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  • · Fachbeitrag · Niederlande

    So nah und doch so anders - das niederländische Einkommensteuersystem

    von RA StB FAStR Fachberater für IStR Tim Lühn, Lingen/Ems

    | Käse, Heineken und Oranje - wer in den Niederlanden wohnen, arbeiten oder Geschäfte machen will, sollte das dortige Steuersystem kennen. Das System ist etwas anders aufgebaut als in Deutschland. Nach einem sog. Boxensystem werden drei Arten zu versteuerndes Einkommen unterschieden. Jede Einkommensart hat eine eigene Box mit einem eigenen Tarif. Ab dem 1.1.13 gelten neue Einkommensgrenzen und Steuersätze. Dieser Beitrag stellt die Besteuerung von natürlichen Personen mit den Besonderheiten der Besteuerung von Arbeitslohn in den Niederlanden dar. |

    1. Persönliche Einkommensteuerpflicht in den Niederlanden

    Rechtsgrundlage für die Erhebung der Einkommensteuer in den Niederlanden ist das niederländische Einkommensteuergesetz (Wet inkomstenbelasting 2001 [Wet IB 2001]). Wie in Deutschland unterliegen in den Niederlanden ansässige Personen mit ihrem Welteinkommen der unbeschränkten Steuerpflicht. Ob eine Person in den Niederlanden steuerpflichtig ist, ist von den folgenden Umständen abzuleiten (Afd. 2.1. Wet IB 2001):

     

    • der gewöhnliche Aufenthalt der Familie in den Niederlanden,
    • ein ständiger Wohnsitz in den Niederlanden.

     

    Natürliche Personen, die nicht mehr in den Niederlanden wohnen, unterliegen nur mit bestimmten Einkünften der niederländischen Einkommensbesteuerung (Afd. 7.1. Wet IB 2001), nämlich den Einkünften

    • aus Arbeit in den Niederlanden (werk en woning in Nederland, Afd. 7.2 Wet IB 2001),
    • aus einer wesentlichen Beteiligung in den Niederlanden (aanmerkelijk belang in Nederland, Afd. 7.5 Wet IB 2001) sowie
    • aus Sparen und Anlegen in den Niederlanden (sparen en beleggen in Nederland, Afd. 7.7 Wet IB 2001).

     

    Bei Personengesellschaften unterliegt - wie in Deutschland - nicht die Gesellschaft der niederländischen Ertragsbesteuerung, sondern die Gesellschafter sind steuerpflichtig. Ist der Gesellschafter nicht in den Niederlanden ansässig, dann ist er - wie in Deutschland - beschränkt einkommensteuerpflichtig in den Niederlanden, wenn seine Beteiligung an der Personengesellschaft als Betriebsstätte in den Niederlanden gilt.

     

    Eine Besonderheit stellen dabei die sog. commanditaire vennootschapen (C.V.) dar, die mit der deutschen Kommanditgesellschaft vergleichbar sind. Eine C.V. kann steuerlich transparent und damit wie eine Personengesellschaft behandelt werden (besloten C.V.), sodass die Gesellschafter der niederländischen Ertragsbesteuerung unterliegen. Eine C.V. kann aber auch steuerlich intransparent (open C.V.) und damit wie eine Kapitalgesellschaft behandelt werden, sodass die intransparente C.V. selbst der niederländischen Ertragsbesteuerung (vennootschapsbelasting) unterliegt.

    2. Sachliche Einkommensteuerpflicht in den Niederlanden

    Das niederländische Einkommensteuerrecht wurde mit Wirkung zum 1.1.01 grundlegend geändert, indem für die Einkommensteuer (Inkomstenbelasting) ein sog. Boxensystem eingeführt wurde. Damit wurden die verschiedenen Einkommensarten in drei Boxen eingeteilt. Der Steuersatz und die Regeln für die Besteuerung der in die jeweilige Box fallenden Einkunftsquelle ist unterschiedlich. Die Summe des Einkommens aller drei Boxen zusammen stellen das zu versteuernde Einkommen dar (verzamelinkomen, Afd. 2.3. und 2.18. Wet IB 2001).

