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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 26.01.2005 – 12 K 459/00

    Umsätze aus von Männern dargebotenen Striptease-Shows, zu denen ausschließlich weibliches Publikum zugelassen ist und bei denen ausschließlich die Zurschaustellung des männlichen Körpers im Vordergrund steht, sind nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe a UStG zu unterwerfen.


    Im Namen des Volkes

    Urteil

    In dem Finanzrechtsstreit

    wegen Umsatzsteuer 1998

    hat der 12. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg – aufgrund der mündlichen Verhandlung – in der Sitzung vom 26. Januar 2005 durch Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richterin am Finanzgericht … ehrenamtliche Richter …

    für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

    Tatbestand

    Streitig ist, ob die aus den Veranstaltungen mit den „…” (im Weiteren: …) erzielten Umsätze dem ermäßigten Steuersatz in Höhe von 7 % gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 a Umsatzsteuergesetz 1998 (UStG) unterliegen.

    Die Klägerin, eine im Mai 1998 gegründete GbR, verkauft und organisiert kulturelle Veranstaltungen und Ähnliches. Auf Grund einer im Februar 1999 eingereichten geschätzten Umsatzsteuer-Voranmeldung für das IV. Kalendervierteljahr 1998, der im April 1999 die Abgabe einer berichtigten folgte, fand Ende April 1999 eine diesen Zeitraum betreffende Umsatzsteuer-Außenprüfung statt. Diese kam zu dem Ergebnis, dass die aus den Veranstaltungen mit den … erzielten Umsätze in Höhe von … DM dem Regelsteuersatz von 16 % und nicht, wie von der Klägerin in ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung angegeben, dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegen (Prüfungsbericht vom 16. August 1999, Betriebsprüfungsakte – Bp-Akte-Blatt 5).

    Bei den … handelt es sich, laut „Engagementsvertrag” zwischen der Klägerin und den … vom 03. August 1998 (Bp-Akte, Blatt 9), um eine „…” mit sechs Strippern sowie Moderator. Die … werben mit „…”. Ihrem Programmheft („…”) ist zu entnehmen, dass die Ursprünge ihrer Shows in den kleinen kalifornischen Clubs mit ihrer intimen und persönlichen Atmosphäre liegen würden, die sich auch in den „großen Hallen Europas” nicht verliere. Die Shows, die ausschließlich weibliches Publikum zulassen („For women only” und „Männer haben keinen Zutritt”), werden als perfekte Bühnenshows bezeichnet, in denen weder die „nötige Portion Romantik” noch Spaß und gute Musik zu kurz kommen. Sie sind dabei aufgeteilt in 10 Bilder bzw. Szenen von jeweils 8–10 Minuten Dauer, die jeweils einen „dramatischen Höhepunkt aus einem Theaterstück, einer Ballettaufführung oder einer Musicalinszenierung” wiedergeben, was sich auch in der passenden Kostümierung der einzelnen „Models” sowie deren Rollenverteilung widerspiegele. Dabei, so das Programmheft, „schlüpfen diese selbstverständlich immer wieder aus ihrer Beinkleidung”. Das zweistündige „professionelle, provozierende, pulsierende” Showprogramm soll dazu dienen, die „unerschöpflichen Phantasien der Zuschauerinnen” zu aktivieren und zu inspirieren. Das Programmheft wirbt damit, dass während synchroner Tanzeinlagen die „smarten Jungs” ihre „T-Shirts von der Brust reißen” und damit „jubelnde Frauenmengen beglücken”, dass, wenn die … ihre „makellosen Bodys zu heißer Musik wiegen und dabei ihren erotischen Charme mit männlicher Kraft versprühen, die Zuschauerinnen, ob 18- oder 50-jährig, atemlos” seien „und die Emotionen das Blut durch ihre Adern rauschen ließen”. Das Fazit der Werbung: „Erotik und Esprit. Bisher waren erotische Shows eine reine Männerdomäne! Diese Zeiten sind endlich vorbei, denn auch Frauen haben das Recht auf ihre schönsten Phantasien”. Die Akteure, die als schöne Männer mit knackigen (gut durchtrainierten und braungebrannten) Körpern, gut gebaut, blond, kurzhaarig oder schwarz mit wallenden Locken, ästhetisch mit den Muskeln spielend beschrieben werden, sind Sieger des „…”, der „begehrtesten Auszeichnung der Branche”, die jährlich in … verliehen wird und Absolventen der … in ….

