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  • · Fachbeitrag · Hybride Finanzierungen und Gesellschaften

    Der OECD Diskussionsentwurf zu Hybrid Mismatch Arrangements - Teil 2

    von M.Sc. Christian Kahlenberg, Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder)

    | Die OECD hatte am 19.3.14 zwei Diskussionsentwürfe zu den sog. „Hybrid Mismatch Arrangements“ veröffentlicht, welche der Neutralisierung von hybriden Effekten auf nationaler Ebene (Teil 1) und auf Abkommensebene (Teil 2) dienen. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit den Handlungsempfehlungen auf bilateraler Ebene und ergänzt somit den ersten Teil der Beitragsreihe zu den Empfehlungen für innerstaatliche Vorschriften ( PIStB 14, 312 ). Zunächst werden die von der OECD vorgeschlagenen Handlungsalternativen dargestellt und anschließend in den Kontext zur deutschen Abkommenspolitik gesetzt. |

    1. Einführung

    Die OECD hat die Diskussionsentwürfe hinsichtlich der Beseitigung von „hybrid mismatches“ in Regelungsempfehlungen sowohl für nationale Vorschriften als auch für bilaterale Vereinbarungen (DBA) aufgeteilt: Diese Aufteilung erscheint mit dem Blick auf die in den jeweiligen Entwürfen enthaltenen Fragestellungen auch gerechtfertigt, weil die dort adressierten Probleme und Gestaltungsansätze auf unterschiedlichen Mechanismen beruhen und folglich unterschiedliche Reaktionen erfordern. Denn eine Gestaltung, die sich dem Regelwerk des Abkommensrechts bedient, kann nur unzureichend allein auf nationaler Ebene angegangen werden und umgekehrt. Gleichzeitig erzwingen die autonomen Bestrebungen einer Abstimmung, welche ebenso Bestandteil des Diskussionsberichts zu den Handlungsempfehlungen auf bilateraler Ebene ist (vgl. OECD 19.3.14, Public Discussion Draft, BEPS Action 2: Neutralise the effects of hybrid mismatch arrangements (Treaty Issues)).

     

    Der Bericht ist im Wesentlichen in drei Kernbereiche gegliedert:

     

    • 1. Problembehandlung beim Einsatz doppelt ansässiger Gesellschaften
    • 2. Zurechnungskonflikte bei (teilweise) transparenten Rechtsträgern
    • 3. Interaktion der Handlungsempfehlungen auf innerstaatlicher und bilateraler Ebene

    2. Bekämpfung der Steuervermeidung mithilfe doppelt ansässiger Gesellschaften

    Im Bericht wird darauf hingewiesen (vgl. Rn. 4 f.), dass insbesondere der Problembereich der ungerechtfertigten Inanspruchnahme von Abkommensvergünstigungen durch den Einsatz doppelt ansässiger Gesellschaften auch im Rahmen der Aktion 6 („Treaty Abuse Discussion Draft“) thematisiert wird und deshalb auf den hierzu veröffentlichten Diskussionsbericht zu verweisen ist (vgl. OECD 14.3.14, Public Discussion Draft, BEPS Action 6: Preventing the granting of treaty benefits in inappropriate circumstances). Die dort enthaltenen Handlungsempfehlungen widmen sich vornehmlich doppelt ansässigen Gesellschaften, welche als Steuerplanungsinstrument genutzt werden (Rn. 5). Zur Veranschaulichung soll das nachfolgende Beispiel dienen.

     

    • Beispiel 1

    Eine US-amerikanische Inc. möchte ihr künftiges wirtschaftliches Engagement in der EU über eine dort ansässige Gesellschaft leiten. Zu diesem Zweck gründet sie eine irische Ltd., welche über eine Schwesterholding auf den Bermudas kontrolliert wird.

