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  • 07.12.2011

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Beschluss vom 18.03.2011 – 4 K 2249/08

    Es bestehen Zweifel, ob Art. 56 AEUV der Beschränkung der Steuerbefreiung in § 34c Abs. 5 EStG i.V.m. Abschn. I Nr. 4 des Auslandstätigkeitserlasses auf Arbeitslohn aus einem Arbeitsverhältnis mit einem inländischen Arbeitgeber, der im Bereich der deutschen öffentlichen Entwicklungshilfe tätig ist, entgegen steht

    Dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) wird folgende Rechtsfrage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    Ist eine Rechtsvorschrift, die eine Steuerbefreiung für Einkünfte einer im Inland steuerpflichtigen Person aus einer nichtselbständigen Tätigkeit davon abhängig macht, dass der Arbeitgeber seinen Sitz im Inland hat, eine derartige Steuerbefreiung aber nicht vorsieht, wenn der Arbeitgeber seinen Sitz in einem anderen Staat der Europäischen Union hat, mit Art. 49 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (in der Fassung des am 26. Februar 2001 unterzeichneten Vertrags von Nizza; jetzt: Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) vereinbar?


    Tatbestand

    I.

    Streitig ist, ob Einkünfte des Klägers aus einer nichtselbständigen Tätigkeit der deutschen Einkommensteuer unterliegen.

    Die Kläger sind seit dem 23. November 1981 verheiratet und Eltern einer 1981 geborenen Tochter. Der am 16. Oktober 1947 geborene Kläger ist dänischer Staatsangehöriger. Er war bis zum 1. November 1981 mit Wohnsitz in V, Dänemark, gemeldet. Ab diesem Tag waren die Kläger gemeinsam mit alleinigem Wohnsitz in der D-Straße Hausnummer, L, gemeldet. Hierbei verblieb es auch, nachdem der Kläger mit Vertrag vom 2. Juni 1984 ein im Straße Hausnummer, H, Dänemark belegenes „Sommerhus” auf einem 1.276 m großen Grundstück erworben hatte (Bl. 43 ff Rechtsbehelfsakte). Am 28. November 1991 erwarben die Kläger eine Eigentumswohnung in L, T-Str. Hausnummer, zum jeweils hälftigen Miteigentum; seit dem 1. Februar 1992 waren sie dort gemeinsam mit ihrer Tochter mit alleinigem Wohnsitz gemeldet (Bl. 52, 83 Rechtsbehelfsakte).

    Der Kläger war bei der Fa. H, Straße Hausnummer, G, Dänemark, nichtselbständig beschäftigt. Im Rahmen dieser Tätigkeit war er ab 15. Januar 2002 für einen geplanten Zeitraum von 3 Jahren für ein von „DANIDA” (Danish International Development Agency) finanziertes Projekt nach Benin/Afrika entsandt worden (Bl. 15 Rechtsbehelfsakte). Nach den unwidersprochenen Angaben der Kläger soll die Tätigkeit im Rahmen eines Entwicklungshilfeprojekts ausgeübt worden sein. Der Arbeitslohn des Klägers aus dieser Tätigkeit belief sich im Streitjahr 2003 auf 449.200 Dänischen Kronen (= 60.200,-- €). Am 10. Januar 2002 hatte der Arbeitgeber des Klägers bei der Gemeinde H (Dänemark) um Steuerbefreiung für die Lohneinnahmen nachgesucht, die während der Entsendungsperiode verdient würden. Die Steuerabteilung der Gemeinde H teilte dem Arbeitgeber des Klägers am 16. Januar 2002 mit, „dass ab 15. Januar 2002 keine A-Steuer bei P. P. (dem Kläger), wohnhaft in Deutschland, einbehalten werden” solle (Bl. 17 Rechtsbehelfsakte). Ein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Benin besteht nicht.

