14.02.2013
Finanzgericht München: Urteil vom 08.11.2012 – 10 K 1984/11
Deutschland steht kein Besteuerungsrecht für Sondervergütungen an einen Mitunternehmer in Form von Zinszahlungen zu, wenn die Zinszahlungen nicht einer in Deutschland vermittelten Betriebsstätte zugerechnet werden können. Eine Zurechnung an die deutsche Betriebsstätte kann dann nicht erfolgen, wenn die Darlehensforderung nicht zum Vermögen der deutschen Betriebsstätte gehört und die Zinszahlungen im Ausland verwaltet und vermarktet werden.
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In der Streitsache
hat der 10. Senat des Finanzgerichts München durch … auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 8. November 2012
für Recht erkannt:
1. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2000 vom 11. Juli 2007 in Gestalt der Teil-Einspruchsentscheidung vom 4. März 2009 wird dahingehend abgeändert, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit ./. 21.976.002 DM festgestellt und die Anteile an laufenden Einkünften des Feststellungsbeteiligten i.H.v. 15.000 DM sowie dessen Sonderbetriebseinnahmen mit 0 DM festgestellt werden.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
Streitig ist, ob Deutschland ein Besteuerungsrecht für Sondervergütungen an einen Mitunternehmer in Form von Zinszahlungen zusteht.
I.
Die Klägerin ist eine Personengesellschaft (GmbH & Co. KG). Gegenstand des Unternehmens ist…. Der Sitz der Klägerin ist in Deutschland. An der Klägerin ist neben … als Komplementärin der Kommanditist … beteiligt. Zwischen der Klägerin und Familienangehörigen des Kommanditisten besteht eine atypisch stille Gesellschaft, an der der Feststellungsbeteiligte Nr. 3… (Beigeladener), als atypisch stiller Gesellschafter beteiligt ist.
Im Streitjahr … hatte der Beigeladene seinen Wohnsitz in Italien und war dort für die italienische Betriebsstätte einer ehemaligen Schwesterngesellschaft der Klägerin tätig. Für Zwecke der Anwendung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Italien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung vom 18. Oktober 1989 (BStBl I 1990, 396) (DBA Italien) war der Beigeladene unstreitig in Italien i.S.d. Art. 4 Abs. 1 DBA Italien ansässig. Aus der Beteiligung an der Klägerin erzielte er in … zwischen den Beteiligten unstreitige gewerbliche Einkünfte i.H.v. … als Gewinnanteile. Daneben erhielt er von der Klägerin Zinszahlungen i.H.v. insgesamt …, die sich aus Zinseinnahmen i.H.v. … für ein der Klägerin gewährtes Darlehen über … und aus der Verzinsung seines Verrechnungskontos i.H.v. … zusammensetzten.
Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) veranlagte zunächst antragsgemäß und stellte mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung … (Feststellungsbescheid) vom …, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 der Abgabenordnung (AO) erging, die gewerblichen Einkünfte der Klägerin mit … fest. Hierbei wurden die gewerblichen Einkünfte des Beigeladenen mit … festgestellt; für die Zinseinkünfte i.H.v. … war festgestellt, dass sie als ausländische Einkünfte nach DBA freigestellt sind (unter Progressionsvorbehalt).
Der Feststellungsbescheid … vom … wurde in der Folge durch Feststellungsbescheide vom … in für das Verfahren nicht einschlägigen Punkten geändert. Gegen den Bescheid vom … legte die Klägerin mit Schreiben vom … Einspruch ein.
Nach einer Außenprüfung erfolgte erneut eine Änderung des Feststellungsbescheids …; mit Bescheid vom … wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin auf … erhöht und die Einkünfte des Beigeladenen aus der Beteiligung an der Mitunternehmerschaft von … um die Zinseinkünfte i.H.v. … als Sonderbetriebseinnahmen auf … erhöht; der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.
Mit Schreiben vom … erweiterte die Klägerin ihren Einspruch vom … auf die Besteuerung der Zinseinnahmen als Sonderbetriebseinnahmen.
In der Folge änderte das FA erneut den Feststellungsbescheid … mit Bescheiden vom … und … in für das Klageverfahren nicht relevanten Punkten und stellte nun die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin auf … fest.
Aus dem italienischen Abrechnungsbescheid vom … ergibt sich, dass im Streitjahr für die Zinszahlungen in Italien eine Einkommensteuer festgesetzt wurde.