     

    Die USA stellt für Zwecke der Ansässigkeitsbestimmung ausschließlich auf den Gründungsort ab, weshalb sich die irische Ltd. vorliegend als irische Gesellschaft qualifiziert (vgl. Sec. 7701(a)(4) und (a)(5) IRC). Aus irischer Sicht handelt es sich hingegen um eine auf den Bermudas ansässige Gesellschaft, die in Irland nicht steuerpflichtig ist (s. Richter/Hontheim, DB 13, 1261 m.w.N.). Folglich fällt das Verständnis der abkommensrechtlichen Ansässigkeit auseinander, was zu einer wechselseitigen Zuordnung von Besteuerungsbefugnissen für die relevanten Einkünfte führen kann, wodurch diese in keinem der Vertragsstaaten der Besteuerung unterliegen würden.

     

    Der OECD-Bericht selbst enthält keine Beispiele, welche Steuerplanungsstrategien konkret von den Handlungsempfehlungen bekämpft werden sollen. Als probates Mittel zur Bekämpfung derartiger Steuervermeidungsstrategien plädiert die OECD für eine entsprechende Anpassung bzw. Flexibilisierung von Art. 4 Abs. 3 OECD-MA (Rn. 6 f.).

     

    MERKE | In Art. 4 Abs. 3 OECD-MA ist derzeit die sog. „Tie-Breaker-Rule“ normiert, welche die Ansässigkeitsfrage bei doppelt ansässigen Gesellschaften löst. Danach gilt die betreffende Gesellschaft abkommensrechtlich nur in dem Vertragsstaat als ansässig, in welchem sich der Ort der Geschäftsleitung befindet.

     

    Nach der publizierten Neufassung soll künftig eine einzelfallbezogene Prüfung verschiedener Kriterien erfolgen. Danach sollen neben dem Ort der Geschäftsleitung auch der Satzungssitz und weitere relevante Faktoren zur Ansässigkeitsbestimmung herangezogen werden („[r…] having regard to its place of effective management, the place where it is incorporated or otherwise constituted and any other relevant factors.“, vgl. Art. 4 Abs. 3 S. 1 OECD-MA-E unter Rn. 7).

     

    Die anvisierte Einzelfallkontrolle soll im Rahmen eines Verständigungsverfahrens stattfinden. Hierfür besteht jedoch kein Einigungszwang.

     

    Hinweis | In den DBA mit den USA (Art. 4 Abs. 3 DBA-USA) sowie mit der Türkei (Art. 4 Abs. 3 DBA-Türkei) finden sich vergleichbare Vorschriften. Die deutsche Verhandlungsgrundlage verfügt wiederum über keine derart weite Abkommensklausel des Art. 4 Abs. 3 OECD-MA.

     

    Die OECD geht davon aus, dass durch eine solche Anpassung der „Tie-Breaker-Rule“ das Gestaltungspotenzial umfassend reduziert werden könnte. Jedoch fehlen im vorliegenden Diskussionsentwurf bisher nähere Erläuterungen zu den weiteren relevanten Faktoren. Ebenso ist bis dato unklar, ob die jeweiligen Einzelkriterien zu gewichten sind und in welchem Verhältnis sie überhaupt zueinander stehen. Dementsprechend erscheint es fraglich, ob eine derartige Anpassung tatsächlich zweckdienlich ist oder hieraus vielmehr neue Problemfelder erwachsen. An dieser Stelle ist nämlich auch hervorzuheben, dass der erfolglose Ausgang des Verständigungsverfahrens dazu führt, dass der betroffenen Gesellschaft der Abkommensschutz vollumfänglich versagt wird. Hier droht dann die Gefahr der doppelten Besteuerung, welche durch die Vertragsstaaten im Einigungswege behoben werden soll (Art. 4 Abs. 3 S. 2 OECD-MA-E, Rn. 7).

     

    Achtung | Wenn jedoch bereits im Rahmen des Verständigungsverfahrens keine Einigkeit zwischen den Vertragsstaaten erzielt werden konnte, die Ansässigkeitsfrage zu klären, erscheint es doch sehr zweifelhaft, dass sich die Vertragsstaaten dann im Nachgang auf eine Beseitigung der Doppelbesteuerung einigen, indem hierbei auf als für richtig erachtetes und beanspruchtes Besteuerungssubstrat zu verzichten wäre. Sofern man aber davon ausgeht, dass ein solches Einigungsverfahren zustande kommt, ist dieser Vorgang zumindest mit entsprechenden zeitlichen Liquiditätseinbußen für den Steuerpflichtigen verbunden.