    In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2003 beantragten die Kläger die Zusammenveranlagung. Sie gaben an, in der T- Straße Hausnummer, L, wohnhaft zu sein. Die Kläger machten im Veranlagungs- und Einspruchsverfahren geltend, dass die Einkünfte des Klägers aus der in Benin ausgeübten und von einem dänischen Arbeitgeber entlohnten Tätigkeit nicht der deutschen Einkommensteuer unterlägen. Vielmehr habe nach Art. 15 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark vom 22. November 1995 (BGBl II 1996, 2566; im Folgenden: DBA Deutschland- Dänemark) allein Dänemark das Recht zur Besteuerung der Einkünfte des Klägers. Dort seien die Einkünfte von der Besteuerung befreit, da sie mit einer Tätigkeit in der Entwicklungshilfe zusammenhingen. Zur Begründung dieser Auffassung trugen sie vor, der Kläger habe im Jahr 2003 in Deutschland keinen Wohnsitz im Sinne des § 8 Abgabenordnung (AO) unterhalten und sei im Sinne des Art. 4 DBA Deutschland - Dänemark nicht in Deutschland ansässig gewesen. Er habe sich während des Jahres 2003 nur kurze Zeit in der Wohnung seiner Ehefrau, der Klägerin, aufgehalten. Der Kläger besitze in seinem Heimatland Dänemark ein eigenes Anwesen, das er während der Urlaubszeit gemeinsam mit seiner Ehefrau regelmäßig aufsuche. Es bestehe zumindest auch ein Wohnsitz des Klägers in Dänemark, so dass man davon ausgehen müsse, dass der Kläger in beiden Vertragsstaaten ansässig sei. Nach Art. 4 Abs. 2 DBA Deutschland - Dänemark sei dann maßgebend, ob die steuerpflichtige Person in einem Vertragsstaat über eine „ständige Wohnstätte” verfüge. Da der Kläger im Veranlagungszeitraum 2003 seinen ständigen Aufenthalt in Westafrika gehabt habe und die beiden Wohnungen in Deutschland und Dänemark nur sporadisch aufgesucht habe, sei nach dem Mittelpunkt der Lebensinteressen zu fragen. Dass die Ehefrau des Klägers in Deutschland ansässig sei, könne dabei nicht ausschlaggebend sein, da die Eheleute ihren Urlaub auch gemeinsam in Dänemark verbracht hätten. Außerdem werde der Mittelpunkt der Lebensinteressen auch nach den wirtschaftlichen Beziehungen definiert. Der Arbeitgeber des Klägers habe seinen Sitz in Dänemark, das Gehaltskonto werde bei einer dänischen Bank geführt, der Kläger sei in Dänemark krankenversichert und bei den dänischen Meldebehörden registriert. Sowohl sein Pass als auch sein Führerschein seien von einer dänischen Behörde ausgestellt. Letztendlich bestimme Art. 4 Abs. 2 c DBA Deutschland - Dänemark, dass eine Person, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden oder in keinem der Staaten habe, als in dem Staat ansässig gelte, dessen Staatsangehöriger sie sei. Der Kläger sei dänischer Staatsangehöriger. Die Besteuerungshoheit für die in Westafrika bezogenen Einkünfte des Klägers liege daher beim Königreich Dänemark, was nicht voraussetze, dass der Kläger sich im Veranlagungszeitraum 2003 überwiegend dort aufgehalten habe.

    Hilfsweise beantragten die Kläger, die Steuer auf die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit, soweit sie nicht auf der Anwendung des Progressionsvorbehalts beruhten, zu erlassen. Hierzu trugen sie vor, dass es gegen das Diskriminierungsverbot verstieße, wollte der deutsche Fiskus die in einem Drittland erzielten Einkünfte eines EU-Ausländers besteuern, der mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet sei, während sonst unter gleichen Voraussetzungen nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 31. Oktober 1983 VV DEU BMF 1983-10-31 IV B 6-S 2293-50/83, Steuerliche Behandlung von Arbeitnehmereinkünften bei Auslandstätigkeiten (BStBl I 1983, 470; im Folgenden: Auslandstätigkeitserlass) die Auslandstätigkeit im Rahmen eines deutschen Entwicklungshilfeprojekts steuerfrei gestellt werde.

