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  • · Fachbeitrag · deutsch-französischer Erbfall

    Die Sonderbesteuerungsrechte im französischen Erbschaftsteuerrecht einschließlich DBA

    von Dr. Marc Jülicher, Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht, Bonn

    | Der deutsch-französische Erbfall ist im Erbschaftsteuerrecht durch die deutlich höhere Besteuerung in Frankreich geprägt. Stets muss versucht werden, die höhere französische Besteuerung weitest möglich abzuschneiden. Die Franzosen haben aber mit einer Reihe von Fiktionen im innerstaatlichen Steuerrecht und mit teilweise atypischen Besteuerungsrechten im ErbSt-DBA Deutschland/Frankreich umfassende Sonderbesteuerungsrechte für Frankreich vorgesehen. Der Beitrag stellt zunächst das innerstaatliche französische Erbschaftsteuerrecht dar und dann das seit 3.4.09 in Kraft befindliche DBA Frankreich/Deutschland auf diesem Gebiet. |

    1. Erbschaftsteuerrecht Frankreichs

    1.1 Internationale Abgrenzung der Besteuerung

    Frankreich erhebt eine Erbschaft- und Schenkungsteuer auf den Erwerb von Todes wegen und auf den unentgeltlichen Erwerb unter Lebenden. Steuerfrei ist ggf. der Erwerb des überlebenden Ehepartners bei Gütergemeinschaft mit Anwachsungsklausel (näher Gottschalk, ZEV 06, 99), leider aber nicht in Deutschland (BFH 4.7.12 II R 38/10, BStBl II 12, 782).

     

    Bei Erblassern oder Schenkern mit steuerlichem Wohnsitz in Frankreich zum Zeitpunkt ihres Todes bzw. der Ausführung der Schenkung wird das gesamte übergehende Weltvermögen erfasst (unbeschränkte Steuerpflicht). Seit 1.1.99 gilt dies auch, wenn der Erwerber seinen steuerlichen Hauptwohnsitz mindestens sechs Jahre innerhalb der letzten zehn Jahre in Frankreich hatte.

     

    Andernfalls sind nur in Frankreich belegene Vermögensgegenstände betroffen. Dazu gehören auch Wertpapiere, wenn der Schuldner Wohnsitz oder Sitz in Frankreich hat, und unmittelbar oder mittelbar gehaltene Anteile an ausländischen Personen- oder Kapitalgesellschaften bzw. sonstigen Körperschaften und Vermögensmassen, die in Frankreich belegenen Grundstücke in ihrem Vermögen halten. Für die Ermittlung, ob eine Mehrheitsbeteiligung vorliegt, werden auch Anteile bestimmter naher Verwandter berücksichtigt (Bärtels, ZEV 99, 476 f.). Mehrheitsbeteiligungen werden also bei beschränkter Steuerpflicht insgesamt wie französischer Grundbesitz behandelt, sonstige Beteiligungen nur hinsichtlich des Anteils des französischen Grundbesitzes im Gesamtvermögen. Betrieblich genutzte Grundstücke sind ausgenommen.

     

    Jeder Erwerber versteuert im Erbfall den Nettowert des bei ihm angefallenen Vermögens; seit 1.1.05 auch bei Schenkungen (näher Wachter, ZErb 05, 66, 68). Während grundsätzlich der gemeine Wert am Todestag bzw. Schenkungstag maßgeblich ist, wird Hausrat vorbehaltlich des Nachweises eines geringeren Wertes mit 5 % des übrigen Nachlasses, und werden Kunstgegenstände und Sammlungen mit dem Versteigerungswert (mindestens) oder einem Schätzwert angesetzt.

     

    Partielle Steuerbefreiungen bestehen für verpachtetes land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen oder Lebensversicherungen. Für letztere gilt bei ab 13.10.98 abgeschlossenen Verträgen bei Zahlung der Beträge vor dem 70. Lebensjahr eine inzwischen 25 %ige Abschlagsteuer unter Berücksichtigung eines Freibetrags von 152.500 EUR (zu aktuellen Änderungen Gottschalk, ZEV 14, 476). Auch das Wohnhaus (pauschaler Abschlag von 20 % für den Erstwohnsitz) wird entlastet. Vermögen im Miteigentum von Eheleuten wird jeweils hälftig angesetzt.

