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  • · Fachbeitrag · Erbfall mit Grundstücken

    Immobilien im Nachlass ‒ was nun? Das muss der Testamentsvollstrecker wissen!

    von RA und Notar a. D. Jürgen Gemmer, FA Steuerrecht, Magdeburg

    | Zu umfangreichen Nachlässen gehören in aller Regel auch Grundstücke. Dann ist der Testamentsvollstrecker in besonderer Weise gefordert. Grundkentnisse im Grundbuch- und Immobiliarsachenrecht sind ein unerlässliches Rüstzeug, wenn man die anstehenden Aufgaben sachgerecht erledigen will. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie diese Anforderungen erfolgreich meistern werden. |

    1. Ein „erster Fahrplan“ durch die Grundbuchordnung

    Die Eintragung von Grundstücksrechten oder grundstücksgleichen Rechten im Grundbuch setzt grundsätzlich die Bewilligung des von ihr Betroffenen voraus. Hinzu kommen

    • die Notwendigkeit eines Antrags (§ 13 GBO), die Voreintragung des Betroffenen (§ 39 GBO, Ausnahme: § 40 GBO),
    • bei Briefrechten auch die Vorlage des Briefes (§ 41 GBO) und
    • ggf. die Vorlage besonderer Zustimmungserklärungen (§§ 22 Abs. 2, 27 GBO).

     

    MERKE | § 19 GBO regelt, dass zur Eintragung die einseitige Bewilligung des von ihr Betroffenen genügt. Das Grundbuchamt (GBA) prüft dabei nicht die zum Eintritt einer Rechtsänderung notwendigen sachlich-rechtlichen Erklärungen der Beteiligten (sog. formelles Konsensprinzip). Eine Ausnahme gilt lediglich im Falle der Auflassung eines Grundstücks und bei der Bestellung, Inhaltsänderung oder Übertragung eines Erbbaurechts (§ 20 GBO, sog. materielles Konsensprinzip). Das GBA prüft demnach die Antrags- und Bewilligungsberechtigung des Betroffenen, in den Fällen des § 20 GBO auch seine Auflassungserklärung (OLG Zweibrücken DNotZ 01, 399).

     

     

    Trotz des Wortlauts des § 19 GBO, wonach die Bewilligung von demjenigen abzugeben ist, dessen grundbuchmäßiges Recht von der Eintragung betroffen wird, ist bei einer Testamentsvollstreckung die Eintragungsbewilligung nicht von den Erben als den Rechtsinhabern abzugeben. Denn in Fällen, in denen Verfügungsbefugnis und Rechtsinhaberschaft getrennt sind, ist die Bewilligung nach § 19 GBO allein vom Verfügungsberechtigten abzugeben. Das ist der TV. Daneben ist die Zustimmung des Erben als Rechtsinhaber nicht erforderlich.

     

    Beachten Sie | Ausnahmsweise können jedoch trotz angeordneter TV der Erbe/die Miterben den Antrag auf Grundbuchberichtigung stellen (§ 13 GBO), weil dieser Antrag keine Verfügung über das betroffene Grundstück darstellt, die lediglich der TV gemäß § 2211 BGB vornehmen kann. Denn der Eintragungsantrag ist keine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, sondern eine reine Verfahrenshandlung und kann daher auch vom (Mit-)Erben als Betroffenen gestellt werden (LG Stuttgart NJW-RR 98, 665). Die Verfügungsbefugnis des TV muss bis zum Zeitpunkt der Eintragung des Rechts vorliegen.

     

    MERKE | Es gilt folgender Grundsatz: Wenn ein Verfügungsgeschäft neben der Willenserklärung noch weitere Wirksamkeitsvoraussetzungen hat, die erst später eintreten, muss die Verfügungsbefugnis noch zur Zeit des Eintritts des letzten Tatbestandsmerkmals gegeben sein. Bei Grundstücksverfügungen bedeutet das, dass sie grundsätzlich noch zur Zeit der Eintragung vorliegen muss (BGH DNotZ 71, 411).

     

    Fällt also im Fall des § 19 GBO nach der Bewilligung und vor der Eintragung die Bewilligungsbefugnis des TV weg oder geschieht entsprechendes im Fall des § 20 GBO nach der materiell-rechtlichen Einigung, ist die Verfügung unwirksam. Dasselbe gilt, wenn die Befugnis zwischenzeitlich entsprechend beschränkt wird. Das GBA darf eine Eintragung dann nicht mehr vornehmen.