    Der Steuerberater der Kläger wies zudem mit Schreiben vom 26. Februar 2008 darauf hin, dass seiner Ansicht nach die Besteuerung des Arbeitslohns im Zusammenhang mit dem Entwicklungshilfeprojekt in Benin eine verdeckte Diskriminierung im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) darstelle. Nach dem Urteil des EuGH vom 25. Januar 2007 C-329/05 (Meindl) müssten steuerfreie ausländische Leistungen auch im jeweiligen Mitgliedsstaat als steuerfrei behandelt werden.

    Der Beklagte folgte der Auffassung der Kläger nicht und unterwarf im Einkommensteuerbescheid 2003 vom 6. April 2006 die Einkünfte des Klägers in vollem Umfang der deutschen Einkommensteuer und setzte die Einkommensteuer auf 29.718,-- € fest. Den Einspruch der Kläger wies er mit Einspruchsentscheidung vom 13. August 2008 zurück.

    Er ging davon aus, dass der Kläger im Inland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sei, da er hier seinen Wohnsitz gehabt habe. Selbst wenn man zu seinen Gunsten annehme, dass er in Dänemark auch einen Wohnsitz gehabt hätte, habe der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Deutschland gelegen, wo er zusammen mit seiner Ehefrau, der Klägerin, eine gemeinsame Wohnung habe.

    Die Anwendung des § 34 c Einkommensteuergesetz (EStG) setze voraus, dass der Steuerpflichtige ausländische Einkünfte beziehe und diese Einkünfte sowohl einer ausländischen als auch einer inländischen Besteuerung unterlägen. Diese Voraussetzungen lägen im Streitfall nicht vor, da der vom Kläger bezogene Arbeitslohn weder in Dänemark (durch die Bescheinigung der dänischen Steuerbehörde freigestellt) noch in Benin (keine Besteuerung nachgewiesen) besteuert würde. Demnach könne auch der Auslandstätigkeitserlass des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 31. Oktober 1983 (BStBl I 1983, 470) nicht greifen, der sich auf die Ermächtigung des § 34 c Abs. 5 EStG stütze. Zudem setze die Anwendung des Auslandstätigkeitserlasses einen inländischen Arbeitgeber voraus. Zu einer weitergehenden Auslegung des Auslandstätigkeitserlasses komme es daher nicht. Auch der Hinweis auf die Entscheidung des EuGH vom 25. Januar 2007 und der sich anschließenden Änderung des § 1 Abs. 3 EStG führe nicht zu einer anderweitigen Beurteilung. Der vom EuGH entschiedene Fall betreffe einen abweichenden Sachverhalt. Hinsichtlich des Inhalts der Einspruchsentscheidung im Übrigen wird auf die Aktenausfertigung (Bl. 97 - 106 Rechtsbehelfsakte) verwiesen.

    Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr Ziel einer Einbeziehung der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit lediglich in die Ermittlung des Progressionsvorbehalts weiter. Vertiefend zu ihrem Vorbringen im Einspruchsverfahren tragen sie vor, dass die Tätigkeit des Klägers im Streitjahr als Entwicklungshilfeprojekt von der DANIDA finanziert worden sei, dass der damalige Arbeitgeber für das Lohneinkommen des Klägers keine Steuer an den dänischen Fiskus abgeführt habe und dass der im Rahmen eines Entwicklungshilfeprojekts für eine Tätigkeit im Ausland bezogene Lohn nach dänischem Recht von der Einkommensteuer befreit sei. Der Kläger habe auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse - die weiter ausgeführt wurden - im Streitjahr keinen Wohnsitz in Deutschland unterhalten, er sei vielmehr in Dänemark ansässig gewesen. Das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus der nichtselbständigen Tätigkeit des Klägers stehe daher allein Dänemark zu.

