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  • · Einkommensteuer

    Abzugsfähigkeit einer Auslandswohnung bei doppelter Haushaltsführung

    Bild: © visoot - stock.adobe.com

    von Prof. Dr. Ralf Jahn, Würzburg

    | Unterkunftskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung im Ausland sind grundsätzlich in notwendiger Höhe abziehbar. Bei Entsendungen entstehen oft hohe Kosten für die Zweitwohnung im Ausland. Ein aktuelles BFH-Urteil zeigt: Kosten für eine Dienstwohnung im Ausland, die der Dienstherr für Zwecke des Mietzuschusses nach § 54 Bundesbesoldungsgesetzes als notwendig anerkennt, sind in tatsächlicher Höhe als Unterkunftskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung abzugsfähig. Eine Kürzung durch das Finanzamt wegen angeblich unangemessener Größe ist nicht zulässig (BFH 17.6.25, VI R 21/23, DStR 25, 2298). |

     

    Sachverhalt

    Ein Beamter im höheren auswärtigen Dienst war im Streitjahr 2015 bis zum Sommer in einer Botschaft im Ausland tätig und bewohnte dort eine von ihm selbst angemietete, etwa 200 qm große Wohnung. Nach den Vorgaben des Auswärtigen Amts war er verpflichtet, in den Privaträumen auch dienstlichen gesellschaftlichen Repräsentationsaufgaben nachzugehen. Der Mietleitfaden sah für einen Ledigen eine für berufliche und private Zwecke notwendige Wohnfläche von 140 qm vor. Der Dienstherr erkannte für Zwecke des Mietzuschusses nach § 54 Bundesbesoldungsgesetz gleichwohl die Kosten für die Wohnung in voller Höhe als notwendig an, da der vereinbarte Mietzins nicht über dem vergleichbaren Preisniveau für angemessene Wohnungen lag. Für seine Auslandstätigkeit erhielt er steuerfreie Auslandsbezüge sowie einen Mietzuschuss. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Beamte, der auch in Deutschland einen eigenen Hausstand unterhielt, für die Auslandswohnung Kosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung geltend.

     

    Das FA erkannte nur Kosten der Unterkunft basierend auf einer Wohnungsgröße von 140 qm, abzüglich des Mietzuschusses und unter weiterer Berücksichtigung von § 3c Abs. 1 EStG an. Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das FG Berlin-Brandenburg (14.6.23, 1 K 12087/20) ab.

     

    Der BFH hat jetzt das FG-Urteil aufgehoben und der Kläger in vollem Umfang stattgegeben.

     

    Anmerkungen

    Der BFH hat im Streitfall den Einkommensteuerbescheid dahin gehend geändert, dass auch die weiteren geltend gemachten Kosten der Unterkunft als Werbungskosten berücksichtigt werden; das FG habe die dem Beamten entstandenen und im Revisionsverfahren allein noch streitigen Unterkunftskosten zu Unrecht nur begrenzt auf eine Wohnfläche von 140 qm berücksichtigt. Die Unterkunftskosten sind vielmehr lediglich um den Mietzuschuss zu mindern. Das bedeutet: Kosten für eine Dienstwohnung im Ausland, die der Dienstherr für Zwecke des Mietzuschusses nach § 54 des BBesG als notwendig anerkennt, sind in tatsächlicher Höhe als Unterkunftskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung abzugsfähig. Dies begründet der BFH im Streitfall im Wesentlichen wie folgt:

     

    • Der Beamte war auch mit den im Ausland erzielten Einkünften im Inland steuerpflichtig (§§ 1 Abs. 1 S. 1; 2 Abs. 1 S. 1 EStG). Das innerstaatliche Besteuerungsrecht Deutschlands für die Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit als Beamter des Auswärtigen Amts wird durch das einschlägige DBA nicht eingeschränkt. Das betreffende DBA sieht ‒ von hier nicht einschlägigen Ausnahmen ‒ eine weitgehende Steuerbefreiung des Diplomaten im Empfangsstaat vor (Art. 28 OECD-MA).

     

    • Nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 2 EStG). Die Ausnahme des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG zur steuerlichen Berücksichtigung von Unterkunftskosten i. H. v. maximal 1.000 EUR pro Monat bei einer doppelten Haushaltsführung im Inland ist auf einen ‒ wie hier ‒ im Ausland belegenen Zweithaushalt nicht anwendbar (BFH 9.6.23, VI R 20/21, BFHE 281, 337).

