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  • · Fachbeitrag · Jahressteuergesetz 2022

    Extraterritoriale Besteuerung der Registerfälle ‒ weitgehende Abschaffung geplant

    von StB Dr. Thomas Loose, Partner bei der PwC GmbH WPG in Düsseldorf

    | In der jüngeren Vergangenheit sorgte eine fast 100-jährige Norm des deutschen Steuerrechts für Aufsehen. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) EStG erfasst angeblich auch Lizenzzahlungen, bei denen weder Vergütungsschuldner noch -gläubiger in Deutschland ansässig sind und der einzige Nexus zum Inland in der Eintragung der Rechte in ein inländisches Register besteht. Demnach unterlägen auch rein ausländische Zahlungsströme der beschränkten Steuerpflicht. Zwar ist diese Auslegung umstritten, aber infolge einer eindeutigen Positionierung der Finanzverwaltung entstehen für Steuerpflichtige signifikante Tax-Compliance-Kosten. Im Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) wird nunmehr eine erhebliche Entschärfung dieser extraterritorialen Besteuerung anvisiert. |

    1. Derzeitige Rechtslage

    Entsprechend § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f und Nr. 6 EStG bewirkt die Vermietung oder die Veräußerung von Rechten, die in ein inländisches Register eingetragen sind oder deren Verwertung in einer inländischen Betriebsstätte erfolgt, das Entstehen inländischer Einkünfte und damit eine beschränkte Steuerpflicht. Wenn der Vergütungsschuldner einer Lizenzbeziehung in Deutschland ansässig ist, hat danach unstreitig ein Steuerabzug i. H. v. grundsätzlich 15,825 %, inklusive SolZ, zu erfolgen (§ 50a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 S. 1 EStG). Von dem Quellensteuereinbehalt kann nur abgesehen werden, wenn eine Freistellungsbescheinigung vorliegt (§ 50c Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG) oder die Vergütung bei Bestehen von Abkommensschutz im gesamten Kalenderjahr den Betrag von 5.000 EUR nicht übersteigt (§ 50c Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG). Statt einer Freistellungsbescheinigung kann die abkommensrechtliche Quellensteuerreduzierung auch im Wege eines nachträglichen Erstattungsantrags geltend gemacht werden (§ 50c Abs. 3 EStG).

     

    MERKE | Über einen Freistellungsantrag hat das BZSt innerhalb von drei Monaten nach Vorlage aller erforderlichen Nachweise zu entscheiden (§ 50c Abs. 2 S. 6 EStG). Die Beantragung einer Freistellungsbescheinigung ist somit gegenüber einem Erstattungsantrag klar vorzugswürdig, da Letztere gegenwärtig nur in Ausnahmefällen innerhalb von sechs Monaten bearbeitet werden. Bei beiden Alternativen ist zu beachten, dass eine Quellensteuerreduzierung aufgrund eines Abkommens oder der Zins- und Lizenzrichtlinie (§ 50g EStG) nur gelingt, wenn die Substanz- bzw. Aktivitätsvoraussetzungen der Anti-Treaty/Directive-Shopping-Vorschrift des § 50d Abs. 3 EStG erfüllt werden.

     

    Ebenso eindeutig liegt eine beschränkte Steuerpflicht vor, wenn der Vergütungsgläubiger eines Lizenzstroms eine deutsche Betriebsstätte unterhält, der das zugrunde liegende Recht nach Veranlassungsgesichtspunkten zuzuordnen ist. Erneut ist der Verwertungstatbestand erfüllt, nunmehr allerdings in der Betriebsstätte des Lizenzgebers statt des Lizenznehmers. Und der Quellensteuereinbehalt greift ungeachtet der zwingenden Veranlagung des Lizenzgebers.

     

    Sehr lange Zeit unbeachtet waren allerdings Konstellationen, in denen sowohl der Lizenzgeber als auch der Lizenznehmer weder in Deutschland ansässig sind noch eine deutsche Betriebsstätte unterhalten. Entsprechend dem Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) und Nr. 6 EStG scheint bereits die Eintragung in ein inländisches Register auszureichen, um eine Besteuerung in Deutschland auszulösen. Hinsichtlich dieser sog. Registerfälle wird nachfolgend zunächst die aktuelle Position der Finanzverwaltung aufgezeigt (vgl. 2.). Anschließend werden die Praxiseffekte der geplanten gesetzlichen Neuregelung für Transaktionen innerhalb eines Konzerns (vgl. 3.1) wie auch für Transaktionen zwischen fremden Dritten (vgl. 3.2) aufgezeigt und die Sonderfälle der Involvierung von in Steueroasen Ansässigen (vgl. 3.3) analysiert.

