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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 16.01.2002 – 15 K 8624/99 K

    Der Geschäftsführer einer in Polen ansässigen Kapitalgesellschaft, die im Inland Subunternehmer-Bauleistungen erbringt, kann durch seine Tätigkeit bei Vertragsabschlüssen und der Bauüberwachung keine Vertreterbetriebsstätte mit der Rechtsfolge der beschränkten Steuerpflicht begründen, da sein Handeln als Organ einer juristischen Person nicht mit rechtsgeschäftlicher oder wirtschaftlicher Vertretung gleichgesetzt werden kann. Überdies fehlt es auch an einer Vollmachtsausübung i.S.d. DBA-Polen.


    Der Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheid 1997 vom 16.12.1998 sowie die Körperschaftsteuerbescheide 1998 vom 27.7.2000 und 1999 vom 27.3.2001 werden aufgehoben.

    Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Beteiligten streiten in den Verfahren 15 K 983/00 K wegen Körperschaftsteuer 1997 und 15 K 8624/99 K wegen Körperschaftsteuer 1998 und 1999 darüber, ob die Klägerin in den Streitjahren mit ihren im Inland erzielten Einkünften der deutschen Besteuerung unterliegt. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

    Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) polnischen Rechts mit Sitz in A-Stadt/Polen, die ein Bauunternehmen (Installations- und Metallarbeiten) betreibt. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin ist der ebenfalls in Polen ansässige A.

    Seit 1993 erbrachte die Klägerin Bauleistungen als Subunternehmerin im Inland. Sie war hier mit eigenen Arbeitnehmern auf der Grundlage von Werkverträgen tätig, die ihr Geschäftsführer mit inländischen Auftraggebern in Deutschland abgeschlossen hatte. Wegen Einzelheiten wird auf die in den Steuerakten befindlichen Werkverträge Bezug genommen.

    In den Jahren 1993 bis 1999 schloss der Geschäftsführer der Klägerin insgesamt 13 Werkverträge mit fünf verschiedenen inländischen Auftraggebern ab. Hinsichtlich der in den Streitjahren erfassten Bauvorhaben wurden hierbei folgende Vereinbarungen über Laufzeiten und Vergütungen getroffen:

    Vertragsabschluss

      Ausführungsort Ausführungszeit Werklohn Arbeitnehmer
    11.12.1996 B-Stadt 01.02.97 - 24.10.97 268.892 6 (15)
    18.12.1996 C-Stadt 01.04.97 - 30.09.97 167.147 5
    19.12.1996 D-Stadt 03.03.97 - 26.07.97 56.794 4
    20.03.1997 E-Stadt 02.05.97 - 31.10.97 209.350 6
    27.10.1997 F-Stadt 02.06.98 - 19.09.98 63.169 3
    29.10.1997 E-Stadt 01.02.98 - 24.01.99 353.008 6
    16.12.1997 G-Stadt 01.02.98 - 30.09.98 222.554 3
    Von den Erlösen des erst im Jahr 1999 abgeschlossenen Auftrags in E-Stadt entfiel (rechnerisch) ein Anteil von 32.091 DM auf dieses Jahr.

    Der Anteil der inländischen Umsätze an den Gesamtumsätzen der Klägerin betrug 1997 75,4 v.H., 1998 57,4 v.H. und 1999 24,9 v.H.

    Die Verhandlungen mit den inländischen Vertragspartners führte der Geschäftsführer der Klägerin. Er beantragte auch bei der Arbeitsverwaltung die nach der deutsch-polnischen Regierungsvereinbarung vom 31.1.1990 erforderliche Genehmigung für die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer im Rahmen von Werkverträgen. In den entsprechenden Anträgen gab er weisungsgemäß die inländische Anschrift H-Stadt, H-Straße als Zustelladresse an. Unter dieser Adresse wohnt nach Angaben der Klägerin ein polnischsprachiger Bekannter ihres Geschäftsführers, dem dort bei seinen Aufenthalten im Inland im Kellergeschoß ein möbliertes Zimmer mit Bad (Gesamtwohnfläche 30 qm) zur Verfügung stand.

