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  • · Fachbeitrag · Grenzüberschreitende Umwandlungen

    Missbrauchverhinderungsvorschriften zur steuerlichen Rückwirkung in der Praxis

    von StB Dr. Thomas Loose, International Tax Partner bei der PwC GmbH WPG, Düsseldorf

    | Umwandlungen werden aus zivilrechtlicher Sicht regelmäßig erst mit der Eintragung in das maßgebende öffentliche Register wirksam. Durch die Bestimmung eines steuerlichen Übertragungsstichtags führt die Rückwirkung zu einer signifikanten Vereinfachung der bilanziellen und steuerlichen Erfassung des Umwandlungsvorgangs. Die in § 2 UmwStG verortete steuerliche Rückwirkung beinhaltet zahlreiche Missbrauchverhinderungsvorschriften. Die praxisrelevanten Aspekte dieser verschiedenen Regelungen werden anhand von Beispielfällen zu Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften mit Auslandsbezug dargestellt. |

    1. Die Missbrauchverhinderungsvorschriften des § 2 UmwStG

    Ein verwirklichter Sachverhalt kann steuerlich regelmäßig nicht rückwirkend aufgehoben, verändert oder zeitlich rückbezogen werden. Dies ergibt sich aus § 38 AO, der die Entstehung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis an die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands knüpft. § 2 UmwStG ist daher eine spezialgesetzliche Ausnahmevorschrift.

     

    Während zivilrechtlich Umwandlungen regelmäßig erst mit der (konstitutiven) Eintragung in das Handelsregister wirksam werden (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG), wird durch § 2 Abs. 1, 2 UmwStG der Vermögensübergang auf den Stichtag der handelsrechtlichen Schlussbilanz zurückbezogen (§ 17 Abs. 2 UmwG). Wenn die handelsrechtliche Schlussbilanz auf das Ende des Geschäftsjahrs aufgestellt wird, ergibt sich eine erhebliche Vereinfachung der bilanziellen und steuerlichen Erfassung des Umwandlungsvorgangs. Da der Stichtag der handelsrechtlichen Schlussbilanz gemäß § 2 UmwStG den Stichtag der steuerlichen Schlussbilanz bestimmt, kann das steuerliche Ergebnis der an der Umwandlung beteiligten Rechtsträger auf Basis des Jahresabschlusses ermittelt und abgegrenzt werden.

     

    In § 2 UmwStG sind verschiedene Missbrauchverhinderungsvorschriften enthalten:

     

    • Abs. 3 beinhaltet eine Vorschrift zur Vermeidung weißer Einkünfte bei grenzüberschreitenden Umwandlungen (vgl. 2.).

     

    • Die Sätze 1 und 2 des Abs. 4 wollen verhindern, dass auf Ebene des übertragenden Rechtsträgers nur infolge der steuerlichen Rückwirkung ein Übertragungsgewinn mit eigenen Verlustpositionen verrechnet werden kann bzw. dass im steuerlichen Rückwirkungszeitraum angefallene negative Einkünfte auf Ebene des übernehmenden Rechtsträgers allein wegen der steuerlichen Rückwirkung genutzt werden können (vgl. 3.).

     

    • Die Sätze 3 bis 6 des Abs. 4 zielen darauf ab, die steuerliche Verrechnung von im steuerlichen Rückwirkungszeitraum erzielten positiven Einkünften mit Verlustpositionen des übernehmenden Rechtsträgers einzuschränken (vgl. 4.).

     

    • Abs. 5 begrenzt auf Ebene des übernehmenden Rechtsträgers die steuerwirksame Realisierung bestimmter stiller Lasten aus Finanzinstrumenten oder Anteilen an einer Körperschaft unter Nutzung der steuerlichen Rückwirkung (vgl. 5.).

    2. Vermeidung weißer Einkünfte

     

    • Beispiel 1

    Die D-GmbH mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Inland ist eine 100%ige Tochtergesellschaft einer in einem anderen EU-Staat ansässigen Kapitalgesellschaft (EU-Ltd.). Aus operativen Gründen sollen die Geschäftstätigkeiten der EU-Ltd. und der D-GmbH in einer rechtlichen Einheit zusammengeführt werden. Hierzu wird eine Aufwärtsverschmelzung der D-GmbH auf die EU-Ltd. vollzogen. Die Anmeldung zur Eintragung der Verschmelzung ins Handelsregister erfolgt am 5.6.22 unter Beifügung der Schlussbilanz zum 31.12.21. Zivilrechtlich wirksam wird die Verschmelzung am 30.6.22.

