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  • · Fachbeitrag · Schweiz

    Aktuelle Hinweise zur Schweizer Aufwandbesteuerung für die Praxis

    von Roland Suter und Martin Poletti, beide Ernst & Young AG, Zürich

    | Das Interesse am Steuer- und Investitionsstandort Schweiz ist seit nahezu zwei Jahrzehnten unverändert hoch ‒ und dies trotz der über die Jahre gestiegenen Konkurrenz zu alternativen Besteuerungskonzepten in anderen Ländern und des sich weiter zuspitzenden globalen Kampfes um Steuersubstrat hinsichtlich der sehr vermögenden Privatpersonen. Interessieren sich diese Steuerpflichtigen an einer Wohnsitznahme oder einem Aufenthalt in der Schweiz, ist im Vorfeld insbesondere die Prüfung der Besteuerung nach dem Aufwand (auch Pauschalbesteuerung) als Alternative zu einer ordentlichen Besteuerung Gegenstand der Beratung. |

    1. Zum Hintergrund

    Die aufwandbezogene Besteuerung stellt auf die weltweiten Lebenshaltungskosten anstelle der tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse ab. Hintergrund ist die Überlegung, dass der weltweite Lebensaufwand den finanziellen Verhältnissen der aufwandbesteuerten Person entspricht. Bei der Wahl dieser Besteuerungsart erfolgt damit im Ergebnis die Besteuerung grundsätzlich losgelöst von den tatsächlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen.

     

    Gerade bei Personen, die in die Schweiz ziehen, sind die jeweiligen Vermögensverhältnisse in der Praxis oft nicht im Detail bekannt und können von den Schweizer Steuerbehörden regelmäßig auch nicht ohne erheblichen administrativen Aufwand überprüft werden. Mit der Option „Besteuerung nach dem Aufwand“ hat der schweizerische Gesetzgeber ein Hilfsmittel geschaffen, mit dem sich bei diesem Personenkreis eine vereinfachte Veranlagung ‒ faktisch eine aus praktischen Gründen gebotene Ermessensveranlagung ‒ durchführen lässt.

     

    Natürliche Personen, die alle subjektiven (vgl. 2.1) und objektiven (vgl. 2.2) Voraussetzungen für die Besteuerung nach dem Aufwand erfüllen, haben auf Antrag das Recht, nach dem Aufwand besteuert zu werden. Die Aufwandbesteuerung greift dann anstelle der ordentlichen Einkommensbesteuerung und für Zwecke der Kantons- und Gemeindesteuern auch anstelle der ordentlichen Vermögensbesteuerung (auf Bundesebene wird keine Vermögensteuer erhoben).

     

    Beachten Sie | Zur grundsätzlichen Funktionsweise der Aufwandbesteuerung, deren Voraussetzungen sowie zur damaligen Rechtslage und zur bis einschließlich 2016 zu erwartenden Rechtsentwicklung auf Bundesebene hat der erstgenannte Autor bereits 2013 in der PIStB berichtet. Daneben wurden die Entwicklungen in den 26 Kantonen aufgezeigt (s. Suter, PIStB 13, 205, 251).

     

    Im Folgenden soll nun der Fokus auf einige, in der Zwischenzeit stattgefundene, materielle Anpassungen in der Verwaltungspraxis gelenkt und auch auf wegweisende, höchstrichterliche Entscheidungen hingewiesen werden.

    2. Zu den Voraussetzungen der Aufwandbesteuerung

    Seit 1.1.21 gelten für alle aufwandbesteuerten Personen die per 1.1.16 in Kraft getretenen und im Vergleich zu den davor liegenden Jahren strengeren Regeln. Altfälle, welche noch vor dem 1.1.16 mittels Steuerruling vereinbart wurden, konnten zwar noch während weiteren fünf Jahren, aber längstens bis zum 31.12.20, von einer im Einzelfall vorteilhafteren, steuerlichen Behandlung profitieren.

     

    2.1 Subjektive Voraussetzungen

    Die neu geltende steuerliche Gleichbehandlung bedeutet nun beispielsweise für Ehegatten, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe leben, dass beide jeweils einzeln die subjektiven Voraussetzungen erfüllen müssen. Dagegen genügte es bis zum 31.12.15 resp. 31.12.20, wenn ein Ehegatte die jeweiligen Voraussetzungen erfüllte. Für den Fall, dass nur noch einer der beiden Ehegatten die Voraussetzungen für die Gewährung der Aufwandbesteuerung erfüllt, war bzw. ist eine Fortführung derselben nun auch für Altfälle nicht mehr möglich, und es findet für beide Ehegatten ab Steuerjahr 2021 eine ordentliche Besteuerung basierend auf dem Welteinkommensprinzip statt.