    Die Ergebnisse der Umsatzsteuer-Außenprüfung wurden im Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das IV. Kalendervierteljahr 1998 vom 07. September 1999 umgesetzt, gegen den die Klägerin Einspruch einlegte. Die Beklagte wies diesen mit Einspruchsentscheidung vom 31. Oktober 2000 als unbegründet zurück. Auch fanden sie im Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1998 vom 26. April 2000 Berücksichtigung.

    Ihre am 20. November 2000 eingelegte Klage begründet die Klägerin im Wesentlichen dahingehend, dass die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG bei den Umsätzen aus den Veranstaltungen mit den … vorlägen, da es sich dabei um Veranstaltungen von Theatervorführungen im Sinne dieser Vorschrift handele. Theatervorführungen seien Aufführungen von Bühnenwerken, worunter alle musikalisch-dramatischen Werke, insbesondere solche der Tanzkunst (z.B. Ballett) fallen würden, bei denen, wie bei den …, an Stelle des gesprochenen oder gesungenen Wortes die körperliche Sprache (Gestik und Mimik) im Vordergrund stehe. Die … seien eine Tänzergruppe, die in den Shows in verschiedenen Kostümierungen ballettmäßig aufträten, musikalische Leistungen erbrächten und tanzten, wobei Allem eine ausgeklügelte, professionell einstudierte Choreographie zu Grunde liege. Insofern seien die Veranstaltungen der … mit denen des klassischen Balletts vergleichbar. Sie seien lediglich der Kategorie der „heiteren Muse” zuzuordnen, würden aber, wie das klassische Ballett, den „Körper zur Schau stellen”. Gerade im modernen Tanztheater sei es auch üblich, leicht bekleidet oder gar nackt aufzutreten.

    Des Weiteren sei der Bereich der steuerbegünstigten kulturellen Leistungen in § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG grundsätzlich sehr weit auszulegen, weswegen die Veranstaltungen mit den … bereits aus diesem Grunde der ermäßigten Besteuerung unterliegen würden. Dieses ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte des § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG, da damit der gesamte Kultur- und Unterhaltungsbereich begünstigt werden sollte.

    Moralisch-konservative Beweggründe dürften bei der Beurteilung der streitigen Frage keine Rolle spielen.

    Im Übrigen habe das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 25. Oktober 1995 3 RK 24/94 entschieden, dass jede Darbietung mit der Absicht „zu unterhalten” als „Kunst” anzusehen sei. Mit zitiertem Urteil sei ein Unternehmen, das „Reizwäsche-Shows” für Diskotheken vermittelt habe, zur Zahlung der Künstlersozialabgabe verurteilt worden, da es sich bei den Darbietenden um „Künstler” im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) gehandelt habe. Dabei entziehe sich „Kunst” praktisch jeder Definition, was auch der Gesetzgeber nicht umgehen könne, in dem er mit Begriffen wie „künstlerische Gestaltung” oder „Werke” eine solche versuche. Zumindest komme es nach dem KSVG nicht darauf an, ob die künstlerische Darbietung ein gewisses Niveau erreiche oder nicht.

    Schließlich würde ein anderes Ergebnis gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstoßen.