     

     

     

    Der sachliche Anwendungsbereich des UmwStG ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwStG eröffnet, da eine Verschmelzung einer Körperschaft i. S. d. § 2 UmwG vorliegt. Nach umstrittener Auffassung der Finanzverwaltung unterliegen die in § 122a UmwG geregelten grenzüberschreitenden Verschmelzungen hingegen nur dann dem sachlichen Anwendungsbereich des UmwStG, wenn ein „vergleichbarer ausländischer Vorgang“ vorliegt, was allerdings grundsätzlich der Fall sein soll (vgl. UmwStE Tz. 01.21). Auch der persönliche Anwendungsbereich ist eröffnet, weil sowohl der übertragende Rechtsträger (D-GmbH) als auch der übernehmende Rechtsträger (EU-Ltd.) EU-Gesellschaften sind (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 UmwStG).

     

    MERKE | Absatz 2 des § 1 UmwStG ist ersatzlos aufgehoben worden für Umwandlungen, deren steuerlicher Übertragungsstichtag nach dem 31.12.21 liegt. Erfasst werden somit künftig auch Verschmelzungen unter Beteiligung von in Drittstaaten ansässigen Gesellschaften. Zu beachten ist, dass noch keine entsprechende gesellschaftsrechtliche Öffnung des UmwG erfolgt ist, sodass regelmäßig der sachliche Anwendungsbereich des UmwStG nicht eröffnet sein wird.

     

    Unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 i. V. m. § 3 Abs. 2 UmwStG kann die Verschmelzung auf Ebene des übertragenden Rechtsträgers auf Antrag zu Buchwerten und damit steuerneutral erfolgen. Hierfür muss insbesondere das deutsche Besteuerungsrecht an den Wirtschaftsgütern der D-GmbH nach der Umwandlung erhalten bleiben. Im Beispiel müssten die Wirtschaftsgüter der D-GmbH fortan einer deutschen Betriebsstätte der EU-Ltd. zuzuordnen sein. Insoweit dies nicht gegeben ist, erfolgt eine Verschmelzung zum gemeinen Wert und damit gewinnrealisierend. Für ein Übernahmeergebnis auf Ebene der EU-Ltd. besitzt Deutschland kein Besteuerungsrecht und eine Besteuerung auf Gesellschafterebene ist infolge einer 100%igen Upstream-Verschmelzung ausgeschlossen.

     

    Nach § 2 Abs. 1 UmwStG sind das Einkommen der D-GmbH und der EU-Ltd. so zu ermitteln, als ob das Vermögen mit Ablauf des Stichtags der Bilanz, die dem Vermögensübergang zugrunde liegt (steuerlicher Übertragungsstichtag, hier: 31.12.21), ganz oder teilweise auf die EU-Ltd. übergegangen wäre. Unter der Annahme eines kalenderjahrgleichen Wirtschaftsjahrs wird die Verschmelzung auf Basis der Bilanz der D-GmbH zum 31.12.21 vollzogen. Gemäß § 17 Abs. 2 S. 3 UmwG hat die Anmeldung zur Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister dabei grundsätzlich bis zum 31.8. des aktuellen Jahres zu erfolgen (vorliegend am 5.6.22).

     

    MERKE | Aufgrund der Coronapandemie kann (nur) in den Jahren 2020 und 2021 die Anmeldung zur Handelsregistereintragung über den 31.8. hinaus bis zum Ende des jeweiligen Jahres vorgenommen werden, sodass insoweit eine weit längere Rückwirkung möglich ist.

     

    Gemäß der Missbrauchverhinderungsvorschrift des § 2 Abs. 3 UmwStG greift die oben erläuterte steuerliche Rückwirkung nicht, insoweit Einkünfte aufgrund abweichender Regelungen zur Rückbeziehung in einem anderen Staat der Besteuerung entzogen werden. Diese Tatbestandsvoraussetzungen können im Fall 1 z. B. dann erfüllt sein, wenn der Ansässigkeitsstaat der EU-Ltd. keine steuerliche Rückwirkung vorsieht:

     

    • Tatbestandsseitig müssten Einkünfte der deutschen Besteuerung infolge der Rückwirkung entzogen werden. Dies kann nur für im Zeitraum vom 1.1.22 bis zum 30.6.22 entstehende Einkünfte der Fall sein. Denn bis zum 31.12.21 werden die Einkünfte noch auf Ebene der D-GmbH versteuert. Und der Rückwirkungszeitraum endet mit der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Verschmelzung zum 30.6.22.

