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  • · Fachbeitrag · Steuerplanung

    Besteuerung der Haftungsvergütung einer ausländischen Komplementärin?

    von RA FAStR Prof. Dr. Florian Haase, Hamburg

    | Die Komplementärin einer inländischen Kommanditgesellschaft, die in der Praxis meist zu 0 % am Vermögen der KG beteiligt ist, erhält dennoch in der Regel eine sog. Haftungsvergütung. Welche steuerlichen Besonderheiten zu beachten sind, wenn die Komplementärin im Ausland ansässig ist, zeigt der nachstehende Beitrag. |

    1. Sachverhalt

    Die X-KG (ein Vermietungsunternehmen, das Beteiligungen an Objektgesellschaften hält) sei eine sog. gewerblich geprägte Personengesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, an der die Komplementärin, eine nach dem Recht eines ausländischen Staates gegründete Limited Partnership, vermögensmäßig zu 0 % beteiligt ist. Die Haftungsvergütung ist im Gesellschaftsvertrag der X-KG geregelt, sie wird direkt von der X-KG an die Limited Partnership gezahlt. Die X-KG hat im Inland einen ständigen Vertreter i. S. d. § 13 AO beauftragt, die KG-bezogenen Geschäfte für sie zu führen. General Partner der Limited Partnership ist eine ebenfalls nach ausländischem Recht gegründete Limited. Es wird unterstellt, dass die Limited und die Limited Partnership nach den Regeln des sog. Rechtstypenvergleichs nach deutschem Recht ebenfalls als Personen- (= Limited Partnership) bzw. als Kapitalgesellschaft (= Limited) anzusehen sind.

     

    Fraglich ist, wie die Haftungsvergütung, die die Komplementärin von der X-KG erhält, nach deutschem nationalen Steuerrecht sowie nach den Regeln eines dem OECD-MA folgenden DBA zu behandeln ist.

    2. Steuerliche Würdigung

    2.1 Nationales deutsches Steuerrecht

    Zivilrechtlicher Empfänger der Haftungsvergütung ist die Komplementärin, bei der es sich um eine Limited Partnership nach ausländischem Recht handelt. Steuerliche Empfänger der Einkünfte aus deutscher Sicht sind damit die hinter der Komplementärin stehenden Gesellschafter, mithin insbesondere der General Partner und etwaige Limited Partner.

     

    Nur der General Partner und auch die Limited Partner der Komplementärin sind damit diejenigen Personen, die i. S. d. deutschen Einkommen- bzw. Körperschaftsteuergesetzes beschränkt steuerpflichtig sein können. Eine unbeschränkte Steuerpflicht scheidet mangels Ansässigkeit dieser Personen im Inland ersichtlich aus.

     

    Eine beschränkte Steuerpflicht kann sich aus deutscher Sicht allein aus § 49 EStG ergeben (für ausländische Körperschaften i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG). M. E. ist allerdings keiner der dort genannten Tatbestände gegeben.

     

    • a) § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) Alt. 1 EStG scheidet aus, weil die X-KG den hinter der Komplementärin stehenden Gesellschaftern aus zwei Gründen keine inländische Betriebsstätte vermittelt: Erstens wird für die originäre Tätigkeit der X-KG (das Halten und Verwalten von Beteiligungen) in tatsächlicher Hinsicht keine Betriebsstätte i. S. d. § 12 AO unterhalten (z. B. wird annahmegemäß durch die X-KG selbst kein Büro angemietet) und ist hierfür auch nicht notwendig. Zweitens hat die Komplementärin, die im Grundsatz eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte i. S. d. § 12 S. 2 Nr. 1 AO begründen könnte, ihren Sitz nicht im Inland, sondern im Ausland. Das Gleiche gilt für die hinter der Komplementärin stehenden Gesellschafter sowie annahmegemäß für etwaige Geschäftsführer der Komplementärin und der dahinterstehenden Gesellschafter.