     

    Beachten Sie | Zwar macht § 878 BGB eine Ausnahme von obigem Grundsatz. Dennoch ist diese Norm nach Auffassung der Rechtsprechung auf das Handeln des TV nicht anwendbar (BayObLG ZEV 99, 67). Verliert daher der TV nach Eingang des Antrags beim GBA (§ 13 GBO), jedoch vor Eintragung, seine Verfügungsbefugnis, kann das GBA das entsprechende Rechtsgeschäft nicht mehr vollziehen.

    2. Nachweispflichten gegenüber dem Grundbuchamt

    Der TV hat seine Verfügungsbefugnis grundsätzlich durch das Testamentsvollstreckerzeugnis (§ 2368 BGB) nachzuweisen.

     

    Ist der TV in einer öffentlich beurkundeten Verfügung von Todes wegen (notarielles Testament oder Erbvertrag) ernannt worden, ist die Vorlage eines TV-Zeugnisses nicht erforderlich. Allerdings muss die Person des TV in diesen Fällen im Testament oder Erbvertrag namentlich genau bezeichnet sein (Schaub ZEV 95, 361). Es reicht regelmäßig aus, die Verfügung von Todes wegen nebst Eröffnungsniederschrift vorzulegen und die Amtsannahme nachzuweisen. Dieser Nachweis wird durch ein Zeugnis des Nachlassgerichts über die Annahme oder durch die Niederschrift über die Annahmeerklärung erbracht.

     

    Beachten Sie | Da die Amtsannahme in diesem Fall in einer dem § 29 GBO entsprechenden Form nachgewiesen werden muss, genügt die Verweisung auf die Nachlassakten nicht, wenn diese nur eine privatschriftliche Annahmeerklärung des TV enthalten. Handelt der TV vor Erteilung des Zeugnisses, hat er zu belegen, dass er sein Amt gegenüber dem Nachlassgericht angenommen hat (§ 2202 Abs. 2 BGB). Für die Form gelten die zuvor dargelegten Grundsätze.

     

    2.1 Nachweis der Entgeltlichkeit

    § 2205 S. 3 BGB statuiert eine dinglich wirkende Beschränkung der Rechtsmacht des TV, wonach er zu unentgeltlichen Verfügungen nur ausnahmsweise berechtigt ist. Der Ausdruck „unentgeltliche Verfügung“ erlangt seine Bedeutung nur aus dem der Verfügung zugrundeliegenden Kausalgeschäft. Ist das Kausalgeschäft unentgeltlich, so gilt dies auch für die Verfügung.

     

    Da das GBA prüft, ob der TV im Rahmen seiner Verfügungsbefugnis gehandelt hat, wird in jedem Fall auch die Entgeltlichkeit des von ihm vorgenommenen Rechtsgeschäfts in die Prüfung einbezogen (ausführlich Bauer/Schaub/Schaub GBO, § 52 Rn. 84 ff.). Der Nachweis der Entgeltlichkeit bedarf nicht der Form des § 29 GBO, weil dieser Nachweis in Form öffentlicher Urkunden meist unmöglich ist. Die Rechtsprechung sieht daher Beweiserleichterungen in Fällen vor, bei denen es praktisch unmöglich ist, Urkunden beizubringen. Es genügt dann, dass im Weg der freien Beweiswürdigung des GBA Zweifel an der Pflichtmäßigkeit ausgeräumt werden können (LG Köln MittRhNotK 89, 172; LG Ellwangen BWNotZ 03, 147).

     

    2.2 Nachweis der Erfüllung letztwilliger Verfügungen

    Der Nachweis, dass es sich um die Erfüllung einer Anordnung des Erblassers handelt, die die Unentgeltlichkeit der Verfügung ausschließt, muss nicht in der Form des § 29 GBO geführt werden, soweit es praktisch unmöglich ist, Urkunden beizubringen. In Fällen, in denen dies allerdings möglich ist, bedarf es keiner Lockerung der strengen Beweisanforderung gem. § 29 GBO (OLG Karlsruhe NJW-RR 05, 1097).