    Hilfsweise halten die Kläger den Einwand aufrecht, dass eine Besteuerung der im Ausland erzielten Einkünfte des Klägers gegen Art. 39 und 43 des EG-Vertrags (EGV; jetzt: Art. 45 und 49 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV) verstoßen würde. Auch wenn die Regelungskompetenz im Steuerrecht in die Zuständigkeit des jeweiligen EG-Staats falle, seien diese Befugnisse unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts auszuüben und müssten sich jeder Diskriminierung in Bezug auf die Niederlassungsfreiheit und Staatsangehörigkeit enthalten. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH könne eine Diskriminierung vorliegen, wenn unterschiedliche Vorschriften auf gleichartige Situationen angewandt würden. Nach Auffassung des Beklagten sollten Einkünfte, die der Kläger aus einer Anstellung bei einem dänischen Arbeitgeber durch eine Auslandstätigkeit verdiene, der deutschen Einkommensteuer unterworfen werden. Bei einer Ansässigkeit in Dänemark wäre der bezogene Arbeitslohn von der Besteuerung freigestellt. Umgekehrt begünstige der Auslandstätigkeitserlass des BMF die Auslandstätigkeit für ein inländisches Unternehmen, die der Steuerpflichtige im Rahmen der deutschen Entwicklungshilfe leiste. Die Kläger sähen hierin eine gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßende Ungleichbehandlung. Arbeitnehmer, die in vergleichbarer Situation ihren Wohnsitz in Dänemark hätten, würden mit solchen Einkünften nicht besteuert. Auch ein in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer sei von der inländischen Einkommensteuer befreit, wenn er in einem vergleichbaren Projekt für einen deutschen Arbeitgeber tätig sei. Das vom Finanzamt angenommene Auseinanderfallen der Ansässigkeit des Klägers gem. DBA Deutschland - Dänemark und dem Unternehmenssitz des Arbeitgebers führe nach Meinung des Beklagten zum Wegfall der Steuerbefreiung; dies führe zu einer vom Gemeinschaftsrecht nicht gedeckten Benachteiligung des Klägers.

    Mit Schriftsatz vom 24. Februar 2011 legte der Klägervertreter eine Übersetzung des Finanzabkommens zwischen der Königreich Dänemark und der Republik Benin über die Instandsetzung und den Ausbau von Straßen vor (Bl. 51 - 63 Prozessakte), auf dessen Inhalt verwiesen wird. Der Klägervertreter wies darauf hin, dass nach Art. 10 dieses Abkommens die Republik Benin das entsandte Personal von allen Abgaben auf Vergütungen, die aus dänischen Mitteln gezahlt würden, zu befreien habe. Das Abkommen und die Tatsache, dass der Kläger für einen dänischen Arbeitgeber in das Entwicklungshilfeprojekt eingebunden gewesen sei, sprächen ebenfalls dafür, dass der Kläger die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Dänemark unterhalte.

    In der mündlichen Verhandlung am 18. März 2011 beantragten die Kläger

    den zuletzt am 7. März 2011 geänderten Einkommensteuerbescheid 2003 teilweise aufzuheben und die Einkommensteuer 2003 auf den Betrag festzusetzen, der sich ergibt, wenn die Einkünfte des Klägers aus seiner nichtselbständigen Tätigkeit steuerfrei belassen und lediglich dem Progressionsvorbehalt unterworfen werden.

    Die Vertreterin des Beklagten beantragte,

    die Klage abzuweisen,

    hilfsweise,

    die Revision zuzulassen.

    Der Beklagte hält an seiner Auffassung fest, dass nach den tatsächlichen Gegebenheiten der Kläger einen Wohnsitz in Deutschland gehabt habe, dass hier der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gelegen habe und dass damit nach dem DBA Deutschland - Dänemark das Besteuerungsrecht für die Einkünfte des Klägers Deutschland zustehe. Im Übrigen verweist er zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung vom 13. August 2008.

    Gründe

    II.

    Der Senat setzt das Verfahren gem. § 74 Finanzgerichtsordnung (FGO) aus und legt gem. Art. 267 AEUV dem EuGH die im Tenor dargestellte Frage zur Vorabentscheidung vor.

    Die Vorlagefrage ist entscheidungserheblich, da der Senat auf Grund vorläufiger Bewertung der Sach- und Rechtslage an Hand des Akteninhalts davon ausgeht, dass die vom Kläger im Streitjahr erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit prinzipiell der deutschen Einkommensteuer unterliegen.

    Art. 15 Abs. 1 DBA Deutschland - Dänemark weist - vorbehaltlich der Regelungen in Art. 16, 18, 19 und 20 - das Recht zur Besteuerung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers zu, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt wird. Nach Art. 4 Abs. 2a DBA Deutschland - Dänemark gilt eine natürliche Person, die in beiden Vertragsstaaten ansässig ist, als in dem Staat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt. Verfügt sie in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, gilt sie als in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen (Mittelpunkt der Lebensinteressen) hat.

