Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 13.07.2017 · IWW-Abrufnummer 195095

    Finanzgericht München: Urteil vom 31.03.2017 – 13 K 2270/15

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    In der Streitsache
    1 Kläger
    prozessbevollmächtigt zu 1-2:
    gegen
    Finanzamt Beklagter
    wegen
    Einkommensteuer 2013 und 2014
    hat der 13. Senat des Finanzgerichts München
    ohne mündliche Verhandlung am 31. März 2017 für Recht erkannt:
    Tenor:

        1.

        Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2013 vom 7. Juli 2014 und des Einkommensteuerbescheides 2014 vom 9. Juli 2015, beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. August 2015, wird die Einkommensteuer 2013 auf 2.577 € und die Einkommensteuer 2014 auf 7.260 € festgesetzt.
        2.

        Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
        3.

        Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
        4.

        Die Revision wird zugelassen.

    Gründe

    I.

    Die Beteiligten streiten wegen der Berücksichtigung geleisteter Beiträge (1,53 % des Bruttoentgelts) nach dem österreichischen Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz (BMSVG) als zugeflossene Einnahmen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit in den Streitjahren 2013 und 2014.

    Zum 1. August 2013 hatten die Kläger ihren Wohnsitz von Österreich nach Deutschland verlegt und dabei ihre Beschäftigung in Österreich beibehalten. Unstreitig ist auf sie die Grenzgänger-Regelung des Art. 15 Abs. 6 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen - DBA Österreich - anzuwenden, so dass das Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus der nichtselbständigen Tätigkeit in den Streitjahren bei der Bundesrepublik Deutschland liegt.

    Der österreichische Arbeitgeber hatte, wie ihm durch § 6 Abs. 1 Satz 1 BMSVG vorgegeben, Beiträge in Höhe von 1,53 v.H. des Bruttolohns an die betriebliche Vorsorgekasse (BV-Kasse) des Klägers geleistet und die Höhe dieser Beiträge gesondert, neben den weiteren Lohnzuwendungen, bescheinigt.

    Durch die Leistung der Beiträge erwirbt der Arbeitnehmer (vgl. § 3 Nr. 2 BMSVG) sogenannte Abfertigungsanwartschaften (vgl. § 3 Nr. 3 BMSVG), die im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. § 14 Abs. 1 BMSVG) in unterschiedlicher Weise (vgl. § 17 BMSVG) zur Auszahlung gelangen können. Die Auszahlung ist an verschiedene Bedingungen geknüpft (vgl. § 14 Abs. 2 BMSVG). Ein Verfall der geleisteten Beiträge ist nicht vorgesehen, im Falle des Todes des Arbeitnehmers erhalten die nächsten Familienangehörigen die geleisteten Beiträge ausbezahlt, auch wenn die besonderen Voraussetzungen für die Auszahlung nach 14 Abs. 2 BMSVG nicht vorliegen (vgl. § 14 Abs. 5 BMSVG).

    Das Finanzamt rechnete dem vom Kläger als Grenzgänger bezogenen Bruttoarbeitslohn die Beiträge in den Streitjahren 2013 und 2014 hinzu, wodurch sich dessen Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit, entsprechend erhöhten.

    Auch für die Klägerin, ebenfalls Grenzgängerin, wurde (nur) für das Jahr 2013 ein Zurechnungsbetrag errechnet, der sich allerdings auf die Höhe der festzusetzenden Steuer nicht auswirkte, da deren Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit auch unter Berücksichtigung des Zurechnungsbetrages mit 0 € zum Ansatz kamen. Entgegen der Annahme des Finanzamts wurden nach den Bescheinigungen der BV-Kasse der Klägerin weder im Jahr 2013 noch im Jahr 2014 Beiträge für diese geleistet.

    Das in Folge der Einlegung entsprechender Einsprüche geführte Einspruchsverfahren gegen die Berücksichtigung der Beiträge als steuerpflichtigem Lohn blieb mit Einspruchsentscheidung vom 13. August 2015 ohne Erfolg.