     

    PRAXISTIPP | Das GBA kann verlangen, dass der TV die die Erblasseranordnung enthaltene letztwillige Verfügung in beglaubigter Abschrift vorlegt. Dies gilt auch bei einem privatschriftlichen Testament. Die beglaubigte Abschrift erhält der TV vom Nachlassgericht (siehe § 2264 BGB). Befindet sich die letztwillige Verfügung in den Nachlassakten desselben Amtsgerichts oder einer Zweigstelle, wird die Vorlage einer beglaubigten Abschrift der letztwilligen Verfügung ersetzt durch die Verweisung auf die Nachlassakten.

     

    Der TV kann andererseits nicht durch öffentliche Urkunden nachweisen, ob er eine letztwillige Anordnung des Erblassers auch pflichtgemäß erfüllt hat. Insoweit kommen ihm die von der Rechtsprechung anerkannten Beweiserleichterungen zugute (BayObLG NJW-RR 86, 1070). Es genügt der substantiierte Vortrag von Tatsachen, die seine Handlungen als pflichtgemäß erscheinen lassen. Hierdurch können Zweifel des GBA ausgeräumt werden. Das GBA beurteilt diese Tatsachen wiederum im Wege der freien Beweiswürdigung.

     

    2.3 Nachweis der Zustimmung der Erben und Vermächtnisnehmer

    Verfügt der TV über Grundstücksrechte unentgeltlich, jedoch mit Zustimmung aller Erben (Nacherben) und Vermächtnisnehmer, ist deren ‒ materiell-rechtlich formfreie ‒ Zustimmung (§ 182 Abs. 2 BGB) dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO vorzulegen. Die Erbenstellung der Betroffenen wird nach § 35 GBO bzw. § 36 GBO nachgewiesen (BayObLG NJW-RR 89, 587), d. h.

    • durch Vorlage der Urschrift oder einer Ausfertigung des Erbscheins,
    • durch Verweisung auf die Nachlassakten, sofern diese beim selben Amtsgericht geführt werden oder
    • durch ein sogenanntes Überweisungszeugnis (§ 36 GBO).

     

    Beruht die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, genügt es, wenn anstelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden. Auch hier kann auf die bei demselben Amtsgericht geführten Nachlassakten verwiesen werden.

     

    Die Feststellung, ob und wie viele Vermächtnisse der Erblasser getroffen hat und wer jeweils bedacht worden ist, prüft das GBA durch Einsichtnahme in die Testamentseröffnungsakten, sofern die Nachlassakten beim gleichen Amtsgericht geführt werden. Anderenfalls wird es vom zuständigen Nachlassgericht beglaubigte Testamentsabschriften anfordern, versehen mit einer Bescheinigung des Nachlassgerichts, dass sich weitere Testamente oder Erbverträge nicht im Nachlass befinden.

     

    MERKE | Die Zustimmung der so festgestellten Vermächtnisnehmer ist formgerecht (§ 29 GBO) nachzuweisen, sofern die Vermächtnisse nicht erfüllt sind oder sich sonst erledigt haben. Wie die bereits erfolgte Erfüllung eines Vermächtnisses darzutun ist, richtet sich nach Lage des Einzellfalls. Geht es um ein Grundstücksvermächtnis, ist der Nachweis erbracht, wenn der Bedachte bereits als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist. Hat sich das Vermächtnis in sonstiger Weise erledigt, z. B. durch den Tod des Vermächtnisnehmers, ohne dass ein Ersatzvermächtnis angeordnet ist, ist dieser Nachweis ‒ soweit die Vorlage öffentlicher Urkunden unschwer möglich ist ‒ ebenso in der Form des § 29 GBO zu führen, z. B. durch Vorlage der Sterbeurkunde (BGH NJW 71, 2264).

     

     

    Ist Nacherbfolge angeordnet, bedarf es auch der Zustimmung des Nacherben. Wenn im Zeitpunkt der Verfügung die Nacherbfolge noch nicht eingetreten und die Nacherben namentlich noch unbekannt sind, ergeben sich Schwierigkeiten. Häufigster Fall in der Praxis ist, dass zu Nacherben auf den Tod des Vorerben dessen in diesem Zeitpunkt vorhandene Abkömmlinge berufen sind. Hier muss zur Erlangung der Zustimmung ein Pfleger gemäß § 1913 BGB (mit Genehmigung des Betreuungsgerichts, § 1915 BGB i. V. m. §§ 1821, 1822 BGB) oder ein nach § 2222 BGB ernannter TV mitwirken.