     

    Daneben stellt sich die Frage, ob die Anpassung von Art. 4 Abs. 3 OECD-MA in zahlreichen Konstellationen nicht auch einen Wechsel der Ansässigkeit bewirkt. Dies ist deshalb so relevant, da ein solcher Wechsel eine Steuerentstrickung auslösen könnte (z.B. nach § 4 Abs. 1 S. 3 EStG bzw. § 12 Abs. 1 KStG, vgl. Schnitger/Oskamp, IStR 14, 386), wenn ein bestehendes DBA revidiert oder neu abgeschlossen werden würde (vgl. Kahlenberg, Ubg 14, 624 m.w.N. zur Frage der Entstrickung bei Revision bzw. Neuabschluss von DBA).

     

    Der Diskussionsentwurf stellt allerdings klar, dass die Neuregelung nur die Gestaltungsstrukturen erfassen soll, welche die ungerechtfertigte Gewährung von Abkommensvorteilen begehren (Rn. 7 sowie OECD vom 14.3.14, a.a.O., Rn. 52). Mithin ist die Regelungsanpassung vielmehr als Missbrauchsvermeidungsnorm zu verstehen. Wenn dem so ist, wird sich zumindest innerhalb des Binnenmarkts die Frage anschließen, ob eine derartige Missbrauchsvermeidungsnorm europarechtskonform ausgestaltet ist, für welche die Rechtsprechung des EuGH Maßstab ist (insb. EuGH 12.9.06, C-196/04, PIStB 06, 244). Allerdings ist gleichzeitig hervorzuheben, dass die angedachte Differenzierung auf Steuerplanungsstrukturen dem Wortlaut der Neuregelung nicht zugänglich ist.

     

    Hinweis | Ist das Ansässigkeitskonzept nach innerstaatlichem und abkommensrechtlichen Verständnis verschieden, besteht ebenfalls Gestaltungspotenzial (Rn. 8). Weil derartige Gestaltungen aber nicht auf die ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Abkommensvorteilen abzielen, sind diese auch nicht auf Abkommensebene zu bekämpfen (Rn. 9).

    3. Lösung von Zurechnungskonflikten bei transparenten Rechtsträgern

    Den Schwerpunkt des vorliegenden Diskussionsberichts bilden unweigerlich Zurechnungskonflikte bei Einkünften transparenter Rechtsträger sowie deren Abkommensberechtigung. Sofern ein Rechtsträger aufgrund divergierender Steuersubjektqualifikation steuerlich einseitig als transparent behandelt wird, können Einkünfte verschiedenen Personen zugeordnet werden, was abkommensrechtlich in eine nicht sachgerechte Quellensteuerentlastung münden kann.

     

    • Beispiel 2

    Die in den USA ansässige S-Corp. hat für steuerliche Zwecke in den USA zur transparenten steuerlichen Behandlung optiert (§ 1361(b) IRS). Sie hält eine Beteiligung von 100 % an der inländischen D-AG. An der S-Corp. sind wiederum zwei in den USA ansässige Gesellschafter beteiligt. Die D-AG schüttet nunmehr eine Dividende an die S-Corporation aus.

     

    In Deutschland wird die S-Corp. nach dem Rechtstypenvergleich als steuerlich intransparent behandelt. Ungeachtet der transparenten Behandlung in den USA kommt die S-Corp. in den Genuss des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs (Art. 10 Abs. 2 Buchst. a) DBA-USA), weshalb aus deutscher Sicht eine Quellensteuerreduzierung auf 5 % gerechtfertigt ist (vgl. BFH 26.6.13, I R 48/12, BStBl II 14, 367). Aus US-Sicht wird die Dividende jedoch den Gesellschaftern zugerechnet. Auf weitere Besonderheiten innerhalb des DBA-USA wird hier nicht weiter eingegangen (dazu Kudert/Kahlenberg, PIStB 14, 159 f.).