    Der Senat stützt seine Auffassung, dass der Kläger im Streitjahr 2003 in Deutschland nicht nur einen Wohnsitz, sondern auch seinen Lebensmittelpunkt hatte darauf, dass die Kläger seit ihrer Eheschließung im Jahr 1981 stets mit gemeinsamen, alleinigen Wohnsitz in L gemeldet waren, dass nach ihren Angaben die Voraussetzungen einer Zusammenveranlagung i.S.d. § 26 EStG auch im Streitjahr 2003 vorgelegen hatten und dass die Wohnung des Klägers in Dänemark nach dem Vortrag der Kläger nur bei gelegentlichen Urlaubsaufenthalten aufgesucht wurde, während die Klägerin sich im Übrigen ständig in der im Miteigentum der Kläger befindlichen Eigentumswohnung in L aufhielt. Diese Wohnung ist damit nach Auffassung des Senats als Mittelpunkt des Ehelebens der Kläger anzusehen und bildet den örtlichen Bezugspunkt für die Bestimmung des Mittelpunkts der Lebensinteressen des Klägers. Dieser ist daher - zumindest - nach Art. 4 Abs. 2a DBA Deutschland - Dänemark als in Deutschland ansässig zu betrachten.

    Es ist nicht zu erkennen, dass der Kläger im Streitjahr seine Arbeit in dem anderen Vertragsstaat - Dänemark - verrichtet hätte. Die Annahme einer Ausübung der Arbeit in dem anderen Vertragsstaat setzt die physische Anwesenheit des Arbeitnehmers in dem anderen Vertragsstaat voraus (vergl. Debatin / Wassermeyer, Doppelbesteuerung, MA Art. 15 Rz. 72). Nach dem Vortrag der Kläger wurde die Arbeitsleistung des Klägers im Streitjahr in Benin erbracht; in Dänemark habe er sich nur während der Urlaubszeiten aufgehalten. Hinweise darauf, dass in nennenswertem Umfang Arbeitszeit während Aufenthalten in Dänemark angefallen wäre, sind daher nicht vorhanden. Die Sonderregelungen der Art. 16 (Aufsichtsrats- oder Verwaltungsratsvergütungen), Art. 18 (Ruhegehälter und ähnliche Zahlungen) und Art. 20 (Studenten) des DBA Deutschland - Dänemark sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Auch die Voraussetzungen des Art. 19 DBA Deutschland - Dänemark (Zahlungen aus öffentlichen Kassen) liegen nicht vor. Es bedarf keiner Prüfung, ob die DANIDA eine öffentliche Kasse i.S.d. Art. 19 DBA Deutschland - Dänemark ist, da die Vorschrift lediglich direkte Zahlungen einer öffentlichen Kasse an eine natürliche Person betrifft. Im vorliegenden Fall war der Kläger Arbeitnehmer eines privatrechtlich organisierten Bauunternehmens, der Fa. H, Straße Hausnummer, G (Dänemark) (vergl. http://www.h.....dk). Sein Arbeitslohn wurde daher nicht aus einer öffentlichen dänischen Kasse gezahlt, selbst wenn das Unternehmen, die Fa. H, von entsprechenden Stellen Aufträge und Zahlungen erhalten hätte. Es ist daher davon auszugehen, dass nach Art. 15 DBA Deutschland - Dänemark das Besteuerungsrecht für die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit Deutschland zusteht.

    Für die Frage, ob die vom Kläger erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit mit deutscher Einkommensteuer zu belasten sind, ist es mithin entscheidungserheblich, ob diese Einkünfte nach Vorschriften des deutschen Steuerrechts steuerbefreit sind oder ob in einer Steuerbefreiungsvorschrift enthaltene Einschränkungen europarechtlich zulässig sind. Würde die im Tenor vorgelegte Rechtsfrage verneint, wäre die Klage abzuweisen. Im Falle der Bejahung der vorgelegten Rechtsfrage wäre der angegriffene Einkommensteuerbescheid nach dem Antrag der Kläger zu ändern.