     

    PRAXISTIPP | Die Einwilligung der Nacherben in die unentgeltliche Verfügung ist nicht unbedingt erforderlich, sofern bei einem Grundstück die Nacherbfolge gemäß § 51 GBO im Grundbuch vermerkt ist, weil die Verfügung diesen gegenüber nicht wirksam ist. Dennoch ist dem TV jedenfalls dann, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass zu einem späteren Zeitpunkt Nacherben zur Erbfolge gelangen werden, ebenso zu raten, die gerichtliche Anordnung einer Pflegschaft nach § 1913 BGB und die Bestellung eines Pflegers zu beantragen. Dieser erteilt dann als gesetzlicher Vertreter für die noch unbekannten und ungewissen Nacherben deren Zustimmung. Bei Verfügungen über bestimmte Grundstücksrechte bedarf die Zustimmung des Pflegers hierzu der familiengerichtlichen Genehmigung (§§ 1915, 1821, 1822 BGB).

     

     

    Diese Empfehlung sollte man in der Praxis schon deshalb ernstnehmen, weil der Vertragspartner regelmäßig auf der Zustimmung der Nacherben drängen wird. Andernfalls besteht für ihn die Gefahr, dass die künftigen Nacherben später die ihnen gegenüber bestehende Unwirksamkeit der Verfügung geltend machen werden (§ 2113 Abs. 1 BGB). Wegen des eingetragenen Nacherbenvermerks scheidet für ihn auch die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs nach § 2113 Abs. 3 BGB aus. Bei erteilter Zustimmung der Nacherben dagegen ist die Verfügung auch diesen gegenüber wirksam, sodass nach Vollzug im Grundbuch der Nacherbenvermerk gelöscht wird.

    3. Bestellung und Abtretung von Grundpfandrechten

    Der TV ist berechtigt, für den Erben oder die Erben in Erbengemeinschaft eine Eigentümergrundschuld am Nachlassgrundstück eintragen zu lassen. Deren Bestellung und Eintragung ist wirksam. Die Verfügung ist nicht unentgeltlich, weil das Entgelt hier in dem für den oder die Erben neu entstandenen dinglichen Recht besteht. Gleichzeitig ist ein TV-Vermerk nach § 52 GBO einzutragen.

     

    Bei Bestellung einer Fremdgrundschuld zugunsten eines Dritten, insbesondere zugunsten von Kreditinstituten, ist fraglich, ob der TV hierdurch unentgeltlich und damit nicht wirksam verfügt. Der TV muss in der Bestellungsurkunde die Beweggründe für die Belastung und deren Zweck darlegen. Sind Beweggründe und Belastungszweck nach allgemeiner Lebenserfahrung verständlich und erscheinen der Wirklichkeit gerecht zu werden, kann die Fremdgrundschuld eingetragen werden. Etwas anderes gilt, wenn dem GBA gegenteilige Tatsachen bekannt sind. Vor Eintragung der Fremdgrundschuld kann das GBA vom TV z. B. den Nachweis verlangen, dass die Auszahlungsansprüche aus dem dem Grundpfandrecht zugrunde liegenden Kreditverhältnis dem Nachlass zustehen und Kredite an den Nachlass tatsächlich ausgereicht werden.

     

    PRAXISTIPP | Sind Nachlassgrundstücke bereits vom Erblasser mit Grundpfandrechten belastet worden und will der TV diese Grundpfandrechte revalutieren, bedarf es für dieses Vorgehen keines weiteren Nachweises gegenüber dem GBA. Dennoch ist der TV im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung gehalten, die Zweckbestimmungserklärung (Sicherungsabrede), in der bestimmt wird, für welche Forderungen des Gläubigers die Grundschuld haftet, derart einzuschränken, dass die Grundschuld dem Gläubiger nur zur Sicherung gegen den Nachlass gerichteter Forderungen dienen darf. Unzulässig ist es, dass sie auch Forderungen des Geldgebers gegen die Erben persönlich oder den TV persönlich absichert.