     

    • Entscheidende Bedeutung kommt der Frage zu, ob die EU-Ltd. (durch die Verschmelzung) eine deutsche Betriebsstätte unterhält. Bejahendenfalls sind die Einkünfte im Rahmen der beschränkten KSt-Pflicht der EU-Ltd. in Deutschland zu besteuern und auch Gewerbesteuer fällt an. Für den Besteuerungszeitpunkt ist die (deutsche) Rückwirkung maßgeblich, sodass nach § 2 Abs. 1 UmwStG die Einkünfte bereits ab dem 1.1.22 einer Besteuerung im Inland unterliegen. Mithin dürften keine Einkünfte der deutschen Besteuerung entzogen sein.

     

    • Falls aber keine deutsche Betriebsstätte begründet wird, greift § 2 Abs. 3 UmwStG. Denn auf Ebene der EU-Ltd. werden mangels steuerlicher Rückwirkung Einkünfte erstmals ab der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Umwandlung besteuert, also erst ab dem 30.6.22. In Deutschland würden Einkünfte infolge der Rückwirkung nur bis zum 31.12.21 besteuert. Die Missbrauchverhinderungsnorm verhindert aber das Entstehen nicht besteuerter Einkünfte, indem rechtsfolgenseitig insoweit die Rückwirkung nicht zur Anwendung kommt. Infolgedessen werden die Einkünfte bis zum 30.6.22 bei der D-GmbH versteuert, die daher auch für das Kalenderjahr 2022 noch Steuererklärungen abzugeben hat.

     

    Beachten Sie | Aufgrund der „Soweit“-Formulierung in § 2 Abs. 3 UmwStG wird die Rückwirkung nur insoweit ausgesetzt als Einkünfte der deutschen Besteuerung entzogen werden. Falls der Ansässigkeitsstaat der EU-Ltd. im Beispielsfall eine Rückwirkung (nur) auf den 30.4.22 gewähren würde, griffe § 2 Abs. 3 UmwStG nur für den Zeitraum vom 1.1.22 bis zum 30.4.22.

     

    MERKE | Es fehlt eine Regelung zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, wenn Einkünfte aufgrund abweichender Rückwirkungsvorschriften von beiden involvierten Staaten erfasst werden. Dies ist z. B. der Fall, wenn die EU-Ltd. in ihrem Ansässigkeitsstaat einer Rückwirkung auf den 31.11.21 unterläge. Im Zeitraum vom 1.12.21 bis zum 31.12.21 würden die Einkünfte noch auf Ebene der D-GmbH in Deutschland besteuert, aber auch bereits im Ansässigkeitsstaat der EU-Ltd. Abhilfe verschaffen kann somit nur ein Verständigungsverfahren.

     

    3. Zusammenspiel mit § 8c KStG

     

    • Beispiel 2

    Die in einem EU-Staat ansässige EU-Ltd. erwirbt am 31.3.21 die Anteile an der inländischen D-GmbH im Wege eines Third-Party-Deals. Anschließend wird die D-GmbH upstream auf die EU-Ltd. verschmolzen mit zivilrechtlicher Wirkung zum 31.7.21 und steuerlich rückwirkend auf den 31.12.20. Die GmbH erzielte in der Vergangenheit steuerliche Verluste und operiert auch im Jahr 2021 steuerlich defizitär.

     

     

     

    Infolge des 100%igen Anteilseignerwechsels gehen sowohl die steuerlichen Verlustvorträge der D-GmbH als auch deren anteiligen laufenden Verluste zum 31.3.21 gemäß der Vorschrift des § 8c KStG unter. Ausnahmeregelungen (z. B. die Stille-Reserven-Klausel oder § 8d KStG) seien annahmegemäß nicht einschlägig.

     

    Die Missbrauchverhinderungsregel des § 2 Abs. 4 S. 1 UmwStG zielt darauf ab, zu verhindern, dass durch eine rückwirkende Verschmelzung der D-GmbH zum gemeinen Wert oder einem Zwischenwert mit der Folge eines von der D-GmbH selbst zu versteuernden Übertragungsgewinns eine Verrechnung mit ihren Verlustpositionen ermöglicht wird, die ohne steuerliche Rückwirkung nicht möglich gewesen wäre. Im Ergebnis soll im Falle eines schädlichen Beteiligungserwerbs im Rückwirkungszeitraum eine Wiedernutzbarmachung von Verlustpositionen des übertragenden Rechtsträgers durch eine rückwirkende Umwandlung unter Aufstockung von Wirtschafsgütern verhindert werden.