    Rechtslage nach deutschem Steuerrecht:

    Nach § 34c Abs. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) können die obersten Finanzbehörden der Länder oder die von ihnen beauftragten Finanzbehörden mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen die auf ausländische Einkünfte entfallende deutsche Einkommensteuer ganz oder zum Teil erlassen oder in einem Pauschbetrag festsetzen, wenn dies aus volkswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist. Die Vorschrift erfüllt eine Auffangfunktion für den Fall, dass andere, vorrangige Lösungen, wie die Anwendung eines DBA oder eine Steueranrechnung, im Einzelfall nicht zu einem sachgerechten, volkswirtschaftlich erwünschten Ergebnis führen (Blümich, EStG-KStG-GewStG, § 34c EStG Rz. 103). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seinem Beschluss vom 19. April 1978 2 BvL 2/75 (BStBl II 1978, 548) diese Vorschrift (damals: § 34c Abs. 3 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes vom 5. Oktober 1956, BGBl I 1956, 781) für verfassungsmäßig erachtet. Die in der Vorschrift genannten „volkswirtschaftlichen Gründe” liegen nach dieser Entscheidung nur dann vor, wenn die Steuerbegünstigung der deutschen Außenwirtschaft und deren Konkurrenzfähigkeit dient.

    Auf der Ermächtigungsgrundlage des § 34c Abs. 5 EStG basiert der „Auslandstätigkeitserlass” (BStBl I 1983, 470). Durch diese Rechtsverordnung haben die Finanzbehörden für die nach § 34c Abs. 5 EStG erforderliche Ermessensausübung allgemein verbindliche Regelungen getroffen. Liegen die im Auslandstätigkeitserlass beschriebenen Voraussetzungen vor, ist das Ermessen der zuständigen Behörde auf „Null” reduziert, so dass der Steuerpflichtige einen Anspruch auf die Steuervergünstigung hat (Blümich, a.a.O., § 34c EStG Rz. 112; Herrmann-Heuer-Raupach, EStG-KStG, § 34c EStG Rz. 183).

    Nach dem Auslandstätigkeitserlass wird von der Besteuerung des Arbeitslohns abgesehen, den ein Arbeitnehmer eines inländischen Arbeitgebers auf Grund eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses für eine begünstigte Tätigkeit im Ausland erhält. Nach Abschnitt I Nr. 1 - 4 des Auslandstätigkeitserlasses sind verschiedene Auslandstätigkeiten für einen inländischen Lieferanten, Hersteller, Auftragnehmer oder einen Inhaber ausländischer Mineralaufsuchungs- oder -gewinnungsrechte begünstigt. Zu den begünstigten Aufgabenbereichen zählt u.a. die deutsche öffentliche Entwicklungshilfe im Rahmen der Technischen oder Finanziellen Zusammenarbeit (Abschn. I Nr. 4 Auslandstätigkeitserlass). Die hiernach steuerfrei gestellten Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit unterliegen dem Progressionsvorbehalt gem. Abschn. IV des Auslandstätigkeitserlasses. Auf das nach § 32a Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen ist danach der Steuersatz anzuwenden, der sich ergibt, wenn die begünstigten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei der Berechnung der Einkommensteuer einbezogen werden.