    Hiergegen wendet sich die streitgegenständliche Klage.

    Die Kläger wenden ein, es seien pauschal Hinzurechnungen vorgenommen worden, ohne Besonderheiten zu berücksichtigen, wie den Umstand bei der Klägerin, dass für diese keine Beiträge in den Streitjahren geleistet worden seien.

    Die Kläger vertreten die Auffassung, der im Zuge der Beitragsleistungen nach § 6 BMSVG entstehende "Abfertigungsanspruch" könne nicht als unentziehbarer Anspruch qualifiziert werden. Nach Meinung der Kläger bestehe die Möglichkeit des Verlustes bei Eigenkündigung des Arbeitnehmers oder im Falle einer durch den Arbeitnehmer verschuldeten Kündigung.

    Auch sei offen, in welcher Form der "Abfertigungsanspruch" zur Auszahlung gelange. Der Arbeitnehmer könne bei Erfüllung der Auszahlungsvoraussetzungen zwischen einer Auszahlung in Form eines Einmalbetrages bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Übertragung auf einen anderen Arbeitgeber oder eine Verrentung der aufgelaufenen Ansprüche wählen.

    Die Wahl der Art der Auszahlung nehme Einfluss auf die inländische Besteuerung des Auszahlungsbetrages, wobei - nach Ansicht der Kläger - die Ausbezahlung in einem Betrag die Steuerbegünstigung nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG nach sich ziehen müsste.

    Wenn der Zufluss gestaltet werden könne, sei, wie der Bundesfinanzhof -BFH- mit Urteil vom 11. November 2009 IX R 1/09, BStBl II 2010,746 entschieden habe, kein Zufluss gegeben, wenn die wirtschaftliche Dispositionsbefugnis noch nicht vorliege.

    Da nach Auffassung der Kläger von einem Zufluss nicht ausgegangen werden könne, weil die Art der Auszahlung der Abfertigung erst in der Zukunft endgültig festzustellen sei, sei eine Betrachtung der Steuerbefreiungsnormen der §§ 3 Nr. 56 und 63 EStG nicht angebracht.

    Wolle man gleichwohl von einem Zufluss ausgehen, seien §§ 3 Nr. 56 und 63 EStG analog anzuwenden, um eine Gleichbehandlung von Grenzgängern sicher zu stellen.

    Die Kläger meinen, es könnte auch eine vorläufige Veranlagung der nichtselbständigen Einkünfte nach § 165 AO in Betracht gezogen werden, solange nicht feststehe, in welcher Art die Beiträge zur Auszahlung kämen.

    Bei Berücksichtigung als steuerpflichtiger Arbeitslohn liege ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit vor. Bei einer erneuten Verlegung des Wohnsitzes nach Österreich ergäbe sich eine Situation, wonach fiktive Einnahmen in Deutschland versteuert worden seien und sich ein Besteuerungsrecht bei Fälligkeit der Ansprüche dann nach Österreich verlagert habe. Dergestalt bestehe die Gefahr einer Doppelbesteuerung.

    Die Kläger beantragen (sinngemäß),

    unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2013 vom 7. Juli 2014 und des Einkommensteuerbescheides 2014 vom 9. Juli 2015, beide in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. August 2015, die Einkommensteuer 2013 auf .... € und die Einkommensteuer 2014 auf .... € festzusetzen

    Der Beklagte (das Finanzamt) beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Er vertritt die Auffassung, die Beitragszahlungen seien als Lohn der nichtselbständigen Tätigkeit zu qualifizieren, weil es sich um einen geldwerten Vorteil handle, der für die Beschäftigung gezahlt worden sei. Durch die Beitragszahlungen des Arbeitgebers sei ein Anspruch erlangt worden. Von einem Zufluss der Einnahme sei auszugehen, weil er mit der Beitragsleistung einen unentziehbaren Rechtsanspruch gegen die betriebliche Kasse erworben habe.

    Nicht vergleichbar seien die seitens der Kläger ins Feld geführten Zahlungen der SOKA Bau, weil der Arbeitnehmer dort keinen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen die zahlende Kasse erwerbe.

