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  • · Fachbeitrag · Subject-to-Tax

    Zahlung ausländischer Steuern und die Grenzen der Nachweispflicht

    von RA StB FA StR Julian Ott, Berlin

    | Für Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit wird die abkommensrechtliche Freistellung nach § 50d Abs. 8 S. 1 EStG an einen Nachweis des Steuerpflichtigen geknüpft, dass die ausländischen Steuern auf die Einkünfte tatsächlich entrichtet wurden oder der ausländische Staat auf die Besteuerung verzichtet hat. Diese Nachweispflicht versucht die Finanzverwaltung zunehmend auch auf andere Einkunftsarten auszuweiten. |

    1. Problemstellung

    Mandanten mit nach DBA freigestellten ausländischen Einkünften sind verstärkt mit erhöhten Nachweisanforderungen konfrontiert, weil im Festsetzungsverfahren regelmäßig die Anforderungen des § 50d Abs. 8 EStG für Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit zur Richtschnur erhoben und auf andere Einkunftsarten erstreckt werden. Steuerfreistellung unter Progressionsvorbehalt nach DBA wird durch die Finanzverwaltung zunehmend nur gewährt, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass er die ausländischen Steuern abgeführt hat. Zur Begründung dieser oft nicht im DBA verankerten erhöhten Nachweisanforderung an den Steuerpflichtigen mit ausländischen Einkünften wird bevorzugt auf § 68b EStDV und § 90 Abs. 2 AO verwiesen und damit auf Verfahrensebene eine (ungeschriebene) Subject-to-Tax-Regelung eingeführt.

    2. Treaty Override

    Die Vorschrift § 50d Abs. 8 EStG ordnet für Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nicht selbstständiger Arbeit an, dass Freistellung ungeachtet des DBA nur gewährt wird, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass die im Ausland festgesetzten Steuern auf die Einkünfte entrichtet wurden oder der ausländische Staat auf die Besteuerung verzichtet hat. Die Regelung soll weiße Lohneinkünfte verhindern. Systematisch liegt mit § 50d Abs. 8 EStG ein Treaty Override vor, der als Rechtsfolge den Übergang von der Freistellung zur Anrechnungsmethode (Switch-over) nach sich zieht. Dabei scheitert die Anrechnung als Rechtsfolge regelmäßig, weil der Steuerpflichtige die Zahlung der Steuern im anderen Vertragsstaat schon auf Tatbestandsebene gerade nicht nachweisen kann. Der Tatbestand des § 50d Abs. 8 EStG ist Spezialnorm und bezieht sich ausdrücklich nur auf Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit i. S. d. § 19 EStG.

    3. Rechtsgrundlagen für den Subject-to-Tax-Nachweis

    3.1 Subject-to-Tax-Klausel im DBA

    Beruht der Nachweis der Versteuerung auf einer Subject-to-Tax-Klausel im DBA, so muss der Nachweis voll geführt werden. Denn die Rechtsfolge der Freistellung tritt erst dann ein, wenn die Subject-to-Tax-Klausel erfüllt ist. Dies ist z. B. der Fall bei Art. 23 Abs. 1 Buchst. a) DBA GB:

     

    •  Art. 23 Abs. 1 Buchst. a) DBA GB

    „Von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer werden die Einkünfte aus dem Vereinigten Königreich sowie die im Vereinigten Königreich gelegenen Vermögenswerte ausgenommen, die nach diesem Abkommen im Vereinigten Königreich tatsächlich besteuert werden …“

     

    Insoweit ist der Nachweis der Versteuerung im anderen Vertragsstaat Tatbestandsvoraussetzung für die Freistellung nach dem DBA. Ist die Subject-to-Tax-Klausel im DBA bereits enthalten, bedarf es auch keines Rückgriffs mehr auf die nationalen Steuergesetze, um das Nachweiserfordernis aufzustellen (BMF 20.6.13, IV B 2 - S 1300/09/10006, BStBl I 13, 980).

     

    3.2 § 50d Abs. 8 EStG

    § 50d Abs. 8 EStG ist verfassungsgemäß (BVerfG 15.12.15, 2 BvL 1/12, DStR 16, 59). Liegen Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit in einem DBA-Vertragsstaat vor, so muss das FA den Nachweis der Versteuerung gestützt auf § 50d Abs. 8 EStG verlangen und darf ohne Nachweis nicht freistellen. Die Gefahr der Doppelbesteuerung eines beweislosen Steuerpflichtigen im Einzelfall wird in Kauf genommen, um das gesetzgeberische Ziel der Vermeidung weißer Lohneinkünfte zu sichern (zum Umfang der Nachweispflicht s. auch FG Köln 16.6.16, 13 K 3649/13, EFG 16, 1711 und FG Hamburg 13.4.17, 6 K 195/16, BB 17, 1750).