     

    Beachten Sie | Einkünfte und Vermögenswerte von minderjährigen Kindern, welche mit den Eltern in die Schweiz gezogen sind, werden formell-rechtlich zwar den Steuerfaktoren der Eltern zugerechnet, haben aber tatsächlich keinen Einfluss auf die Besteuerungsmodalitäten ihrer Eltern, da letztere ihre Kinder bloß hinsichtlich deren Steuerpflicht vertreten.

     

    PRAXISTIPP | Entsprechend sollte ein minderjähriges Kind mit beispielsweise Schweizer Staatsangehörigkeit keine schädliche Rechtsfolge hinsichtlich der subjektiven Voraussetzungen für die Aufwandbesteuerung der Eltern nach sich ziehen.

     

    Von zentraler und in der Praxis zuweilen einschneidender Bedeutung ist, dass die steuerpflichtige Person auf dem Territorium der Schweiz keiner haupt- oder nebenberuflichen Erwerbstätigkeit nachgehen und daraus im In- oder Ausland Einkünfte erzielen darf. Andernfalls liegt eine die Besteuerung nach dem Aufwand ausschließende Erwerbstätigkeit in der Schweiz vor. Dies betrifft insbesondere, aber nicht ausschließlich, Künstler, Wissenschaftler, Erfinder, Sportler und Verwaltungsräte, die in der Schweiz persönlich zu Erwerbszwecken tätig sind (bzw. sein möchten).

     

    Beachten Sie | In der Praxis stellen sich immer wieder heikle Abgrenzungsfragen, insbesondere vor dem Hintergrund der zulässigen privaten Vermögensverwaltung, der Definition des Schweizer Territoriums und der Relevanz des Vorliegens einer entgeltlichen oder unentgeltlichen Tätigkeit.

     

    MERKE | Bis vor einiger Zeit wurde die Praxisvorgabe „keine Erwerbstätigkeit in der Schweiz“, die der bundesgerichtlichen Rechtsprechung aus dem Jahr 2000 zugrunde liegt, einerseits durch die Lehre unterschiedlich interpretiert, andererseits in der Verwaltungspraxis der Kantone nicht einheitlich umgesetzt. Da die intellektuelle Tätigkeit eines Künstlers nur schwierig einem Ort zugeordnet werden kann, vertrat ein Teil der Lehre die Meinung, dass bei einem Künstler anstelle des Ortes der Erwerbstätigkeit der Ort maßgeblich ist, an dem die Einkünfte aus der Vermarktung des künstlerischen Gegenstandes erzielt werden. Entsprechend wurde eine ausschließliche Vermarktung im Ausland als nicht schädlich angesehen. Andere Lehrmeinungen betrachteten dagegen den Umfang der Tätigkeit als entscheidendes Kriterium mit dem Ergebnis, dass, solange die Tätigkeit in der Schweiz nur gelegentlich erfolgt und von untergeordneter Bedeutung ist, keine Unvereinbarkeit mit der Besteuerung nach dem Aufwand besteht.

     

    Mit Blick auf eine einheitlichere Rechtsanwendungspraxis seitens der Behörden wurden im Jahr 2019 von der Eidgenössischen Finanzkontrolle und dem Kanton Waadt je ein Rechtsgutachten insbesondere zur Klärung der Frage in Auftrag gegeben, wann ein Mandat als Verwaltungsrat oder als Verwaltungsratspräsident nicht mit der Besteuerung nach dem Aufwand vertretbar sei. Doch wie so oft bei Gutachten praktizierten die Verfasser unterschiedliche Herangehensweisen und kamen infolge dessen auch zu voneinander abweichenden und sich teilweise widersprechenden Schlüssen.

     

    PRAXISTIPP | Mangels einer eindeutigen und einvernehmlichen Sicht der Dinge haben die für die Veranlagung zuständigen Kantone weiterhin mehrheitlich mit einem großen Ermessensspielraum darüber zu entscheiden, wie sie entsprechende Sachverhaltskonstellationen beurteilen wollen.

     

    2.2 Objektive Voraussetzungen

    Die Aufwandbesteuerung muss gewissen Mindestanforderungen genügen. Insbesondere darf die Steuerleistung einer Person, die nach ihrem Aufwand besteuert wird, nicht geringer sein als der Betrag, welchen sie für ihre in der Schweiz gelegenen beweglichen und unbeweglichen Vermögenswerte und die daraus fließenden Einkünfte im Rahmen der ordentlichen Einkommens- und Vermögensbesteuerung entrichten müsste.