    Folgt man dem Wortlaut des Auslandstätigkeitserlasses, auf den sich auch der Beklagte beruft, ist kein Raum für die von den Klägern begehrte Steuerfreistellung. Der Arbeitgeber des Klägers ist - aus deutscher Sicht - kein „inländischer” Arbeitgeber, da er seinen Sitz im Ausland hat (vergl. BFH-Beschluss vom 8. Dezember 2010 I B 98/10, BFH/NV 2011, 596). Zudem stand die Tätigkeit des Klägers und seines Arbeitgebers nicht im Zusammenhang mit der deutschen öffentlichen Entwicklungshilfe. Die Anwendung der fraglichen Vorschriften nach ihrem Wortlaut führt demnach zu einer höheren steuerlichen Belastung des Klägers im Vergleich zu inländischen Arbeitnehmern, die entsprechende Tätigkeiten für einen inländischen Arbeitgeber ausführen. Der Beklagte hat die Einkommensteuer 2003 unter Einbeziehung der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit auf 29.718, € festgesetzt. Bei einer Freistellung der Einkünfte des Klägers durch Anwendung der Begünstigungsregelung des Auslandstätigkeitserlasses hätte sich - auch bei der nach dem Auslandstätigkeitserlass gebotenen Steuerberechnung unter Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts - lediglich eine Einkommensteuerfestsetzung von ca. 11.000,-- € ergeben. Eine unzulässige direkte Diskriminierung des Klägers selbst vermag der vorlegende Senat allerdings nicht zu erkennen. Die durch § 34c Abs. 5 EStG i.V.m. dem Auslandstätigkeitserlass ermöglichte steuerliche Begünstigung ist nicht abhängig von der Nationalität des Arbeitnehmers. Nach dem Wortlaut der Vorschrift kann auch ein deutscher Arbeitnehmer nicht in den Genuss der Steuervergünstigung kommen, wenn sein Arbeitgeber in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union ansässig ist oder wenn die Tätigkeit nicht im Rahmen der deutschen Entwicklungshilfe ausgeübt wird.

    Der vorlegende Senat hat dennoch Zweifel daran, dass die in § 34c Abs. 5 EStG i.V.m. dem Auslandstätigkeitserlass enthaltene Einschränkung der Steuerbefreiung auf Arbeitslohn, der von einem inländischen Arbeitgeber gezahlt wird, sowie auf Tätigkeiten im Zusammenhang allein mit der deutschen öffentlichen Entwicklungshilfe dem Unionsrecht entspricht.

    Art. 56 AEUV (zuvor: Art. 49 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV), in der Fassung des am 26. Februar 2001 unterzeichneten Vertrags von Nizza) steht Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Leistungsempfängers ansässig sind, entgegen. Art. 57 AEUV (zuvor: Art. 50 EGV) definiert Dienstleistungen im Sinne des Vertrags als Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen. Als Dienstleistungen gelten danach insbesondere gewerbliche Tätigkeiten, kaufmännische Tätigkeiten, handwerkliche Tätigkeiten und freiberufliche Tätigkeiten; es bestehen danach keine Zweifel daran, dass die Tätigkeit des Arbeitgebers des Klägers dem Anwendungsbereich des Art. 56 AEUV zuzuordnen ist.

    Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft, dass direkte Steuern zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, dass diese Befugnisse aber unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts auszuüben sind (vergl. EuGH, Urteil vom 6. Juni 2000, C-35/98 Verkooijen, Rz. 32 m.w.N.). Eine mittelbare Diskriminierung durch steuerliche Vorschriften kommt insbesondere in Betracht, wenn die Unterscheidung zwischen Gebietsangehörigen und Gebietsfremden zu einer unterschiedlichen steuerlichen Belastung führt. Ausreichend ist, dass die angegriffene Regelung von mittelbarem Einfluss auf die Tätigkeit ist (vergl. EuGH, Urteil vom 8. Juni 1999 C-333/97 Meussen, Rz. 25, 27).

    Nach Auffassung des Senats besteht die Möglichkeit, dass die Anwendung der fraglichen Vorschriften den Arbeitgeber des Klägers in Bezug auf die Dienstleistungsfreiheit indirekt und in unzulässiger Weise benachteiligt. Die steuerliche Begünstigung für einen Arbeitnehmer nach § 34c Abs. 5 EStG i.V.m. dem Auslandstätigkeitserlass knüpft zunächst daran an, dass der Arbeitgeber im Inland ansässig ist. Zudem würde die Steuerbegünstigung im Falle des Klägers erfordern, dass sein Arbeitgeber im Bereich der deutschen öffentlichen Entwicklungshilfe im Rahmen der Technischen oder Finanziellen Zusammenarbeit tätig wäre, dass dessen Tätigkeit mithin der Förderung der deutschen Außenwirtschaft diente. Da beide Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht gegeben sind, ist nach dem Wortlaut der Vorschriften der vom dänischen Arbeitgeber des Klägers gezahlte Arbeitslohn in vollem Umfang mit deutscher Einkommensteuer zu belasten.