     

     

    Beachten Sie | Die Grundpfandrechtsbestellung ist unwirksam, wenn die Valuta dem TV selbst zufließt, z. B. eine Grundschuld zur Sicherung eines dem TV persönlich gewährten Kredits verwendet oder bestellt wird. Bestellt der TV ein Grundpfandrecht für sich selbst an einem Nachlassgrundstück, ist er durch § 181 BGB gehindert, auch wenn er durch den Erblasser von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit worden ist. Denn das Rechtsgeschäft ist als unentgeltlich zu qualifizieren. Vom Verbot unentgeltlicher Verfügungen kann der TV auch durch den Erblasser nicht befreit werden. Wird gleichwohl für den TV persönlich eine Grundschuld am Nachlassgrundstück eingetragen und diese an einen Dritten abgetreten, besteht für diesen die Möglichkeit gutgläubigen Erwerbs der Grundschuld nach § 892 BGB.

     

    Ergibt die Sach- und Rechtslage, dass eine Grundpfandrechtsbestellung wirksam nicht möglich ist oder nicht wirksam erfolgte, kann der gewünschte wirtschaftliche Erfolg auch anders erreicht werden:

     

    • Soweit die Bestellung wegen Verstoßes gegen § 2205 S. 3 BGB unwirksam ist, wird die Verfügung bei Zustimmung aller Miterben und Vermächtnisnehmer wirksam. Für minderjährige Erben handeln deren Eltern (§ 1629 Abs. 1 BGB) bzw. ein ggf. zu bestellender Ergänzungspfleger (§ 1909 BGB). Wegen der Frage der familiengerichtlichen Genehmigung (§ 1643 BGB bzw. § 1915 BGB) ist insbesondere auf § 1821 Abs. 2 BGB zu verweisen.

     

    • Desweiteren ist es möglich, dass der TV den Erben das Grundstück vor der Belastung zur freien Verfügung überlässt (§ 2217 BGB) und den TV-Vermerk an der frei gewordenen Immobilie löschen lässt. Die Erben können anschließend zugunsten eines Dritten wirksam Grundpfandrechte bestellen.

     

    Beachten Sie | Häufig verlangen Kreditgeber bei Bestellung von Fremdgrundschulden mit dinglicher Zwangsvollstreckungsunterwerfung (§ 800 ZPO) gleichzeitig vom Eigentümer des Grundstücks die Abgabe eines abstrakten Schuldversprechens (§ 780 BGB) mit persönlicher Zwangsvollstreckungsunterwerfung. Der TV ist an der Abgabe dieser Erklärung gehindert, weil er den Erben nicht persönlich in Bezug auf sein gesamtes Vermögen, sondern nur in Bezug auf den Nachlass verpflichten kann. Zu einem wirksamen Schuldanerkenntnis mit persönlicher Zwangsvollstreckungsunterwerfung bedarf es daher der Zustimmung des betroffenen Erben oder einer entsprechenden Bevollmächtigung des TV durch den Erben.

    4. Löschung, Freigabe, Rangrücktritt und Rangvorbehalt

    Bewilligt der TV die Löschung eines zur Eigentümergrundschuld gewordenen Grundpfandrechts, das nicht an letzter Rangstelle steht, kann er dies wirksam nur tun, wenn der durch die Löschung im Rang aufrückende nachrangige Grundpfandrechtsgläubiger eine Gegenleistung für die Rangverbesserung an die Nachlassmasse gewährt. Anderenfalls liegt eine unentgeltliche und unwirksame Verfügung vor. Etwas anderes gilt dann, wenn die Löschung in Erfüllung der in einem Kaufvertrag übernommenen Verpflichtung bewilligt wird, dem Käufer das Nachlassgrundstück lastenfrei zu verschaffen.

     

    Beantragt und bewilligt der TV die Löschung einer zugunsten des Erblassers (Berechtigten) eingetragenen Rückauflassungsvormerkung, ist diese Verfügung ohne eine Gegenleistung unwirksam. Ausnahmen: Der Erbe stimmt der Löschung zu oder das Grundbuch ist aufgrund des z. B. durch Sterbeurkunde nachzuweisenden Todes des Berechtigten ‒ da die Vormerkung auf die Lebenszeit des Berechtigten beschränkt war ‒unrichtig geworden.