     

    2.1 Box 1: Einkünfte aus Arbeit

    In Box 1 fallen alle Einkünfte aus Arbeit (wobei dieser Begriff weit zu fassen ist) wie u.a. Einkünfte aus selbstständiger und unselbstständiger Arbeit, Unternehmensgewinne, Einkünfte aus sonstigen Leistungen und aus der selbst genutzten eigenen Immobilie (Afd. 7.1. a), 7.2 Wet IB 2001).

     

    Achtung | Seit dem Jahr 2001 können Arbeitnehmer in den Niederlanden keine Werbungskosten mehr bei ihren Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit geltend machen.

     

    Die steuerliche Behandlung der Kosten für Fahrten des Arbeitsnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte hängt dabei vom jeweiligen Beförderungsmittel ab:

     

    • Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer diese Kosten steuerfrei erstatten, was in den Niederlanden praktisch der Regelfall ist.

     

    • Benutzt der Arbeitnehmer für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte den öffentlichen Nahverkehr, kann der Arbeitnehmer einen festen Abzugsbetrag je nach Entfernung steuerlich geltend machen. Dieser Betrag hängt von der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ab sowie von der Anzahl an Fahrten zur Arbeitsstätte pro Woche. Beispielsweise ergeben sich folgende Beträge:

     

    • Abzugspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte

    mehr als

    weniger als

    4 und mehr Tage

    3 Tage

    2 Tage

    1 Tag

    0 km

    10 km

    0 EUR

    0 EUR

    0 EUR

    0 EUR

    10 km

    15 km

    436 EUR

    327 EUR

    218 EUR

    109 EUR

    15 km

    20 km

    582 EUR

    437 EUR

    291 EUR

    146 EUR

    20 km

    30 km

    974 EUR

    731 EUR

    487 EUR

    244 EUR

    30 km

    40 km

    1.207 EUR

    906 EUR

    604 EUR

    302 EUR

    40 km

    50 km

    1.574 EUR

    1.181 EUR

    787 EUR

    394 EUR

    50 km

    60 km

    1.751 EUR

    1.314 EUR

    876 EUR

    438 EUR

    60 km

    70 km

    1.943 EUR

    1.458 EUR

    972 EUR

    486 EUR

    70 km

    80 km

    2.008 EUR

    1.506 EUR

    1.004 EUR

    502 EUR

    80 km

    90 km

    2.036 EUR

    1.527 EUR

    1.018 EUR

    509 EUR

    90 km

    -

    2.036 EUR

    -

    -

    -

     
    • Soweit der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber hierfür Fahrtkostenzuschüsse erhält, sind diese mit dem abzugsfähigen Festbetrag zu verrechnen.

     

    • Verwendet der Arbeitnehmer einen Firmenwagen, dann hat er für die private Nutzungsmöglichkeit 25 % des Bruttolistenpreises als geldwerten Vorteil (bijstelling) lohnzuversteuern. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer den Nachweis erbringt, dass die private Nutzung weniger als 500 km (pro Jahr) betragen hat. Die Kilometer für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gelten dabei nicht als private Nutzung. Der Nachweis kann mit einem Fahrtenbuch (rittenregistratie), mit einer Vereinbarung für Arbeitnehmer von Autoverleihunternehmen (hikers) oder mit einem Formular zur Erklärung des Privatgebrauchs mit einem Fahrtenbuch oder einem anderen geeigneten Beweis (Verklaring geen privegebruik auto) erbracht werden.

     

    • Wenn Arbeitnehmer eine Fahrgemeinschaft (carpoolen) organisieren, kann jeder Arbeitnehmer der Fahrgemeinschaft 19 Cent pro gefahrenen Kilometer steuerlich geltend machen. Eine steuerfreie Erstattung durch den Arbeitgeber ist dann aber nicht möglich.