     

    Ohne die Rückwirkung wäre die Verschmelzung aus deutscher Sicht zum zivilrechtlichen Wirksamkeitstag (31.7.21) erfolgt. Die Verluste wären zu diesem Zeitpunkt aufgrund des schädlichen Beteiligungserwerbs zum 31.3.21 bereits untergegangen, eine Verrechnung mit dem steuerlichen Verlustvortrag bzw. laufenden Verlusten wäre demnach nicht mehr möglich gewesen. Infolge der steuerlichen Rückwirkung wäre hingegen eine Verrechnung grundsätzlich möglich. Vor diesem Hintergrund ordnet § 2 Abs. 4 S. 1 UmwStG an, dass eine Verrechnung nicht zulässig sein soll. Die steuerliche Rückwirkung an sich wird hingegen nicht eingeschränkt.

     

    § 2 Abs. 4 S. 2 UmwStG ordnet eine entsprechende Anwendung des S. 1 für negative Einkünfte des übertragenden Rechtsträgers im steuerlichen Rückwirkungszeitraum an. Adressat von S. 2 ist demzufolge der übernehmende Rechtsträger und nicht wie in S. 1 der übertragende Rechtsträger. Unter der Annahme, dass in Beispiel 2 infolge der Verschmelzung die EU-Ltd. eine inländische Betriebsstätte begründet, werden aus ertragsteuerlicher Sicht die inländischen Verluste ab dem steuerlichen Übertragungsstichtag bereits der EU-Ltd. (im Rahmen ihrer beschränkten KSt-Pflicht) zugeordnet. § 2 Abs. 4 S. 2 UmwStG verhindert allerdings, dass die vor dem schädlichen Beteiligungserwerb (1.1.21 bis 31.3.21) angefallenen Verluste steuerlich abgezogen werden können.

     

    MERKE | Die Finanzverwaltung geht anscheinend davon aus, dass § 2 Abs. 4 S. 1 bis 2 UmwStG auch für Zwecke der Gewerbesteuer gilt (vgl. FinMin Brandenburg 17.3.15, 35-S 1978-2014-001). Dem ist nicht zuzustimmen (zu Details vgl. Loose, in: Brandis/Heuermann, § 2 UmwStG Rn. 87).

     

    4. Nichtverrechenbarkeit positiver Einkünfte des übertragenden Rechtsträgers

     

    • Beispiel 3

    Die in einem EU-Staat ansässige EU-Ltd. unterhält im Inland eine Betriebsstätte, in der seit Jahren steuerliche Verluste erzielt werden, mithin bestehen steuerliche Verlustvorträge als auch laufende steuerliche Verluste. Die 100%ige Tochtergesellschaft der EU-Ltd., die in Deutschland ansässige D-GmbH, erzielt dauerhaft positive steuerliche Einkünfte. Mit zivilrechtlicher Wirkung zum 15.12.21 wird die D-GmbH auf die EU-Ltd. verschmolzen, der steuerliche Übertragungsstichtag ist der 31.12.20.

     

     

     

    Die Missbrauchverhinderungsvorschrift des § 2 Abs. 4 S. 3 bis 6 UmwStG zielt auf die Verhinderung der Verrechnung positiver Einkünfte des übertragenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeitraum mit Verlustpositionen des übernehmenden Rechtsträgers. Der steuerliche Rückwirkungszeitraum umfasst im Beispielsfall fast ein gesamtes Jahr (1.1.21 bis 15.12.21). Die von der in diesem Zeitraum rechtlich noch bestehenden D-GmbH erzielten positiven Einkünfte können nach S. 3 nicht mit den Verlustpositionen der inländischen Betriebsstätte der EU-Ltd. verrechnet werden.

