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  • · Fachbeitrag · Hinzurechnungsbesteuerung

    Zur Absenkung der Niedrigsteuergrenze für die Hinzurechnungsbesteuerung ab 1.1.24

    von Berat Arslan, B. A., EY, Frankfurt a. M. und StB Prof. Dr. Sebastian Leitsch, THWS Business School, Würzburg

    | Im Zuge der Einführung der globalen Mindeststeuer hat der Gesetzgeber im Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz mit Wirkung ab dem 1.1.24 eine Absenkung der Niedrigsteuergrenze bei der Hinzurechnungsbesteuerung von 25 % auf 15 % vorgenommen. Dadurch wird eine Doppelbesteuerung aufgrund von Anrechnungsüberhängen vermieden. Da die Aufhebung der Gewerbesteuerpflicht des Hinzurechnungsbetrags im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens gestrichen wurde, kann es in bestimmten Fällen jedoch zu stark divergierenden Steuerbelastungen passiver Einkünfte von Tochtergesellschaften kommen. Diese fragwürdigen Ergebnisse sollen nachfolgend anhand der Besteuerung von Kapitalgesellschaften dargestellt werden. |

    1. Problemstellung

    Im Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung und weiterer Begleitmaßnahmen (Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz ‒ MinBestRl-UmsG, vgl. BGBl I, 397/2023), welches am 27.12.23 verkündet wurde, hat der Gesetzgeber auch die Niedrigsteuersatzgrenze der Hinzurechnungsbesteuerung von 25 % auf 15 % gesenkt. Wesentlicher Inhalt des Gesetzes ist die Umsetzung der Mindestbesteuerungsrichtlinie der EU zur Sicherstellung einer globalen Mindeststeuer multinationaler Konzerne i. H. v. 15 % im Rahmen des neuen Mindeststeuergesetzes (vgl. Jahn, PIStB 24, 4).

     

    Im Diskussionsentwurf des Gesetzes, der vom BMF am 20.3.23 veröffentlicht wurde, waren noch keine Anpassungen der Hinzurechnungsbesteuerung vorgesehen. Erst im Referentenentwurf vom 10.7.23 war sowohl die Absenkung der Niedrigsteuersatzgrenze der Hinzurechnungsbesteuerung von 25 % auf 15 % als auch die Abschaffung der Gewerbesteuerpflicht des Hinzurechnungsbetrags geplant (vgl. MinBestRL-UmsG-RefE, Fn. 2, 96). Mithilfe beider Maßnahmen sollte ausweislich des Entwurfs ein „Gleichlauf zwischen der Hinzurechnungsbesteuerung und globaler Mindestbesteuerung mit Blick auf die Besteuerung ausländischer Tätigkeiten erreicht“ werden. Bereits im ersten Regierungsentwurf vom 18.8.23 (vgl. BT-Drs. 365/23) wurde jedoch die Abschaffung der Gewerbesteuerpflicht des Hinzurechnungsbetrages wieder gestrichen und auch bis zur finalen Gesetzesbegründung nicht wieder aufgegriffen. Eine Begründung dafür wurde nicht veröffentlicht. Neben dem Problem, das die Gewerbesteuerpflicht zu einer (weiteren) Divergenz zwischen globaler Mindestbesteuerung und Hinzurechnungsbesteuerung führt (vgl. Richter/Lentes, IStR 24, 117), kommt es durch die Gewerbesteuerpflicht in bestimmten Fällen zu willkürlich anmutenden Ergebnissen.

    2. Hinzurechnungsbesteuerung

    2.1 Funktionsweise

    Ziel der Hinzurechnungsbesteuerung ist es, eine steuerlich indizierte, nicht notwendigerweise missbräuchliche Verlagerung von passiven Einkünften ins niedrig besteuernde Ausland zu verhindern. Durch die Hinzurechnungsbesteuerung wird die Abschirmwirkung der ausländischen Kapitalgesellschaft bei niedriger Besteuerung durchbrochen, da aus Sicht des Gesetzgebers der Steuervorteil durch die Ansässigkeit der Gesellschaft im Ausland bei passiver Einkünfteerzielung nicht gerechtfertigt ist (vgl. Becker in: Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, § 13 AStG, Rz. 2).