    Steuerbefreiungstatbestände seien nicht einschlägig.

    § 3 Nr. 56 EStG könne keine Anwendung finden, weil es sich um eine Anlage im Kapitaldeckungsverfahren handle.

    § 3 Nr. 63 EStG sei nicht einschlägig, weil Zweck der Beitragsleistung nicht der Aufbau einer Altersrente sondern eine Abmilderung von Einkommensverlusten in Folge des Verlustes des Arbeitsplatzes sei.

    Auch die Anwendbarkeit des § 3 Nr. 62 EStG scheide aus, weil es sich nicht um eine Zukunftssicherungsleistung, wie in § 2 Abs. 2 Nr. 3 LStDV definiert, handle. Berücksichtigungsfähig seien danach nur Leistungen, welche für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters und des Todes absicherten. Der Verlust des Arbeitsplatzes falle nicht darunter. Hinzukomme, dass die betrieblichen Kassen nicht mit einem inländischen Sozialversicherungsträger vergleichbar seien.

    Eine Typisierung, wie im Urteil des BFH vom 26. November 2014 VIII R 31/10 BStBl 2016, 653 vorgenommen, komme nicht in Betracht, da es im Streitfall um eine exakte Subsumierung unter den Tatbestand einer Befreiungsvorschrift ankomme, die, wie dargelegt, nicht möglich sei.

    Auch die Berücksichtigung von Unionsrecht führe zu keiner anderweitigen Entscheidung, denn nach Art. 65 AEUV könnten die Mitgliedstaaten die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anwenden und Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln. Ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit sei nicht zu besorgen, denn eine gleiche rechtliche Behandlung wie bei den Staatsangehörigen des Mitgliedsstaates sei nicht beeinträchtigt. Wie sich die steuerliche Behandlung in Österreich ausgestalte, könne nicht Gegenstand des Verfahrens sein, welches über die steuerliche Behandlung der Beitragszahlung befinde.

    Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, sowie auf die vorgelegten Unterlagen und Akten gemäß § 105 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung - FGO - verwiesen.

    II.

    Da nur Rechtsfragen streitig sind, erscheint es als sachgerecht durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90 a FGO).

    Die Klage ist begründet.

    1. Die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BMSVG gezahlten Beiträge qualifizieren sich als Lohn im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG .

    Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst.

    Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteile des BFH vom 7. Mai 2014 VI R 73/12, BFHE 245, 230, BStBl II 2014, 904 [BFH 07.05.2014 - VI R 73/12]; vom 19. November 2015 VI R 74/14, BFHE 252, 129, BStBl II 2016, 303, [BFH 19.11.2015 - VI R 74/14] und VI R 47/14, BFHE 252, 124, BStBl II 2016, 301 [BFH 19.11.2015 - VI R 47/14]; vom 14. Juni 2016 IX R 2/16, BFHE 254, 260, BStBl II 2016, 901 [BFH 14.06.2016 - IX R 2/16]).

    Da die Beitragsleistung allein durch die Beschäftigung des Klägers bei seinem Arbeitgeber und damit durch die Betätigung des Klägers im Rahmen des Dienstverhältnisses veranlasst ist, denn nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BMSVG ist der Beitrag nur für Arbeitnehmer zu zahlen, liegt zweifellos ein Lohnbestandteil im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG vor.

    2. Der Lohnbestandteil in Form der Beitragszahlungen des Arbeitgebers ist dem Kläger in den Streitjahren auch im Sinne des § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen.

    Für Arbeitslöhne als Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit i.S. von § 19 EStG gilt nach § 8 Abs. 1 EStG das Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 EStG. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH führt das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten regelmäßig noch nicht zum Zufluss von Einnahmen. Einnahmen erweisen sich vielmehr dann als zugeflossen, wenn der Steuerpflichtige über sie wirtschaftlich verfügen kann und infolgedessen eine Vermögensmehrung bei ihm eingetreten ist (vgl. z. B. BFH, Urteile vom 30. Oktober 2001 VIII R 15/01, BFHE 197, 126, BStBl II 2002, 138, [BFH 30.10.2001 - VIII R 15/01]HFR 2002, 291; vom 12. April 2007 VI R 6/02, BFHE 217, 547, BStBl II 2007, 581, [BFH 12.04.2007 - VI R 6/02] m.w.N.).