Mit Teileinspruchsentscheidung vom … wies das FA den Einspruch der Klägerin in Hinblick auf die Besteuerung der Zinszahlungen als Sonderbetriebseinnahmen als unbegründet zurück.
Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend: Deutschland stehe hinsichtlich der Zinseinkünfte kein Besteuerungsrecht zu. Nach § 50d Abs. 10 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2009 (EStG) würden die Zinszahlungen als Vergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG für Zwecke der Anwendung des DBA Italien ausschließlich als Unternehmensgewinne gelten. Danach sei Art. 7 DBA Italien anwendbar. Aus diesem Artikel leite sich aber kein Besteuerungsrecht für Deutschland ab, da die Zinszahlungen nicht der deutschen KG-Betriebsstätte zugerechnet werden könnten. Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 8. September 2010 (I R 74/09, BFHE 231, 84, DStR 2010, 2450) sei für die Zuordnung der Zinszahlungen ein allgemeiner Verursachungs- und Veranlassungszusammenhang maßgeblich. Ausschlaggebend sei, von wo aus die den Zinsen zu Grunde liegende Kapitalforderung verwaltet worden sei. Dies sei ausschließlich von dem italienischen Wohnsitz des Beigeladenen erfolgt. Der Beigeladene habe alle Aktivitäten rund um die Darlehensforderung in Italien ausgeübt. Er habe dort alle Entscheidungen im Zusammenhang mit der Verwaltung seines Vermögens getroffen und alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der Klägerin und der gegen die Klägerin gerichteten Darlehensforderung durchgeführt. So sei zum Beispiel die Verwaltung und Überwachung der Darlehensforderung sowie das Einziehen von Zinsen und die Überwachung von deren zutreffender Verbuchung dort ausgeführt worden. Obgleich die Existenz einer (Geschäftsleitungs- bzw. Mitunternehmer-) Betriebsstätte im Ansässigkeitsstaat des Mitunternehmers für die Frage der Zurechnung der Zinszahlungen nicht erforderlich sei und das Besteuerungsrecht vielmehr automatisch dem Ansässigkeitsstaat des Mitunternehmers zufalle, wenn die Kapitalforderung nicht einer anderen Betriebsstätte zugeordnet werden könne, würde hilfsweise hierdurch eine Geschäftsleitungs- bzw. Mitunternehmerbetriebsstätte des Beigeladenen in Italien begründet. Dieser sei die Darlehensforderung zuzurechnen, sodass Deutschland nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 DBA Italien kein Besteuerungsrecht zustehe. Schließlich stehe Deutschland auch kein Quellenbesteuerungsrecht nach Art. 11 Abs. 2 DBA Italien zu. § 50d Abs. 10 EStG verweise nach seinem Sinn und Zweck nämlich lediglich auf Art. 7 Abs. 1 DBA Italien, nicht aber auf Art. 7 Abs. 7 DBA Italien. Würde § 50d Abs. 10 EStG auch auf Art. 7 Abs. 7 DBA Italien verweisen, würde die durch Art. 50d Abs. 10 EStG bedingte Umqualifizierung der Zinszahlungen in Unternehmensgewinne wieder rückgängig gemacht, was der Zielsetzung des Art. 50d Abs. 10 EStG zuwiderlaufen würde.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung vom …, in Gestalt der Teil-Einspruchsentscheidung vom … dahingehend abzuändern, dass die gewerblichen Einkünfte der Klägerin mit
… festgestellt und die gewerblichen Einkünfte von … auf … herabgesetzt werden, hilfsweise, dass festgestellt wird, dass der Steuersatz der Einkünfte, die … zuzurechnen sind, in Höhe der Sonderbetriebseinnahmen von … in Deutschland auf 10% beschränkt ist, sowie hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen sowie