    Die Arbeiten vor Ort wurden jeweils von einem Vorarbeiter der Klägerin geleitet, der im Bedarfsfall vom Geschäftsführer der Klägerin - telefonisch - Weisungen erhielt. In regelmäßigen Abständen sah auch der Geschäftsführer auf den Baustellen nach dem Rechten. Er hielt sich in den Streitjahren an insgesamt 73 Tagen in 1997, 51 Tagen in 1998 und 35 Tagen in 1999 im Inland auf. Wegen Einzelheiten wird auf den klägerischen Schriftsatz vom 16.1.2003 Bezug genommen.

    Das ursprünglich zuständige Finanzamt I-Stadt sah in dem Geschäftsführer der Klägerin einen im Inland bestellten ständigen Vertreter im Sinne des § 13 AO und hielt die Klägerin wegen dieser Vertreterbetriebsstätte gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 a EStG für beschränkt steuerpflichtig. Es setzte für die Streitjahre zunächst Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen fest. Die Gewinne aus der Bautätigkeit ermittelte es hierbei unter Anwendung eines „Reingewinnsatzes” von 5 v.H. auf die vereinbarten Umsatzerlöse. Für die Streitjahre ergaben sich hierbei folgende gewerblichen Einkünfte (zugleich zu versteuerndes Einkommen) und Körperschaftsteuer:

      Erlöse in DM Gewinn (Einkommen) in DM Körperschaftsteuer in DM
    1997 702.184 35.109 14.745
    1998 638.731 31.936 13.413
    1999 32.091 1.604 641


    Die Klägerin legte gegen die Körperschaftsteuer-Vorauszahlungsbescheide Einsprüche ein. Sie verneinte unter Bezugnahme auf das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 18.12. 1972 (i.d.F. des Änderungsprotokolls vom 24.10.1997 - BGBl II 1981, 307) - DBA-Polen - ein inländisches Besteuerungsrecht.

    Nach Erhebung der Klage 15 K 8624/99 K erließ das Finanzamt I-Stadt Körperschaftsteuerbescheide für 1998 am 27.7.2000 und für 1999 am 27.3.2001, gegen die die Klägerin zunächst ebenfalls Einsprüche einlegte. Nachdem die Klägerin diese Bescheide gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) a.F. zum Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens gemacht hatte, nahm sie diese Einsprüche wieder zurück. Für das Streitjahr 1997 ist nach Aktenlage bis heute kein Jahressteuerbescheid ergangen.

    Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor:

    Die Auffassung der beklagten Finanzbehörde, der Geschäftsführer der Klägerin sei als ständiger Vertreter im Sinne des Art. 5 Abs. 5 OECD-Musterabkommen (MA) anzusehen, sei rechtsirrig. Hierbei werde übersehen, dass zwischen der handwerksrechtlichen und steuerrechtlichen Bewertung zu differenzieren sei. Der Geschäftsführer habe zu keinem Zeitpunkt Weisungen gegenüber seinen Arbeitnehmern im Bundesgebiet erteilt.

    Abhängiger Vertreter im Sinne der steuerrechtlichen Vorschriften könne zudem nur der rechtsgeschäftlich Bevollmächtigte, nicht jedoch ein Organ der Gesellschaft sein. Der Geschäftsführer nehme jedoch auch nach den einschlägigen des polnischen Handelsgesetzbuchs eine Organstellung wahr. Organstellung und Geschäftsführung schlössen sich jedoch schon aus rechtssystematischen Gründen aus (Hinweis auf das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 17.9.1997, EFG 1998, 576).