     

    Die deutsche Regelung in den §§ 7 bis 14 AStG basiert dabei auf der üblichen Trilogie tatbestandlicher Voraussetzungen von Hinzurechnungssteuersystemen (vgl. Kraft in: Kraft, AStG, §§ 7 bis 14 AStG, Rz. 1):

     

    • Neben der Beherrschung einer ausländischen Kapitalgesellschaft durch Steuerinländer und
    • der Erzielung passiver Einkünfte durch die beherrschte ausländische Gesellschaft,
    • müssen die passiven Einkünfte einer niedrigen Besteuerung unterliegen.

     

    Das kumulative Vorliegen der Voraussetzungen führt ‒ vorbehaltlich der Exkulpationsmöglichkeit für EU-Tochtergesellschaften gemäß § 8 Abs. 2 und 3 AStG ‒ zum Ansatz der passiven Einkünfte (sog. Zwischeneinkünfte) auf Ebene des Gesellschafters als sog. Hinzurechnungsbetrag.

     

    PRAXISTIPP | Durch das ATAD-Umsetzungsgesetz (vgl. BGBl I 21, 2035) wurde das Beherrschungskriterium zum 1.7.21 erweitert bzw. ergänzt. Gemäß § 7 Abs. 2 AStG werden für die Ermittlung der Beherrschung auch mittelbare Anteile von Steuerinländern an den Stimmrechten oder am Nennkapital eingerechnet. Hierdurch soll die Vermeidung der Hinzurechnungsbesteuerung durch Zwischenschaltung einer weiteren Tochtergesellschaft verhindert werden. Außerdem können nach § 7 Abs. 1 S. 4 AStG auch ausländische Gesellschaften der Hinzurechnungsbesteuerung in Deutschland unterliegen, wenn die Beteiligung einer inländischen gewerblichen Betriebsstätte eines beschränkt Steuerpflichtigen zuzuordnen ist (s. ausführlich Krüger/Brinkmann, PIStB 22, 290, 317).

     

    Der Hinzurechnungsbetrag gehört gemäß § 10 Abs. 2 AStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ‒ ohne Anwendung des körperschaftsteuerlichen oder gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs (bzw. Teileinkünfteverfahrens). Handelt es sich beim Gesellschafter um eine inländische Kapitalgesellschaft, unterliegen die Zwischeneinkünfte folglich der Körperschaftsteuer von 15 %. Da die im Ausland erhobenen Ertragsteuern nach § 12 Abs. 1 AStG angerechnet werden können, kommt es in einem ersten Schritt zu einem „Hochschleusen“ der Steuerbelastung auf das deutsche Körperschaftsteuerniveau. Im Gegenzug werden spätere Gewinnausschüttungen aus der Zwischengesellschaft bzw. Veräußerungsgewinne beim Gesellschafter nach § 11 AStG in entsprechendem Umfang von der Besteuerung ausgenommen.

     

    2.2 Gewerbesteuerpflicht des Hinzurechnungsbetrages

    Gehören die Anteile an der ausländischen Gesellschaft zu einem Betriebsvermögen, gehört der Hinzurechnungsbetrag zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb (bzw. Land- und Forstwirtschaft oder selbstständiger Arbeit). Bei dem Hinzurechnungsbetrag auf Ebene einer inländischen Mutterkapitalgesellschaft handelt es sich folglich um gewerbliche Einkünfte.

     

    Durch das BEPS-Umsetzungsgesetz vom 23.12.16 (BGBl I 16, 3000) wurde § 7 S. 7 GewStG eingeführt. Demnach sind Hinzurechnungsbeträge i. S. d. § 10 Abs. 1 AStG Einkünfte, die in einer inländischen Betriebsstätte anfallen. Dadurch wurde die bis dahin bestehende Ungewissheit hinsichtlich der Gewerbesteuerpflicht des Hinzurechnungsbetrages vom Gesetzgeber ausgeräumt. Eine Anrechnung der im Ausland erhobenen Ertragsteuern der Zwischengesellschaft auf die Gewerbesteuer ist gesetzlich nicht vorgesehen.