     

    Ehepartner und Lebenspartner, d.h., Personen, die untereinander durch einen „Pacte Civil de Solidarite (PACS)“ verbunden waren, erwerben von Todes wegen völlig steuerfrei. Persönliche Freibeträge - jetzt wieder ohne Indexierung - werden gewährt u.a.

     

    • für Ehegatten bzw. für Lebenspartner (PACS) unter Lebenden i.H.v. 80.724 EUR,
    • für Kinder und Enkel von Todes wegen i.H.v. 100.000 EUR, abweichend für Enkel nur unter Lebenden i.H.v. 31.865 EUR,
    • für Geschwister i.H.v. 15.932 EUR und
    • für Geschwisterkinder i.H.v. 7.967 EUR.

     

    Behinderte Erwerber erhalten zusätzlich einen einheitlichen Freibetrag von - bislang - 156.359 EUR.

     

    Eine Partnerschaft (PACS) kann zwischen zwei beliebigen Personen geschlossen werden und darf außer durch Heirat der Partner oder Tod eines Partners im Jahr einer Schenkung und im Folgejahr nicht aufgelöst werden. Unter diesen Voraussetzungen erhalten sie für die ersten 15.000 EUR des steuerpflichtigen Erwerbs eine Minderung des Steuersatzes von 60 % für Zuwendungen unter Nichtverwandten auf 40 %, darüber auf 50 %.

     

    Die Steuer wird nach einem progressiven Teilmengentarif, bei entfernten Verwandten ab der dritten Seitenlinie und bei Nichtverwandten nach Proportionalsätzen festgesetzt (nachfolgend nur Stufen ab 31.865 EUR Erwerb):

     

    • Progressiver Teilmengentarif

    Steuersätze in %
    Steuerpflichtige Erwerbsteile in EUR
    Verwandte in gerader Linie
    Ehegatten und Partner (PACS) unter Lebenden
    Verwandte 2. Grades

    > 31.865 - 552.324

    20

    20

    45

    > 552.324 - 902.838

    30

    30

    45

    > 902.838 - 1.805.677

    40

    40

    45

    > 1.805.677

    45

    45

    45

     

    Mehrere Erwerbe vom selben Zuwender werden innerhalb einer 15-Jahresfrist zur Ermittlung der Progression nur für den Letzterwerb diesem hinzugerechnet. War die frühere Schenkung allerdings nicht besteuert worden, wird auch sie nunmehr nach dem höheren Steuersatz abgerechnet. Bei Schenkungen unter Nießbrauchsvorbehalt wird außerdem ein vom Alter des Nießbrauchers abhängiger, fester Wertanteil des übergehenden Vermögens von dessen Steuerwert abgezogen. Die Wertanteile stellen auf Zehnjahresperioden ab. Z.B. werden für einen Nießbraucher im Alter zwischen 61 und 70 Jahren (vor Vollendung des 71. Lebensjahres) 40 % vom Wert des unter Nießbrauchsvorbehalt übergehenden Vermögens abgezogen.

     

    1.2 Steuerbefreiung für Betriebsvermögen

    Seit 1.1.06 kann jeder Erwerber für Unternehmensübertragungen von Todes wegen und unter Lebenden eine 75 %ige Befreiung in Anspruch nehmen (neben zinspflichtigen Stundungsmöglichkeiten). Voraussetzung ist, dass der Erblasser bereits für seine Rechtsnachfolger verbindlich eine Mindestbehaltenszeit von sechs Jahren nach dem Erwerb festgelegt hat bzw. die Erwerber entsprechende Vereinbarungen zwei Jahre kollektiv und mindestens 4 Jahre individuell binnen sechs Monaten nach einem Erwerb von Todes wegen abschließen (vgl. Wachter, ZErb 05, 386; Klima, ZEV 06, 114). Bei Gesellschaftsbeteiligungen müssen mindestens 34 % des Kapitals der betroffenen Gesellschaft bzw. 20 % im Fall einer börsengängigen Gesellschaft von der Übertragung betroffen sein und für den Fall des Todes des Erben die Rechtsnachfolger von den Erben wiederum zur Einhaltung der Behaltensfrist verpflichtet werden.