     

    • Bei Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit sowie bei sonstigen Einkünften kann der Steuerpflichtige für die Nutzung seines eigenen Kfz für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie für betrieblich bedingte Geschäftsreisen 19 Cent pro gefahrenen Kilometer steuerlich geltend machen.

     

    Für die selbst genutzte eigene Wohnung oder Immobilie wird nach niederländischem Steuerrecht ein fiktiver Mietertrag angenommen, der besteuert wird. Errechnet wird dieser fiktive Mietertrag aus einem bestimmten Prozentbetrag des Marktwerts der Wohnung oder Immobilie. Der Marktwert hängt von der Lage der Immobilie ab, da die Gemeinden den Wert für die in ihrem Zuständigkeitsbereich liegenden Immobilien festsetzen. Da einmalige sowie laufende Finanzierungskosten (hypotheekrenteaftrek) unter bestimmten Bedingungen im vollen Umfang von diesem fiktiven Mietertrag steuerlich abzugsfähig sind (Afd. 3.120. Wet IB 2001), ist die entsprechende Berücksichtigung dieser Finanzierungskosten einer der wichtigsten Punkte in der Steuererklärung eines jeden Niederländers.

     

    Beachten Sie | Ab Januar 2013 sind die Möglichkeiten zum hypotheekrenteaftrek noch strenger gefasst worden. Um für den Abzug infrage zu kommen, müssen die Hypothekenzinsen verpflichtend linear oder über eine Annuität getilgt werden.

     

    Die Steuersätze für die unter Box 1 fallenden Einkünfte werden nach verschiedenen Stufen berechnet, wobei es für die Berechnung der Sozialversicherungsabgaben eine altersbedingte Unterscheidung gibt. Dabei wird der Steuersatz je Stufe auf den Betrag an Einkünften je Stufe berechnet. Für 2013 betragen Steuersatz bzw. Betrag je Stufe:

     

    • Für Steuerpflichtige bis 65 Jahre
    Einkünfte
    von
    bis
    ESt-Anteil
    SV-Anteil
    Gesamt

    1. Stufe

    0 EUR

    19.645 EUR

    5,85 %

    31,15 %

    37,00 %

    2. Stufe

    19645 EUR

    33.363 EUR

    10,85 %

    31,15 %

    42,00 %

    3. Stufe

    33.363 EUR

    55.991 EUR

    42,00 %

    -

    42,00 %

    4. Stufe

    ab 55.991 EUR

    52,00 %

    -

    52,00 %

     

     

    • Für Steuerpflichtige ab 65 Jahre
    Einkünfte
    von
    bis
    ESt-Anteil
    SV-Anteil
    Gesamt

    1. Stufe

    0 EUR

    19.645 EUR

    5,85 %

    13,25 %

    19,10 %

    2. Stufe

    19.645 EUR

    33.363 EUR

    10,85 %

    13,25 %

    24,10 %

    3. Stufe

    33.363 EUR

    55.991 EUR

    42,00 %

    -

    42,00 %

    4. Stufe

    ab 55.991 EUR

    52,00 %

    -

    52,00 %

     

     

    2.2 Box 2: Einkünfte aus einer wesentlichen Beteiligung

    In Box 2 fallen Einkünfte aus einer wesentlichen Beteiligung („aanmerkelijk belang“, Afd. 4.1.ff. Wet IB 2001). Als wesentliche Beteiligung i.S.d. Box 2 gilt eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung von mindestens 5 % an einer in den Niederlanden belegenen Kapitalgesellschaft. Auch wenn der Steuerpflichtige selbst gar keine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft hält, kann er dann als wesentlich Beteiligter i.S.d. Box 2 gelten, wenn der Ehegatte bzw. Partner oder Verwandte in gerader Linie eine wesentliche Beteiligung halten. Erfasst werden dabei die laufenden Einkünfte, z.B. Dividenden, sowie Veräußerungsgewinne. Zinsen zur Refinanzierung der Beteiligung können steuerlich grundsätzlich unbeschränkt abgezogen werden.

