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  • · Fachbeitrag · Inbound-Investitionen

    Das Korrespondenzprinzip als Steuerfalle bei der Finanzierung inländischer Kapitalgesellschaften

    von StB Dr. Thomas Loose, International Tax Partner bei der PwC GmbH WPG auf Entsendung in New York

    | Bei der Finanzierung inländischer Kapitalgesellschaften durch ihre ausländischen Anteilseigner ist die Fremdkapitalfinanzierung wegen des hohen deutschen Ertragsteuerniveaus im Vergleich zu einer Eigenkapitalfinanzierung in vielen Fällen steuerlich vorteilhaft. Auf der anderen Seite bestehen diverse Vorschriften zur Einschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen. Jüngste Beispiele sind die Entwurfsfassungen eines § 4k EStG und eines § 1a AStG im ATADUmsG (s. Loose, PIStB 20, 73 ). Jedoch sind auch bei der Eigenkapitalfinanzierung Steuerfallen zu beachten, ursächlich hierfür ist das in § 8 Abs. 3 S. 4 ff. KStG enthaltene Korrespondenzprinzip. |

    1. Finanzierungsformen und Beschränkungen

    Eine Eigenkapitalfinanzierung einer inländischen Kapitalgesellschaft kann durch einen ausländischen Anteilseigner etwa deshalb vorgenommen werden, um eine Verlustsituation der Inlandsgesellschaft zu verhindern bzw. nicht weiter zu verschärfen. Für profitable inländische Kapitalgesellschaften ist die Eigenkapitalfinanzierung bei stark vereinfachender Betrachtung steuerlich vorteilhaft, wenn die Effektivbesteuerung der damit erzielten Eigenkapitalrendite im Inland niedriger ist als in dem Ansässigkeitsstaat des Kapitalgebers. Da zahlreiche ausländische Staaten dort ansässige Gesellschaften sehr niedrig (z. B. Ungarn: KSt-Satz 9 % oder Irland: KSt-Satz 12,5 %) oder doch zumindest spürbar niedriger (bspw. 19 %-KSt-Satz in Großbritannien) besteuern als Deutschland und die Eigenkapitalfinanzierung inländische Haftungsrisiken erhöht, empfiehlt es sich vielfach, die Eigenkapitalfinanzierung zu begrenzen.

     

    Die Fremdkapitalfinanzierung durch gruppeninterne Darlehen, z. B. durch den Anteilseigner oder eine Konzernfinanzierungsgesellschaft, liegt bei vereinfachender Betrachtung steuerlich nahe, wenn das Besteuerungsniveau beim Fremdkapitalgeber niedriger ist als bei der kapitalaufnehmenden deutschen Gesellschaft. In diesem Fall ist die Steuerminderung durch den Zinsabzug höher als die Steuerbelastung aus der Besteuerung der Zinserträge. In der Praxis setzen ausländische Konzerne zur Fremdkapitalausstattung deutscher Tochtergesellschaften regelmäßig Finanzierungsgesellschaften ein, durch die sich einerseits finanzwirtschaftliche Zielsetzungen wie Währungs- und Cash-Pooling und andererseits steuerliche Ziele wie die niedrige Besteuerung von Zinserträgen erreichen lassen.

     

    Im Rahmen der jeweiligen Vorteilhaftigkeitsberechnungen sind zahlreiche steuerliche Vorschriften zu beachten. Als Beispiele für die Einschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen deutscher Kapitalgesellschaften sind etwa

    • der Fremdvergleichsgrundsatz (§ 8 Abs. 3 S. 2 KStG und § 1a AStG-E),
    • Anti-Hybrid-Vorschriften (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG und § 4k EStG-E)

    zu nennen.

     

    Steuerfallen drohen jedoch auch bei der Eigenkapitalfinanzierung, da infolge des in § 8 Abs. 3 S. 4 ff. KStG enthaltenen Korrespondenzprinzips Einlagen voll steuerpflichtig sein können. Nachfolgend werden anhand von Beispielsfällen praxisrelevante Zweifelsfragen für die Finanzierung von Inbound-Investitionen erläutert.