     

    3.3 § 68b EStDV

    In Fällen anderer Einkünfte als solcher aus nicht selbstständiger Tätigkeit und ohne Subject-to-Tax-Klausel stellt § 68b EStDV keine ausreichende Grundlage für die Anforderung des Nachweises über die Versteuerung dar. Durch § 68b EStDV wird die Anrechnungsvorschrift des § 34c EStG konkretisiert. Die Vorschrift der Durchführungsverordnung füllt die Ermächtigungsnorm des § 34c Abs. 7 Nr. 2 EStG aus und konkretisiert die Nachweisvorschriften zum Steueranrechnungsverfahren nach § 34c EStG. Sie ist aus mehreren Gründen nicht geeignet, die Freistellung nach dem DBA einzuschränken:

     

    • 1. Die Verordnungsermächtigung erstreckt sich auf die Konkretisierung des § 34c EStG. In diesem systematischen Zusammenhang muss § 68b EStDV ausgelegt werden. Die Verordnungsermächtigung des Bundesgesetzes kann sich nicht auf den Erlass einer VO zur Durchbrechung der höherrangigen Norm des DBA als völkerrechtlichem Vertrag erstrecken, wonach Freistellung zu gewähren ist. Insoweit hat der völkerrechtliche Vertrag Vorrang vor der VO.

     

    • 2. Die systematische Auslegung ergibt, dass die Regelung der Durchführungsverordnung ausschließlich auf Anrechnungsfälle nach § 34c EStG zur Anwendung gelangt, was sich bereits aus der Überschrift in der Durchführungsverordnung ergibt, wo es heißt: „Zu § 34c des Gesetzes“. Sie ist insoweit nicht auf Freistellungssachverhalte nach DBA anwendbar.

     

    • 3. Nach § 50d Abs. 8 EStG ist der Treaty Override auf bundesgesetzlicher Ebene für ausländische Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit geregelt. Im Umkehrschluss lässt sich daraus folgern, dass der entsprechende Nachweis für andere Einkünfte, für welche dies nicht explizit im EStG festgelegt wurde, gerade nicht gesetzlich angeordnet sein soll.

     

    PRAXISHINWEIS | Einer auf § 68b EStDV gestützten Nachweisanforderung sollte mit Hinweis auf Normenhierarchie für das DBA, Unanwendbarkeit außerhalb der Anrechnung und Umkehrschluss aus § 50d Abs. 8 EStG widersprochen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Nachweis nicht einfach zu führen ist, z. B. bei Freiberuflereinkünften, die im Ausland einer Abzugsteuer (z. B. für Künstler vergleichbar § 50a EStG) unterlegen haben oder bei Gesellschaftern einer ausländischen Personengesellschaft, die nicht selbst Steuern abgeführt haben.

     

    3.4 § 90 AO

    § 90 Abs. 2 AO ist als allgemeine Regelung für Sachverhalte mit Auslandsbezug grundsätzlich auch auf die Steuerfestsetzung mit Freistellung unter Progressionsvorbehalt aufgrund DBA anwendbar. Dies ergibt sich auch aus dem BFH-Beschluss vom 15.3.11 (I B 158/10, BFH/NV 11, 1109), wonach beim Nachweis der Voraussetzungen des DBA der Steuerpflichtige in der Bringschuld gesehen wird.

     

    Aufgrund fehlender Informationsbeschaffungs- und Durchsetzungsmöglichkeiten der deutschen Steuerbehörden im Ausland wird dem Steuerpflichtigen, eine erhöhte Mitwirkungspflicht auferlegt. Rechtsfolge bei Verletzung des § 90 Abs. 2 S. 1 AO ist eine Reduzierung der Ermittlungspflicht für das FA, die sich auf das Beweismaß auswirkt. Dies kann bis zur Beweislastumkehr gehen. FA und FG dürfen für den Steuerpflichtigen nachteilige Schlüsse ziehen. Das Tor zur Schätzung ist weit geöffnet.

     

    PRAXISHINWEIS | In EU-Sachverhalten kann ein Verweis auf die jeweilige Regelung des DBA zur Amtshilfe (z. B. Art. 28 DBA GB) und die Regelungen des EUAHiG das Ausmaß der geforderten Mitwirkung dämpfen, denn entscheidend ist die Beweisnähe: Die Verantwortung des Steuerpflichtigen ist umso größer, je mehr Beweismittel der von ihm beherrschten Sphäre angehören (Vgl. FG Baden-Württemberg 26.11.10, 10 K 43/10, EFG 11, 804)

     

    Eine Versagung der Freistellung ausländischer Einkünfte nach DBA allein aufgrund fehlenden Nachweises der Versteuerung wird jedoch regelmäßig nicht auf § 90 Abs. 2 AO gestützt werden können. Denn der Nachweis der Versteuerung im Ausland ist nicht Teil des zu ermittelnden und steuerrechtlich zu beurteilenden Sachverhalts i. S. d. § 90 Abs. 2 S. 1 AO und der Zahlungsnachweis ist auch nicht „erforderlich“ im Sinne der Norm. Dies ist im Umkehrschluss bei systematischer Auslegung des Tatbestandsmerkmals „erforderlich“ zu folgern, weil im DBA keine Subject-to-Tax-Klausel enthalten ist und § 50d Abs. 8 EStG der Charakter einer lex specialis zukommt. Wohl aber wird der Steuerpflichtige die freizustellenden Einkünfte vollständig und plausibel ‒ etwa durch Vorlage der Verträge, Rechnungen und Gutschriften ‒ darlegen müssen, um den Beweismaßanforderungen des § 90 Abs. 2 AO für den freizustellenden Sachverhalt zu entsprechen.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2017 | Seite 266 | ID 44569554

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