    2. Position der Finanzverwaltung

    Die Finanzverwaltung hat sich durch die Veröffentlichung mehrerer BMF-Schreiben in Bezug auf die Registerfälle wie folgt positioniert. So soll bereits die Eintragung in ein inländisches Register (z. B. das deutsche Patent- und Markenamt) ausreichen, um einen deutschen Nexus zu begründen; eines weitergehenden oder zusätzlichen Inlandsbezugs bedürfe es nicht (vgl. bereits BMF 6.11.20, IV C 5 - S 2300/19/10016 :006, Tz. 1, BStBl I 20, 1060).

     

    Beachten Sie | Die Details der jeweiligen Eintragung sind einzelfallspezifisch zu überprüfen. So besteht etwa für eine Marke ‒ nicht aber für Patente ‒ die Möglichkeit, eine Eintragung (nur) auf EU-Level vorzunehmen (European Union Trademark). Dies allein stellt noch keine Eintragung in ein inländisches Register dar. Eine parallele Eintragung beim deutschen Markenamt stellte hingegen zweifellos eine Eintragung in ein inländisches Register dar.

     

    Wenn ein in ein inländisches Register eingetragenes Recht zeitlich befristet überlassen wird, hat der Schuldner der Lizenzgebühr den Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG vorzunehmen (vgl. BMF 6.11.20, IV C 5 - S 2300/19/10016 :006, Tz. 3, BStBl I 20, 1060)).

     

    • Beispiel 1

    Die in den USA ansässige Kapitalgesellschaft (US Inc.) ist 100%ige Anteilseignerin einer in Großbritannien ansässigen Kapitalgesellschaft (UK Ltd.). Die US Inc. überlässt der UK Ltd. ein immaterielles Wirtschaftsgut zur Nutzung gegen Leistung einer fremdvergleichsüblichen Lizenzgebühr. Die US Inc. hat das der Lizenz zugrunde liegende IP in allen relevanten Märkten, einschließlich Deutschland, patentieren lassen. Die UK Ltd. stellt mittels der Lizenz verschiedene Güter her, die sie weltweit vertreibt. Weder die US Inc. noch die UK Ltd. verfügen über eine deutsche Betriebsstätte.

     

     

     

    Nach Auffassung der Finanzverwaltung hat die UK Ltd. somit (deutsche) Quellensteuern auf die Zahlung der Lizenzgebühr an die US Inc. einzubehalten. Gemäß dem BMF-Schreiben vom 11.2.21 (IV B 8 - S 2300/19/10016 :007, BStBl I 21, 301, Tz. 10 ff.) ist die Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug grundsätzlich die Bruttovergütung (sog. Top-down-Ansatz). Anschließend ist eine sachgerechte Aufteilung nach Maßgabe des Veranlassungsprinzips vorzunehmen. Wenn wie in Beispiel 1 eine Registrierung in einer Vielzahl von Staaten vorliegt, kann es sich anbieten, eine Aufteilung auf Basis der von der UK Ltd. durch ihre Verkäufe in den jeweiligen Märkten erzielten Umsätze vorzunehmen.

     

    MERKE | Explizit nicht akzeptiert wird vonseiten der Finanzverwaltung, eine Ermittlung anhand der Kosten der Eintragung bzw. Pflege der Rechte vorzunehmen oder die auf Deutschland entfallenden Lizenzgebühren im Wege eines Bottom-up-Ansatzes, etwa auf Basis von Datenbankstudien als fiktiven Prozentsatz vom Umsatz bzw. Gewinn, zu ermitteln (vgl. BMF 11.2.21, IV B 8 - S 2300/19/10016 :007, BStBl I 21, 301, Tz. 10 ff.).