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Deutschland stehe ein Besteuerungsrecht für die Zinszahlungen zu. § 50d Abs. 10 EStG qualifiziere nach seinem Sinn die Zinszahlungen nicht nur hinsichtlich der Anwendung des Art. 7 DBA Italien in Unternehmensgewinne um, sondern ordne sie auch der deutschen Betriebsstätte zu. Nur auf diese Weise könne der Zweck des § 50d Abs. 10 EStG, die Zinszahlungen, die nach dem deutschen Verständnis als Unternehmensgewinne gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG anzusehen seien, in Deutschland der Besteuerung zu unterwerfen, erreicht werden. Dadurch werde sichergestellt, dass in- und ausländische Mitunternehmer gleichbehandelt würden. Selbst wenn man eine automatische Zuordnung der Zinszahlungen zu der deutschen Betriebsstätte nicht annehme, sei eine Zuordnung an den Ansässigkeitsstaat des Mitunternehmers des Beigeladenen –Italien– mangels Vorliegen einer dortigen Betriebsstätte nicht möglich. Eine solche sei für die Zuordnung erforderlich; sie sei aber in Italien nicht gegeben. Die atypisch stille Beteiligung führe in Italien zwar zu einer Mitunternehmerstellung, nicht aber einem eigenständigen Gewerbe/Unternehmen mit eigenständigem Kerngeschäft. Auch eine Mitunternehmer-Betriebsstätte sei in Italien nicht gegeben. Zwar seien deren Voraussetzungen noch nicht höchstrichterlich geklärt. Das Sammeln und Ordnen von Kontoauszügen für ein Gesellschafterdarlehen bzw. das bloße Empfangen der Zahlungen reiche für das Begründen einer Betriebsstätte i.S.d. Art. 5 DBA Italien jedenfalls nicht aus. Da betriebsstättenlose Einkünfte nicht möglich seien, seien die Zinszahlungen der durch die Klägerin in Deutschland vermittelten Betriebsstätte zuzuordnen. Eine Doppelbesteuerung sei ggf. im Verständigungsverfahren zu beseitigen. Hilfsweise habe Deutschland in jedem Fall nach Art. 11 Abs. 2 i.V.m. Art. 7 Abs. 7 DBA Italien ein Quellenbesteuerungsrecht i.H.v. 10 %. § 50d Abs. 10 EStG verweise nicht nur auf Art. 7 Abs. 1 DBA Italien, sondern auf den gesamten Art. 7 DBA Italien.
Mit Beschluss vom 21.12.2009 wurde das Ruhen des Verfahrens angeordnet, bis der BFH über die Rechtssache I R 74/09 entschieden hatte. Nach dem BFH-Urteil vom 08.09.2010 wurde das Ruhen des Verfahrens durch Beschluss vom 04.07.2011 wieder aufgehoben.
Mit Beschluss vom 12.07.2012 wurde … zum Verfahren beigeladen.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze der Parteien und das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 08.11.2012 verwiesen.
II.
Die Klage ist begründet.
1. Bei den Zinszahlungen an den Beigeladenen handelt es sich (sowohl hinsichtlich der Verzinsung des Darlehens als auch des Verrechnungskontos) um Sondervergütungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG, die in Deutschland den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzuordnen sind; dies ist zu Recht zwischen den Beteiligten unstreitig. Da der Beigeladene im Streitjahr keinen Wohnsitz in Deutschland hatte und deshalb nicht nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 AO unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war, unterliegen die Zinszahlungen nach § 49 Abs.1 Nr. 2a i.V.m. § 1 Abs. 4 EStG der beschränkten Steuerpflicht, denn in Deutschland unterhält die Klägerin unstreitig eine Betriebsstätte.
2. In Italien unterliegen die Zinszahlungen ebenfalls für den dort im Streitjahr wohnhaften Beigeladenen der Einkommensteuerpflicht. Daher findet zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung das DBA Italien Anwendung (Art. 2 Abs. 3 Buchst. a i, Buchst. b i i.V.m. Art. 4 Abs. 1, Art. 1 DBA Italien).
3. Nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 1 DBA Italien hat Deutschland kein Besteuerungsrecht an den Zinszahlungen, da die Zinszahlungen nicht der durch die Klägerin in Deutschland vermittelten Betriebsstätte zugerechnet werden können.
a) Im Streitfall ist § 7 Abs. 1 DBA Italien anwendbar. § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG besagt, wenn auf Vergütungen i.S.d. § 15 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 und Nr. 3 Halbsatz 2 EStG die Vorschriften eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung anzuwenden sind und das Abkommen keine solche Vergütungen betreffende ausdrückliche Regelung enthält, gelten diese Vergütungen für Zwecke der Anwendung des Abkommens ausschließlich als Unternehmensgewinne.