    Die Klägerin beantragt,

    den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1998 vom 26. April 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Oktober 2000 dahingehend abzuändern, dass die festgesetzte Umsatzsteuer um … DM reduziert wird.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Leistungen der in § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG bezeichneten Einrichtungen seien dann begünstigt, wenn sie nicht der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 20 UStG unterlägen. Die sich daraus ergebende ergänzende Funktion des § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG sei für die Definition der einzelnen Begriffe wie Theater, Orchester usw. von Bedeutung. Ein Theater im Sinne von § 4 Nr. 20 UStG zeichne sich nach Abschnitt 106 Abs. 1 Umsatzsteuerrichtlinie 1998 (UStR) dadurch aus, dass so viele künstlerische und technische Kräfte und die zur Ausführung von Theaterveranstaltungen notwendigen technischen Voraussetzungen unterhalten würden, dass die Durchführung eines Spielplans aus eigenen Kräften möglich sei. Der Begriff „Theatervorführung” des § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG umfasse neben den Theateraufführungen im engeren Sinne, wie Dramen (Schauspiele, Komödien, Tragödien) und musikalisch-dramatischen Werken (Oper, Operette, Musical, Ballett) auch Vorführungen von pantomimischen Werken, Tanztheater, Kleinkunst, Varietetheater, Puppenspiele und Eisrevuen (Abschnitt 166 Abs. 2 Satz 2 UStR). Allen genannten Formen sei gemein, dass sie dem Publikum Inhalte übermitteln wollten durch Sprache, Tanz, Gesang, Pantomime oder Vergleichbares. Dem Zuschauer solle die der Aufführung zu Grunde liegende Idee, das geschaffene Werk vermittelt werden. Dieses gelte nicht für die Veranstaltungen der …. Dort stehe allein der Striptease im Vordergrund, das Erreichen einer erotischen Wirkung beim Zuschauer durch das Entkleiden des menschlichen Körpers.

    Des Weiteren orientiere sich die Bedeutung des Begriffes „Theatervorführung” daran, ob es sich bei der Darstellung um etwas handele, das üblicher- oder typischerweise – bei Berücksichtigung der zeitgeschichtlichen Entwicklung – in einem Theatergebäude stattfinde. Dieses käme für die Veranstaltungen der … die üblicher- und typischerweise in Nachtclubs oder -bars und Ähnlichem stattfänden, nicht in Betracht.

    Die Entstehungsgeschichte und der Wille des Gesetzgebers würden zudem aufzeigen, dass bei Einführung der Mehrwertsteuer in 1967 durch § 12 Abs. 2 Nr. 7 UStG nicht zu verantwortende Preiserhöhungen – oder nicht vertretbare Gewinnschmälerungen der Unternehmen – verhindert werden sollten. Es sollten nur die aufgeführten und nicht alle kulturellen Leistungen begünstigt werden (nicht z.B. artistische, auch wenn diesen eine gewisse künstlerische Bedeutung nicht abgesprochen werden könne). Ansonsten hätte es der Aufzählung in § 12 Abs. 2 Nr. 7 UStG nicht bedurft. Es komme im Ergebnis nicht darauf an, ob die zu beurteilende Leistung den Begriffen „Kunst” oder „Kultur” unterliege.

    Da es sich bei § 12 Abs. 2 UStG um eine Ausnahmevorschrift handele, sei diese eng auszulegen, um zu verhindern, dass sich durch die tatsächliche Rechtsanwendung das vom Gesetzgeber gewollte Regel-Ausnahme-Verhältnis umkehre.

    Schließlich sei im „Engagementsvertrag” vom 03. August 1998 zwischen der Klägerin und den … neben der Gesamt-Gage je Auftritt der volle Steuersatz ausgewiesen worden.

    Der vorstehende Sach- und Streitstand ist der Gerichtsakte 12 K 459/00, den vom Beklagten nach § 71 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) vorgelegten Akten (jeweils 1 Band Umsatzsteuer-, Gewerbesteuer-, Feststellungs-, Bilanz-, Betriebsprüfungs-, Rechtsbehelfs- und Allgemeine Akten) sowie der Niederschrift über den Inhalt der mündlichen Verhandlung entnommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird hierauf Bezug genommen.