     

    Dies wird für Einkommensteuerzwecke sichergestellt, indem die Bemessungsgrundlage für die Aufwandbesteuerung grundsätzlich den jährlichen, in der Bemessungsperiode weltweit entstandenen Lebenshaltungskosten der steuerpflichtigen Person und der von ihr unterhaltenen Personen objektiv entsprechen muss. Darüber hinaus sind die nachfolgenden weiteren Hilfsgrößen bei der Bestimmung der maßgeblichen Mindestbemessungsgrundlage zu berücksichtigen:

     

    • Ein Vielfaches des jährlichen Mietzinses der Mietwohnung (Kaltmiete) bzw. des Mietwerts (Eigenmietwert) der im Eigentum befindlichen Liegenschaft oder des jährlichen Pensionspreises für Unterkunft und Verpflegung bei hotelähnlichen Aufenthalten

     

    • Der für direkte Bundessteuerzwecke vorgesehene Mindestbetrag von 400.000 CHF

     

    • Der vom jeweiligen Kanton festgelegte Mindestbetrag

     

    • Die Summe der Bruttoerträge der Einkünfte aus Schweizer Quellen, welche im Rahmen der sog. Kontrollrechnung für Einkommensteuerzwecke erfasst werden.

     

    In der Praxis können sich bei der Bestimmung des maßgeblichen Mietzinses bzw. Mietwerts immer dann Unsicherheiten ergeben, wenn die steuerpflichtige Person mehr als eine Immobilie in der Schweiz mietet oder besitzt und diese für eigene Zwecke benutzt. Hier stellen sich die Fragen, ob im Hinblick auf die Festlegung der Mindestbemessungsgrundlage automatisch auf die Liegenschaft mit dem höchsten Mietzins bzw. Mietwert abgestellt und das entsprechende Vielfache angewendet werden soll oder ‒ alternativ ‒ im Einzelfall beurteilt werden kann, in welcher Liegenschaft die steuerpflichtige Person tatsächlich ansässig ist bzw. wo sich diese mehrheitlich aufhält?

     

    Beachten Sie | Diese Fragestellung ist hauptsächlich in Konstellationen brisant, bei denen eine steuerpflichtige Person sowohl in derselben Wohngemeinde als auch zusätzlich in anderen Kantonen mehr als eine Liegenschaft zur Selbstnutzung besitzt.

     

    MERKE |

    Das Schweizerische Bundesgericht (BGer 27.4.20, 2C_830/2019) sah sich unlängst mit einer solchen Fragestellung konfrontiert. Es hielt im Ergebnis fest, dass für die Berechnung des Minimalaufwands auf das Wohnobjekt mit dem höchsten Mietzins bzw. -wert abzustellen ist. Es sei im Weiteren naheliegend, dass sich die steuerpflichtige Person bei mehreren Liegenschaften in derselben Wohngemeinde jeweils in der Liegenschaft mit dem höheren Eigenmietwert aufhalten würde.

     

    Darüber lässt sich sicherlich vortrefflich streiten. Doch zumindest hält das Gericht auch fest, dass Liegenschaften, die sich nicht am steuerrechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt der steuerpflichtigen Person befinden, nicht als Grundlage zur Ermittlung der pauschalen Bemessungsgrundlage herangezogen werden.

     

    Schließlich dürfte sich bei Personen, die bereits vor dem 1.1.16 nach dem Aufwand besteuert wurden, durch die Anpassung der Mindestpauschale eine erheblich höhere Steuerbelastung ab Steuer- bzw. Kalenderjahr 2021 ergeben.

     

    PRAXISTIPP | Es ist ratsam, noch im Jahr 2021 Gestaltungsvarianten (Kantonswechsel, Neustrukturierung des Vermögens mit entsprechender Abschirmwirkung hinsichtlich zu deklarierender Einkommenszuflüsse, etc.) zumindest prüfen zu lassen.

     

    Hat sich zudem die individuelle Vermögensentwicklung auf die Lebenshaltungskosten einer steuerpflichtigen Person ausgewirkt, lässt sich eine Anpassung des steuerlich maßgeblichen Lebensaufwands durchaus rechtfertigen. Es muss sich aber um eine grundsätzlich dauerhafte und nicht bloß vorübergehende Veränderung handeln.