     

    Weiter muss für den Erben oder einen der Gesellschafter, der die ursprüngliche Verpflichtung unterschrieben hat, die Tätigkeit bei der Gesellschaft die Haupttätigkeit darstellen (Personengesellschaft) oder er muss die Leitung ausüben (Kapitalgesellschaft), und zwar für die Dauer von fünf Jahren - davon wenigstens drei Jahre nach dem Tod des Erblassers. Bei einer Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt gelten die Begünstigungen nur dann, wenn das Stimmrecht des Nießbrauchers auf Gewinnverteilungsbeschlüsse beschränkt ist (vgl. Klima, ZEV 06, 114; Gottschalk, ZEV 06, 444).

     

    1.3 Besteuerung von Treuhandverhältnissen

    2011 wurden spezielle Regelungen zur höheren Erbschaftsbesteuerung bei Treuhandverhältnissen wie Trusts eingeführt (vgl. dazu Hellio/Crucifix, IWB 11, 593). Übertragungen aus Treuhandvermögen, die als Schenkung oder Erbe des Gründers anzusehen sind, sind bei den Empfängern nach den z.B. zum Todeszeitpunkt aktuellen Gesetzesregelungen zu erfassen. Beim Tod des Treugebers mit Wohnsitz in Frankreich wird deshalb Erbschaftsteuer fällig, auch wenn das Vermögen bereits zuvor in Frankreich auf die Treuhandkonstruktion übertragen wurde. Sind Begünstigte nicht zu identifizieren, kommen aber nur Abkömmlinge in Betracht, wird die Erbschaftsteuer von 45 % erhoben, sonst sogar i.H.v. 60 %. Der Höchststeuersatz trifft auch alle Treuhandverhältnisse, bei denen der Treuhänder dem Recht eines nicht kooperierenden Landes unterliegt, daneben auch nach dem 11.5.11 durch in Frankreich ansässige Treugeber ohne französische Staatsangehörigkeit errichtete Treuhandverhältnisse.

     

    1.4 Verfahrensfragen

    Bei einem Erwerb von Todes wegen in Frankreich hat der Erbe im Regelfall innerhalb von sechs Monaten nach dem Todesfall die Steuererklärung abzugeben (Art. 641 CGI). Die Abwicklung wird zumeist über den Notar erfolgen, der auch das Zertifikat über die Erbfolge ausstellt. Bei Auslandsansässigkeit des Erblassers gilt eine 12-Monatsfrist, die Abgabe erfolgt in diesem Fall beim Centre des Impôts des Non-Residents. Die verspätete Einreichung der Erklärung führt zu Verzugszinsen von 0,75 % je Monat. Schenkungen sind nur zu erklären, wenn sie schriftlich durch Urkunden erfolgten, oder z.B. durch ein Gericht bestätigt werden. Die Steuer ist grundsätzlich sofort fällig, es können allerdings Ratenzahlungen vereinbart werden. Vielfach sind Verfügungssperren zu beachten, die den französischen Steueranspruch sicherstellen sollen. Neben Immobilienveräußerungen von Steuerausländern betrifft das z.B. die Auszahlungen von Versicherungen.

    2. Vermeidung der Doppelbesteuerung durch das DBA

    Das DBA zwischen Frankreich und Deutschland zur Erbschaftsteuer (vom 12.10.06, BStBl I 09, 1258) ist seit dem 3.4.09 in Kraft - ohne Rückwirkung (BFH 19.6.13, II R 10/12, BStBl II 13, 746). Es entspricht zunächst weitestgehend dem aktuellen Standard des OECD-MA.