    2. Eigenkapitalfinanzierung

    2.1 Stammkapitalerhöhung

    Einlagen in eine Kapitalgesellschaft durch ihre Anteilseigner sind nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs (§§ 4 Abs. 1, 5 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG) auf Ebene der Kapitalgesellschaft bei der Einkommensermittlung zu neutralisieren und entfalten infolgedessen im Ergebnis keine Steuerwirkung; entsprechend ist in § 8 Abs. 3 S. 3 KStG für verdeckte Einlagen (klarstellend) festgehalten, dass diese das Einkommen nicht erhöhen. Als Ausnahme von diesem Grundsatz ordnet das in § 8 Abs. 3 S. 4 KSG enthaltene sog. materielle Korrespondenzprinzip eine volle Steuerpflicht von verdeckten Einlagen an, die das Einkommen des Gesellschafters gemindert haben. Gemäß § 8 Abs. 3 S. 5 f. KStG kann das Korrespondenzprinzip darüber hinaus auch in (hier nicht näher betrachteten) Dreiecksfällen Wirkkraft entfalten.

     

    • Beispiel 1

    Die D-GmbH mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Deutschland ist eine 100%ige Tochtergesellschaft einer im Staat A steuerlich ansässigen Gesellschaft (ForCo). Die D-GmbH ist seit einigen Jahren defizitär und die erlittenen Verluste haben das Eigenkapital aufgezehrt. Zur Stärkung der Kapitalbasis der D-GmbH plant die ForCo eine Bareinlage i. H. v. 10 Mio. EUR zur Erhöhung des gezeichneten Kapitals (§ 272 Abs. 1 HGB). ForCo kann die Einlage gemäß den Steuervorschriften ihres Ansässigkeitsstaates A steuermindernd geltend machen, sodass die Einlage die steuerliche Bemessungsgrundlage der ForCo unmittelbar reduziert.

     

     

     

    Die Einlage der ForCo in die D-GmbH im Wege der Stammkapitalerhöhung unterliegt bereits deshalb nicht dem Anwendungsbereich des materiellen Korrespondenzprinzips, weil tatbestandsseitig keine „verdeckte Einlage“ vorliegt: Eine ausschließlich gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgende Einlage ist sowohl für handelsrechtliche als auch für steuerliche Zwecke vielmehr unstreitig als eine offene Einlage zu klassifizieren.

     

    • Beispiel 2

    Sachverhalt wie in Beispiel 1, die Bareinlage dient jedoch nunmehr nicht ausschließlich der Erhöhung des Stammkapitals der D-GmbH: Das gezeichnete Kapital wird nur noch um 1 Mio. EUR erhöht und der übersteigende Betrag von 9 Mio. EUR wird als Agio geleistet.

     

    Aufgrund der Vereinbarung eines Agios kommt es neben der Erhöhung des gezeichneten Kapitals der D-GmbH auch zu einer Leistung in deren Kapitalrücklage i. S. d. § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB in Höhe des den Nennbetrag der gewährten Gesellschaftsrechte übersteigenden Betrags. Wie nachfolgend unter 2.2 erläutert findet sich die vor allem in älteren BFH-Urteilen enthaltene Forderung, dass verdeckte Einlagen einen Vorgang außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Einlagen voraussetzen, in dieser Form nicht mehr. Daher könnte auch die handelsrechtlich offene Einlage in Beispiel 2 für Steuerzwecke eine verdeckte Einlage darstellen. Die Dotierung einer Kapitalrücklage könnte somit isoliert betrachtet im Rahmen des Korrespondenzprinzips als eine verdeckte Einlage angesehen werden, da für das Agio selbst kein Entgelt in Form von Gesellschaftsrechten gewährt wird.

     

    Meines Erachtens ist der Vorgang jedoch analog zu der Einlage ausschließlich in das gezeichnete Kapital einheitlich nach Tauschgrundsätzen zu behandeln, sodass keine, insbesondere auch keine partielle, verdeckte Einlage vorliegt (vgl. hierzu BFH 24.4.07, I R 35/05, BStBl II 08, 253; 27.5.09, I R 53/08, BFH/NV 10, 375). Demnach kommt das Korrespondenzprinzip erneut bereits mangels einer verdeckten Einlage nicht zur Anwendung und die Kapitalzuführung ist auf Ebene der D-GmbH steuerneutral. Falls entgegen der hier vertretenen Ansicht von einer anteiligen verdeckten Einlage ausgegangen würde, wären hingegen die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des Korrespondenzprinzips zu prüfen (zu den Details vgl. 2.2).