     

    Es gibt auch Kantone, die die Besteuerung nach dem Aufwand nach Maßgabe der gesamten tatsächlichen Vermögens- und Einkommensverhältnisse der steuerpflichtigen Person zwecks Festlegung der maßgeblichen Mindestbemessungsgrundlage festsetzen (möchten). Zudem soll damit eine relative Gleichbehandlung innerhalb der Aufwandbesteuerungskohorte im jeweiligen Kanton erreicht werden. Insofern kann die Vermögensentwicklung in der Tat einen Einfluss haben.

    3. Internationale Amtshilfe und Aufwandbesteuerung

    Die Inanspruchnahme der Besteuerung nach dem Aufwand setzt auch die unbeschränkte Steuerpflicht in der Schweiz voraus. Unbeschränkt steuerpflichtig sind natürliche Personen

    • mit Wohnsitz und damit mit der Absicht des dauernden Verbleibens (Lebensmittelpunkt) in der Schweiz oder
    • mit einem qualifizierten Aufenthalt und damit mit einer Verweildauer von mindestens 90 Tagen (ungeachtet vorübergehender Unterbrechungen) ohne Erwerbstätigkeit in der Schweiz.

     

    Im internationalen Verhältnis ist die vorliegende Ansässigkeitsdefinition im Grundsatz anerkannt. Einzelne Staaten, darunter auch Deutschland, verlangen für die Anwendung der DBA jedoch, dass sämtliche Einkünfte aus dem betreffenden Staat in der Schweiz besteuert werden, ansonsten gilt die Person nicht als in der Schweiz steuerlich ansässig (im Verhältnis zu Deutschland geregelt in Art. 4 Abs. 6 DBA D-CH).

     

    Beachten Sie | Ungeachtet dessen sind gerade aufwandbesteuerte Personen immer wieder Amtshilfeersuchen aus dem Ausland ausgesetzt. Dabei stellen die zuständigen ausländischen Steuerbehörden regelmäßig die Ansässigkeit dieser Personen in der Schweiz infrage und behaupten stattdessen deren Ansässigkeit im ausländischen Staat.

     

    Die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen ist einerseits in Art. 27 DBA D-CH sowie im nachgeführten Protokoll zum DBA D-CH (Ziffer 3 zu Art. 27 DBA D-CH) und andererseits unilateral in der Schweiz im Steueramtshilfegesetz (StAhiG) vom 28.9.12 geregelt (die unilateral in Deutschland maßgeblichen Bestimmungen sind hier nicht behandelt). Das StAhiG regelt in Art. 1 den Vollzug der Amtshilfe beim Informationsaustausch auf Ersuchen sowie beim spontanen Informationsaustausch

    • a) nach den DBA und
    • b) nach anderen internationalen Abkommen, die einen auf Steuersachen bezogenen Informationsaustausch vorsehen.

     

    Vorbehalten bleiben die abweichenden Bestimmungen des im Einzelfall anwendbaren Abkommens.

     

    PRAXISTIPP | Bei Amtshilfefällen ist regelmäßig die voraussichtliche Erheblichkeit der auszutauschenden Informationen Gegenstand von gerichtlichen Auseinandersetzungen. So hat das Schweizerische Bundesgericht in diversen Urteilen insbesondere zu Aufwandbesteuerungsfällen im Verhältnis zu Frankreich Folgendes bestätigt: Die voraussichtliche Erheblichkeit ist erfüllt, wenn im Zeitpunkt der Gesuchstellung eine vernünftige Möglichkeit besteht, dass sich die angefragten Angaben als erheblich erweisen werden. Die Rolle der ersuchten Behörde ist diesbezüglich beschränkt. Die Beurteilung der voraussichtlichen Erheblichkeit kommt primär der ersuchenden Behörden zu (BGer 16.4.18, 2C_28/2017; 13.2.17, 2C_411/2016; 24.9.15, 2C_1174/2014).

     

    Das Schweizerische Bundesgericht hat sich auch zur Frage geäußert, inwiefern einzelne Informationen wie persönliche Daten der steuerpflichtigen Person, die Steuerdeklaration, der Steuertarif, der Steuerbetrag, etc. im Einzelfall von rechtserheblicher Bedeutung sind (BGer 1.2.19, 2C_625/2018; 7.6.19, 2C_764/1018; 23.8.19, 2C_805/2018). In späteren Urteilen ‒ u. a. Schweden betreffend ‒ wurde diese Rechtsprechung auch auf Staaten ausgedehnt, welche keine dem Art. 4 Abs. 6 DBA-CH vergleichbare Bestimmung enthielten (BGer 22.7.19, 2C_1053/2018). D. h., es steht grundsätzlich im Belieben der ersuchenden ausländischen Steuerbehörde zu beurteilen, welche Informationen sie als nützlich erachtet, um die Ansässigkeit der aufwandbesteuerten Person beurteilen zu können.