     

    • b) § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) Alt. 2 EStG scheidet ebenfalls aus. Zwar ist der inländische ständige Vertreter der Komplementärin ein steuerlicher Anknüpfungspunkt i. S. d. § 13 AO, was im Grundsatz zu einer beschränkten Steuerpflicht führt. Jedoch erzielt die Komplementärin insoweit über den ständigen Vertreter keine Einkünfte, denn die Komplementärin erhält ihre Zahlungen allein von der X-KG. Hinzu kommt, dass selbst eine Generalvollmacht im Innenverhältnis regelmäßig nicht bindend wäre (d. h., der Vollmachtgeber kann neben dem Vertreter auch aktiv werden - vorbehaltlich einer abweichenden vertraglichen Regelung im konkreten Fall). Dies gilt umso mehr, als die Einschaltung eines ständigen Vertreters für das Verhältnis zwischen der X-KG und der Komplementärin rechtlich irrelevant ist.

     

    • c) § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) S. 1 oder 2 EStG kommt ebenfalls nicht in Betracht. Zwar ist die Komplementärin unstreitig zivilrechtlicher Gesellschafter einer inländischen Personengesellschaft, und die Erträge rühren zumindest indirekt wirtschaftlich auch aus einer Vermietungstätigkeit her. Jedoch sperrt die Zwischenschaltung der Objektgesellschaften m. E. die Anwendung der Vorschrift.

     

    • d) § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG ist auch nicht einschlägig. Zwar könnte die Haftungsvergütung im Grundsatz auch unter sog. sonstige selbstständige Einkünfte i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG gefasst werden, zumal die X-KG hinsichtlich ihrer Tätigkeit nicht auf die Haftungsvergütung, sondern auf eine „Vermögensverwaltung“ abstellt. Die Vermögensverwaltung etwa ist explizit in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG genannt. M. E. ist es allerdings nicht sachgerecht, auch die Haftungsvergütung als Vergütung i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG anzusehen, weil dem keine tatsächliche Tätigkeit zugrunde liegt, sondern vielmehr der gesetzlich begründete Umstand einer Haftungsbeschränkung „eingekauft“ wird. Dies ist, soweit ersichtlich, bislang auch nirgends vertreten worden. Einschlägige Rechtsprechung sowie Verwaltungsverlautbarungen hierzu sucht man vergebens.
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    • Zudem stellt § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG in seiner 1. Alternative die weitere Voraussetzung auf, dass die selbstständige Arbeit im Inland ausgeübt oder verwertet werden muss, was im Verhältnis zwischen der Komplementärin und der X-KG nicht der Fall ist. Weder die Komplementärin noch deren Gesellschafter oder Geschäftsführer führen aus dem Inland heraus die Geschäfte der Komplementärin. Der Unterauftrag an den ständigen Vertreter ist in diesem Zusammenhang m. E. ohne Belang. Das Gleiche gilt hinsichtlich der 2. Alternative des § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG, wonach für die selbstständige Arbeit im Inland eine feste Einrichtung oder Betriebsstätte unterhalten werden muss. Der ständige Vertreter ist hier ausdrücklich nicht genannt, sodass § 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG auch insoweit ausscheidet.

     

    • e) Denkbar wären hinsichtlich der Haftungsvergütung schlussendlich noch sog. sonstige Einkünfte i. S. d. § 22 Nr. 3 EStG. Jedoch stellt § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG insoweit einschränkende Voraussetzungen auf, die vorliegend nicht gegeben sind. Eine beschränkte Steuerpflicht kommt daher auch vor diesem Hintergrund nicht in Betracht, sodass die Zahlungen auf die Haftungsvergütung m. E. im Inland nicht der Besteuerung unterliegen.

     

    Das Vorstehende gilt ungeachtet der Tatsache, dass die Haftungsvergütung für die Komplementärin bei bestehender deutscher Steuerpflicht im Grundsatz eine sog. Sondervergütung i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 2. HS Alt. 1 EStG begründen würde. Bei ausländischen Steuerpflichtigen müssen die Voraussetzungen des § 49 EStG zusätzlich gegeben sein. Eine grundsätzliche Steuerbarkeit im Sinne einer Einordnung unter die sieben Einkunftsarten gemäß § 2 Abs. 1 EStG ist für die beschränkte Steuerpflicht nicht ausreichend.