    Ein inländischer Anknüpfungspunkt ergebe sich auch nicht aus anderen Gesichtspunkten. So habe es sich bei der inländischen Anschrift des Geschäftsführers der Klägerin um eine reine Korrespondenzadresse gehandelt, die von der deutschen Arbeitsverwaltung verlangt worden sei. Der Geschäftsführer habe sich in der Regel nicht länger als jeweils drei bis vier Tage und jährlich insgesamt nicht mehr als ein paar Wochen im Bundesgebiet aufgehalten. Hierbei habe er sich mit Kunden/Auftraggebern getroffen, auf den Baustellen nach dem Rechten gesehen und mit den Vorarbeitern die Arbeitsabläufe besprochen. Der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin liege jedoch eindeutig in Polen, so dass sich ihr - alleiniger - Gesellschafter schon aus diesem Grund nicht lange im Inland habe aufhalten können.

    Das Weisungsrecht auf den Baustellen hätten die jeweiligen Vorarbeiter ausgeübt. Die Klägerin habe zur Realisierung der Werkverträge stets kleinere, eingespielte Arbeiterkolonnen eingesetzt, die als Kolonnenführer einen Vorarbeiter oder Polier gehabt hätten. Hierbei habe es sich stets um erfahrene Fachkräfte gehandelt, die zudem in regelmäßigem Kontakt zum Geschäftsführer der Klägerin gestanden und die auftretenden Probleme und Fragen meist telefonisch gelöst hätten.

    Die Klägerin beantragt, die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide ersatzlos aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt Klageabweisung.

    Er hält an der Rechtsauffassung des ursprünglich zuständigen Finanzamts fest. Hiernach sei mit der Tätigkeit des Geschäftsführers der Klägerin eine Vertreterbetriebsstätte im Sinne des Art. 5 Abs. 4 DBA-Polen im Inland begründet worden. Zwar führe der von der Handwerksordnung (HandwO) geforderte Aufgabenzuschnitt des verantwortlichen Betriebsleiters für sich genommen noch nicht zur Annahme eines abhängigen Vertreters im Sinne des dieser Vorschrift entsprechenden Art. 5 Abs. 5 OECD-MA; gleichwohl sei der (von der Klägerin bestrittene) Eintrag in die Handwerksrolle als Betriebsleiter nicht lediglich eine Formsache. Denn der verantwortliche Betriebsleiter im Sinne des § 7 Abs. 5 HandwO sei u.a. für den gesamten handwerklichen Arbeitsbereich des Unternehmens verantwortlich, habe sämtliche Handwerkstätigkeiten vor Ort in fachlicher Hinsicht zu leiten, zu betreuen und zu kontrollieren und müsse zudem maßgeblichen persönlichen Einfluss auf den technischen Betriebsablauf nehmen.

    Während des Klageverfahrens hat auf der Beklagtenseite ein Zuständigkeitswechsel stattgefunden (vgl. § 20a Abs. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 Satz 2 AO und § 1 UStZustVO i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2001 vom 20.12.2001). Diese gesetzliche Zuständigkeitsänderung führte zu einem Beteiligtenwechsel in den anhängigen Klageverfahren, der ohne Einfluss auf die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ist (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 1. August 1979 VII R 115/76, BStBl II 1979, 714).

    Gründe

    Die Klage ist begründet.

    Die Klägerin war in den Streitjahren in Deutschland weder unbeschränkt noch beschränkt steuerpflichtig.

    1. Der Senat kann zunächst mit hinreichender Sicherheit ausschließen, dass sich die Geschäftsleitung der Klägerin in den Streitjahren im Inland befunden hat, so dass eine unbeschränkte Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG ausscheidet.

    Zwar können grundsätzlich auch ausländische Kapitalgesellschaften unbeschränkt steuerpflichtig sein, deren Geschäftsleitung sich im Inland befindet (BFH-Urteil vom 23.6.1993 I R 31/92, BFH/NV 1994, 661 m.w.N.), Dies setzt jedoch voraus, dass hier der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung ist, d.h. dass hier der für die Geschäftsführung maßgebende Wille gebildet wird und die für die Geschäftsführung erforderlichen Maßnahmen angeordnet werden (vgl. § 10 der Abgabenordnung). Das ist regelmäßig der Ort, an dem die zur Vertretung befugten Personen die ihnen obliegende laufende Geschäftsführertätigkeit entfalten, d.h. an dem sie die tatsächlichen, organisatorischen und rechtsgeschäftlichen Handlungen vornehmen, die der gewöhnliche Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt (z.B. BFH-Urteil vom 3.7.1997 IV R 58/95, BStBl II 1998, 86).