     

    Gemäß Art. 14 StAhiG ist im Zuge eines Amtshilfeverfahrens die betroffene, beschwerdeberechtigte Person über die wesentlichen Teile eines Ersuchens in Kenntnis zu setzen. Die ersuchende Behörde, beispielsweise das Bundeszentralamt für Steuern, kann aber glaubhaft machen, dass der Zweck der Amtshilfe und der Erfolg ihrer Untersuchung durch die vorangegangene Information vereitelt würden. Dann sieht Art. 21a Abs. 1 StAhiG explizit vor, dass die beschwerdeberechtigte Person ausnahmsweise erst nach Übermittlung der Informationen mittels Verfügung über ein Ersuchen von der Eidgenössischen Steuerverwaltung zu informieren ist.

     

    Beachten Sie | Von einer derartigen Vereitelungsgefahr wird ausgegangen, wenn aufgrund der vorangegangenen Information im Sinne der Kollusionsgefahr das Risiko besteht, dass Beweise vernichtet werden. Die Voraussetzung für die nachträgliche Gewährung des rechtlichen Gehörs ist gegeben, wenn

     

    • das Verfahren infolge drohender Verjährung dringlich ist und eine vorangegangene Information das Verfahren verzögern würde oder

     

    • wenn die ersuchende Behörde verdeckte Ermittlungen noch nicht abgeschlossen hat (s. Botschaft zur Änderung des Steueramtshilfegesetzes vom 16.10.13, in: BBL 13, 8369 ff., 8378).

     

    MERKE |

    Bekanntermaßen führt die Lieferung von Daten an die ausländische ersuchende Behörde zu einem faktisch nicht widerrufbaren Zustand und damit zu einem nicht wiedergutzumachenden Nachteil. Die gravierenden Auswirkungen einer solchen Datenlieferung im Zusammenhang mit dem Verzicht auf vorangegangene Information der betroffenen Person unter Ausschluss des rechtlichen Gehörs bedeutet faktisch eine Verletzung der Verfassungsmäßigkeit von Art. 21a Abs. 1 StAhiG.

     

    Mithin verletzte der Gesetzgeber wegen des internationalen Drucks auf die Schweiz bewusst die Bundesverfassung und greift darüber hinaus in den Kerngehalt des Anspruchs auf rechtliches Gehör ein. Aufgrund der verfassungsrechtlichen Ausgangslage ist auf eine restriktive Auslegung von Art. 21a Abs. 1 StAhiG durch die zuständigen Behörden und Gerichte zu hoffen und von der verfügenden Behörde zu erwarten, dass sie die Informationsgewährung an die ersuchende Behörde unter Abwägung und Gewichtung auch der betroffenen Individualinteressen mit äußerster Sorgfalt wahrnimmt.

     

    4. Schlussbetrachtung

    Die Aufwandbesteuerung ist nach wie vor eine sehr attraktive Form der Besteuerung und deshalb in der Praxis ein nicht wegzudenkendes Gestaltungsinstrument. Diese Besteuerungsart sollte jedoch nicht ohne detaillierte Prüfung der individuellen Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie einer Abschätzung der zu erwartenden Steuerlast zum Einsatz gelangen. Die Besteuerung nach dem Aufwand muss den Vergleich zu alternativen Besteuerungskonzepten in anderen Ländern auf keinen Fall scheuen. Sie kann eine finanziell äußerst interessante Alternative sein und der Standort Schweiz bietet darüber hinaus politische Stabilität und sehr viel Lebensqualität.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Im vorliegenden Beitrag ist die bis zum 30.4.21 erschienene Literatur, Gesetzgebung, Rechtsprechung und Praxis berücksichtigt
    • Zur Schweizer Aufwandbesteuerung und den Entwicklungen in den Kantonen s. bereits Suter, PIStB 13, 205, 251
    • Zum Steuer- und Investitionsstandort Schweiz s. auch Kubaile/Suter, Praktikerhandbuch, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage, erschienen 2015 im NWB Verlag

    Zu den Autoren | Roland Suter ist Partner (roland.suter@ch.ey.com) und Martin Poletti, Senior Manager (martin.poletti@ch.ey.com), beide bei Ernst & Young AG, TAX Zürich tätig

    Quelle: Ausgabe 07 / 2021 | Seite 200 | ID 47384404

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