     

    Achtung | Ähnlich wie bei der deutschen Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG fallen unter Box 2 auch nicht realisierte Veräußerungsgewinne, wenn die wesentliche Beteiligung nicht mehr länger besteht oder die unbeschränkte Steuerpflicht in den Niederlanden endet. Sofern die Besteuerung eines nicht realisierten Veräußerungsgewinns nicht zeitlich aufgeschoben werden kann (wie in § 6 Abs. 5 AStG), sollte dies gegen Unionsrecht verstoßen.

     

    Auf Gewinne der Box 2 findet ein ermäßigter Steuersatz von 25 % Anwendung (Afd. 2.12. Wet IB 2001).

     

    2.3 Box 3: Einkünfte aus Sparen und Anlegen

    In Box 3 fallen die sonstigen Einkünfte, insbesondere Einkünfte aus Vermögen. Durch die Einführung von Box 3 wurde die bis dahin in den Niederlanden bestehende Vermögensteuer abgeschafft. Statt die tatsächlichen Einkünfte zu besteuern, werden die unter Box 3 fallenden Einkünfte fiktiv und pauschal besteuert. Bemessungsgrundlage ist der Durchschnitt des Nettovermögens am Anfang des Kalenderjahres.

     

    Als Nettovermögen in diesem Sinne gilt das tatsächliche Vermögen abzüglich von etwaigen Schulden. Zum Vermögen gehören u.a. Wertpapiere, Anlagen, Wertsachen und fremdvermietete Wohnungen, nicht aber die eigen genutzte Wohnung bzw. Immobilie. Schulden sind vom Vermögen bis zu 2.800 EUR je Steuerpflichtigen (bzw. bis zu 5.600 EUR, wenn der Steuerpflichtige einen Ehegatten/Lebenspartner hat) abzugsfähig.

     

    Einkünfte aus Sparen und Anlagen werden nur besteuert, wenn das Nettovermögen einen Freibetrag von 21.139 EUR je Steuerpflichtigen (bzw. doppelt so viel bei Ehegatten/Lebenspartnern) übersteigt (Afd. 5.5 Wet IB 2001). Die Erhöhung des Freibetrags um 2.674 EUR je Kind wurde mit Wirkung ab 2013 abgeschafft.

     

    Der fiktive Ertrag von 4 % der Bemessungsgrundlage wird dann nicht mit dem normalen Steuersatz, sondern mit einem festen Steuersatz von 30 % besteuert (Afd. 2.13. Wet IB 2001). Diese fiktive Vermögensteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen und Kapitalanlagen beträgt mit anderen Worten also 1,2 % des Nettovermögens.

     

    2.4 Verrechnungsmöglichkeiten von Verlusten

    Verluste der Box 1 und 2 können nur mit positivem Einkommen der jeweiligen Box verrechnet werden (vgl. Afd. 3.100. Wet IB 2001). Eine boxenübergreifende Verlustverrechnung ist nicht möglich. Ein Verlustausgleich in der jeweiligen Box ist auch nur mit den drei vorherigen Veranlagungszeiträumen bei Box 1 bzw. dem vorherigen Veranlagungszeitraum bei Box 2 und den neun nachfolgenden Veranlagungszeiträumen bei Box 1 bzw. 2 möglich (Afd. 3.150. Abs. 1 bzw. Afd. 4.49. Abs. 1 Wet IB 2001).

     

    2.5 Steuerermäßigungen und Steuerabzugsbeträge

    Von der Gesamtbelastung an Einkommensteuer aus den drei Boxen können noch Steuerermäßigungen steuerlich abgezogen werden. Zunächst kann eine allgemeine Steuerermäßigung („algemene heffingskorting“) berücksichtigt werden. Diese beträgt 2.001 EUR (Afd. 8.10 Wet IB 2001). Daneben können u.a. noch folgende Steuerermäßigungen in Anspruch genommen werden:

     

    • Arbeitsermäßigung bei Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit („arbeidskorting“, Afd. 8.11. Wet IB 2001). Diese Ermäßigung berechnet sich nach der Höhe des steuerpflichtigen Arbeitslohns und beträgt
      • 16,115 % des steuerpflichtigen Arbeitslohns, maximal 1.723 EUR (bei einem steuerpflichtigen Arbeitslohn von mehr als 8.816 EUR) bzw.
      • 4 % des steuerpflichtigen Arbeitslohns, maximal 1.173 EUR (bei einem steuerpflichtigen Arbeitslohn von mehr als 40.248 EUR).