    Gründe

    1. Die zulässige Klage ist unbegründet.

    Die von der Klägerin durch die Veranstaltungen der … erzielten Umsätze sind nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG zu unterwerfen. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei der Veranstaltung mit den … nicht um eine „Theatervorführung” im Sinne dieser Vorschrift handelte.

    Gemäß § 12 Abs. 1 UStG betrug die Steuer im Streitjahr für jeden steuerpflichtigen Umsatz 16 % der Bemessungsgrundlage (§§ 10, 11, 25 Abs. 3 und 25 a Abs. 3 und 4 UStG). Der allgemeine Steuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG findet jedoch nur dann Anwendung, wenn keiner der speziellen Steuersätze (der ermäßigte Steuersatz oder die Durchschnittssätze gemäß §§ 23, 24 UStG) zur Anwendung kommt. § 12 Abs. 2 UStG zählt die dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Tatbestände abschließend auf. Danach ermäßigt sich die Steuer auf 7 % u.a. für die Leistungen der Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre und Museen sowie die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer (§ 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG).

    Die Klägerin gehört nicht zu den in § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG genannten Institutionen (Theater, Orchester, Kammermusikensemble, Chor und Museum). Sie ist anderer Unternehmer im Sinne dieser Vorschrift. Allerdings veranstaltet sie keine der darin aufgeführten Theatervorführungen.

    Dem Wortsinn entsprechend betrifft die Veranstaltung einer Theatervorführung eine Vorführung, die von oder in einem Theater geboten wird. Maßgebend ist allerdings allein der Inhalt der Vorführung (keine Filmvorführung, kein Sportwettkampf, keine Wahlkundgebung) und nicht der Ort (Schauspielhaus, Stadion, Konzerthalle) oder die sachlichen Voraussetzungen eines Theaters (z.B. Ensemble und Spielplan). Begünstigt sind daher z.B. auch Mischformen von Sprech-, Musik- und Tanzdarbietungen (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 09. Oktober 2003 V R 86/01, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2004, 984).

    Der Begriff „Theater” (griechisch: „anschauen, sehen, betrachten”) impliziert die Inszenierung einer literarischen Produktion („Drama”) auf der Bühne in Form des „Sprechtheaters” oder als „Musiktheater”, z.B. Oper, Ballett, Pantomime (Brauneck/Schneilin, Drama und Theater, Bamberg 1987, S. 5, 7). Form, Inhalt, Aufgabe und Stellung des Theaters sind bedingt durch die soziale Struktur, Organisation und das kulturelle Milieu der Gesellschaft, dem das Theater als soziale Organisation, als Inbegriff sozialer Zeremonien durch Rollenverteilung und -vielfalt ähnelt („Theater”, in: Krywalski, Handlexikon zur Literaturwissenschaft, 2. Auflage, Reinbek bei Hamburg 1978). Im Ergebnis dient das Theater daher der künstlerischen Vor- und Darstellung eines äußeren oder inneren Geschehens durch Worte und/oder Gebärden von Figuren („Theater”, in: Best, Handbuch literarischer Fachbegriffe, Frankfurt 1994). Insofern werden sowohl von der Rechtssprechung als auch von der Verwaltung zu Recht neben den Aufführungen von Theaterstücken, Opern, Operetten, Musicals auch Darbietungen der Pantomime und Tanz- sowie Kleinkunst bis hin zu den Puppenspielen unter den Begriff „Theatervorführungen” gefasst (BFH-Urteil vom 09. Oktober 2003 V R 86/01, a.a.O. und vom 26. April 1995 XI R 20/94, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1995, 519 sowie Abschnitt 166 Abs. 2 Satz 2 UStR).