Die Zinszahlungen sind im Streitfall Vergütungen i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG (vgl. oben unter II.1.) und das DBA Italien enthält keine ausdrückliche Regelung bezüglich dieser Zahlungen (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 16.04.2010, IV B 2-S 1300/09/10003, 2009/0716905, Tz. 2.2.1). Demgemäß sind die streitigen Sondervergütungen am Maßstab des Art. 7 DBA Italien zu beurteilen.
b) Nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 DBA Italien können Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaats nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, das Unternehmen übt seine Tätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte aus. Übt das Unternehmen seine Tätigkeit auf diese Weise aus, so könne die gewerblichen Gewinne des Unternehmens im anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser Betriebsstätte zugerechnet werden können (Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA Italien).
Im Streitfall ist zwar eine durch die Klägerin vermittelte Betriebsstätte in Deutschland gegeben. Die Zinszahlungen an den Beigeladenen können aber nicht dieser Betriebsstätte zugerechnet werden.
aa) Eine Zurechnung der Zinszahlungen an die deutsche Betriebsstätte erfolgt – entgegen der Auffassung des FA – nicht schon automatisch durch die Bestimmung des § 50d Abs. 10 EStG. Denn bezüglich der Reichweite des § 50d Abs. 10 EStG hat der BFH bereits entschieden, dass § 50d Abs. 10 EStG lediglich die abkommensrechtliche Einkunftsart anordnet, jedoch nicht zugleich von den Erfordernissen der (abkommensrechtlichen) Existenz einer Betriebsstätte (i.S. des Art. 5 des OECD-Musterabkommens –OECD-MustAbk– hier: Art. 5 DBA Italien) sowie der (ebenfalls abkommensrechtlichen) Betriebsstättenzurechnung (BFH-Urteil vom 9. September 2010 I R 74/09, BFHE 231, 84, DStR 2010, 2450, unter II. 2. b)) suspendiert.
bb) Aber auch nach den für die Beantwortung der Zurechnungsfrage einschlägigen Verursachungs- und Veranlassungsgesichtspunkten (vgl. BFH in BFHE 231, 84, unter II.2.b) bb)) können die Zinszahlungen nicht der deutschen Betriebsstätte zugerechnet werden. Weder die Darlehensforderung noch die Zinszahlungen gehören zur deutschen Betriebsstätte.
aaa) Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung orientieren sich die Zurechnungsgesichtspunkte an dem „wirklich” wirtschaftlich Verwirklichten und stimmen weitgehend mit den Zurechnungsmaßstäben überein, die der BFH für Betriebsstättenvorbehalte in z.B. Art. 10 Abs. 4, 11 Abs. 4 und 12 Abs. 3 OECD-MustAbk aufgestellt hat. Der BFH stellt auch klar, dass diese Aussage – entgegen der Auffassung des FA – nicht der Entscheidung des BFH vom 13. Februar 2008 (I R 63/06, BFHE 220, 415, BStBl II 2009, 414) widerspricht, in welcher er insoweit bezogen auf Sonderbetriebsvermögen eine abweichende Zuordnung verfolgt hat. Denn zum einen erging diese Zuordnung allein zu Art. 13 Abs. 2 OECD-MustAbk und nicht zu Art. 7 Abs. 1 Satz 2 OECD-MustAbk. Außerdem fehlte es in dem dort zu entscheidenden Fall an einer anderweitigen Betriebsstätte, und schließlich qualifiziert § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG lediglich Sondervergütungen, nicht aber auch Sonderbetriebsvermögen fiktiv um. Nach Ansicht des BFH bleibt es in Hinblick auf Art. 7 Abs. 1 Satz 2 OECD-MustAbk bei den allgemeinen Zurechnungserfordernissen des jeweiligen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und es beantwortet sich die Zurechnungsfrage ihrerseits allein unter autonomer Abkommensauslegung (BFH in BFHE 231, 84, unter II. 2. b) bb)).