     

    Neben der Lizenzierung unterliegt auch der Verkauf von in Deutschland registrierten Rechten der inländischen Besteuerung (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) Doppelbuchst. bb) EStG). Ein Quellensteuerabzug ist jedoch nicht vorzunehmen, da die Vorschrift des § 50a EStG nur für Lizenzen greift. Vielmehr hat der jeweilige Veräußerer des Rechts bei dem zuständigen Finanzamt eine Körperschaftsteuererklärung abzugeben, sodass eine Veranlagung erfolgt; eine Gewerbesteuerpflicht scheidet mangels einer im Inland belegenen Betriebsstätte aus. Wenn eine abkommensrechtliche Freistellung vorliegt, kann eine Steuererklärung mit 0 EUR abgegeben werden: Die mitunter aufwendige Ermittlung der inländischen Einkünfte kann demnach unterbleiben.

     

    In bestimmten Fällen zeitlich befristeter Rechteüberlassung gestattet das BMF-Schreiben vom 11.2.21 (IV B 8 - S 2300/19/10016 :007, BStBl I 21, 301) den Steuerpflichtigen, auf den Quellensteuerabzug und die Abgabe von Steueranmeldungen zu verzichten. Für Zwecke dieses vereinfachten Verfahrens müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt werden:

     

    • Weder der Sitz noch der Ort der Geschäftsleitung des Vergütungsschuldners (hier: UK Ltd.) darf im Inland belegen sein.

     

    • Der Vergütungsgläubiger (hier: US Inc.) muss dem Grunde nach abkommensberechtigt sein. Und die Entlastungsberechtigung muss auch unter Berücksichtigung der Anti-Treaty-Shopping-Vorschrift des § 50d Abs. 3 EStG (zur diesbezüglichen Neufassung vgl. Loose, PIStB 21, 45 ff.) sowie der Anti-Hybridvorschrift des § 50d Abs. 11a EStG (ehemals verortet in § 50d Abs. 1 S. 11 EStG) unzweifelhaft bestehen.

     

    • Der Vergütungsgläubiger oder der von ihm bevollmächtigte Vergütungsschuldner hat beim BZSt für grundsätzlich jedes Vertragsverhältnis einen Antrag auf eine Freistellungsbescheinigung zu stellen. Mit dem Antrag sind die jeweiligen Vertragsverhältnisse offenzulegen und die wesentlichen Passagen sind in die deutsche Sprache zu übersetzen.

     

    Die Frist für den Antrag beim BZSt war ursprünglich der 31.12.21 und galt für Vergütungen, die bis einschließlich zum 30.9.21 zufließen. Diese wurde zunächst bis zum 30.6.22 verlängert und galt für Vergütungen, die vor dem 1.7.22 zufließen (vgl. BMF 14.7.21, IV B 8 - 2300/19/10016 :007, BStBl I 21, 1098). Unmittelbar vor Ablauf der (neuen) Frist erfolgte eine erneute Verlängerung, nunmehr um ein Jahr bis zum 30.6.23 mit Wirkung für bis zum 30.6.23 zufließende Vergütungen (BMF 29.6.22 (IV B 8 - S 2300/19/10016 :009, BStBl I 22, 957).

    3. Auswirkungen des JStG 2022

    Am 16.9.22 veröffentlichte die Bundesregierung den Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022). Die erste Lesung im Bundestag fand bereits statt, die zweite/dritte Lesung ist für den 2.12.22 geplant, sodass der Bundesrat am 16.12.22 final beraten kann. U. a. enthält der Entwurf des JStG 2022 die weitgehende Abschaffung der Besteuerung der Registerfälle, zum Teil sogar rückwirkend. Dabei ist zwischen konzerninternen Vorgängen (vgl. 3.1) und Lizenzierungen bzw. Verkäufen zwischen fremden Dritten (vgl. 3.2) zu differenzieren. Ferner ist der Sonderfall der Einschaltung von in sog. Steueroasen Ansässigen zu beachten (vgl. 3.3).

     

    3.1 Konzerninterne Transaktionen

    Der Entwurf für ein JStG 2022 sieht vor, dass die Vorschrift des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) EStG wie folgt geändert wird:

     

    • Zum einen wird in Doppelbuchst. aa) das Wort „Rechten“ durch die Wörter „Rechten i. S. d. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 oder sonstigen Rechten, insbesondere Patentrechte, Markenrechte oder Sortenrechte“ ersetzt.