    3. Kritik an der bisherigen Niedrigsteuersatzgrenze

    Bereits seit Langem wird eine Absenkung der Niedrigsteuersatzgrenze der Hinzurechnungsbesteuerung im Schrifttum gefordert (vgl. Wassermeyer/Schönfeld, in: FWBS, Außensteuerrecht, § 8, Rz. 7.1 m. w. N.). Zum einen wird die Kritik mit den in den letzten Jahren international gesunkenen nominalen Steuersätzen der Gewinne von Kapitalgesellschaften begründet. Aufgrund geringerer Steuersätze galten international nur noch wenige Staaten nicht als Niedrigsteuerland i. S. d. § 8 Abs. 5 AStG a. F. In der EU betraf das beispielsweise 2023 nur noch sechs Staaten.

     

    • Nominale Körperschaftsteuerbelastungen gemäß EY, Worldwide Corporate Tax Guide 2023

    Belgien, Frankreich, Österreich, Spanien

    25,0 %

    Niederlande

    25,8 %

    Malta

    35,0 %

     

    Beachten Sie | Zur Feststellung einer niedrigen Besteuerung kommt es auf die tatsächliche, also effektive Besteuerung der passiven Einkünfte an. Es ist deshalb eine Belastungsberechnung nötig (vgl. BMF 22.12.23, IV B 5 - S 1340/23/10001 :001, BStBl I 23, SonderNr. 1/23, 2, Rz. 492). Hierzu werden die nach § 10 Abs. 3 AStG ermittelten passiven Einkünfte ins Verhältnis zu den für diese im Ausland gezahlten Ertragsteuern gesetzt. Es könnte deshalb auch bei höheren nominalen Steuersätzen z. B. aufgrund bestimmter Präferenzregime für die passiven Einkünfte eine niedrige Besteuerung vorliegen.

     

    Aufgrund der Abhängigkeit der Gesamtsteuerbelastung deutscher Kapitalgesellschaften vom Hebesatz der jeweiligen Gemeinde der Betriebsstätte(n), konnten außerdem bisher Tochterkapitalgesellschaften als niedrig besteuert gelten, obwohl deren Steuerbelastung höher war als die der inländischen Muttergesellschaft (vgl. Richter/Lentes, IStR 24, 117, m. w. N.). Die Mindestbelastung von Kapitalgesellschaften beträgt aufgrund des Mindesthebesatzes von 200 % gemäß § 16 Abs. 4 GewStG insgesamt nämlich nur 22,83 %.

     

    3.1 Anrechnungsüberhang

    Der Körperschaftsteuersatz liegt seit der Absenkung von 25 % auf 15 % im Rahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes (vgl. BGBl I I 07, 1912) seit dem 1.1.08 deutlich unter der Niedrigsteuersatzgrenze des AStG. Die nicht erfolgte Anpassung der Niedrigsteuersatzgrenze wurde vom Gesetzgeber mit der nominalen Gesamtbelastung von Kapitalgesellschaften von ca. 30 % aufgrund der Einbeziehung der Gewerbesteuer begründet (vgl. BR-Drs. 544/077, 10.8.07, 122). Die Begründung geht jedoch wegen der fehlenden Anrechnung der ausländischen Ertragsteuern auf die Gewerbesteuer fehl. Aufgrund von Anrechnungsüberhängen konnte es sogar zu einer Doppelbesteuerung des Hinzurechnungsbetrages kommen (vgl. Vogt in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 10 AStG, Rz. 62).

     

    • Beispiel 1

    Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige M-GmbH hat ihren Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Hamburg (Hebesatz 470 %). Sie hält sämtliche Anteile an der in Griechenland ansässigen T-EPE (vergleichbar einer deutschen GmbH). Die T-EPE erzielt passive Einkünfte i. S. d. § 8 Abs. 1 AStG i. H. v. 100.000 EUR.

     

    Lösung: Die Zwischeneinkünfte der T-EPE unterliegen in Griechenland einer Körperschaftsteuerbelastung i. H. v. 22 % = 22.000 EUR.