    Zwar käme das dem Geschäftsführer der Klägerin zur Verfügung stehende Zimmer in H-Stadt grundsätzlich als Ort der Geschäftsleitung der Klägerin in Betracht, weil es hierfür einer festen eigenen Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient, gerade nicht bedarf (BFH-Urteil vom 16.12.1997 I R 138/97, BStBl II 1999, 437). Als Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung der Klägerin scheidet dieser Ort im Streitfall jedoch schon deshalb aus, weil sich der Geschäftsführer der Klägerin überwiegend nicht im Inland aufgehalten hat und die Klägerin zudem nicht nur im Inland, sondern - in einzelnen Jahren sogar überwiegend - im Ausland (Polen) tätig war. Die inländische Kontaktadresse wurde lediglich gegenüber der Arbeitsverwaltung verwendet, die auf einer inländischen Zustellanschrift bestanden hatte.

    Dagegen findet sich in sämtlichen Werkverträgen die polnischen Geschäftsanschrift der Klägerin.

    2. Die Klägerin war in den Streitjahren aber auch nicht gemäß § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1 KStG in Verbindung mit § 49 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a EStG beschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Denn sie unterhielt im Inland weder eine Betriebsstätte gemäß § 12 AO, noch hatte sie hier einen ständigen Vertreters nach § 13 AO bestellt.

    a) Als Betriebsstätte nach § 12 AO kommt im Streitfall mangels einer festen Geschäftseinrichtung oder Anlage nur § 12 Satz 2 Nr. 8 AO (Bauausführungen oder Montagen) in Betracht.

    aa) Für die Annahme einer festen Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des klägerischen Unternehmens diente (§ 12 Satz 1 AO), findet sich vor dem Hintergrund der von den Klägerin mit jeweils wenigen Arbeitnehmern erbrachten Subunternehmer-Bauleistungen kein (hinreichender) Anhaltspunkt.

    Nach ständiger Rechtsprechung stellt eine mögliche Geschäftseinrichtung nur dann eine Betriebsstätte dar, wenn der Steuerpflichtige über sie nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat (z.B. BFH-Urteil vom 16.5.1990 I R 113/87, BStBl II 1990, 983 m. w. N.). Die Klägerin unterhielt auf den einzelnen Baustellen nach Aktenlage jedoch keine Einrichtungen, für deren Nutzung sie eine Rechtsposition innehatte, die ihr nicht mehr ohne weiteres entzogen werden konnte. Die bloße Berechtigung zur Nutzung von Räumen im Interesse eines anderen begründet für sich genommen noch keine Betriebsstätte. Es muss vielmehr ein Nutzungsrecht gegeben sein, das sich auf bestimmte Räume bezieht. Das bloße Tätigwerden der Arbeitnehmer der Klägerin in fremden Räumen reicht für die Begründung einer Verfügungsmacht jedenfalls nicht aus. Eine inländische Betriebsstätte der Klägerin konnte sich deshalb auch nicht dadurch ergeben, dass von ihren Arbeitnehmern möglicherweise Umkleide-, Aufenthaltsräume oder ähnliche Räumlichkeiten auf den Baustellen mitbenutzt wurden. Sozialräume begründen im übrigen ohnehin keine Betriebsstätte (BFH-Urteil vom 7. März 1979 I R 145/76, BStBl II 1979, 527). Aus diesem Grund kann letztlich auch dahinstehen, wie die Arbeitnehmer der Klägerin im Inland untergebracht waren.

    bb) Als inländische Betriebsstätte kommen damit allenfalls Bauausführungen im Sinne des § 12 Satz 2 Nr. 8c AO in Betracht, die länger als sechs Monate gedauert haben.