     

    • Arbeitsbonus bei Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit („werkbonus“, Afd. 8.12. Wet IB 2001) für Arbeitnehmer mit einem Lebensalter von 60 bis 64 Jahren. Dieser beträgt
      • 57,763 %, maximal 1.100 EUR, bei einem steuerpflichtigen Arbeitslohn von mehr als 17.139 EUR bzw.
      • 10,502 %, maximal 1.100 EUR, bei einem steuerpflichtigen Arbeitslohn von mehr als 22.852 EUR.

     

    • einkommensabhängige Kombinationsermäßigung („inkommensafhankelijke combinatiekorting“, Afd. 8.14a. Wet IB 2001) von 1.024 EUR zuzüglich 4 % des steuerpflichtigen Arbeitslohns, wenn dieser mehr als 4.814 EUR beträgt, aber maximal 2.133 EUR.

     

    • Ermäßigung für rentenberechtigte Personen („Ouderenkorting“, Afd. 8.17. Wet IB 2001) von
      • 1.032 EUR bei einem steuerpflichtigen Arbeitslohn bis 35.540 EUR bzw.
      • 150 EUR bei einem steuerpflichtigen Arbeitslohn von mehr als 35.540 EUR.

     

    • Ermäßigung für alleinerziehende Eltern („Alleenstaande-ouderkorting“, Art, 8.15. Wet IB 2001) von maximal 1.319 EUR - abhängig vom Einkommen des Alleinerziehenden und dem Alter des Kindes.

     

    Neben den vorstehenden Steuerermäßigungen können personenbezogene Steuerabzugsbeträge („persoonsgebonden aftrek“, Afd. 6.1 Wet IB 2001) in Anspruch genommen werden. Personenbezogene Steuerabzugsbeträge sind Unterhaltsverpflichtungen für Eltern und Kinder (Afd. 6.2. bzw. 6.4. Wet IB 2001), Vorsorgeaufwendungen (Afd. 6.4. Wet IB 2001), Aufwendungen für Behinderte und Krankheitskosten für z.B. Medikamente, Fahrtkosten zu Ärzten und für Krankheitsbesuche oder Kosten für Hilfsmittel wie Rollstuhl (Afd. 6.5. Wet IB 2001), Studienkosten (Afd. 6.6. Wet IB 2001), Ausgaben für den Denkmalschutz (Afd. 6.7. Wet IB 2001) und Spenden (Afd. 6.8. Wet IB 2001). Unter den Steuerabzugsbetrag fallen entsprechende Kosten im laufenden Kalenderjahr sowie aus Vorjahren, wenn eine steuerliche Berücksichtigung nicht möglich war.

    3. Niederländische Steuern auf Autos und Motorräder

    Eine Besonderheit des niederländischen Einkommensteuerrechts ist die Besteuerung von Autos und Motorrädern, die aufgrund eines eigenen Steuergesetzes erhoben wird („Wet op de belasting van personenauto’s en motorrijwielen 1992“ kurz „BPM“ genannt). Zum einen wird Umsatz- und Einfuhrsteuer („BPM“) und zum anderen Kraftfahrzeugsteuer („MRB“) erhoben. Steuerschuldner ist derjenige, auf den das Auto bzw. Motorrad zugelassen ist oder der über das Auto bzw. Motorrad tatsächliche Verfügungsgewalt hat (Afd. 5). Unter die BPM-Besteuerung fallen Autos und Motorräder, die

    • im niederländischen Kennzeichenregister registriert werden,
    • mit ausländischen Kennzeichen registriert sind und von einem Einwohner der Niederlande benutzt werden,
    • die aus dem Ausland geleast, gemietet oder geliehen sind und von einem Einwohner der Niederlande länger als 14 Tage benutzt werden.