    Diese Belastung träfe zwar direkt nur den Kläger als Arbeitnehmer. Sie hätte indes auch Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis des Klägers zu seinem Arbeitgeber und auf dessen Möglichkeiten unternehmerischer Dispositionen. Aus dem von den Klägern vorgelegten Antrag des Arbeitgebers des Klägers und der Bescheinigung der Gemeinde H ergibt sich, dass die Einkünfte des Klägers aus seiner nichtselbständigen Arbeit in Dänemark im Hinblick auf die Tätigkeit in einem von DANIDA finanzierten Projekt steuerfrei gestellt worden ist. Zu demselben Ergebnis würde der Auslandstätigkeitserlass führen, wenn ein in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer für einen inländischen Arbeitgeber im Rahmen eines Entwicklungshilfeprojekts nichtselbständig tätig wäre. Die Besteuerung des Arbeitslohns des Klägers resultiert daher allein aus dem Auseinanderfallen seines Wohnsitzstaats und des Ansässigkeitsstaats seines Arbeitgebers. Die erhebliche steuerliche Belastung macht das Arbeitsverhältnis für den Kläger wirtschaftlich weniger attraktiv im Vergleich zu den entsprechenden Arbeitsverhältnissen seiner in Dänemark ansässigen Kollegen, aber auch im Vergleich zu entsprechenden Arbeitsverträgen von inländischen Arbeitnehmern deutscher, auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe tätigen Firmen. Ein Ausgleich wäre nur möglich, wenn der Arbeitgeber ein entsprechend höheres Bruttogehalt zahlen würde, was einerseits ihn wirtschaftlich belasten würde, andererseits zu einer Ungleichbehandlung ansonsten vergleichbarer Arbeitsverhältnisse führen würde. Diese vom Wohnsitz des Arbeitnehmers abhängigen Differenzen in der steuerlichen Belastung des Bruttogehalts haben damit auch Auswirkungen auf die Sphäre des Arbeitgebers, weil sie seine Möglichkeiten hinsichtlich der Auswahl geeigneter Arbeitnehmer und des Abschlusses von Arbeitsverträgen einschränken. Er wird sich im Zweifel darauf beschränken, Arbeitnehmer zu beschäftigen, die in seinem Ansässigkeitsstaat wohnhaft und steuerpflichtig sind, und nicht grenzüberschreitend nach qualifiziertem Personal zu suchen. Arbeitnehmer mit entsprechenden Qualifikationen werden sich - parallel dazu - vorzugsweise um Arbeitsverhältnisse ausschließlich in ihrem Wohnsitzstaat bemühen. Der Senat sieht hierin die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Dienstleistungserbringung eines in einem anderen Mitgliedsstaat ansässigen Arbeitgebers.

    Zwingende Gründe einer Ungleichbehandlung inländischer Unternehmen im Vergleich zu solchen aus anderen Mitgliedsstaaten sind vorliegend nach Auffassung des Senats nicht gegeben. Die in § 34c Abs. 5 EStG i.V.m. dem Auslandstätigkeitserlass vorgesehene Beschränkung der Förderung nur auf inländische Unternehmen, die im Rahmen der deutschen Entwicklungshilfe tätig sind, steht im Widerspruch zu dem in Art. 208 AEUV (früher: Art. 177 EGV) und Art. 210 AEUV (früher: Art. 180 EGV) normierten Ziel der Gemeinschaft, eine koordinierte Politik auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit zu fördern. Zudem ist nach dem Urteil des EuGH vom 6. Juni 2000 C-35/98 Verkooijen (Rz. 32 m.w.N.) der Versuch einer Legitimierung einer diskriminierenden Steuervorschrift durch Belange der Förderung der Wirtschaft eines Landes unzulässig.

    Da, wie dargelegt, Zweifel an der Auslegung des einschlägigen EG-Rechts bestehen, erschien die Vorlage nach Art. 267 AEUV geboten.

    VorschriftenEStG § 34c Abs. 5, FGO § 74, AEUV Art. 56, AEUV Art. 208, AEUV Art. 210, AEUV Art. 267

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