    Geldbeträge fließen in der Regel dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden. Daneben kann eine Einnahme auch durch eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten zufließen oder durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger, dass der Betrag fortan aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet werden soll, bewirkt werden (BFH, Urteil vom 12. Juli 1997 VIII R 57/95, BStBl II 1997, 755, HFR 1998, 106; vom 22. Oktober 2006 X R 29/15, HFR 2007, 230). Allerdings erfordert der Zufluss durch Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuldverpflichtung, sondern es muss darüber hinaus zum Ausdruck gebracht werden, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an - ohne weiteres Zutun des Verpflichteten - zur Verwendung zur Verfügung stehen soll.

    Berechtigt Leistungen als Folge der Beitragszahlung zu fordern ist nach § 14 Abs. 1 BMSV allein der Anwartschaftsberechtigte. Anwartschaftsberechtigter ist nach § 3 Nr. 2 BMSV wiederum allein der Arbeitnehmer für den die Beitragszahlungen geleistet werden. Der Rechtsanspruch auf Leistungen in Folge der Beitragszahlungen steht damit allein dem Arbeitnehmer zu. Unabhängig davon, dass die Leistung von Zahlungen aus der Anspruchsberechtigung an weitere Voraussetzungen geknüpft ist und nach § 14 Abs. 2 BMSV auch Umstände genannt sind, die einer Auszahlung entgegenstehen können, ist unter § 14 Abs. 5 BMSVG geregelt, dass es auf jeden Fall zu einer Auszahlung der Beiträge in das Vermögen des Arbeitnehmers kommt, äußerstenfalls im Falle des Todes des Anspruchsberechtigten, dies auch ohne Erfüllung der ansonsten aufgestellten Auszahlungsvoraussetzungen. Durch die Beitragsleistungen ist in der Folge ein unentziehbarer Rechtsanspruch im Vermögen des Arbeitnehmers entstanden, welcher das Vermögen des berechtigten Arbeitnehmers bereits im Zeitpunkt der Beitragsleistung gemehrt hat.

    3. Als Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, wozu der Arbeitgeber nach einer gesetzlichen Bestimmung verpflichtet ist, sind die Beitragszahlungen gemäß § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei zu stellen.

    Nach § 3 Nr. 62 EStG sind Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers steuerfrei, soweit der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist, und es sich nicht um Zuwendungen oder Beiträge des Arbeitgebers nach den Nummern 56 und 63 des § 3 EStG handelt.

    Die in Streit stehenden Beiträge erfüllen vorstehende Tatbestandsvoraussetzungen, da der Arbeitgeber zu deren Leistung nach § 6 Abs. 1 BMSVG gesetzlich verpflichtet ist und sich die Beiträge als Ausgaben für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers qualifizieren, als sie eine finanzielle Zukunftssicherung für den Fall des Verlustes des Arbeitsplatzes gewähren. Eine Subsumtion unter die Tatbestände der §§ 3 Nr. 56 und 63 EStG kommt dabei nicht in Betracht.

    a) Auf die Beitragsleistungen finden die Steuerbefreiungsvorschriften der §§ 3 Nr. 56 oder 63 EStG keine Anwendung.

    Eine Anwendung der genannten Befreiungsvorschriften scheidet bereits deshalb aus, weil es sich nicht um eine betriebliche - also durch den Betrieb veranlasste respektive eingeräumte - sondern um eine nach § 6 Abs. 1 BMSVG gesetzlich vorgeschriebene Absicherung handelt. Die Befreiungsnormen §§ 3 Nr. 56 und 63 EStG setzen dementgegen eine betriebliche Veranlassung der Vorsorgemaßnahmen voraus.

    b) Nach dem Regelungsgehalt des § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG sind Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer steuerfrei gestellt, wenn eine Verpflichtung dazu nach

    - sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften

    - nach anderen gesetzlichen Vorschriften

    - nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung besteht.

    aa) Die in Streit stehenden Beitragsleistungen stellen Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers dar.