     

    Eine Escape-Klausel bietet allerdings der S. 6, wonach eine Verrechnung doch wiederum möglich ist, wenn die D-GmbH und die EU-Ltd. vor Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags verbundene Unternehmen i. S. d. § 271 Abs. 2 HGB waren. Da die Anteile an der D-GmbH annahmegemäß bereits vor Ablauf des 31.12.20 von der EU-Ltd. gehalten wurden, kann die Rückausnahme genutzt werden: Eine Verrechnung der Einkünfte ist somit im Ergebnis möglich. Die Missbrauchverhinderungsnorm des § 2 Abs. 4 S. 3 bis 6 UmwStG hat folglich Akquisitionsfälle vor Augen, in denen eine sofortige Verschmelzung auf Verlustmäntel erfolgt.

     

    Beachten Sie | Analog zu den Sätzen 1 bis 2 ist unklar, ob die Vorschriften auch für Zwecke der Gewerbesteuer zu berücksichtigen sind.

    5. Nichtverrechenbarkeit negativer Einkünfte des übertragenden Rechtsträgers

    Der S. 1 des § 2 Abs. 5 UmwStG soll verhindern, dass stille Lasten in Wirtschaftsgütern, die kurzfristigen Wertschwankungen unterliegen, steuerneutral im Wege einer Umwandlung übertragen und anschließend steuerwirksam genutzt werden können. Ohne die Regelung könnten entsprechende stille Lasten von dem übertragenden Rechtsträger im steuerlichen Rückwirkungszeitraum realisiert und von dem übernehmenden Rechtsträger zur Verrechnung mit Gewinnen eingesetzt werden. Laut der Gesetzesbegründung sollen Gestaltungen verhindert werden, die darauf abzielen, einem Dritten im steuerlichen Rückwirkungszeitraum geschaffenes Verlustpotenzial zur Verrechnung mit positiven Einkünften nach der Umwandlung zur Verfügung zu stellen.

     

    • Beispiel 4

    Sachverhalt grundsätzlich wie in Beispiel 3. Nunmehr werden in der inländischen Betriebsstätte der EU-Ltd. jedoch signifikante Gewinne erzielt. Die D-GmbH erwirbt im Januar 2021 die Anteile an der inländischen T-GmbH. Diese unterliegen annahmegemäß den Vorschriften des § 8b Abs. 7 und 8 KStG. Im April 2021 erwirbt die EU-Ltd. die Anteile an der D-GmbH von einem fremden Dritten. Im Juni 2021 veräußert die D-GmbH die Anteile an der T-GmbH unter Realisierung großer stiller Lasten, folglich entsteht ein erheblicher steuerlicher Verlust. Schließlich wird mit zivilrechtlicher Wirkung zum 15.12.21 die D-GmbH upstream auf die EU-Ltd. verschmolzen (steuerlicher Übertragungsstichtag 31.12.20).

     

     

     

    Vorbehaltlich des § 2 Abs. 5 UmwStG könnten die aus der Realisierung der stillen Lasten in den Anteilen an der T-GmbH auf Ebene der D-GmbH entstehenden Verluste, die aufgrund der steuerlichen Rückwirkung bereits dem übernehmenden Rechtsträger, der EU-Ltd., zuzuordnen sind, mit deren originären Gewinnen aus der inländischen Betriebsstätte verrechnet werden.

     

    Die Regelung ist hochkomplex und zielt auf Spezialfälle, da Verluste auf Finanzinstrumenten und Anteilen an Körperschaften regelmäßig entsprechend § 8b Abs. 3 S. 3 ff. KStG nicht steuerlich abgezogen werden können. Sie beinhaltet sowohl verschiedene spezifische Erweiterungen ihres Anwendungsbereichs als auch (Rück-)Ausnahmen. Hervorzuheben ist der S. 6, wonach keiner der Sätze 1 bis 5 Anwendung findet, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass die Verrechnung negativer Einkünfte kein Haupt- oder Nebenzweck der Umwandlung war.

     

    FAZIT | Die steuerliche Rückwirkung bewirkt einen erheblichen Vereinfachungseffekt für die steuerliche Erfassung von Umwandlungsvorgängen. Eine im Zusammenhang mit bzw. im Rahmen von rückwirkenden Umwandlungen geplante steuerliche Verrechnung von Gewinnen mit Verlusten wird jedoch durch zahlreiche Missbrauchverhinderungsvorschriften eingeschränkt. Nur durch eine genaue Analyse der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen sowie etwaiger Rückausnahmen kann eine unerwartete Versagung der steuerlichen Verrechenbarkeit verhindert werden.

     
    Quelle: Ausgabe 01 / 2022 | Seite 24 | ID 47808521

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