     

    • Zum anderen wird in Doppelbuchst. bb) nach dem ersten Satz der folgende S. 2 neu eingefügt: „Bei sonstigen Rechten, bei denen Einkünfte nur auf Grund der Eintragung in ein inländisches öffentliches Buch oder Register vorliegen, liegen Einkünfte abweichend von S. 1 nicht vor, wenn die Vermietung und Verpachtung oder die Veräußerung nicht zwischen nahestehenden Personen i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG erfolgt oder die Veräußerung nach dem 31.12.22 erfolgt oder Vergütungen nach dem 31.12.22 zufließen.“

     

    MERKE | Entsprechende Änderungen schlägt das JStG 2022 für die Norm des § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG vor. Infolge der Gewerblichkeitsfiktion des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) S. 3 EStG besitzt diese Vorschrift für die Registerfälle ausländischer Kapitalgesellschaften jedoch keine Praxisrelevanz.

     

    Gemäß der Anwendungsregel des § 52 Abs. 45a S. 3 EStG-E sollen die oben genannten Änderungen für alle offenen Fälle wirksam werden.

     

    In Bezug auf das Beispiel 1 ergeben sich durch die geplante Gesetzesänderung demnach die folgenden Auswirkungen: Die immateriellen Vermögenswerte der US Inc. sind nunmehr als sonstige Rechte zu klassifizieren, deren Lizenzierung nur aufgrund der Eintragung in ein inländisches Register (bislang) zu im Inland steuerpflichtigen Einkünften führt. Die erste Alternative des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) Doppelbuchst. bb) S. 2 EStG-E ist nicht einschlägig, da die UK-Ltd. als 100%ige Tochtergesellschaft eine nahestehende Person i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG ist. Entsprechend der zweiten Alternative unterliegen die konzerninternen Lizenzen jedoch ab dem 1.1.23 nicht länger einer Besteuerung im Inland. Mit anderen Worten sind Registerfälle für konzerninterne Transaktionen ‒ vorbehaltlich des Sonderfalls von Steueroasen ‒ nur noch für Zuflüsse bzw. Veräußerungen bis zum 31.12.22 relevant.

     

    3.2 Transaktionen zwischen fremden Dritten

     

    • Beispiel 2

    Die in Frankreich ansässige Kapitalgesellschaft FRA S.a.r.l. besitzt ein Markenrecht, das (auch) im deutschen Markenregister eingetragen ist. Sie überlässt das IP entgeltlich an die in den Niederlanden ansässige NL B.V. (fremde Dritte). Unter Nutzung des Markenrechts vertreibt die NL B.V. ihre Produkte u. a. auch auf dem deutschen Markt. Weder die FRA S.a.r.l. noch die NL B.V. haben eine Betriebsstätte in Deutschland.

     

     

     

    Nach aktueller Rechtslage hat die NL B.V. auf die Lizenzzahlung grundsätzlich 15,825 % Quellensteuern einzubehalten. Hiervon kann sie nur absehen, wenn die FRA S.a.r.l. eine gültige Freistellungsbescheinigung vorlegt oder ‒ bis zum 30.6.23 ‒ das vereinfachte Verfahren genutzt wird. Für zwischen fremden Dritten erfolgende Lizenzierungen bzw. Verkäufe von in Deutschland registrierten (sonstigen) Rechten führt die geplante Gesetzesänderung zu einer rückwirkenden Abschaffung der Besteuerung. Sofern diese in unveränderter Form Gesetzeskraft erlangt, können die NL B.V. und die FRA S.a.r.l. ihren Registerfall ‒ vorbehaltlich eines Steueroasen-Sonderfalls (vgl. hierzu 3.3) ‒ somit nicht nur für die Zukunft, sondern auch für die Vergangenheit vollständig ignorieren.

     

    Die Gesetzesänderung ist zu begrüßen, insbesondere da sich Drittlizenzierungen im Regelfall durch erhebliche Informationsbeschaffungsprobleme auszeichnen und somit der administrative Aufwand einen vermeintlichen fiskalischen Ertrag signifikant übersteigt. Nichtsdestotrotz ist anzumerken, dass unter Berücksichtigung der erst in letzter Sekunde erfolgten Verlängerung der Frist für das vereinfachte Verfahren (vgl. unter 2.) diejenigen Unternehmen faktisch bestraft würden, die unter sehr hohem Zeitdruck und unter Inkaufnahme mitunter erheblicher in- und externer Ressourcenbelastung bereits Ende Juni 2022 steuerlich compliant waren. Im Nachhinein geschickt gehandelt hätten hingegen diejenigen Unternehmen, die bei einer ausbleibenden Fristverlängerung ggf. gar nicht mehr steuerlich hätten compliant sein können.