    Zwar ist zur Frage, welche Bestandteile zum Arbeitslohn gehören unter § 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 LStDV geregelt, dass hierzu auch Ausgaben zählen, die ein Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer oder eine nahestehende Person für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern (Zukunftssicherung).

    Eine Legaldefinition des Begriffes der "Zukunftssicherung", die gegebenenfalls geeignet sein könnte den gesetzlichen Anwendungsbereich des § 3 Nr. 62 EStG einzuschränken, vermag mit dieser Aufzählung nicht einherzugehen.

    Dies ergibt sich bereits daraus, dass man im Falle der Annahme einer Legaldefinition und entsprechender Normqualität auch den Rückschluss ziehen müsste, dass Ausgaben, welche die Zukunft des Arbeitnehmers auf andere Weise - wie im Streitfall beispielsweise gegen Arbeitslosigkeit - absichern keine Lohnbestandteile wären, letzteres ist ja der vordergründige Regelungsbereich des § 2 Abs. 2 Nr. 3 LStDV. Dies ist, wie unter Ziff. II. 1. der Gründe dargelegt, nicht vertretbar. Insofern ist lediglich von einer beispielhaften Aufzählung auszugehen.

    Die mögliche Reichweite der regelnden Wirkung des § 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 LStDV ergibt sich aus dessen Ermächtigungsnorm in Form des § 51 Abs. 1 Nr. 1 d) EStG, welche Ausmaß und Art der Berechtigung zum Erlass der LStDV bestimmt.

    § 51 Abs. 1 Nr. 1 d) EStG ermächtigt die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates dazu für die Durchführung des Einkommensteuergesetzes über die Veranlagung, die Anwendung der Tarifvorschriften und die Regelung der Steuerentrichtung einschließlich der Steuerabzüge Rechtsverordnungen zu erlassen, soweit dies zur Wahrung der Gleichmäßigkeit bei der Besteuerung, zur Beseitigung von Unbilligkeiten in Härtefällen, zur Steuerfreistellung des Existenzminimums oder zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens erforderlich ist.

    Eine Ermächtigung zu einer gegebenenfalls den Regelungsgehalt des Gesetzes einschränkenden Auslegung von Rechtsbegriffen geht damit ersichtlich nicht einher und ist auch nach dem sich aus Art. 20 Abs. 3 GG ableitenden Wesentlichkeitsgrundsatz allein Sache des Gesetzgebers.

    Die Aufzählung zukunftssichernder Leistungen des § 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 LStDV kann daher nur insoweit zur Auslegung des § 3 Nr. 62 EStG herangezogen werden, als sie sich mit dem in § 3 Nr. 62 EStG zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Willen über die Reichweite der Norm deckt. Eine Einschränkung des vom Gesetzgeber eröffneten Regelungsbereichs durch eine das Gesetz einschränkende Legaldefinition im Rahmen der LStDV liegt außerhalb des Ermächtigungsbereiches des § 51 Abs. 1 Nr. 1 d) EStG und ist daher unbeachtlich.

    Dem Wortlaut des § 3 Nr. 62 EStG ist eine Einschränkung des Geltungsbereichs der Vorschrift auf die Auswahl nur einzelner zukunftssichernder Leistungen für die Bereiche Krankheit, Unfall, Invalidität, Alter oder Tod, wie sie in § 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 LStDV Erwähnung finden, nicht zu entnehmen.