     

    Da die T-EPE von der Steuerinländerin M-GmbH beherrscht wird, passive Einkünfte erzielt und in Griechenland mit einer Körperschaftsteuerbelastung von 22 % ‒ nach bisheriger Rechtslage ‒ eine niedrige Besteuerung vorlag, unterlagen die passiven Einkünfte der Hinzurechnungsbesteuerung (vorbehaltlich der Exkulpationsmöglichkeit des § 8 Abs. 2 und 3 AStG).

     

    Die Körperschaftsteuerbelastung des Hinzurechnungsbetrages in Deutschland beträgt 0 EUR (15 % abzüglich Anrechnung der griechischen Steuer i. H. v. maximal 15 % gemäß § 12 Abs. 1 AStG). Der Solidaritätszuschlag beträgt aufgrund einer festgesetzten Körperschaftsteuer von 0 EUR ebenfalls 0 EUR.

     

    Die Gewerbesteuerbelastung des Hinzurechnungsbetrages beträgt 100.000 EUR × 3,5 % × 470 % = 16.450 EUR. Eine Anrechnung der griechischen Steuer auf die Gewerbesteuer scheidet aus. Es entsteht ein Anrechnungsüberhang, also nicht anrechenbare griechische Ertragsteuern, i. H. v. 7.000 EUR (22.000 EUR abzüglich Anrechnung 15.000 EUR).

     

    Die Gesamtsteuerbelastung der passiven Einkünfte beträgt in diesem Fall 38.450 EUR, was einer Belastung von 38,45 % entspricht. Hätte die M-GmbH selbst die passiven Einkünfte erzielt, hätte die Belastung im Inland nur 32.275 EUR, also 32,28 % betragen (15 % KöSt zzgl. 5,5 % SoliZ + 16,45 % GewSt).

     

    Beachten Sie | Seit der Neufassung des § 12 Abs. 2 AStG durch das ATAD-Umsetzungsgesetz zum 1.7.21 kommt es für die Anrechnung der ausländischen Steuern nicht mehr auf deren Zahlungszeitpunkt an. Es wird lediglich vorausgesetzt, dass die ausländischen Steuerbeträge tatsächlich erhoben werden. Bei späterer abweichender Entrichtung ist die Steuerfestsetzung ggf. nach den Grundsätzen des § 175 Abs. 1 AO rückwirkend zu ändern (vgl. Greuts in: Fuhrmann, Geurts, Nientimp, Wilmanns (Hrsg.), AStG, § 12 Rz. 40). Ein Abzug der ausländischen Steuern vom Hinzurechnungsbetrag z. B. im Verlustfall kommt seit dem 1.1.22 aufgrund der Neufassung des § 10 Abs. 1 AStG durch das ATAD-Umsetzungsgesetz nicht mehr in Betracht.

     

    3.2 Europaweite Hinzurechnungsbesteuerung im Rahmen der ATAD

    Die Europäische Kommission hat im Januar 2016 den Richtlinienentwurf zur Einführung der ATAD ‒ Anti Tax Avoidence Directive (EU-Richtlinie 2016/1164 des Rates vom 12.7.16) ‒ vorgelegt, die auf den vorherigen Arbeiten der OECD aufbaut. In den Art.  7 und 8 der Richtlinie wurde ein Mindeststandard für die EU in Bezug auf die Hinzurechnungsbesteuerung vorgesehen. Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b) ATAD liegt eine Niedrigbesteuerung bei Unterschreitung der Hälfte des nationalen Körperschaftsteuersatzes vor. Dies entspräche einer deutschen Niedrigsteuersatzgrenze von lediglich 7,5 %. Aufgrund des Mindestschutzniveaus der ATAD können die EU-Staaten jedoch auch strengere Regeln, mithin eine höhere Niedrigsteuergrenze, vorsehen. Auf eine Anpassung des Niedrigsteuersatzes hat der Gesetzgeber ‒ ebenso wie auf eine Umstellung des Aktivkataloges in § 8 Abs. 1 AStG ‒ im Rahmen des ATAD-Umsetzungsgesetzes zum 1.7.21 verzichtet. Begründet wurde dies mit dem Hinweis, dass man die Umsetzung der globalen Mindeststeuer und das im Rahmen dieses Projektes vereinbarte Mindeststeuerniveau abwarten wolle (vgl. BT-Drs. 19/28652 v. 19.4.21, 51).