     

    PRAXISTIPP | Eine Steuerneutralität von Einlagen sollte sich ebenso bei sonstigen Erhöhungen der Kapitalrücklage i. S. d. § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB (etwa im Falle eines Aufgelds bei der Ausgabe von Bezugsanteilen), bei der Einstellung in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB (z. B. aufgrund eines Agios bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Wandlungsrechte) und bei der Erhöhung der Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 3 HGB (Zuzahlungen der Gesellschafter gegen Gewährung eines Vorzugs für ihre Anteile) ergeben: Es handelt sich um einheitlich offene Einlagen und nicht hingegen um anteilige verdeckte Einlagen, die dem Anwendungsbereich des materiellen Korrespondenzprinzips unterliegen.

     

    2.2 Kapitalrücklagenerhöhung

     

    • Beispiel 3

    Sachverhalt wie in Beispiel 1, die Bareinlage wird jedoch nunmehr nicht zur Erhöhung des Stammkapitals verwendet, sondern die ForCo nimmt eine Erhöhung der Kapitalrücklage der D-GmbH vor (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB). Die ForCo kann die Einlage weiterhin steuermindernd geltend machen.

     

     

     

    Fraglich ist, ob die Einlage auf Ebene der D-GmbH steuerneutral ist oder infolge des materiellen Korrespondenzprinzips der ca. 30%igen inländischen Ertragsteuerbelastung (KSt, SolZ und GewSt) unterliegt. Mangels ausdrücklicher Beschränkung des Anwendungsbereichs gelten die Vorschriften des § 8 Abs. 3 S. 4 ff. KStG nach zweifelhafter, aber herrschender Auffassung im Schrifttum auch für Fälle mit Auslandsbezug. Mithin dürften auch von Steuerausländern geleistete verdeckte Einlagen in inländische Kapitalgesellschaften grundsätzlich vom Korrespondenzprinzip erfasst werden.

     

    Tatbestandsseitig erfordert das Korrespondenzprinzip eine „verdeckte Einlage“ und eine sachlich mit dieser verbundene Einkommensminderung des Gesellschafters. Im Beispielsfall liegt eine mit einer Einlage sachlich verbundene Einkommensminderung der ForCo unstrittig vor. Zum einen ist die Frage des Vorliegens einer Einkommensminderung beim ausländischen Gesellschafter nach h. M. nach ausländischem Steuerrecht zu beurteilen. Zum anderen wird diese Einkommensminderung der ForCo aufgrund einer annahmegemäß bestehenden 100%igen Steuerfreistellung in Staat A auch nicht durch einen erhöhten steuerpflichtigen Gewinn im Fall einer späteren Veräußerung der Anteile an der D-GmbH neutralisiert. Folglich besteht die entscheidende Frage darin, ob die Einlage als eine offene oder eine verdeckte zu klassifizieren ist.

     

    Nach der m. E. zutreffenden und überwiegenden Auffassung im Schrifttum liegt eine verdeckte Einlage vor, wenn die Einlage nicht auf einem gesellschaftsrechtlichen Beschluss beruht, sie sich mithin (handels-)bilanziell nicht unmittelbar im Eigenkapital der Gesellschaft widerspiegelt, sondern über die Gewinn- und Verlustrechnung durch überhöhte Erträge oder zu niedrige Aufwendungen erfasst wird. Die Auffassung wird wohl auch vom Großen Senat geteilt (vgl. BFH 9.6.97, GrS 1/94, BStBl II 98, 307).