     

    2.1 Wohnsitzstaat und Anrechnungsmethode

    Das DBA sieht ein umfassendes Besteuerungsrecht für den abkommensrechtlichen aktuellen Erblasser- oder Schenkerwohnsitzstaat vor mit begrenzten Belegenheitsbesteuerungsrechten für den anderen Staat und unter Anrechnung dieser Steuern im Wohnsitzstaat. Überdachende Besteuerungsrechte bestehen subsidiär nach der Besteuerung des Wohnsitzstaates bei jeweils im anderen Vertragsstaat abkommensrechtlich ansässigem Erwerber für dessen Ansässigkeitsstaat. Bei einem von D nach F (oder umgekehrt) weggezogenen Erblasser bzw. Schenker kann daneben der Wegzugstaat innerhalb bestimmter Fristen (näher S. 232 zu Art. 4 Abs. 3 DBA) nach dem Wegzug noch als abkommensrechtlicher Ansässigkeitsstaat statt des Zugzugstaates mit dem physischen Wohnsitz gelten (primäres Besteuerungsrecht).

     

    Die Besonderheiten bzw. Abweichungen vom OECD-MA ErbSt sind:

     

    • Für die wechselseitige Anrechnung gilt z.B. in Frankreich als Anrechnungshöchstbetrag der Teil der - vor der Anrechnung ermittelten - Steuer des Belegenheitsstaates, der auf das Vermögen entfällt, für das die Anrechnung zu gewähren ist (vgl. Art. 11 Abs. 1a DBA Frankreich-Deutschland/ErbSt). Für den Vergleich der Steuerbelastungen, der die Anrechnung eines höheren deutschen Steuerniveaus in Frankreich vermeiden soll, wird die Durchschnittsbelastung nach französischem Steuerrecht ermittelt, weil Frankreich überwiegend einen die einzelnen Erwerbsteile unterschiedlich belastenden, ansteigenden progressiven Teilmengentarif verwendet.

     

    • Nach Art. 11 Abs. 1 Buchst. b) DBA Frankreich-Deutschland/ErbSt wird dann, wenn der Erblasser oder Schenker nicht abkommensrechtlich in Frankreich ansässig war, also wenn Frankreich ausschließlich Belegenheitsbesteuerungsrechte i.S.d. Art. 5 bis 8 DBA Frankreich-Deutschland/ErbSt geltend machen kann, die französische Steuer unter Berücksichtigung des gesamten nach französischem innerstaatlichen Recht besteuerungsfähigen Vermögens, also des gesamten in Frankreich belegenen Vermögens, ermittelt.
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    • Achtung | Die Regelung enthält eine Art Progressionsvorbehalt zugunsten Frankreichs, das lediglich Belegenheitsbesteuerungsrechte ausübt. Damit soll ein Verfall der höheren Stufen des progressiven Teilmengentarifs bei Nichtbesteuerung des der Art nach zum sonstigen Vermögen i.S.d. Art. 9 DBA Frankreich-Deutschland/ErbSt zählenden Vermögens vermieden werden. Eine vergleichbare Regelung auf deutscher Seite war nicht notwendig, weil der Progressionsvorbehalt nach § 19 Abs. 2 ErbStG im deutschen Recht nur bei unbeschränkter Steuerpflicht gilt.

     

    • Weiter existiert mit Art. 4 Abs. 3 DBA Frankreich-Deutschland/ErbSt eine Regelung - im Einzelnen etwas abweichend vom OECD-MA - für natürliche Personen, die zum Zeitpunkt ihres Todes bzw. zum Zeitpunkt der Schenkung Staatsangehöriger nur eines Vertragsstaates waren und die nach Art. 4 Abs. 1 DBA Frankreich-Deutschland/ErbSt - also ohne Anwendung der Tie-Breaker-Rules des Abs. 2 - einen Wohnsitz in beiden Vertragsstaaten hatten. Diese natürliche Person gilt als nur im Staatsangehörigkeitsstaat i.S.d. Abkommens ansässig,

     

      • „wenn diese Person die eindeutige Absicht hatte, ihren Wohnsitz im anderen Staat nicht auf Dauer beizubehalten (subjektives Merkmal, wohl anhand objektiver Kriterien [„Eindeutigkeit“] zu belegen), und

     

      • wenn sie während der dem Zeitpunkt des Todes oder der Schenkung unmittelbar vorausgehenden sieben Jahre ihren Wohnsitz dort insgesamt weniger als fünf Jahre hatte“ (objektives Merkmal).