    Entgegen den Ausführungen der Klägerin weisen die Aufführungen der … diese Merkmale unabhängig von einem bestimmten ästhetischen, sittlichen oder inhaltlichen Anspruch in formal-inhaltlicher Hinsicht nicht auf. Wie ihren Darstellungen im gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahren sowie dem Programmheft der …, dem „…”, zu entnehmen ist, stehen bei den Veranstaltungen der … nicht vergleichbar mit Nacktszenen in Theateraufführungen – ausschließlich die aufreizende Zurschaustellung des (fast) gänzlich nackten männlichen Körpers, dessen ästhetisch körperliche Wirkung sowie körperliche Ausstrahlungskraft im Vordergrund. Die Choreographie, Tanz-, Gesangseinlagen, Musik sowie die szenische Darstellung „dramatischer Höhepunkte aus einem Theaterstück, einer Ballettaufführung oder einer Musicalinszenierung” dienen lediglich als äußerer Rahmen bzw. als Beiwerk für den letztlich stattfindenden Entkleidungsvorgang. Diese müssten aber, um die Darbietungen der … als „Theatervorführungen” im Sinne von § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG einstufen zu können, ihren eigentlichen Zweck ausmachen (BFH-Urteil vom 26. April 1995 XI R 20/94, a.a.O.).

    Die … lassen insofern in konsequenter Weise zu ihren Shows ausschließlich weibliches Publikum zu („For women only”, „Männer haben keinen Zutritt”) und preisen sich in ihrem Programmheft als „Models”, „smarte Jungs”, „schöne Männer mit knackigen (gut durchtrainierten und braungebrannten) Körpern, gut gebaut, blond, kurzhaarig oder schwarz mit wallenden Locken”, die „ästhetisch mit den Muskeln spielen” an. Sie werben für sich als Sieger des „…”, der „begehrtesten Auszeichnung der Branche”, die jährlich in … verliehen wird. Neben ihren in ihrem Sinne körperlichen Vorzügen spielen ihre künstlerischen (bspw. tänzerischen, gesanglichen) Fähigkeiten in diesem Zusammenhang keine Rolle. Weder wird damit im Hinblick auf künftig stattfindende Veranstaltungen der … geworben, noch werden diese in ihrem Programmheft erwähnt. Erst auf Nachfrage des Gerichts teilte die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten mit, dass es sich bei den Akteuren der … um Absolventen der … in … handele (Finanzgerichtsakte – FG-Akte-Blatt 89, 125).

    Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass bei den Auftritten der … ausschließlich die Zurschaustellung des männlichen Körpers im Vordergrund steht. Dieses wird auch durch die dem Programmheft zu entnehmende beabsichtigte Hauptwirkung ihrer Veranstaltungen beim Großteil der Besucherinnen bestätigt, die in ihrer Konzentrierung darin besteht, deren „unerschöpfliche Phantasien” durch die Darbietungen der … zu aktivieren und zu inspirieren, durch sie „atemlos” zu werden, durch ihre dadurch hervorgerufenen Emotionen „das Blut durch ihre Adern rauschen” zu lassen sowie sie als „jubelnde Frauenmenge” zu „beglücken”.

    Im Ergebnis handelt es sich bei den Veranstaltungen der … um eine moderne Art der Striptease-Darbietung mit geschlechtseingrenzender bzw. -ausgrenzender Wirkung. Auf den eine solche Darbietung charakterisierenden Entkleidungsvorgang (Striptease = erotisch stimulierende Entkleidungsvorführung bspw. im Variete oder in Nachtlokalen, „Striptease”, in: Meyers Großes Standardlexikon, Mannheim/Wien/Zürich 1983) wird im Programmheft und in den Werbeslogans für die Auftritte der … ausschließlich Wert gelegt. Die sich laut „Engagementsvertrag” zwischen der Klägerin und den … vom 03. August 1998 selbst eindeutig als „Men Strip Formation”, bestehend aus „sechs Strippern und Moderator”, bezeichnenden … „reißen”, so das „…”, „ihre T-Shirts von der Brust und beglücken damit jubelnde Frauenmengen” oder „schlüpfen selbstverständlich immer wieder aus ihrer Beinkleidung”. Außerdem zeichnen sich die Akteure, worauf ihr Programmheft mehrfach Wert legt, dadurch aus, dass sie Sieger des „…” seien. Diese Einstufung der Aufführungen der … wird durch die Ursprünge ihrer Shows gestützt, die, so das „…”, in den kleinen kalifornischen Clubs mit ihrer intimen und persönlichen Atmosphäre liegen. Allein der Umstand, dass die Shows jetzt in den „großen Hallen” bspw. Europas stattfinden, lässt ihren Charakter und die Einstufung als Striptease-Darbietung nicht entfallen. Unerheblich ist dabei, wie weit sich einzelne Darsteller entblößen. Tänzerische und gesangliche Darstellungen, Choreographie, Kostümierungen, Musik und Lichteffekte dienen in diesem Zusammenhang allein dazu, die erotisierende Wirkung der Entkleidungsszenen zu verstärken (zu einem ähnlichen Fall siehe Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 26. Mai 2000 3 Q 84/99).