     

    Hinweis | Lösungen zu derartigen Zurechnungsproblemen finden sich zwar bereits im sog. Partnership-Report (vgl. OECD 26.8.99, The Application of the OECD Model Tax Convention to Partnerships, Issues in International Taxation, No. 6) und wurden entsprechend im OECD-Musterkommentar verarbeitet (vgl. Art. 1 Nr. 2 bis 6.7 OECD-MK). Die OECD weist aber darauf hin, dass der MK bei der Auslegung von DBA nur unzureichend zur Anwendung gelangt (Rn. 11). Insbesondere der BFH spricht den Ausführungen des MK die rechtliche Bindungswirkung ab; vielmehr könnten die Ausführungen des MK als bekräftigendes Argument unterstützend bei der Abkommensauslegung herangezogen werden, aber keinesfalls ein ausschlaggebendes Kriterium darstellen (zuletzt BFH 11.12.13, I R 4/13, BFH/NV 14, 614 sowie Gosch, ISR 13, 91f.).

     

    Die OECD kreiert deshalb zur Sicherstellung einer sachgerechten Quellenbesteuerung auf Abkommensebene einen neuen Absatz 2 in Art. 1 OECD-MA:

     

    • Art. 1 Abs. 2 OECD-MA - neu

    „For the purposes of this Convention, income derived by or through an entity or arrangement that is treated as wholly or partly fiscally transparent under the tax law of either Contracting State shall be considered to be income of a resident of a Contracting State but only to the extent that the income is treated, for purposes of taxation by that State, as the income of a resident of that State.” (vgl. Art. 1 Abs. 2 OECD-MA-E, Rn. 11).

     

    Die Neufassung ordnet demzufolge an, dass eine steuerlich ganz oder teilweise transparent behandelte Einheit (bzw. ein Gebilde) für die relevanten Einkünfte nur insoweit als abkommensrechtlich ansässig gilt, soweit betreffende Einkünfte einer dort ansässigen Person zugerechnet werden.

     

    Wichtig | Der Regelungsentwurf weist erhebliche Parallelen zu bereits existenten Abkommensklauseln auf, wie z.B. in den DBA mit Bulgarien, Niederlande, Mexiko oder USA. Die deutsche Verhandlungsgrundlage beinhaltet eine vergleichbare Vorschrift wiederum nicht.

     

    Der Regelungsentwurf ist dabei exklusiv auf den Quellenstaat ausgerichtet. Danach soll dieser den Abkommensschutz (nur) dann gewähren, soweit die relevanten Einkünfte einer im anderen Staat ansässigen Person zugerechnet werden, welche dort als „resident“ der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt. Mithin wirkt die Vorschrift - vergleichbar mit Art. 1 Abs. 7 DBA-USA - als Ansässigkeit- und Zurechnungsfiktion und bindet im Ergebnis den Quellenstaat (mittelbar) an die Qualifikation des Ansässigkeitsstaates (gl. A. Valta ISR 14, 254; Schnitger/Oskamp, IStR 14, 387). Gleichzeitig ist aber zu beachten, dass die innerstaatliche Zurechnung von Art. 1 Abs. 2 OECD-MA-E nicht berührt wird. Zur näheren Erläuterung und Auslegungsfragen ist ferner die Erweiterung des OECD-MK angedacht (vgl. Rn. 11, Art. 1 Rn. 26.3 bis 26.16 OECD-MK). Mit Blick auf die mangelnde Rechtswirkung des Musterkommentars, erscheint dieser Weg allerdings unzureichend.

     

    So ist beispielsweise unklar, wann nach dem Regelungsentwurf eine Zurechnung zu einem anderen Rechtsträger angenommen werden kann. Weiter fehlt eine Konkretisierung dahingehend, was unter der (teilweise) steuerlichen Transparenz zu verstehen ist. Daher wäre neben näheren Erläuterungen im endgültigen Bericht eine abkommensrechtliche Definition der Begrifflichkeiten wünschenswert, um eine einheitliche Auslegung sicherzustellen.