     

    Geht es um dingliche Belastungen, die dem Erben zustehen, kann der TV die Freigabe (§ 875 BGB) an bestimmten Grundstücken, Grundstücksteilen oder Grundstücksanteilen (z. B. Wohnungs- und Teileigentum) bewilligen, wenn dem Nachlass hierfür ein entsprechender Gegenwert zufließt. Ausnahme: Die Freigabe erfolgt in Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung. Es gelten dieselben Grundsätze wie bei der Abgabe einer Löschungsbewilligung.

     

    Vorgenannte Regeln gelten auch bei der Erklärung eines Rangrücktritts (§ 880 BGB) hinsichtlich eingetragener Belastungen, bei denen die Erben materiell Berechtigte sind. Die Folge des Rangrücktritts ist eine Verschlechterung des Werts des betroffenen Rechts, insbesondere im Hinblick auf die Zwangsversteigerung (vgl. §§ 10 ff. ZVG). Demnach ist, wenn der Rangrücktritt ohne angemessene Gegenleistung erfolgt, dieser als unentgeltliche Verfügung unwirksam. Ausnahme: Der Rangrücktritt erfolgt in Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung, oder der TV kann die Beweggründe und Motive für den Rangrücktritt nachvollziehbar darlegen.

     

    Wichtig: Bei Rangvorbehalten, die vorrangig im Zusammenhang mit einer geplanten Finanzierung zugunsten künftiger Finanzierungsgläubiger bedeutsam sind, ist zu differenzieren:

     

    • Wird anlässlich der Belastung eines Nachlassgrundstücks ein Rangvorbehalt (§ 883 BGB) zugunsten eines weiteren Gläubigers vereinbart, kann der TV für die Erben als Eigentümer des Grundstücks diesen Rangvorbehalt wirksam vereinbaren. Denn der Rangvorbehalt als solcher führt zunächst nur zu einer einschränkenden Wirkung der Belastung, bei der Eintragung somit zur Benachteiligung des Rechtsinhabers der Belastung (MüKoBGB/Kohler, 8.Aufl. 2020, BGB § 881 Rn. 1). Eine Belastung des Nachlassgrundstücks tritt erst ein, wenn der TV mit Wirkung für das Nachlassgrundstück den Rangvorbehalt ausnutzt (MüKoBGB/Kohler a. a. O, Rn. 15). Folglich stellt sich erst mit Bestellung des vorbehaltenen Rechts, insbesondere entsprechender Grundpfandrechte, die Frage nach der Unentgeltlichkeit der Verfügung.

     

    • Ist der Erbe hingegen materiell Rechtsinhaber der an einem anderen Grundstück eingetragenen Belastung und soll gleichzeitig oder nachträglich zu dieser Belastung ein Rangvorbehalt vereinbart werden, bedarf die Einigung über den Rangvorbehalt ‒ über den Wortlaut des § 881 Abs. 2 BGB hinaus ‒ der Zustimmung des benachteiligten Rechtsinhabers (MüKoBGB/Kohler a.a.O. Rn. 8). Diese Zustimmung gibt der TV für den Erben ab.

     

    • Beachten Sie | Bereits im Zeitpunkt der Zustimmung tritt ein wirtschaftlicher Nachteil für die Rechtsposition des Erben ein. Denn mit Eintragung des Rangvorbehalts bei dessen Recht wird dieses unmittelbar wirtschaftlich nachteilig tangiert. Im Hinblick auf § 2205 S. 3 BGB ist die Wirksamkeit der Zustimmung des TV zur Eintragung des Rangvorbehalts danach zu beurteilen, ob hierfür wirtschaftlich nachvollziehbare Gründe sprechen. Es kommt auf die Motivlage im Einzelfall an. Wird der Rangvorbehalt zeitgleich mit der Begründung des Rechts zugunsten der Erben an einem anderen Grundstück vereinbart, dürfte sich die Verfügung des TV im Regelfall nicht als unentgeltlich darstellen, weil die Rechtsposition vom jeweiligen Eigentümer des zu belastenden Grundstücks von vornherein nur eingeschränkt um den Rangvorbehalt eingeräumt wurde. Die spätere Zustimmung zur Eintragung eines Rangvorbehalts bei einem dem Erben zustehenden Recht an einem anderen Grundstück ist wegen der wirtschaftlichen Einbuße für das betroffene Recht nach denselben Grundsätzen wie ein Rangrücktritt zu beurteilen.
    Quelle: ID 46341182

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