     

    2.2 Erweiterte Belegenheitsbesteuerungsrechte Frankreichs

    In den Absätzen 3 und 4 des Art. 5 DBA Frankreich-Deutschland/ErbSt sind dann einige Sonderregelungen für die Ausweitung des Begriffs des unbeweglichen Vermögens vorgesehen, die insbesondere an das innerstaatliche französische Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht anknüpfen. In Frankreich ist befürchtet worden, dass französischer Grundbesitz von Ausländern gezielt nur mittelbar, z.B. mittels ausländischer Kapitalgesellschaften, gehalten werden könnte, um etwa beim Erbübergang die französische beschränkte Steuerpflicht für Inlandsvermögen (durch formalen Übergang von Anteilen an ausländischen Kapitalgesellschaften) zu umgehen. Aus diesen Gründen gibt es mehrere Fiktionen, wonach etwa Anteile an bestimmten Gesellschaften als französisches unbewegliches Vermögen gelten, die dann der französischen beschränkten Steuerpflicht unterliegen (Art. 750 CGI).

     

    Wichtig | Diese innerstaatlichen Fiktionen hält das Abkommen auch im internationalen bilateralen Verhältnis aufrecht.

     

    Zum unbeweglichen Vermögen gehören danach (Art. 5 Abs. 3 S. 1 DBA) z.B. „Aktien, Anteile oder sonstige Rechte an einer Gesellschaft oder juristischen Person, deren Vermögen unmittelbar oder über eine oder mehrere andere Gesellschaften oder juristische Personen überwiegend aus in einem Vertragsstaat gelegenen Immobilien oder Rechten daran besteht“. Unberücksichtigt bleiben lediglich Immobilien, die von der Gesellschaft zu eigenen gewerblichen, landwirtschaftlichen, freiberuflichen oder sonstigen selbstständigen Zwecken genutzt werden (Satz 2), nicht aber vermietete Grundstücke, sodass die Regelung insbesondere auf Grundbesitzverwaltungsgesellschaften zielt.

     

    PRAXISHINWEIS | Für die Abgrenzungsentscheidung, wann Vermögen einer Gesellschaft überwiegend aus Immobilien besteht, ist entsprechend dem innerstaatlichen (französischen) Begriffsverständnis (vgl. Art. 3 Abs. 2 DBA Frankreich-Deutschland/ErbSt) auf die Steuerbilanzwerte der Immobiliengesellschaft im Bereich des Aktivvermögens abzustellen (Hechler, Bestg. Dt.-frz. Erbfälle, 1998, 60).

     

    Art. 5 Abs. 4 DBA Frankreich-Deutschland/ErbSt sieht ebenfalls kraft Fiktion entsprechend dem französischen innerstaatlichen Steuerrecht eine Immobilie dann als Teil eines Nachlasses oder Schenkung einer Person mit Wohnsitz in einem Vertragsstaat an, „wenn sie Gesellschaften oder juristischen Personen gehört, an denen der Erblasser oder Schenker allein oder gemeinsam mit seinem Ehegatten, ihren Verwandten in gerader Linie oder ihren Geschwistern unmittelbar über eine oder mehrere andere Gesellschaften und der juristischen Personen mehr als die Hälfte der Aktien, Anteile oder sonstigen Rechte hält“.

     

    PRAXISHINWEIS | Das Belegenheitsbesteuerungsrecht besteht allerdings nur hinsichtlich des prozentualen Anteils an den mittelbar gehaltenen Immobilien, der dem Anteil des Erblassers an den Aktien etc. entspricht (Protokoll Nr. 3).