     

    • Die „Notwendigkeit der Unterkunftskosten“ im Ausland nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG richtet sich nicht nach beamtenrechtlichen Vorgaben zur angemessenen Wohnungsgröße (z. B. nach dem Mietleitfaden des Auswärtigen Amts). Maßgeblich sind vielmehr die tatsächlichen Unterkunftskosten des Steuerpflichtigen, soweit diese vom Dienstherrn für Zwecke des Mietzuschusses nach § 54 BBesG als „notwendig“ anerkannt wurden ‒ unabhängig von der Größe der Wohnung.

     

    • Steuerfreie Auslandsbezüge können nach § 3c Abs. 1 EStG zu einer Kürzung der Werbungskosten führen, soweit sie in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den steuerfreien Einnahmen stehen ‒ also ohne diese nicht angefallen wären (BFH 11.2.93, VI R 66/91). Erhält ein Steuerpflichtiger neben seinem Grundgehalt Auslandsdienstbezüge wie Auslandszuschlag und Mietzuschuss (§ 29 Abs. 1 GAD, § 52 Abs. 1 S. 1 BBesG) sowie zusätzlich nach § 3 Nr. 64 EStG steuerfreie Auslandszulagen, sind die Werbungskosten regelmäßig anteilig nicht abziehbar. Der nicht abziehbare Teil entspricht dem Verhältnis der steuerfreien Bezüge zu den Gesamteinnahmen. Nach diesen Grundsätzen steht jedoch allein der Mietzuschuss ‒ nicht aber die übrigen steuerfreien Auslandsbezüge wie der allgemeine erhöhte Auslandszuschlag ‒ in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Unterkunftskosten.

     

    Relevanz für die Praxis

    Die BFH-Entscheidung ist nicht nur für Beamte relevant, sondern hat über den entschiedenen Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung für alle Fälle einer doppelten Haushaltsführung mit Auslandsbezug. Der BFH knüpft dabei an seine frühere Rechtsprechung an, wonach bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland stets im Einzelfall zu prüfen ist, ob die geltend gemachten Unterkunftskosten „notwendig“ sind (BFH 9.6.23, VI R 20/21, BFHE 281, 337). Bereits in einer noch früheren Entscheidung hat der BFH zudem klargestellt, dass ein pauschaler Quadratmetermaßstab zur Beurteilung der Notwendigkeit ungeeignet ist (BFH 9.8.07, VI R 10/06, BStBl II 07, 820).

     

    Damit widerspricht der BFH jetzt nun abermals sehr eindeutig der gegenteiligen Verwaltungsansicht des BMF (s. BMF 25.11.2020, IV C 5 - S 2353/19/10011 :006, BStBl I 20, 1228, Rz. 112). Das BMF hat noch nach dem BFH-Urteil VI R 20/21 die Ansicht vertreten, dass bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland die Unterkunftskosten nur dann „notwendig“ sind, wenn sie die ortsübliche Miete für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte mit einer Wohnfläche bis zu 60 qm nicht überschreiten.

     

    PRAXISTIPP | An dieser restriktiven Verwaltungsauffassung kann angesichts des zweiten BFH-Urteils zu dieser Thematik nicht länger festgehalten werden. Betroffene Steuerpflichtige, denen in Vergleichsfällen unter Hinweis auf das BMF-Schreiben der Werbungskostenabzug verweigert wird, sollten folglich Einspruch gegen den Steuerbescheid einlegen und sich auf die BFH-Rechtsprechung berufen.

     

    Beachten Sie | Die steuerliche Einordnung der Unterkunftskosten wirkt sich regelmäßig auch auf die Sozialversicherung aus. Liegt kein steuerbarer Arbeitslohn vor, entstehen in Deutschland grundsätzlich keine Sozialversicherungsbeiträge. Unterliegt die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer jedoch im Ausland der Sozialversicherungspflicht, können dort ‒ unabhängig von der deutschen steuerlichen Bewertung ‒ dennoch Beiträge auf die übernommenen Unterkunftskosten erhoben werden.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Zur Unzulässigkeit der Kürzung der Werbungskosten eines Botschafters für seine Dienstwohnung im Ausland s. FG Rheinland-Pfalz, 22.6.21, 3 K 1255/20, DStRE 22, 901
    • Zur ersten Tätigkeitsstätte bei Auslandsentsendungen nach neuem Reisekostenrecht s. Jahn, PIStB 21, 301
    • Zu vorweggenommenen Werbungskosten bei einem Forschungsaufenthalt in den USA siehe FG Münster 15.10.19, 12 K 1794/16 E, PIStB 20, 1
    Quelle: Ausgabe 12 / 2025 | Seite 318 | ID 50581387