    Dieses anhand der grammatikalischen Auslegung gewonnene Ergebnis wird, entgegen den Ausführungen der Klägerin, auch durch die Entstehungsgeschichte des § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG sowie dessen Sinn und Zweck gestützt. § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG behandelt lediglich die Steuerermäßigung für bestimmte Umsätze im kulturellen Bereich. Zunächst hatte die Bundesregierung im Regierungsentwurf des UStG 1967 eine Sonderregelung für diesen Bereich nicht vorgesehen (vgl. Bundestags-Drucksache – BT-Drs – IV/1590). Der Katalog der ermäßigt zu besteuernden Umsätze im kulturellen Bereich war erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt worden. Begründet wurde die Einführung eines halben Steuersatzes damit, dass, falls dieses unterbliebe, für bestimmte Bereiche die Anwendung des Normalsteuersatzes nach dem Finanzausschuss vorliegenden Berechnungen zu nicht verantwortenden Preiserhöhungen – oder, falls der Abnehmer erhöhte Preise nicht akzeptieren würde, zu einer nicht vertretbaren Gewinnschmälerung der Unternehmen – führen müssten. Dieses gelte neben anderen Bereichen auch für kulturelle Leistungen, wie sie Theater, Orchester und Museen erbrächten, soweit sie nicht befreit seien (Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (14. Ausschuss) über den von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurf eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) – Drs V/48 – vom 30. März 1967, zu Drucksache V/1581, Ziff. 4 Buchst. c).

    Aus diesen Überlegungen ist zum Einen zu schließen, dass nicht der gesamte kulturelle Bereich begünstigt werden sollte. Bereits aus diesem Grunde führt der Hinweis der Klägerin auf die Rechtsprechung des BSG zur Künstlersozialabgabepflicht für Models bei Damenunterwäschevorführungen zu keinem anderen Ergebnis. Die Einordnung dieser Models als Künstler erfolgte vor dem Hintergrund des KSVG. Zusätzlich ist der für die Sozialversicherung der Künstler durch das BSG im Wege der Auslegung gefundene Kunstbegriff zudem wegen seiner Spezialität lediglich für diesen Bereich relevant.