    Allein aus dem Wort-Verständnis des in der § 3 Nr. 62 EStG verwendeten Begriffs "Zukunftssicherung" ist der Einbezug sämtlicher Maßnahmen eröffnet, die geeignet sind, die finanzielle Zukunft des Arbeitnehmers gegen Unwägbarkeiten des Lebens abzusichern. Dazu gehören nicht nur finanzielle Beeinträchtigungen der Lebenssituation, wie sie sich durch körperliche Beeinträchtigungen ergeben können - die in § 2 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 LStDV genannten Umstände wie Krankheit, Unfall, Invalidität, Alters oder Todes sind allesamt Ausprägungen hiervon - sondern in besonderem Maße auch finanzielle Beeinträchtigungen, wie sie sich im Zusammenhang mit dem Verlust des Arbeitsplatzes ergeben können.

    Dass der Gesetzgeber, entgegen dem Wortlaut der Norm, nur Zukunft sichernde Maßnahmen begünstigen wollte, soweit Risiken in Form von Krankheit, Unfall, Invalidität, Alter oder Tod betroffen sein sollten, ergibt sich auch nicht aus dem Bedeutungsgehalt der Norm. Was sich als zukunftssichernde Leistung qualifiziert, ist vor allem dem Sozialversicherungsrecht zu entnehmen. Dies erschließt sich daraus, dass § 3 Nr. 62 EStG die Leistungen des Arbeitgebers zur Sozialversicherung besonders erwähnt und steuerfrei stellt. Entsprechend ist zu folgern, dass Zwecke, die mit Leistungen an die Sozialversicherungen einhergehen, aus Sicht des Gesetzgebers ohne weiteres als zukunftssichernd zu qualifizieren sind.

    Die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften umfassen dabei nicht nur die Beiträge des Arbeitgebers zur Krankenversicherung (z.B. §§ 249, 257 SGB V, 61 SGB XI, 8, 8a SGB IV), zur gesetzlichen Unfallversicherung (§ 150 SGB VII) und zur gesetzlichen Rentenversicherung oder zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen (§ 168, 172 SGB VI) sondern auch die Beiträge zur Arbeitsförderung nach § 346 SGB III, welche zur Finanzierung von Arbeitslosen- und Insolvenzgeld zu leisten sind. Damit ist offensichtlich, dass auch Beeinträchtigungen, die mit dem Verlust des Arbeitsplatzes einhergehen, sei es durch Insolvenz oder in sonstiger Weise, von Gesetzes wegen als begünstigte Maßnahmen der Zukunftssicherung erfasst sein sollen.

    Eine Auffassung, dass Ausgaben für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers, die für den Fall des Verlustes des Arbeitsplatzes geleistet werden, nicht unter den Regelungsbereich des § 3 Nr. 62 EStG fallen, lässt sich daher, nach dem vorgefundenen Tatbestand des Gesetzes, nach Auffassung des erkennenden Senats, nicht rechtfertigen.

    bb) Zur Leistung der in Streit stehenden, sich als zukunftssichernd qualifizierenden Ausgaben, ist der Arbeitgeber nach den gesetzlichen Vorgaben des § 6 Abs. 1 BMSVG gesetzlich verpflichtet. Auf die Nationalität des Arbeitgebers und auf die Frage, ob die Beiträge auf Grund inländischer oder ausländischer Gesetze zu entrichten sind, kommt es, wie der BFH mit Urteil vom 18. Mai 2004 VI R 11/01, BFHE 206, 158, BStBl II 2004, 1014 [BFH 18.05.2004 - VI R 11/01] bereits entschieden hat, nicht an.

    4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    5. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

    6. Die Revision war zuzulassen, da die Streitsache nach Mitteilung des bayerischen Landesamtes für Steuern für eine Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle von Bedeutung ist und eine grundsätzliche Entscheidung zu den aufgeworfenen Rechtsfragen fehlt (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Hinzukommt, dass die Entscheidung von der Rechtsauffassung abweicht, die im Urteil des FG München vom 7. Juni 2016 12 K 734/16, EFG 2016, 1506 vertreten wurde und sich dadurch eine höchstrichterliche Entscheidung zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) als erforderlich erweist.

    Karrierechancen

    Zu TaxTalents