     

    Dessen ungeachtet hat die Haftungsvergütung auch keine gewerbesteuerliche Auswirkung, denn hierfür wird nach § 2 Abs. 1 GewStG zunächst ein inländischer Gewerbebetrieb benötigt. Hierfür bedarf es allerdings einer inländischen Betriebsstätte (vgl. § 2 Abs. 1 S. 3 GewStG), ein ständiger Vertreter im Inland ist nicht ausreichend. Da die Komplementärin nicht über eine inländische Betriebsstätte verfügt und insbesondere die X-KG der Komplementärin keine inländische Betriebsstätte vermittelt, fehlt es an einem inländischen Gewerbebetrieb, obwohl grundsätzlich gewerbliche Einkünfte i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG vorliegen würden.

     

    2.2 DBA-Recht

    Aufgrund der Ausführungen unter 2.1 erübrigt sich eine Stellungnahme zur Behandlung der Haftungsvergütungen nach Abkommensrecht. Doppelbesteuerungsabkommen begründen keine Besteuerungsansprüche, sondern verteilen diese nur unter den Vertragsstaaten.

     

    Sollte allerdings die deutsche Finanzverwaltung von einem deutschen Besteuerungsrecht nach § 49 EStG ausgehen, so wäre gleichwohl kein deutscher Besteuerungsanspruch nach dem Abkommensrecht gegeben. Sowohl Art. 7 Abs. 1 S. 1 (gewerbliche Gewinne) als auch Art. 21 Abs. 1 (andere Einkünfte) OECD-MA weisen das Besteuerungsrecht dem Ausland zu, weil der Empfänger der Haftungsvergütung im Inland nicht über eine Betriebsstätte verfügt.

     

    Eine Ausnahme bildet das Besteuerungsrecht nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG, weil dann auch das DBA in Art. 7 Abs. 1 S. 2 einen inländischen Besteuerungsanspruch für Betriebsstättengewinne zulässt.

    3. Handlungsempfehlung in vergleichbaren Fällen

    M. E. sprechen in formaler Hinsicht sehr gute Gründe dafür, dass die Haftungsvergütung keinen inländischen Besteuerungsanspruch auslöst.

     

    Dennoch ist es sehr wahrscheinlich, dass die deutsche Finanzverwaltung eine andere Auffassung einnehmen könnte, und zwar aus folgendem Grund:

     

    • Es könnte argumentiert werden, dass das Konstrukt nur gewählt wurde, um den inländischen Besteuerungsanspruch zu vermeiden.

     

    • Es könnte ebenfalls vertreten werden, dass es sich bei der Haftungsvergütung jedenfalls teilweise um eine wirtschaftliche Teilhabe am Vermietungsgeschäft der Objektgesellschaften handelt, die nur formal als Haftungsvergütung deklariert wurde.

     

    • Ferner könnte die Höhe der Haftungsvergütung unter Verrechnungspreisgesichtspunkten angegriffen werden mit der möglichen Folge, dass die Vergütung für rein steuerliche Zwecke auf ein übliches Maß zu reduzieren wäre.

     

    Auf der Ebene der OECD bestehen derzeit sehr konkrete Überlegungen, den Betriebsstättenbegriff auch auf Fälle auszuweiten, in denen ein Dritter auch bei einer nur wirtschaftlichen Betrachtungsweise für einen Steuerpflichtigen mittelbar im Rahmen einer Einkunftserzielung tätig wird.

     

    Zum Autor | RA/FAfStR Prof. Dr. Florian Haase, M.I.Tax ist Partner und Niederlassungsleiter im Hamburger Büro von Rödl & Partner sowie Inhaber der Professur für Steuerrecht, insbesondere Internationales und Europäisches Steuerrecht, an der HSBA Hamburg School of Business Administration.

    Quelle: Ausgabe 12 / 2016 | Seite 322 | ID 44309698

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