     

    3.3 Sonderfall Steueroase

     

    • Beispiel 3

    Die in Panama ansässige Panama Ltd. besitzt ein Patent, das (auch) im deutschen Patentregister eingetragen ist. Sie überlässt das Patent gegen Zahlung einer fremdüblichen Vergütung an die in der Schweiz ansässige CH GmbH (fremde Dritte). Unter Nutzung des Patents verkauft die CH GmbH (auch) in Deutschland ihre Produkte. Weder die Panama Ltd. noch die CH GmbH verfügen über eine deutsche Betriebsstätte.

     

     

     

    In Beispiel 3 sollten sich ‒ bei Annahme einer unveränderten Umsetzung des JStG 2022 ‒ sowohl für die Vergangenheit als auch die Zukunft keine deutschen Steuerfolgen für Drittlizenzen mehr ergeben. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sieht die ebenfalls i. R. d. JStG 2022 geplante Änderung des § 10 Abs. 1 Nr. 5 des Steueroasen-Abwehrgesetzes (StAbwG) vor:

     

    • § 10 Abs. 1 Nr. 5 StAbwG

    „Über § 49 des Einkommensteuergesetzes hinaus liegen steuerpflichtige Einkünfte derjenigen […] Körperschaften […], die in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet ansässig sind, auch vor, soweit sie Einkünfte erzielen aus der Vermietung und Verpachtung oder der Veräußerung von Rechten, die in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind.“

     

    Abweichend von § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. ff) EStG lägen in Beispiel 3 nun wiederum doch dem Steuerabzug unterliegende inländische Einkünfte vor. Ursächlich hierfür ist, dass die Panama Ltd. in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet ansässig ist. Mangels DBA zwischen Deutschland und Panama würde die 15,825%ige Quellensteuer eine Definitivbelastung darstellen.

     

    MERKE | Neben weiteren Kriterien ist ein Steuerhoheitsgebiet dann nicht kooperativ, wenn es in der im Amtsblatt der EU veröffentlichten Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke (sog. „Schwarze Liste“ der EU) in der jeweils aktuellen Fassung genannt ist. Nach aktuellem Stand sind dies:

    • Amerikanische Jungferninseln
    • Amerikanisch-Samoa
    • Anguilla
    • Bahamas
    • Fidschi
    • Guam
    • Palau
    • Panama
    • Samoa
    • Trinidad und Tobago
    • Turks- und Caicoinseln
    • Vanuatu
     

    Beachten Sie | Die Ausnahme für Steueroasenansässige greift unabhängig davon, ob es sich um Drittlizenzen handelt oder um konzerninterne Lizenzen. Und sie erfasst auch die Veräußerung entsprechenden IPs. Gemäß der Anwendungsregel des § 13 Abs. 1a entfaltet die Neufassung des StAbwG Wirkkraft ab dem 1.1.22.

    4. Zusammenfassung

    Zusammenfassend ergeben sich durch das JStG 2022 in Bezug auf die extraterritoriale Besteuerung der Registerfälle die folgenden Praxiseffekte:

     

    • Für konzerninterne Lizenzen bzw. IP-Verkäufe laufen die Registerfälle grds. am 31.12.22 aus. Demnach müssen Steuerpflichtige, sofern noch nicht erledigt, (nur) noch diese „Altfälle“ abschließen. Hinsichtlich der Lizenzen haben sie hierfür bis zum 30.6.23 Zeit. Nur im (seltenen) Sonderfall eines in einer Steueroase ansässigen Lizenzgebers bzw. IP-Veräußerers kann es über das Jahr 2022 hinaus (weiterhin) zu einer Besteuerung im Inland kommen.

     

    • Für Drittlizenzen bzw. -verkäufe werden die Registerfälle sogar rückwirkend abgeschafft. Sie können somit grundsätzlich ignoriert werden. Auch hier gilt der (seltene) Ausnahmefall bei einem in einer Steueroase ansässigen Lizenzgeber bzw. IP-Veräußerer.

     

    Steuerpflichtige sollten den weiteren Gesetzgebungsprozess aufmerksam beobachten. Falls das JStG 2022 in unveränderter Form umgesetzt wird, würden sie von signifikant niedrigeren Tax-Compliance-Kosten profitieren.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2022 | Seite 310 | ID 48633237

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