     

    Beachten Sie | Die Niederlande kontrolliert die BPM-Besteuerung besonders streng. An den Grenzen werden Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen durch elektronische Überwachungsanlagen überprüft, die elektronisch die Bezahlung der BPM für das jeweilige Kennzeichen mit den Finanzbehörden abgleichen und bei Nichtbezahlung hohe Strafzahlungen veranlassen.

     

    Die maßgeblichen Prozentsätze der BPM hängen vom CO2-Ausstoß und der Art des Treibstoffes ab und werden regelmäßig erhöht. Bemessungsgrundlage für die BPM ist der niederländische Nettolistenpreis zuzüglich Umsatzsteuer.

     

    Seit der letzten (unterjährigen) Erhöhung vom 1.8. bis 31.12.12 beträgt die BPM:

     

    • Hinzurechnung in % des Netto-Listenpreises

    zur BMG

    Ausstoß von CO2

    0 % (zum 1.1.14: 7 %)

    (zum 1.1.16: 14 %)

    bis 51 g/km

    14 %

    max. 88g/km (Diesel), max. 95g/km (andere Treibstoffe)

    20 %

    max. 96 bis 112g/km (Diesel), max. 95 bis 124g/km (andere Treibstoffe)

    25 %

    für alle anderen Fahrzeuge

     

     

    PRAXISHINWEIS | Die BPM gilt auch für Arbeitnehmer, die in den Niederlanden wohnen, aber für einen ausländischen Arbeitgeber tätig sind und von diesem einen Firmenwagen gestellt bekommen. Diese Arbeitnehmer können sich aber von der BPM befreien lassen, wenn sie den ausländischen Firmenwagen hauptsächlich (mindestens 50 %) außerhalb der Niederlande für Dienstreisen für ihren ausländischen Arbeitgeber nutzen. Die Fahrten von der niederländischen Wohnung zur ausländischen Arbeitsstätte gelten dabei nicht als Dienstfahrten außerhalb der Niederlande. Der entsprechende Nachweis ist durch das Formular „aanvraag vergunning vrijstelling BPM werknemer“ zu erbringen, das vom ausländischen Arbeitgeber zu unterschreiben und vom Arbeitnehmer bei dem für ihn zuständigen niederländischen Finanzamt einzureichen ist.

     

    Soweit der Arbeitnehmer einen Firmenwagen vom Arbeitgeber gestellt bekommt, ist die private Nutzungsmöglichkeit wie in Deutschland der Lohnbesteuerung zu unterwerfen. In den Niederlanden erfolgt die Berechnung des entsprechenden geldwerten Vorteils nach der BPM-Besteuerung.

    4. Die 30 %-Regelung für entsandte Arbeitnehmer

    Das niederländische Lohnsteuergesetz erlaubt ausländischen Fachkräften, die in die Niederlande entsandt oder direkt von einem niederländischen Arbeitgeber eingestellt werden, einen Antrag auf Einstufung nach der sog. 30 %-Regelung zu stellen, wenn sie bestimmte Anforderungen erfüllen (vgl. Afd. 15a (1) (j) Wet op de loonbelasting). Die Anwendung hat zur Folge, dass bis zu 30 % der Gesamtvergütung steuerfrei bleiben können. Faktisch wird der zu versteuernde Bruttoarbeitslohn auf 70 % reduziert, sodass 30 % vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden können und nicht lohnsteuerlich veranlagt werden.