    Dies war bei den Baustellen in B-Stadt, G-Stadt und E-Stadt der Fall. Der Bundesrepublik ist allerdings trotz der insoweit bestehenden inländischen (beschränkten) Steuerpflicht das Besteuerungsrecht nach Art. 7 Abs.1 DBA-Polen verwehrt, da nach Art. 5 Abs. 2 g DBA-Polen lediglich Bauausführungen von mehr als 12 Monaten eine Betriebsstätte im anderen Staat begründen.

    Nach Aktenlage können die einzelnen Bauausführungen im Streitfall auch nicht wegen zeitlicher oder sachlicher Berührungspunkte als Betriebsstätte qualifiziert werden.

    Nach den maßgebenden DBA-Regelungen ist eine Zusammenfassung mehrerer Bauvorhaben nur möglich, wenn die Bauausführungen nach der Verkehrsauffassung als eine Einheit angesehen werden können. Der Kommentar zum OECD-Musterabkommen (MA) enthält in diesem Zusammenhang eine Beurteilungshilfe zur Bestimmung der Zwölfmonatsregel. Hiernach sind mehrere Bauausführungen dann als Einheit zu behandeln, wenn sie zwar auf verschiedenen Verträgen beruhen, aber wirtschaftlich und geographisch ein zusammenhängendes Ganzes bilden (Art. 5 Nr. 18 Satz 3 MA). Mit dieser Betrachtungsweise soll einem Missbrauch entgegengewirkt werden, der darin besteht, ein einheitliches Bauvorhaben zur Vermeidung des Besteuerungsrechts des Betriebsstättenstaats in mehrere Bauausführungen aufzuspalten. Entscheidend ist, ob die (verschiedenen) Bauausführungen wirtschaftlich so zusammenhängen, dass sie üblicherweise den Gegenstand eines einheitlichen Auftrags bilden würden.

    Im Streitfall ist nichts dafür ersichtlich, dass die einzelnen Bauausführungen in der für ihre Zusammenfassung erforderlichen Weise wirtschaftlich zusammenhingen. Es handelte sich um örtlich getrennte Baustellen, für die gesonderte Aufträge zudem durch meist unterschiedliche Auftraggeber erteilt worden sind. Da Subunternehmeraufträge üblicherweise ohnehin für einzelnen Gewerke gesondert erteilt zu werden pflegen, ist schließlich auch die Annahme mehr als fernliegend, die Werkverträge seien zur Vermeidung der Begründung einer inländischen Betriebsstätte gezielt getrennt worden.

    b) Entgegen der Auffassung des Beklagten kann die inländische beschränkte (Körperschaft-)Pflicht im Streitfall auch nicht nach § 49 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a EStG in Verbindung mit § 13 AO auf die Bestellung eines ständigen Vertreters gestützt werden.

    aa) Ständiger Vertreter ist nach der Legaldefinition des § 13 Satz 1 AO eine Person, die nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt. Der ständige Vertreter tritt als persönliches Anknüpfungsmerkmal neben das sachliche Anknüpfungskriterium der Betriebsstätte. Dieses subsidiäre Anknüpfungsmerkmal soll (nur) solche Einkünfte erfassen, die durch Vermittlung von Generalagenten oder sonstige Agenten oder durch einen regelmäßig im Inland tätigen Vertreter erzielt werden, wobei der Vertreter für einen anderen und an dessen Stelle ein Rechtsgeschäft vornimmt (BFH-Urteil vom 18.10.1990 X R 82/89, BStBl II 1991, 395 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung RT-Drs. 1924/25, Nr. 1229, S. 33).