     

    Hingegen wird eine verdeckte Einlage von der Finanzverwaltung in H 4.3 Abs. 1 EStH als „die Zuwendung eines bilanzierbaren Vermögensvorteils aus gesellschaftsrechtlichen Gründen ohne Entgelt in Gestalt von Gesellschaftsrechten“ definiert. Jedoch wird in R 40 Abs. 1 KStR auf die durch das Gesellschaftsverhältnis bedingte Zuwendung eines einlagefähigen Vorteils „außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Einlagen“ abgestellt, ohne eine Definition von gesellschaftsrechtlichen Einlagen anzufügen. Schließlich wird in einem BMF-Schreiben vom 23.2.83 (IV C 5 - S 1341 - 4/83, BStBl I 83, 218) eine verdeckte Einlage angenommen, „wenn einer Kapitalgesellschaft durch einen Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person ein einlagefähiger Vermögensvorteil zugewendet wird und diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat“.

     

    Auch die höchstrichterliche Rechtsprechung vermag keine eindeutige Definition bereitzustellen. Ursächlich hierfür ist, dass verschiedene Senate des BFH unterschiedliche Auffassungen zu der Begrifflichkeit der verdeckten Einlage vertreten (zu Details vgl. Becker/Loose, IStR 15, 222; Kempf/Loose, Ubg 15, 591). Und auch wenn mehrere Senate zwischenzeitlich auf eine Definition entsprechend den EStR abstellen, war in keinem der Urteile des BFH die steuerliche Behandlung bei der begünstigten Kapitalgesellschaft von der Definition der verdeckten Einlage abhängig; soweit ersichtlich liegt diesbezüglich auch keine erstinstanzliche Rechtsprechung vor.

     

    Beachten Sie | Letztendlich wird die genaue Definition der verdeckten Einlage für Zwecke des Korrespondenzprinzips durch die Rechtsprechung zu klären sein. Bis dahin besteht ein signifikantes Risiko, dass die Finanzverwaltung eine weite Auslegung vornimmt und somit ‒ entgegen der vorliegend vertretenen Auffassung ‒ auch solche Einlagen als verdeckt ansieht, die sich unmittelbar im bilanziellen Eigenkapital niederschlagen. Infolgedessen können auch gesellschaftsrechtlich offene Einlagen in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB steuerlich als verdeckte Einlagen einzuordnen sein, denn für diese wird kein Entgelt in Gesellschaftsrechten gewährt. Dies wiegt umso schwerer, als solche Einlagen in der Unternehmenspraxis wegen ihrer höheren Flexibilität im Vergleich zu solchen in das Stammkapital die zentrale Eigenkapitalfinanzierungsquelle vieler inländischer Unternehmen darstellen.

     

    PRAXISTIPP | Eine Einlage in die Kapitalrücklage i. S. d. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB ist bisweilen auch im Rahmen von Mini-Stammkapitalerhöhungen zu beobachten. Entscheidende Bedeutung kommt hierbei der genauen Formulierung des jeweiligen Einbringungsvertrags zu: So kann der den Nennwert der neu ausgegebenen Anteile an der übernehmenden Kapitalgesellschaft übersteigende Betrag etwa explizit als Agio den Kapitalrücklagen nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB zugeführt werden (vgl. hierzu die Ausführungen oben unter 2.1) oder separat in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB eingestellt werden. Aufgrund des Korrespondenzprinzips ist aus steuerlicher Sicht die erste Variante empfehlenswert.

     
    • Beispiel 4

    Sachverhalt wie in Beispiel 3. Allerdings kann die ForCo die Einlage nicht länger unmittelbar steuermindernd geltend machen. Vielmehr erhöht die Einlage nach dem Steuerrecht des Ansässigkeitsstaates A steuerneutral den Buchwert der Beteiligung an der D-GmbH. Nachgelagert nimmt die ForCo eine steuerwirksame Abschreibung des Buchwerts ihrer Beteiligung an der D-GmbH vor.

     

    Nicht abschließend gesichert ist, ob und wenn ja, welcher sachliche und zeitliche Zusammenhang zwischen der verdeckten Einlage und der Minderung des Einkommens des Gesellschafters vorliegen muss, um den Anwendungsbereich des Korrespondenzprinzips zu eröffnen. M. E. ist bereits aufgrund des klaren Wortlauts eine steuerpflichtige verdeckte Einlage nur anzunehmen, wenn diese betragsmäßig („soweit“) und sachlich („gemindert hat“) mit der Minderung des Einkommens auf Gesellschafterebene verbunden ist. Der Einlage nachgelagerte Geschäftsvorfälle sind aufgrund der Verwendung der Perfektform unbeachtlich.