bbb) Bzgl. der tatsächlichen Zugehörigkeit einer Darlehensforderung zum Vermögen einer Betriebsstätte hat der BFH bereits wiederholt entschieden, dass es nicht davon abhängt, ob das darlehensweise überlassene Kapital in der Betriebsstätte genutzt wird. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob die Darlehensforderung zur Betriebsstätte gehört. Daran fehlt es, wenn das Darlehen nicht aus Mitteln der ausländischen Personengesellschaft gewährt, sondern ihr umgekehrt als Fremdkapital überlassen wurde (BFH-Urteile vom 17. Februar 1991 I R 15/89, BFHE 164, 38, BStBl II 1991, 444, unter II.B.4.b); vom 31. Mai 1995 I R 74/93, BFHE 178, 74, BStBl II 1995, 683, unter II.C.2.b), und vom 16. Oktober 2002 I R 17/01, BFHE 200, 521, BStBl II 2003, 631, unter III.2.d)). Es kommt auch nicht darauf an, dass die Darlehensforderung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG 1987 zum Sonderbetriebsvermögen bei der Personengesellschaft gehören würde, weil die Grundsätze über das Sonderbetriebsvermögen rechtlicher Art sind und nicht mit der tatsächlichen Zugehörigkeit im Sinne der einschlägigen Abkommensregelungen gleichzusetzen sind (BFH-Urteil vom 10. August 2006 II R 59/05, BFHE 214, 518, BStBl II 2009, 758, unter II.8.c) aa)). Nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA Italien ist zwar nicht die tatsächliche Zugehörigkeit, sondern die Zurechnung der Forderung zur Betriebsstätte notwendig. Aber auch diesbezüglich ist durch die Rechtsprechung des BFH bereits geklärt, dass die Grundsätze zur abkommensrechtlichen tatsächlichen Zugehörigkeit einer Forderung zu einer Betriebsstätte auf die abkommensrechtliche Zurechnung einer Forderung zu einer Betriebsstätte übertragbar sind (BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2006 I B 47/05, BFHE 216, 276, BStBl II 2009, 766, unter 10.c) cc)).
Im Streitfall wurden die Mittel der Darlehensforderung der Klägerin als Fremdkapital gewährt; die Darlehensforderung ist nicht Aktivposten in der Bilanz der Klägerin aus der Sicht der Betriebsstätte (vgl. BFH in BFHE 231, 84 unter IIII. 1.b)). Daher gehört die Darlehensforderung des Beigeladenen nicht zum Vermögen der deutschen Betriebsstätte der Klägerin. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es sich nach deutschem Recht um Sonderbetriebseinnahmen handelt.
ccc) Schließlich sind auch die Zinszahlungen nicht der deutschen Betriebsstätte zuzurechnen.
In Hinblick auf Lizenzvergütungen, die ein in den USA ansässiger Gesellschafter einer deutschen Personengesellschaft für von ihm der Gesellschaft eingeräumte Rechte erhält, hat der BFH entschieden, dass die den Lizenzvergütungen zugrunde liegenden Rechte und Vermögenswerte der inländischen Personengesellschaft und der durch diese ihren Gesellschaftern abkommensrechtlich vermittelten Betriebsstätten nur dann zuzurechnen sind, wenn sie diesen Betriebsstätten in wirtschaftlicher Hinsicht gebühren würden. An einem derartigen Gebühren fehlt es, wenn die Lizenzrechte in den USA als Ansässigkeitsstaat des Gesellschafters verwaltet und von dort aus weltweit vermarktet werden. In einem solchen Fall sind dann weder die Lizenzrechte noch die daraus generierten Gewinne der inländischen Personengesellschaft zuzurechnen (BFH in BFHE 231,84, unter III. 2. c)).
Der Senat sieht keine Veranlassung, diese für die Zurechnung von Lizenzvergütungen und ihren zugrundeliegenden Rechten und Vermögenswerten durch den BFH aufgestellten Kriterien nicht auch auf Zinszahlungen und diesen zugrundeliegenden Darlehensforderungen zu übertragen und in Hinblick auf das Besteuerungsrecht gleich zu behandeln. Beide Vergütungen/Zahlungen werden für die Nutzung zugrundeliegender, nicht zu der inländischen Betriebsstätte gehörenden Wirtschaftsgüter geleistet – im einen Fall werden die Lizenzvergütungen für die Überlassung und mögliche Nutzung von fremden Lizenzrechten gewährt, im anderen Fall werden die Zinsen für die Überlassung und mögliche Nutzung von Fremdkapital gezahlt. Abkommensrechtlich findet daher eine Gleichbehandlung der beiden finanziellen Leistungen statt; grundsätzlich hat der Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht für die finanziellen Leistungen (vgl. Art. 11 Abs. 1 OECD-MustAbk für Zinsen, Art. 12 Abs. 1 OECD-MustAbk für Lizenzgebühren), aber auch der Quellenstaat kann sie bis zu einer gewissen Höhe besteuern (vgl. Art. 11 Abs. 2 OECD-MustAbk für Zinsen, Art. 12 Abs. 2 OECD-MustAbk für Lizenzgebühren).