    Zum Anderen machen die Überlegungen des Finanzausschusses deutlich, dass der Gesetzgeber für kulturelle Leistungen einerseits die Steuerbefreiung (§ 4 Nr. 20 UStG) und andererseits den ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG) vorgesehen hat. In systematischer Hinsicht ist § 4 Nr. 20 UStG die speziellere Vorschrift, die § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG vorgeht. Es kommt durchaus in Betracht, dass sich die beiden Vorschriften teilweise überschneiden (dazu Klezath, in: Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 12 Abs. 2 Nr. 7 Rn. 4). Beide Vorschriften unterscheiden sich letztlich dadurch, dass § 4 Nr. 20 UStG die Steuerbefreiung nur insoweit einräumt, als es sich bei den Theatern etc. um Einrichtungen der öffentlichen Hand oder gleichartige Einrichtungen anderer Unternehmer handeln muss, denen die zuständige Landesbehörde bescheinigt hat, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllen wie die Einrichtungen der öffentlichen Hand. Grund für die in dieser Form ausgestaltete Steuerbefreiung war, wie dem Gesetzgebungsverfahren zu entnehmen ist, der Umstand, dass es sich bei den Einrichtungen um solche handelte, die in erheblichem Umfang staatlich subventioniert waren und bei denen die erzielten Einnahmen keine Aussagekraft hinsichtlich der Belastbarkeit ihrer Umsätze mit Umsatzsteuer besaßen. Zudem kam hinzu, dass im Falle einer Steuerpflicht dieser Einrichtungen die Eintrittspreise usw. voraussichtlich nicht erhöht werden könnten, sondern die gewährten Subventionen aufgestockt werden müssten (Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (14. Ausschuss) über den von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurf eines Umsatzsteuergesetzes (Nettoumsatzsteuer) – Drs V/48 – vom 30. März 1967, a.a.O., Ziff. 4 Buchst. d). Die in § 4 Nr. 20 UStG genannten Einrichtungen sind folglich solche, deren im Allgemeinen schwierige finanzielle Lage zur Subventionsbedürftigkeit führt. Unter diese in §§ 4 Nr. 20 und 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG normierten sozialen Zwecke fallen die Veranstaltungen der … allerdings nicht. Der Werbung für ihre Auftritte ist zu entnehmen, dass ihre Shows bislang einen „grenzenlosen” Triumph einbrachten, und die Klägerin selbst trägt vor, dass sich das Programm über „viele Jahre hinweg großer und konstanter Beliebtheit erfreut hat und Eintrittspreise von bis zu 50,– EUR pro Karte bezahlt wurden” (FG-Akte, Blatt 129).

    Diesem Ergebnis steht weder der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch Gemeinschaftsrecht entgegen. Art. 3 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn wesentlich Gleiches ungleich bzw. wesentlich Ungleiches gleich behandelt wird, ohne dass dafür ein vernünftiger, sachlich einleuchtender Grund gegeben ist, wenn also eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – vom 26. März 1998 1 BvR 2341/95, Deutsche-Steuer-Zeitung – DStZ – 1998, 478). Für den erkennenden Senat ist eine solche Ungleichbehandlung nicht ersichtlich.

    Eine gemeinschaftsrechtliche Vorgabe findet § 12 Abs. 2 Nr. 7 a UStG in Art. 12 Abs. 3 a der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitglied Staaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG). Danach können die Mitgliedstaaten einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden. Diese ermäßigten Sätze … sind nur auf Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen der in Anhang H genannten Kategorien anwendbar. In Kategorie 7 von Anhang H (Verzeichnis der Gegenstände und Dienstleistungen, auf die ermäßigte Mehrwertsteuersätze angewandt werden können) sind u.a. folgende Dienstleistungen bezeichnet, auf die der ermäßigte Steuersatz angewendet werden darf: „Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen, für Theater, Zirkus, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen, Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen.” Die Aufzählung ergibt, dass die Richtlinie den Mitgliedstaaten einen weiten Beurteilungsspielraum einräumt. Dieser ist auch für die Auslegung der gemeinschaftsrechtlichen Begriffe „für Veranstaltungen, für Theater” zu beachten. Bestimmungen, die Ausnahmen von einem allgemeinen Grundsatz darstellen, sind dabei eng auszulegen. Das gilt auch für Bestimmungen, die eine ermäßigte Besteuerung zulassen. Da eine ausdrückliche Bestimmung der Voraussetzungen für die Eintrittsberechtigung für Theater fehlt, ist die Wendung insofern – wie geschehen – nach ihrer gewöhnlichen Bedeutung auszulegen (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften – EuGH – vom 18. Januar 2001 Rs. C-83/99 – Kommission/Spanien, Slg. 2001, I-445, Umsatzsteuer-Rundschau – UR – 2001, 210).

    2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

    3. Die Revision war mangels Gründen im Sinne von § 115 Abs. 2 FGO nicht zuzulassen.

    VorschriftenUStG § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a