden gegen die Behauptung eines Vergütungsverzichts nicht weiter auseinandergesetzt hat, sah die Kammer auch keinerlei Veranlassung, die Zeugen zu vernehmen.
23
Ein Anspruch der Klägerin aus Annahmeverzug scheitert auch nicht daran, dass die Klägerin lediglich schriftlich ihre Arbeitskraft angeboten hätte. So hat der Beklagte zum einen den Vortrag der Klägerin aus der Klageschrift nicht bestritten, dass die Klägerin persönlich nach dem 23.02.2016 um einen Gesprächstermin bei Herrn K. gebeten hatte, der mit dem Bemerken „es sei alles gesagt“ abgelehnt wurde. Zum anderen hatte der Beklagte durch Herrn K. am 23.02.2016 ausweislich des Gedächtnisprotokolls unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Klägerin bis zum Auslaufen ihres Vertrages keine weiteren Einsätze erhalten werde, was in geringfügig abgewandelter Form mit der E-Mail des Herrn K. vom 31.03.2016 wiederholt wurde. Hatte der Beklagte also hinreichend klar zu verstehen gegeben, er werde die Klägerin nicht einsetzen, war ein persönliches ausdrückliches Arbeitsangebot der Klägerin entbehrlich und die diversen schriftlichen Angebote der Klägerin ausreichend.
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Die Hauptsacheklage hatte dem Umfang nach lediglich bezogen auf den Monat Februar 2016 i.H.v. 9,00 EUR keinen Erfolg, da bei 21 Arbeitstagen = 4,2 Wochen x 10 Std. x 10,50 EUR lediglich 441,00 EUR statt 450,00 EUR beansprucht werden können.
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Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten jedoch die Schadensersatzpauschale gemäß § 288 Abs. 5 BGB nicht zu. Die Kammer stützt sich hierbei zum einen auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts Düsseldorf - 2 Ca 5416/15 in dessen Urteil vom 12.05.2016, wonach die Verzugspauschale in analoger Anwendung des § 12 a ArbGG für Arbeitsverhältnisse keine Anwendung findet, wie auch zum anderen auf die Anm. zu dieser Entscheidung von Ulrici (juris PP-ArbR 44/2016, Anm. 2 vom 02.11.2016), der §12 a ArbGG als lex spezialis für Verzugs- und/oder Schadensersatzansprüche bis zum Ende der 1. Instanz des arbeitsgerichtlichen Verfahrens ansieht. Da zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung eine obergerichtliche Klärung der in Schrifttum und Kommentarliteratur kontrovers diskutierten Frage, ob § 288 Abs. 5 BGB auch im Arbeitsrecht Anwendung findet, noch nicht bekannt war, war die Berufung insoweit zuzulassen. Das LAG Köln - 12 Sa 524/16 hat zwischenzeitlich jedenfalls mit Urteil vom 22.11.2016 § 288 Abs. 5 BGB als auch im Arbeitsrecht für anwendbar erklärt.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO und auf § 61 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 3, 5 ZPO, wobei der Wert der Verzugspauschale als Nebenforderung im Sinne des § 43 Abs. 1 GKG unberücksichtigt blieb.