    4. Absenkung der Niedrigsteuersatzgrenze

    Die Umsetzung der Mindestbesteuerungsrichtlinie der EU kann als „Türöffner“ für die Adaption der nicht mehr zeitgemäßen Niedrigsteuersatzgrenze angesehen werden (vgl. Richter/Lentes, IStR 24, 117, 120). Mit dem Mindeststeuergesetz wurde nämlich die lange geforderte Reduzierung der Niedrigsteuergrenze des § 8 Abs. 5 AStG auf 15 % umgesetzt, um einen Gleichlauf mit der globalen Mindestbesteuerung zu erreichen.

     

    MERKE | Die neue Grenze ist erstmals anzuwenden für Zwischeneinkünfte, die in einem Wirtschaftsjahr der Zwischengesellschaft entstanden sind, das nach dem 31.12.23 endet (§ 21 Abs. 6 AStG). Da die Zwischeneinkünfte den Gewinn für das Wirtschaftsjahr erhöhen, in dem das Wirtschaftsjahr der ausländischen Gesellschaft endet (§ 10 Abs. 2 AStG), greift der neue Niedrigsteuersatz für die Fälle, in denen das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr entspricht, ab dem Veranlagungszeitraum 2024.

     

    Tochtergesellschaften in Jurisdiktionen, in denen die Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften zwar weniger als 25 %, aber nicht weniger als 15 % beträgt, sind zukünftig grundsätzlich nicht mehr von der Hinzurechnungsbesteuerung betroffen. Dies betrifft z. B.:

     

    • Nominale Körperschaftsteuerbelastungen gemäß EY, Worldwide Corporate Tax Guide 2023

    Litauen

    15 %*

    Luxemburg

    17 %*

    Polen

    19 %*

    Schweiz

    11 bis 21 %*

     

    Durch die Reduzierung der Niedrigsteuergrenze kann es zukünftig nicht mehr zu einem Anrechnungsüberhang ausländischer Steuern kommen. Allerdings zeigt eine Vergleichsrechnung, dass es aufgrund der Gewerbesteuerpflicht des Hinzurechnungsbetrages in bestimmten Fällen zu einer stark divergierenden Steuerbelastung von passiven Einkünften der Tochtergesellschaften kommen kann.

     

    • Beispiel 2

    Die unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige M-GmbH hat ihren Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Hamburg (Hebesatz 470 %). Sie hält sämtliche Anteile an der in Zypern ansässigen T1-Ltd. und an der in Litauen ansässigen T2-UAB (beide vergleichbar einer deutschen GmbH). Die T1-Ltd. und die T2-UAB erzielten passive Einkünfte i. S. d. § 8 Abs. 1 AStG i. H. v. jeweils 100.000 EUR.

     

    Lösung: Die Einkünfte der T1-Ltd. unterliegen in Zypern einer Körperschaftsteuerbelastung i. H. v. 12,5 % = 12.500 EUR.

     

    Da die T1-Ltd. von der Steuerinländerin M-GmbH beherrscht wird, passive Einkünfte i. S. d. § 8 Abs. 1 AStG erzielt und die Einkünfte auch nach der Neufassung des § 8 Abs. 5 AStG mit 12,5 % als niedrig besteuert gelten, unterliegen die Einkünfte der Hinzurechnungsbesteuerung (vorbehaltlich der Exkulpationsmöglichkeit des § 8 Abs. 2 und 3 AStG).

     

    Die Körperschaftsteuerbelastung des Hinzurechnungsbetrages beträgt in Deutschland 2.500 EUR (15 % abzüglich Anrechnung der zyprischen Steuer i. H. v. 12,5 % gemäß § 12 Abs. 1 AStG) zuzüglich 137 EUR Solidaritätszuschlag (5,5 % auf 2.500 EUR). Zusätzlich unterliegt der Hinzurechnungsbetrag der Gewerbesteuer i. H. v. 16.450 EUR (100.000 EUR × 3,5 % × 470 %).