     

    In Beispiel 4 sollte das Korrespondenzprinzip demnach nicht greifen, weil die Einlage selbst keine Steuerminderung beim Gesellschafter bewirkt hat und strikt von Bewertungsfragen zu trennen ist. Darüber hinaus ist die Abschreibung der Einlage zeitlich nachgelagert. Eine Steuerpflicht der verdeckten Einlage sollte daher z. B. selbst dann nicht entstehen, wenn die steuerwirksame Abschreibung des Beteiligungsbuchwertes bereits am Ende des Wirtschaftsjahrs der verdeckten Einlage erfolgt.

     

    PRAXISTIPP | Die Sachverhaltskonstellation in Beispiel 4 ist im Vergleich zu der von Beispiel 3 der in der Unternehmenspraxis bedeutsamere Fall, da zahlreiche ausländische Steuersysteme eine einer Einlage nachfolgende steuerwirksame Abschreibung des Beteiligungsbuchwertes zulassen. Eine unmittelbar steuerwirksame Geltendmachung einer Einlage ist in der Praxis hingegen seltener zu beobachten, z. B. wenn in einem ausländischen Staat ein aufwandswirksam zu berücksichtigender (Ertrags-)Zuschuss (etwa zur Kompensation von Verlusten) angenommen wird.

     

    Beachten Sie | Die Verfassungsmäßigkeit des materiellen Korrespondenzprinzips ist höchst zweifelhaft. Das Prinzip bewirkt, dass die Besteuerung einer verdeckten Einlage auf Ebene der empfangenen Körperschaft von der Besteuerung auf Ebene des Gesellschafters abhängt. Folglich kommt es zu einem Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip als Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG. Denn die Körperschaft muss etwas versteuern, das sie selbst gar nicht erwirtschaftet hat. Die Vermögensmehrung ist nicht auf ihre werbende Tätigkeit, sondern allein auf das Gesellschaftsverhältnis zurückzuführen. Auch wird gegen das Gleichbehandlungsverbot verstoßen, weil bei Einbezug auch ausländischer Gesellschafter die Besteuerungsfolgen im Inland in Abhängigkeit der jeweiligen ausländischen Steuersysteme willkürlich voneinander abweichen und zudem ein strukturelles Erhebungsdefizit droht.

     

    Steuersystematisch führt das Korrespondenzprinzip zu einer nur fiskalisch begründbaren Durchbrechung des Trennungsprinzips, zumal der umgekehrte Fall eines steuerpflichtigen Ertrags im Inland ohne steuerwirksamen Abzug im Ausland nicht erfasst wird und demzufolge eine Doppelbesteuerung bewirkt. Ein sachlicher Rechtfertigungsgrund ist nicht ersichtlich, insbesondere kann eine angestrebte Missbrauchsverhinderung nicht überzeugen, da die Körperschaft keinen Einfluss auf die Besteuerung ihres (ausländischen) Gesellschafters hat und eine Missbrauchsverhinderungsnorm somit auf Ebene des (ausländischen) Gesellschafters ansetzen müsste.

     

    PRAXISTIPP | Auch gegen den Minderheitenschutz wird verstoßen. Wenn z. B. im Rahmen eines Joint Ventures eine nach dem Korrespondenzprinzip steuerpflichtige verdeckte Einlage nur von dem Mehrheitsgesellschafter vorgenommen wird, trifft die Steuerbelastung in Form reduzierten Ausschüttungspotenzials auch den Minderheitsgesellschafter. Im Fall von Auslandsgesellschaftern ist daher empfehlenswert, gesellschafts- oder schuldrechtliche Ausgleichsregeln zu vereinbaren, um eine faire Zuordnung von Steuerbelastungseffekten sicherzustellen.

     

    3. Fremdkapitalfinanzierung

     

    • Beispiel 5

    Sachverhalt wie in Beispiel 1. Nunmehr hat die ForCo an die D-GmbH aber ein Darlehen i. H. v. 10 Mio. EUR ausgereicht.