    Auch § 13 Satz 2 AO umschreibt den ständigen Vertreter als eine Person, die für ein (anderes) Unternehmen nachhaltig Verträge abschließt oder vermittelt oder Aufträge einholt oder einen Bestand von Gütern oder Waren unterhält und davon Auslieferungen vornimmt. Nach dem BFH-Urteil in BStBl II 1991, 395 soll es zwar grundsätzlich unerheblich sein, ob der Vertreter rechtsgeschäftliche Handlungen für einen anderen vornimmt oder ob er im Rahmen einer tatsächlichen wirtschaftliche Repräsentanz tätig wird. Gleichwohl setzt der Begriff der Vertretung voraus, dass der Vertreter anstelle des Unternehmers Handlungen vornimmt, die in dessen Betrieb fallen. Nach dem insoweit maßgeblichen Wortlaut kann der Unternehmer selbst damit weder „Vertreter” sein, der den Sachweisungen seines (eigenen) Unternehmens unterliegt, noch kann er sich selbst als solchen „bestellen”.

    Ob das Organ einer juristischen Person Vertreter im Sinne des § 13 AO sein kann, wird in der Kommentarliteratur allenfalls am Rande erörtert (bejahend etwa Tipke/Kruse, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 13 AO Tz. 5; verneinend Kumpf in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 49 EStG Rdnr. 226, jeweils ohne nähere Begründung). Die finanzgerichtliche Rechtsprechung ist ebenfalls uneinheitlich (bejahend FG München, Beschlüsse vom 10.9. 1997 7 V 3061/97, EFG 1998, 519 und vom 28.5.1998 7 V 1/98, EFG 1998, 1491; verneinend Niedersächsisches FG, Urteil vom 4.7.1991 VI 480/99, RIW 1991, 1055, FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.9.1997 4 K 2438/95, EFG 1998, 576). Der BFH hat sich zu dieser Frage mangels Entscheidungserheblichkeit bislang noch nicht geäußert.

    Nach Auffassung des erkennenden Senats kann die Tätigkeit des Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft keine Vertreterbetriebsstätte im Sinne des § 13 AO begründen.

    Die Grundsätze der zu einem Einzelunternehmer (natürlichen Person) ergangenen Entscheidung des BFH in BStBl II 1991, 395 gelten schon deshalb uneingeschränkt auch für juristische Personen, weil es für die Frage des inländischen Anknüpfungsmerkmals nicht auf die Rechtsform des ausländischen Unternehmens ankommen kann.

    Der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft kann als Organ einer juristischen Person ebenso wenig wie der Einzelunternehmer zugleich dessen (rechtsgeschäftlicher oder wirtschaftlicher) Vertreter sein. Nach der sog. Organtheorie handelt das Organ nicht für die juristische Person, sondern die juristische Person handelt ihrerseits durch das Organ (vgl. etwa Palandt/Heinrichs, BGB § 31 Anm. 1). Die juristische Person wird durch das Organ erst handlungsfähig. Das Handeln des Organs ist damit kein fremdes Handeln, dessen Wirkungen der juristischen Person - sei es rechtsgeschäftlich oder auf sonstige Weise - erst zuzurechnen ist. Das Organ ist vielmehr Bestandteil der juristischen Person.

    Dass die Rechtsform des ausländischen Unternehmens als Abgrenzungskriterium ungeeignet ist und die unterschiedlichen Rechtsfolgen, die an das Handeln des für sein Unternehmen tätigen Einzelunternehmer und des Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft geknüpft werden, sich sachlich nicht begründen lassen, macht gerade der Streitfall deutlich, in der der Inhaber der klägerischen Einmann-Gesellschaft, die sich weder von ihrer wirtschaftlichen Struktur und dem Umfang ihrer Tätigkeit von einer gewöhnlichen Einzelfirma unterscheidet, die Geschäfte seines Unternehmens im Inland besorgt hat.

    bb) Fehlt es damit bereits an einer (beschränkten) Steuerpflicht nach inländischem Steuerrecht, so steht zudem das DBA-Polen der inländischen Besteuerung entgegen, wobei der Vertreterbegriff im DBA eher enger ist als der des § 13 AO. So verlangt das DBA das Vorliegen einer „Vollmacht”, die den Vertreter zum Abschluss von Verträgen im Namen des Unternehmens berechtigt, und eine gewöhnliche Ausübung diese Vollmacht (Art. 5 Abs. 4 DBA-Polen). Einer Vollmacht bedurfte der Geschäftsführer der Klägerin für die inländischen Geschäftsabschlüsse jedoch gerade nicht.