Daher ist im Streitfall für die Frage der Zurechnung der für die Darlehensgewährung geleisteten Zinsen ausschlaggebend, von wo aus das den Zinsen zu Grunde liegende Darlehen verwaltet und vermarktet worden ist. Dies erfolgte nach den Feststellungen des Senats im Streitjahr ausschließlich in Italien. Das Darlehen wurde aus Mitteln des Beigeladenen gewährt; von seinem Wohnsitz in Italien aus überwachte der Beigeladene die Darlehensforderung, den Eingang der Zinsen und deren entsprechende Verbuchung.
Entgegen der Auffassung des FA kommt es auch nicht darauf an, ob in Italien eine Gesellschafter-/Mitunternehmerbetriebsstätte bestanden hat. Der BFH hat klargestellt, dass für die abkommensrechtliche Zurechnung allein der Ort der Verwaltung und Vermarktung des den Vergütungen zu Grunde liegenden Wirtschaftsguts ausschlaggebend ist (BFH in BFHE 231,84, unter III. 2. c)). Es ist also nicht entscheidungsrelevant, dass – wie das FA vorträgt – es für die Begründung einer Betriebsstätte nach Art. 5 OECD-MustAbk an einem Ort nicht ausreicht, wenn der Darlehensgeber dort z.B. nur Belege sammelt. Es kann deshalb auch offen bleiben, ob es betriebsstättenlose Einkünfte gibt.
4. Deutschland hat auch nicht ein beschränktes Quellenbesteuerungsrecht i.H.v. 10 % nach Art. 11 Abs. 2 DBA Italien. Denn Art. 11 DBA Italien ist im Streitfall nicht anwendbar. Zwar würde grundsätzlich aufgrund des in Art. 7 Abs. 7 DBA Italien eingeräumten Spezialitätenvorrangs eine Besteuerung der Zinszahlungen nach dem Zinsartikel (Art. 11 DBA Italien) der Besteuerung nach dem Artikel über Unternehmensgewinne (Art. 7 DBA Italien) vorgehen. Die Anwendung von Art. 7 Abs. 7 DBA Italien wird aber im Streitfall nach Auffassung des Senats durch § 50d Abs. 10 EStG ausgeschlossen. Dem Wortlaut von § 50d Abs. 10 EStG könnte man zwar zunächst entnehmen, dass er auf den gesamten Art. 7 DBA Italien, und damit auch auf den Spezialitätenvorrang in Art. 7 Abs. 7 DBA Italien verweist. Dann würde aber – wie auch der BFH ausführt (BFH in BFHE 231,84, unter II. 2. b) aa)) – der Anwendungsbefehl des § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG schon im Ansatz unterlaufen. Denn bereits nach seinem Wortlaut soll § 50d Abs. 10 EStG sicherstellen, dass u.a. Zinszahlungen an Gesellschafter einer Personengesellschaft, die inländisch nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten, auch im Fall der Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens als gewerbliche Einkünfte qualifiziert werden. Dadurch soll die Einheitlichkeit der Besteuerung inländischer und ausländischer Gesellschafter sichergestellt werden (vgl. Bericht des Finanzausschusses, BTDrucks 16/11108, S. 23). Würden dann aber aufgrund der Anwendung von Art. 7 Abs. 7 DBA Italien die durch § 50d Abs. 10 EStG als Unternehmensgewinne qualifizierten Einkünfte wieder in Zinsen rückqualifiziert, würde der Sinn und Zweck von Art. 50d Abs. 10 EStG unterlaufen.
5. Damit ergeben sich folgende Änderungen in den festgestellten Besteuerungsgrundlagen:
a) Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin vermindern sich von bisher … um … auf ….
b) Die Anteile des Beigeladenen Stefan Müller an den Einkünften aus Gewerbebetrieb der Mitunternehmerschaft vermindern sich um die (als ausländischen Einkünfte, die nach DBA steuerfrei sind, zu behandelnden) Sonderbetriebseinnahmen in Höhe von … von … auf ….
6. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zuzulassen.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Dem Beigeladenen werden keine Kosten auferlegt (§ 135 Abs. 3 FGO); seine außergerichtlichen Kosten sind nicht erstattungsfähig (§ 139 Abs. 4 FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.