     

    Die Begünstigung dient qualifizierten Arbeitskräften als Anreiz, in den Niederlanden eine nichtselbstständige Tätigkeit aufzunehmen, sowie zur Kompensation von entsendungsbedingt entstehenden Mehrausgaben in den Niederlanden. Ein weiterer Vorteil der 30 %-Regelung ist, dass die Besteuerung von Einkünften aus Vermögen und Sparen in der Box 3 keine Anwendung findet („partieele buitenlandse belastingsplicht“). Mit der 30 %-Regelung können nur entsendungsbedingte Zulagen steuerfrei gewährt werden. Voraussetzungen für die Anwendung der 30 %-Regelung sind:

     

    • ein gemeinsamer Antrag von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, der innerhalb der ersten vier Monate nach dem Beginn der Entsendung an das Finanzamt in Heerlen zu stellen ist,

     

    • die schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Anwendung der 30 %-Regelung (d.h. Arbeitsvertrag mit konkreter Bezugnahme auf die 30 %-Regelung, die steuerfreien entsendungsbedingten Zulagen, etc.),

     

    • die besondere Qualifikation des Arbeitnehmers, die in den Niederlanden selten ist oder gar nicht vorkommt sowie eine erstmalige privatrechtliche Beschäftigung des Arbeitnehmers in den Niederlanden.

     

    Ob ein Arbeitnehmer die zur Anwendung der 30 %-Regelung notwendigen Qualifikationen besitzt, wird durch den sog. „Spezialisten-Test“ ermittelt. Wichtige Indizien für das Bestehen sind: Niveau der Ausbildung und Qualifikationen, vorzuweisende Arbeitserfahrung für die Tätigkeit oder die Stelle in den Niederlanden sowie ein den Qualifikationen entsprechendes Gehaltsniveau. Üblicherweise erfüllen Manager mit bestimmten Positionen innerhalb eines weltweiten Konzerns, spezialisierte Wissenschaftler, Lehrer an internationalen Schulen, Mitarbeiter internationaler Organisationen sowie Arbeitnehmer mit nicht in den Niederlanden erlernbaren bzw. angebotenen Qualifikationen die Anforderungen unter dem „Spezialisten-Test“.

     

    PRAXISHINWEIS | Mit Wirkung vom 1.1.12 wurden die Voraussetzungen der 30 %-Regelung verschärft. Die 30 %-Regelung kann seitdem nur noch in Anspruch genommen werden, wenn der Arbeitnehmer vor Aufnahme der Tätigkeit mindestens 150 km von der Grenze entfernt gewohnt hat und ein Jahreseinkommen von mindestens 35.000 EUR erhält. Die Grenze des Jahreseinkommens wurde für Berufseinsteiger mit einem Masterstudium auf 26.605 EUR reduziert.

     

    Die 30 %-Regelung kann für höchstens 10 Jahre angewendet werden. Die Höchstdauer wurde für nach dem 1.1.12 eingehende Anträge auf 8 Jahre ?reduziert.

     

    Hinweis | Anstatt die 30 %-Regelung pauschal mit 30 % der entsendungsbedingten Kosten anzuwenden, können diese auch in tatsächlicher Höhe gegen entsprechenden Nachweis steuerfrei behandelt werden.

     

    MERKE | Die 30 %-Regelung hat keine Auswirkung auf die deutsche Einkommensteuerveranlagung eines in die Niederlande entsandten Arbeitnehmers, der weiterhin in Deutschland einkommensteuerpflichtig bleibt. Aufgrund des DBA zwischen Deutschland und den Niederlanden wird das niederländische Gehalt in der deutschen Einkommensteuererklärung regelmäßig steuerfrei sein, allerdings für die Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes herangezogen werden. Dabei ist zu beachten, dass die niederländischen Einkünfte für Zwecke des Progressionsvorbehalts nach den Grundsätzen des deutschen Einkommensteuerrechts ermittelt werden (H 32b EStH 2012 Ausländische Einkünfte). Da das deutsche Recht die 30 %-Regel nicht kennt, ist konsequenterweise von einem Gehalt von 100 % auszugehen. Es ist daher immer zu prüfen, ob ein Mitarbeiter der 30 %-Regel unterliegt.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2013 | Seite 302 | ID 42217023

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