     

    PRAXISHINWEIS | Weil der Regelungsentwurf nicht auf eine Person i.S.d. Art. 3 Abs. 1 Buchst. a) OECD-MA abstellt, sollte die Vorschrift des Art. 1 Abs. 2 OECD-MA-E auf sämtliche transparente Rechtsträger anwendbar sein (Rn. 11, Art. 1 Art. 26.4, auch wenn dort explizit nur Trusts genannt sind). Zudem begrenzt der Regelungsentwurf die Abkommensvergünstigung nur auf die Einkünfte bzw. Einkunftsteile, welche von einer transparenten Behandlung umfasst sind (Rn. 11, und dort Art. 1 Rz. 26.10 OECD-MK-E).

    Die Regelungsfiktion sollte - analog zu Art. 1 Abs. 7 DBA-USA - dazu führen, den Quellensteueranspruch nicht der Höhe nach zu begründen, weil insoweit die Wertungen des Quellenstaates bedeutsam sind (Rn. 11, und dort Art. 1 Rz. 26.14 OECD-MK-E). Für Zwecke der Erstattungsansprüche ist demnach - zumindest aus deutscher Sichtweise - die sog. anwenderstaatsorientierte Sichtweise maßgeblich.

     

    Die für die Regelungsanforderungen notwendigen Informationen sollen nach OECD-Ansicht über den Informationsaustausch, alternativ auch über entsprechende Nachweispflichten des Steuerpflichtigen, bereitgestellt werden. Dabei spricht der Diskussionsbericht offen das Erstattungsverfahren für Zwecke der Abkommensvergünstigungen an (Rn. 11 und dort Art. 1 Rz. 26.6 OECD-MK-E).

     

    MERKE | Bei Zurechnungskonflikten mit Deutschland als Quellenstaat greift bereits auf unilateraler Ebene die Vorschrift des § 50d Abs. 1 S. 11 EStG ein. Hiernach wird der Erstattungsanspruch von Steuerabzugsbeträgen derjenigen Person gewährt, welcher die Einkünfte nach dem Recht des anderen Staates zugerechnet werden. Nach h.M. im Schrifttum tritt die Vorschrift hinter das abkommensrechtliche Auslegungsergebnis zurück - insbesondere bei Vorliegen einer entsprechenden Spezialvorschrift wie Art. 1 Abs. 2 OECD-MA-E (vgl. Kudert/Kahlenberg, PIStB 14, 159 f. m.w.N.). Mithin würde sich eine mögliche Normenkonkurrenz zwischen § 50d Abs. 1 S. 11 EStG und Art. 1 Abs. 2 OECD-MA-E zugunsten letzterer auflösen, weil es für eine umgekehrte Rangfolge an einem expliziten Anwendungsbefehl mangelt („ungeachtet“).

     

    4. Interaktion der bi- und unilateralen Handlungsempfehlungen

    Schließlich führt die OECD einen Abgleich der Empfehlungen auf Abkommensebene mit denen auf nationaler Ebene durch.

     

    Auf nationaler Ebene plädiert die OECD für die Einführung eines Korrespondenzprinzips für Schachteldividenden (s. Kahlenberg, PIStB 14, 312), welche auch abkommensrechtlich abzusichern ist. Andernfalls könnte das abkommensrechtliche Schachtelprivileg die korrespondierende Behandlung nach innerstaatlichen Vorschriften überlagern.

     

    MERKE | Den im Vorgriff kodifizierten deutschen Lösungsweg bildet ein Treaty Override in § 8b Abs. 1 S. 3 KStG, wonach das innerstaatlich-materielle Korrespondenzprinzip (§ 8b Abs. 1 S. 2 KStG) ungeachtet der abkommensrechtlichen Bestimmungen durchschlagen soll.

     

    Nach OECD-Ansicht könnte das unilaterale Korrespondenzprinzip durch eine abkommensrechtliche Subject-To-Tax-Klausel (vgl. Art. 23 Abs. 4 OECD-MA) ergänzt werden - alternativ mithilfe einer Switch-Over-Klausel (vgl. Rn. 20). Zusätzlich merkt die OECD an, dass auch die generelle Anwendung der Anrechnungsmethode ein gangbarer Weg wäre (vgl. Rn. 20). Die OECD positioniert sich jedoch nicht eindeutig, welche dieser Maßnahmen zu privilegieren wäre. In der Gesamtschau der Regelungsempfehlungen kristallisiert sich aber eine starke Tendenz zur Abschaffung der DBA-Schachtelbefreiung heraus.