     

     

     

    In einem ersten Schritt ist stets zu prüfen, ob steuerlich überhaupt eine Fremdkapitalfinanzierung vorliegt. Bei einem fremdvergleichskonformen Darlehen ist dies stets der Fall. Sofern jedoch die ForCo der D-GmbH ein Darlehen gewährt, mit dessen Rückzahlung nicht ernsthaft zu rechnen ist, liegt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung aus steuerlicher Sicht eine verdeckte Einlage in Höhe des Darlehensbetrags vor (vgl. z. B. BFH 12.12.00, VIII R 62/93, BStBl II 01, 234). Wird die von Beginn an wertlose Gesellschafterforderung im Ausland zunächst als solche gebucht und erst später steuerwirksam abgeschrieben, so liegt zwar eine verdeckte Einlage im Inland und eine Einkommensminderung im Ausland vor, mangels sachlichen Bezugs jedoch kein Fall des Korrespondenzprinzips. Denn nicht die Überweisung der die verdeckte Einlage bewirkenden Darlehenssumme wird im Ausland steueraufwandswirksam, sondern nur die hieraus gebildete Forderung ‒ und dies zudem erst zeitlich nachgelagert.

     

    PRAXISTIPP | Der im Rahmen des ATAD-Umsetzungsgesetzes betreffend Finanzierungsbeziehungen angedachte § 1a AStG-E zielte nicht auf eine Umqualifizierung von Darlehen in eine verdeckte Einlage, sondern verweigert ‒ im Wege einer Erweiterung der Anforderungen an den Fremdvergleichsgrundsatz ‒ den Zinsabzug für gewisse Darlehen.

     

    In Beispiel 5 entspricht das Darlehen annahmegemäß den Anforderungen des Fremdvergleichsgrundsatzes, sodass steuerliches Fremdkapital vorliegt. Infolgedessen sind die typischen Vorschriften zur Einschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen inländischer Kapitalgesellschaften zu beachten, wie z. B. die Zinsschranke nach § 4h EStG i. V. m. § 8a KStG oder die 25%ige gewerbesteuerliche Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG.

     

    Beachten Sie | Neue Abzugsbeschränkungen ergeben sich durch die Umsetzung der ATAD. Zuvorderst ist die komplex formulierte und auf D/NI-Inkongruenzen, doppelte steuerliche Abzüge sowie importierte Besteuerungsinkongruenzen abzielende Norm des § 4k EStG-E zu nennen (vgl. hierzu Loose, PIStB 20, 73 ff). Daneben sollen die bereits nach aktueller Rechtslage bestehenden Anti-Hybrid-Vorschriften, etwa § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG, nicht abgeschafft werden. Der weitere Gesetzgebungsprozess ist aufmerksam zu beobachten.

     

    Ein klassisches Beispiel für die Einschlägigkeit der neuen Anti-Hybrid-Vorschrift des § 4k EStG-E (Folge: Nichtabzugsfähigkeit der Zinsaufwendungen) wäre, wenn das Darlehen in Beispiel 5 aus Sicht des Staates A abweichend von Deutschland als steuerliches Eigenkapital eingestuft würde. Das hätte zur Folge, dass die erzielten Erträge bei der ForCo als Dividenden steuerfreigestellt würden.

     

    In Beispiel 5 war das Darlehen im Zeitpunkt der Ausreichung annahmegemäß als voll werthaltig anzusehen. Nach einigen Jahren beträgt der gemeine Wert der Forderung nunmehr jedoch nur noch 4 Mio. EUR und die ForCo verzichtet vollständig auf ihre Forderung, um die D-GmbH zu rekapitalisieren. Nach der BFH-Rechtsprechung (vgl. BFH 9.6.97, GrS 1/94, BStBl II 98, 307) ergibt sich auf Ebene der D-GmbH in Höhe des nicht werthaltigen Teils des Darlehens (6 Mio. EUR) ein Ertrag und in Höhe des werthaltigen Teils (4 Mio. EUR) eine verdeckte Einlage.