     

    Die Gesamtsteuerbelastung der passiven Einkünfte der T1-Ltd. beträgt somit 31.587 EUR, was 31,59 % entspricht. Die Steuerbelastung ist mit der rein inländischen Steuerbelastung vergleichbar (32,28 % bei dem Gewerbesteuerhebesatz von 470 %). Die Differenz ist auf den verringerten Solidaritätszuschlag aufgrund der Steueranrechnung zurückzuführen.

     

    Die Einkünfte der T2-UAB unterliegen in Litauen einer Körperschaftsteuerbelastung i. H. v. 15 % = 15.000 EUR. Auf die passiven Einkünfte der T2-UAB ist die Hinzurechnungsbesteuerung nicht anwendbar, da sie mit 15 % Steuerbelastung in Litauen nicht (mehr) als niedrig besteuert gelten. Es bleibt hier also bei einer Steuerbelastung i. H. v. lediglich 15 %.

     

    Durch die Absenkung der Niedrigsteuergrenze sinkt die Abschreckungswirkung der Hinzurechnungsbesteuerung, mobiles Einkommen in Staaten mit relativ geringer Steuerbelastung zu transferieren (vgl. Richter/Lentes, IStR 24, 117). Wie im obigen Beispiel gezeigt, kann es durch die Absenkung zu einer Anreizwirkung zur Gründung ausländischer Zwischengesellschaften in Staaten mit einer Steuerbelastung von 15 % bis 24,99 % kommen. Die Steuerbelastung von im Extremfall nur 15 % ist nur rund halb so hoch wie die inländische Belastung von Kapitalgesellschaften von ca. 30 %.

     

    Beachten Sie | In der Praxis ist bei der Standortwahl einer Gesellschaft die Steuerbelastung natürlich nur eines von vielen Kriterien. Es sind beispielsweise insbesondere rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten. Bei dem Belastungsvergleich sind außerdem der Aufwand der Gründung und des laufenden Betriebs der ausländischen Tochtergesellschaft zu berücksichtigen. |

     

    FAZIT

    Die Absenkung der Niedrigsteuergrenze ist nachvollziehbar und aus Sicht der Steuerpflichtigen zu begrüßen. Die Anzahl der Staaten, die als niedrig besteuert gelten und in denen bei dort ansässigen Tochtergesellschaften die Hinzurechnungsbesteuerung grundsätzlich anwendbar sein kann, sinkt. Dadurch verringern sich auch die Compliance-Kosten für Tochtergesellschaften innerhalb der EU, die durch den Nachweis der wirtschaftlichen Tätigkeit zur Exkulpation nach § 8 Abs. 2 und 3 AStG entstehen. In Fällen der Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung kann es durch die Absenkung nicht mehr zu einer Doppelbesteuerung aufgrund von Anrechnungsüberhängen kommen. Anderseits kann die niedrige Grenze nun zu einer Anreizwirkung der Gründung ausländischer Tochtergesellschaften in Staaten mit Steuerbelastungen zwischen 15 % und 24,99 % führen.

     

    Wie gezeigt, kann die im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens fallen gelassene Streichung der Gewerbesteuerpflicht in bestimmten Fällen zu stark divergierenden Gesamtsteuerbelastungen der passiven Einkünfte von Zwischengesellschaften führen. Außerdem stellt die Gewerbesteuerpflicht des Hinzurechnungsbetrages eine weitere Abweichung zwischen der Hinzurechnungsbesteuerung und der globalen Mindeststeuer dar. Der vom Gesetzgeber angestrebte Gleichlauf der beiden Regelungen ist hierdurch also in einem weiteren Punkt verfehlt.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Die Unterschiede in der Anwendung der globalen Mindeststeuer und der Hinzurechnungsbesteuerung sowie die daraus resultierenden Auswirkungen werden in einer der nächsten PIStB-Ausgaben beleuchtet.
    Quelle: Ausgabe 06 / 2024 | Seite 156 | ID 49995251

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