     

    Hinweis | Die deutsche Verhandlungsgrundlage beinhaltet sowohl eine entsprechende Subject-To-Tax-Klausel als auch eine Switch-Over-Klausel. Gleichzeitig ist dort für Schachteldividenden ein abkommensrechtliches Korrespondenzprinzip vorgesehen, welches auch den Regelfall der jüngeren deutschen Abkommenspolitik widerspiegelt (vgl. dazu Kahlenberg/Kopec, IStR 14, 160 f.).

     

    Im Zusammenhang mit den anvisierten Abzugsbeschränkungen für bestimmte hybride Effekte weist die OECD auf mögliche Bedenken bzgl. des abkommensrechtlichen Diskriminierungsverbots in Art. 24 OECD-MA (Rn. 23 f.) hin. Aus OECD-Sicht fallen die Empfehlungen nicht in den Anwendungsbereich derartiger Abkommensklauseln, weil dort nur Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit (Art. 24 Abs. 1 OECD-MA) oder gegenüber Unternehmen mit nichtansässigen Anteilseignern (Art. 24 Abs. 5 OECD-MA) als Tatbestandsmerkmal genannt sind und verweist damit auf Textstellen im Musterkommentar (Rn. 25). Ob diese Argumente aber uneingeschränkt tragen, ist zumindest aus deutscher Sicht derzeit zweifelhaft. Denn in einer jüngeren Entscheidung sah der BFH auch Fälle der verdeckten Diskriminierung als von Art. 24 OECD-MA geschützt an (vgl. BFH 16.1.14, I R30/12, BFH/NV 14, 789 und dazu Höring, PIStB 14, 208).

    5. Zusammenfassung

    Die dargestellten Diskussionsentwürfe zu den Hybrid Mismatches verdeutlichen, wie intensiv und konkret sich die OECD der ersten „Druckstellen“ des BEPS-Aktionsplans annimmt. Beide Berichte waren aber noch in der Ausarbeitungsphase, obgleich der endgültige Bericht keine großartigen Neuerungen bereithalten wird.

     

    Dabei ist der Diskussionsbericht zu den Handlungsempfehlungen auf Abkommensebene als Ergänzung zu den Regelungsempfehlungen auf nationaler Ebene zu verstehen. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass die Problemfelder innerhalb der beiden Regelungskreise stark voneinander abweichen, weshalb eine separate Abhandlung und Bearbeitung wohl sachgerecht erscheint. Dies belegen auch die unterschiedlichen Lösungsansätze: Generelle Korrespondenzprinzipien auf nationaler Ebene und Ab- bzw. Neujustierungen von Abkommensklauseln.

     

    Am 26.9.14 wurde nunmehr der endgültige Bericht publiziert. Dort zeigt sich, dass die in den Entwürfen gefassten Regelungsempfehlungen weitestgehend übernommen wurden. Lediglich der persönliche Anwendungsbereich für unilaterale Regelungen wurde weiter eingegrenzt. Besonders auf Abkommensebene ist dabei die starke Ausrichtung an das US-MA zu erkennen; insbesondere durch die Empfehlung zur Einführung des Art. 1 Abs. 2 OECD-MA-E, welcher sich merklich an Art. 1 Abs. 7 DBA-USA orientiert. Daneben soll die Ansässigkeitsbestimmung doppelt ansässiger Gesellschaften verfeinert werden. Hieraus erwachsen aber zahlreiche Fragen (insbesondere zur Entstrickung), welche auch im endgültigen Bericht unbesprochen bleiben.

     

    FAZIT | Der Diskussionsentwurf sowie der endgültige Bericht zeichnen hilfreiche Tendenzen für die zukünftige Abkommenspolitik des OECD-MA vor. Allerdings lässt der vorliegende Bericht keine grundlegenden Reformen erkennen. Vielmehr wird auf bekannte Abkommensprinzipien bzw. -klauseln zurückgegriffen, welche auch vereinzelt schon jetzt die deutsche Abkommenspolitik prägen.

     
    Quelle: Ausgabe 12 / 2014 | Seite 333 | ID 42965969

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