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  • · Fachbeitrag · Erbschaftsteuer

    EuGH: Ehegattenfreibetrag nach ErbStG auch bei beschränkter Steuerpflicht

    von VRiFiG Prof. Dr. Kay-Michael Wilke, Karlsruhe

    Die beschränkte Erbschaft-und Schenkungsteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG war bereits einmal auf dem Prüfstand des EuGH, und zwar im Fall Mattner (EuGH 22.4.10, C-510/08, BFH/NV 10, 1212). In dem nun entschiedenen Fall Welte ging es um die Frage, ob bei beschränkter Steuerpflicht und einem Erwerber im Drittland Schweiz, welches allerdings durch das Freizügigkeitsabkommen vom 21.6.99 (BGBl II 01, 810) gegenüber sonstigen Drittstaaten einen Sonderstatus genießt, der äußerst geringe Freibetrag nach § 16 Abs. 2 ErbStG mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Der EuGH hat dies im konkreten Fall verneint (EuGH 17.10.13, C-181/12, DStR 13, 2269).

     

    Sachverhalt

    Die Ehefrau, die in Deutschland geboren wurde, jedoch nach ihrer Heirat mit einem schweizerischen Staatsangehörigen ebenfalls schweizerische Staatsangehörige wurde, verstarb in der Schweiz, wo sie mit ihrem Ehemann wohnte. Dieser ist ihr einziger Erbe. Die Ehefrau war Eigentümerin eines Grundstücks in Düsseldorf. Auf diesem Grundstück stand das Haus der Eltern der Ehefrau, sie hatte es beim Tod ihrer Mutter geerbt. Ferner war die Ehefrau Inhaberin von Konten bei Banken in Deutschland und in der Schweiz, die allesamt Guthaben auswiesen. Mit Bescheid setzte das FA gegen den Ehemann die Erbschaftsteuer fest. Bei der Berechnung wurde von der Bemessungsgrundlage (Wert des in Düsseldorf belegenen Grundstücks abzüglich einer Pauschale von 10.300 EUR für Erbfallkosten) ein Freibetrag von 2.000 EUR abgezogen. Den Einspruch, den der Ehemann im Hinblick auf die Inanspruchnahme des Freibetrags gemäß § 16 Abs. 1 ErbStG von 500.000 EUR eingelegt hatte, wies das FA zurück. In der Schweiz wurde keine Erbschaftsteuer erhoben.

     

    Das angerufene FG Düsseldorf hat daraufhin dem EuGH folgende Frage vorgelegt (FG Düsseldorf 2.4.12, 4 K 689/12 Erb, EFG 12, 1486): Ist es mit dem Europarecht (Art. 56 EG und 58 EG; jetzt Art. 63 und 65 AEUV) vereinbar, dass ein Freibetrag nur 2.000 EUR beträgt, wenn Erblasser und Erwerber zum Zeitpunkt des Erbfalls ihren Wohnsitz in einem Drittland (hier: Schweiz) haben, während ein Freibetrag von 500.000 EUR gewährt worden wäre, wenn zumindest eine dieser beiden Personen zu diesem Zeitpunkt ihren Wohnsitz in Deutschland gehabt hätte?

     

    Anmerkungen

    Unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung führt das Gericht aus, dass die Erbschaft im Ausgangsfall einen Vorgang darstellt, der unter den Kapitalverkehr im Sinne des Art. 56 Abs. 1 EG (Art. 63 AEUV) fällt (EuGH 23.2.06, C-513/03 van Hilten-van der Heijden, PIStB 10, 156; EuGH 10.2.11, C-25/10 Missionswerk Werner Heukelbach, PIStB 11, 146).

     

    Die Regelung des § 16 Abs. 2 ErbStG stellt nach Auffassung des Gerichts und der Kommission auch eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs i.S. von Art. 56 Abs. 1 EG (Art. 64 Abs. 1 AEUV) dar, denn sie führt gegenüber der Regelung in § 16 Abs. 1 ErbStG zu einer erheblichen Wertminderung des Nachlasses.

     

    Die Bundesregierung hat folgende Rechtfertigungsgründe vorgebracht:

     

    • Die Beschränkung des freien Kapitalverkehrs mit Drittländern sei in diesem Fall nach Art. 57 Abs. 1 EG (Art. 64 Abs. 1 AEUV; sog. Stillstandsklausel) zulässig. Diese Vorschrift sieht einen Bestandsschutz für älteres Recht vor. Ihr Anwendungsbereich beschränkt sich aber auf bestimmte, genau formulierte Arten von Kapitalbewegungen. Hierzu hat der EuGH entschieden, dass „Vermögensanlagen“ in Immobilien zu privaten Zwecken, wie die im Ausgangsverfahren, nicht in diesen Anwendungsbereich fallen.

     

    • Nach Art. 58 Abs. 1 Buchst. a) und Abs. 3 EG (Art. 65 Abs. 1 Buchst. a) AEUV) seien Vorschriften ihres Steuerrechts anwendbar, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln. Doch der EuGH führte aus, dass eine Ungleichbehandlung bzw. Beschränkung danach nur dann mit der Kaitalverkehrsfreiheit vereinbar sei, wenn die unterschiedliche Behandlung Fallgestaltungen betrifft, die objektiv nicht miteinander vergleichbar sind, oder wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Außerdem darf eine Vorschrift nicht über das hinausgehen, was zum Erreichen des mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziels erforderlich ist. Zu der Frage der Vergleichbarkeit stellt der EuGH fest, dass es in Bezug auf die Höhe der Erbschaftsteuer, die für ein in Deutschland belegenes Grundstück anfällt, keinen objektiven Unterschied gibt, der es rechtfertigen würde, die Situation von Personen, von denen keine in diesem Mitgliedstaat wohnt, und die Situation, in der zumindest eine der beteiligten Personen in diesem Staat wohnt, ungleich zu behandeln.

     

    • Die Bundesregierung hat schließlich noch den Grundsatz der Kohärenz sowie die Schwierigkeiten der Kontrolle bei Erwerb durch Nichtansässige als Rechtfertigungsgründe vorgebracht. Beides hat der EuGH unter Bezugnahme auf seine ständige Rechtsprechung zurückgewiesen.

     

    Die festgestellte unterschiedliche Behandlung verstößt im Ergebnis gegen die Vorgaben des Unionsrechts.

     

    PRAXISHINWEIS | Diese Entscheidung hat nur für die EU und den EWR Bedeutung. Bei Drittstaaten ist davon auszugehen, dass der geringe Freibetrag nach § 16 Abs. 2 ErbStG auch weiterhin beibehalten wird. Ob die Entscheidung in eine Gesetzesänderung einfließen wird, erscheint nach dem Verhalten der Finanzverwaltung in der Vergangenheit nicht zwingend. So wurde das EuGH-Urteil in der Sache Theodor Jäger auch lediglich durch Verfügungen der OFD umgesetzt (EuGH 17.1.08, C-256/06, PIStB 08, 88). Für grenzüberschreitende Erbschaftsplanungen ist diese Entscheidung des EuGH aber von eminenter Bedeutung.

    Quelle: Ausgabe 03 / 2014 | Seite 60 | ID 42506856

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