     

    Aufgrund des Korrespondenzprinzips könnte auch der als verdeckte Einlage anzusehende Betrag des Forderungsverzichts bei der D-GmbH einkommenserhöhende Wirkung entfalten. Sofern der Forderungsverzicht bei der ForCo gemäß den Steuervorschriften des Staates A zu einem unmittelbar steuerlich berücksichtigungsfähigen Aufwand in Höhe des vollen Darlehensbetrags führt, wären die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift des § 8 Abs. 3 S. 4 KStG erfüllt. Bei einer Einkommensminderung bis zur Höhe von 6 Mio. EUR ist m. E. auf Basis des Gesetzeswortlauts („soweit“) eine vorrangige Zuordnung zum ‒ zwar steuerpflichtigen, aber nicht dem Korrespondenzprinzip unterliegenden ‒ nicht werthaltigen Teil vorzunehmen.

     

    Zusammenfassend wird der nicht werthaltige Teil des Forderungsverzichts bei der D-GmbH unmittelbar steuerpflichtig; der werthaltige Teil gilt zwar zunächst als verdeckte Einlage, wird jedoch ebenfalls steuerpflichtig, soweit der Tatbestand des § 8 Abs. 3 S. 4 KStG erfüllt wird. In der Praxis ist dies in vielen Fällen der Fall, da Forderungsverzichte nach dem Steuerrecht vieler ausländischer Staaten aufwandswirksam sind.

     

    Erneut führt das Korrespondenzprinzip zu einem Widerspruch zum Leistungsfähigkeitsprinzip: Identische Forderungsverzichte von in- und (verschiedenen) ausländischen Gesellschaftern werden unterschiedlich behandelt, und zugleich wird die Sanierung bzw. Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit inländischer Unternehmen erschwert. Erneut wäre daher wünschenswert, dass das Korrespondenzprinzip auf Auslandsfälle keine Anwendung findet. In der Zwischenzeit ist zu raten, dass die beteiligten Parteien durch gesellschafts- oder schuldrechtliche Ausgleichsvereinbarungen verhindern, dass effektive Steuerbelastungsverschiebungen auftreten. Ferner ist über alternative Kapitalisierungsmaßnahmen nachzudenken (z. B. Schuldübernahmen).

     

    Beachten Sie | § 8 Abs. 3 S. 5 f. KStG erweitert das Korrespondenzprinzip auf Dreiecksfälle, in denen eine verdeckte Einlage auf einer nicht korrigierten vGA einer dem Gesellschafter nahestehenden Person beruht und bei der Besteuerung des Gesellschafters nicht berücksichtigt wurde. Folglich ist die Steuerfalle des Korrespondenzprinzips bspw. auch dann zu prüfen, wenn in Beispiel 5 statt der Gesellschafterin der D-GmbH eine Konzernfinanzierungsgesellschaft als Schwestergesellschaft der D-GmbH den Forderungsverzicht vorgenommen hätte.

     

    FAZIT | Inbound-Finanzierungen erfolgen in der Unternehmenspraxis oftmals durch Einlagen in die Kapitalrücklage, durch Ertragszuschüsse oder durch Forderungsverzichte. Soweit im Rahmen dieser Rekapitalisierungsmaßnahmen eine Minderung des Einkommens des ausländischen Gesellschafters erfolgt, droht in all diesen Fällen durch das in § 8 Abs. 3 S. 4 ff. KStG enthaltene materielle Korrespondenzprinzip eine Steuerfalle in Form der Steuerpflicht einer verdeckten Einlage. Nicht zuletzt da eine solche Steuerpflicht inländische Unternehmen in einer oftmals sehr angespannten finanziellen Lage trifft, wäre es zu wünschen, dass der gesetzliche Anwendungsbereich des verfassungsrechtlich wie steuersystematisch ohnehin höchst zweifelhaften Korrespondenzprinzips zumindest auf Inlandsfälle eingeschränkt wird bzw. zumindest Einlagen in die Kapitalrücklage i. S. d. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB nicht als verdeckte Einlagen eingestuft werden. Ein Rekapitalisierungshindernis und zugleich eine Benachteiligung von ausländischen Investoren würden beseitigt. In der Zwischenzeit sollte bei Inbound-Finanzierungen ein besonderes Augenmerk auf diese Steuerfalle gelegt, und es sollten steuerplanerisch alternative Finanzierungswege geprüft werden.

     
    Quelle: Ausgabe 06 / 2020 | Seite 172 | ID 46495792

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