    Auch die einschlägige Kommentarliteratur geht wohl überwiegend davon aus, dass der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft nicht zugleich Vertreter im Sinne des Art. 5 Abs. 4 OECD-MA sein kann (vgl. Vogel, Doppelbesteuerungsabkommen, Kommentar, 3. Aufl., Art. 5 Rdnr. 137b; Becker/Höppner/Grotherr/Kroppen, DBA-Kommentar, Art. 5 OECD-MA Rdnr. 218; a.A. Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 5 OECD-MA Rdnr. 202 u. IStR 1999, 405). Dass seine Auffassung zu Abgrenzungsproblemen zwischen Einzelunternehmen und Kapitalgesellschaften führt, zeigt Wassermeyer (in Debatin/Wassermeyer, a.a.O. Rdnr. 194) selbst auf. Diese Abgrenzungsprobleme lassen sich jedoch systemgerecht am ehesten dadurch vermeiden, dass man die Tätigkeit des für die Kapitalgesellschaft handelnden Organs der Tätigkeit des Einzelunternehmers gleichstellt.

    cc) Selbst wenn der Geschäftsführers der Klägerin dem Grunde nach ständiger Vertreter im Sinne des § 13 AO wie des Art. 5 Abs. 4 DBA-Polen sein könnte, ergäbe sich hieraus im Streitfall noch nicht zwingend das Vorliegen einer inländischen Vertreterbetriebsstätte.

    Soweit der Geschäftsführer der Klägerin im Rahmen seiner inländischen Aufenthalte die Baustellen vor Ort überwachte und für die Einhaltung der arbeits- und handwerk- und gewerberechtlichen Vorschriften Sorge getragen hat, handelte es sich um eine Tätigkeit, die originärer Bestandteil der Bauausführungen waren. Hieraus lässt sich folglich kein - zusätzlicher - Anknüpfungspunkt für die inländische Steuerpflicht begründen. ohne dass es darauf ankommt, ob es sich bei dem ständigen Vertreter lediglich um einen subsidiären Anknüpfungspunkt handelt (vgl. hierzu Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O. Rdnr. 191 mit weiteren Nachweisen). Fehlt es nämlich bei den Bauausführungen - mangels hinreichender Dauer - an der Eignung zur Begründung einer Betriebsstätte, so kann dieses für die Anknüpfung maßgebende Zeitmoment nicht dadurch gegenstandslos werden, dass man den verantwortlichen Bauleiter als einen ständigen Vertreter qualifiziert, der die Geschäfte des Unternehmens besorgt. Aus diesem Grund brauchte der Senat auch nicht der zwischen den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung streitigen Frage nachzugehen, ob der Geschäftsführer der Klägerin in die Handwerksrolle eingetragen war.

    Soweit der Geschäftsführer in den Streitjahren wiederholt Werkverträge für die Klägerin abgeschlossen hat, liegt es zwar nahe, dieser in § 13 Satz 2 Nr. 1 AO ausdrücklich aufgeführten Vertretertätigkeit eigenständiges Gewicht beizumessen, zumal die Klägerin darauf angewiesen war, sich gerade im Inland um Aufträge zu bemühen. Denn sie konnte nicht ohne weiteres erwarten, von potentiellen Auftraggebern gezielt angesprochen zu werden, wie der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung näher erläutert hat. Ob allerdings 13 Geschäftsabschlüsse in einem Zeitraum von 7 Jahren für die erforderliche Nachhaltigkeit der Geschäftsbesorgung (vgl. hierzu Tipke/Kruse, a.a.O. § 13 AO Tz 7 ausreichen, erscheint zumindest zweifelhaft.

    3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.

    4. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr.1 FGO. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung.

    VorschriftenKStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, KStG § 2 Nr. 1, KStG § 8 Abs. 1, EStG § 49 Abs. 1 Satz 2, AO § 13 Satz 1, AO § 13 Satz 2

    Karrierechancen

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