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Gemeinnützigkeit entfällt rückwirkend bei Verstoß gegen die Vermögensbindung
| Bereits mit Urteil vom 29.11.23 (13 K 1127/22 K) hat das FG Münster entschieden, dass einer Stiftung die Gemeinnützigkeit rückwirkend zu versagen ist, wenn sie nach Auflösung aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation nicht mehr in der Lage ist, ihre gemeinnützigen Ziele zu verfolgen. |
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine in Liquidation befindliche Stiftung, die von einem im Jahr 1999 verstorbenen Ehepaar durch Erbvertrag als Erbin eingesetzt worden war. Die Erbschaft war mit einem Vermächtnis zugunsten der unter Betreuung stehenden Tochter des Ehepaares in Form einer monatlichen Rente und einem Nießbrauchsrecht an einem Grundstück belastet. Nach ihrer Satzung förderte die Klägerin wissenschaftliche Arbeiten, Projekte und Einrichtungen bei Universitäten und war deshalb zunächst als gemeinnützig anerkannt. Ferner war in der Satzung geregelt, dass im Fall der Aufhebung der Klägerin ihr Vermögen an eine bestimmte steuerbegünstigte Gesellschaft auszukehren sei.
Nachdem sich die wirtschaftliche Lage der Klägerin erheblich verschlechtert hatte, hob die Stiftungsaufsicht die Klägerin im Jahr 2018 auf, da die immer geringer werdenden Kapitalerträge nicht mehr ausreichten, um den Verpflichtungen gegenüber der Tochter nachzukommen und die satzungsmäßigen Zwecke zu erfüllen. Daher drohe der vollständige Verbrauch des Stiftungsvermögens bis zum Jahr 2037.
Das FA erließ daraufhin rückwirkend für zehn Jahre Körperschaftsteuerbescheide, mit denen es die von der Klägerin erzielten Kapitaleinkünfte der Besteuerung unterwarf. Dabei berief es sich auf § 61 AO, denn die satzungsmäßige Vermögensbindung sei bei Wegfall der Gemeinnützigkeit nicht eingehalten worden.
Entscheidung
Das FG Münster hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen, da die Klägerin gegen den Grundsatz der Vermögensbindung verstoßen habe. Nach ihrer Satzung sei zwar eine steuerbegünstigte Körperschaft als Anfallberechtigte genannt. Tatsächlich habe die Klägerin ihr Vermögen nach Auflösung nicht an die Anfallberechtigte ausgekehrt und es sei auch nicht absehbar, dass dies geschehen werde.
Dass sich die Klägerin aufgrund der fehlenden Mitwirkung des Betreuers der Tochter der Erblasser hinsichtlich einer Ablösung der Rentenverpflichtung in einem Dilemma befinde, ändere an der rechtlichen Beurteilung nichts. Die gesetzliche Anordnung der Nachversteuerung setze kein Verschulden voraus und räume der Behörde auch kein Ermessen ein. Eine einschränkende Auslegung des Gesetzes sei ebenfalls nicht geboten, denn die Nachversteuerung sei der „Preis“ für die freie Verwendung des bereits steuerbegünstigt gebildeten Vermögens. Hinzu komme im Streitfall, dass die Klägerin keine strikte Vermögenstrennung zwischen dem gemeinnützigen Bereich und der Erfüllung des Vermächtnisses vorgenommen habe.
Auf die gegen das Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der BFH die Revision zugelassen, die dort unter dem Aktenzeichen V R 27/25 anhängig ist.
Quelle
- FG Münster, Mitteilung vom 15.9.25 zum Urteil 13 K 1127/22 K vom 29.11.23 (nrkr - BFH-Az.: V R 27/25)