     

    Abweichend vom OECD-MA, aber entsprechend einer von der OECD von vornherein vorgesehenen ergänzenden Regelung, kann bewegliches materielles Vermögen (abgesehen von Vermögen i.S.d. Art. 6 und 7 DBA Frankreich-Deutschland/ErbSt) ebenfalls im Belegenheitsstaat besteuert werden (Art. 8 DBA; vgl. Jülicher, in Wassermeyer, OECD-MA-ErbSt, Bearb. 2013, vor Art. 1 Rz. 3, Art. 7 Rz. 9). Nr. 4 des Protokolls (Abs. 1) schränkt wiederum Art. 8 DBA Frankreich-Deutschland/ErbSt dahingehend ein, dass Bargeld, Forderungen jeder Art (also auch Darlehensforderungen), Aktien- und Gesellschaftsanteile nicht als bewegliches materielles Vermögen gelten. Das Besteuerungsrecht beschränkt sich damit im Wesentlichen auf bewegliche körperliche Gegenstände wie Hausrat und Kunstgegenstände. Diese Gegenstände werden von der französischen beschränkten Steuerpflicht erfasst, dabei Hausrat unter Ansatz eines Mindestwertes, prozentual in Relation zum Nachlass, außer bei Beweis des Gegenteils.

     

    Nur vorübergehend in das Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaats verbrachtes bewegliches materielles Vermögen wird dagegen als Teil eines Nachlasses einer Person mit anderem Vertragsstaat nicht erfasst (Nr. 4  Abs. 2 des Protokolls). Die Regelung betrifft u.a. zu vorübergehenden Ausstellungszwecken in einen anderen Vertragsstaat entliehene Kunstgegenstände. Sie beseitigt daneben aber auch die Zufälligkeiten, die sich aus den Regelungen der französischen beschränkten Steuerpflicht ergeben können, nach denen im Extremfall mitgeführte persönliche Gegenstände eines in Frankreich verstorbenen ausländischen Touristen steuerpflichtig sein können.

     

    • Beispiel

    Ein Deutscher mit Hauptwohnsitz in Deutschland verstirbt und hinterlässt in Frankreich ein Ferienhaus, dort einen auf einer Auktion ersteigerten Picasso und einen Safe mit 100.000 EUR Bargeld. Nach französischem innerstaatlichen Steuerrecht wären sämtliche in Frankreich befindlichen Gegenstände steuerpflichtig; ein zur unbeschränkten Steuerpflicht führender Wohnsitz wird aber aufgrund des Ferienwohnsitzes - anders als in Deutschland im umgekehrten Fall - nicht unterstellt.

     

    Lösungshinweise: Nach Art. 5 Abs. 1 DBA Frankreich-Deutschland/ErbSt ist die Belegenheitsbesteuerung Frankreichs - üblicherweise - für die Immobilie aufrechterhalten. Deutschland muss die französische Steuer nach Art. 11 Abs. 2 Buchst. b) DBA Frankreich-Deutschland/ErbSt anrechnen. Für den Hausrat erhält - untypisch - auch Frankreich das Besteuerungsrecht (Art. 8 DBA Frankreich-Deutschland/ErbSt); entsprechend muss Deutschland wieder anrechnen. Beim Bargeld im Safe bleibt es bei der reinen Wohnsitzbesteuerung in Deutschland (Art. 9 DBA Frankreich-Deutschland/ErbSt). Frankreich darf es nicht besteuern, es unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt (Art. 11 Abs. 1 Buchst. b) DBA Frankreich-Deutschland/ErbSt.

     

    Auf deutscher Seite erfasst bereits die einfache beschränkte Steuerpflicht nach § 121 BewG grundsätzlich kein bewegliches materielles Vermögen.

     

    FAZIT | Frankreich ist kein Steuerparadies für Reiche. Das muss sich jeder vor Umzug oder auch nur einer Immobilienanschaffung vor Augen führen. Im DBA Frankreich-Deutschland/ErbSt sind Frankreichs Interessen vielfach durch untypische Sonderregelungen berücksichtigt.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 256 | ID 42743383

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