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  • · Fachbeitrag · Der praktische Fall

    Die Crux mit den Umschaltklauseln

    von Univ.-Prof. Dr. Stephan Kudert, Frankfurt (Oder)

    | Im Mittelstand sind Outbound-Investitionen über Kommanditgesellschaften ein geeignetes Mittel, um einerseits die Haftungsbeschränkung auf das Betriebsvermögen sicherzustellen und andererseits in Deutschland die abkommensrechtliche Freistellung der ausländischen Einkünfte zu ermöglichen. Dabei sind jedoch die Umschaltklauseln (Switch Over Clause) im nationalen und Abkommensrecht zu berücksichtigen. Diese Normen können einen Methodenwechsel, also den Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode zur Folge haben. Die Fallstudie zeigt, welche Fallstricke in der Praxis zu berücksichtigen sind und welchen Nachweispflichten der Steuerpflichtige nachkommen muss. |

    1. Sachverhalt

    Dieter lebt in Deutschland und betreibt ein Gewerbe. Hierfür hat er vor vielen Jahren eine deutsche GmbH & Co. KG gegründet. Dieter ist zu 100 % an der KG als Kommanditist beteiligt. Komplementärin ist eine GmbH, die Dieter zu 100 % gehört. Die GmbH erhält eine angemessene Haftungs- und Tätigkeitsvergütung. In Deutschland produziert die KG Gartenskulpturen, die besonders filigran, zugleich aber auch robust und witterungsbeständig sind.

     

    Aufgrund der geringen Lohnkosten und der erfreulichen Besteuerung mit 9 % KSt hat die deutsche KG eine polnische sp.k. (entspricht einer KG) in Breslau gegründet, an der sie zu 99 % als Kommanditistin beteiligt ist. Mit 1 % ist die deutsche GmbH als Komplementärin beteiligt. Die Geschäfte der sp.k. führt Piotr in Breslau, der hierfür von der deutschen GmbH eingestellt wurde. Das Gehalt wird der GmbH von der sp.k. angemessen vergütet. Die sp.k. produziert ebenfalls Gartenskulpturen. Als Anschubfinanzierung hatte Dieter ihr ein verzinsliches Darlehen gewährt. Die Zinsen sind der Höhe nach nicht zu beanstanden. Im Rahmen ihrer Produktion hat die sp.k. vor vielen Jahren auch ein Patent einwickelt. Die Verwaltung und Lizenzierung des Patents wurde damals einer österreichischen KG übertragen, weil deren Mitarbeiter über die erforderliche Expertise verfügen. Davon hat Dieter seinem Steuerberater nie berichtet, weil es nach seiner Ansicht nicht Deutschland betrifft.

     

    Die deutsche KG ist auch an der österreichischen KG zu 100 % beteiligt. Komplementärin ist die deutsche GmbH, die Sepp aus Salzburg für die Geschäftsführung der österreichischen KG eingestellt hat. Auch dieses Gehalt wird der GmbH von der österreichischen KG angemessen vergütet. Die österreichische KG ist auf den Kauf und die Eigenentwicklung von Spezialrezepturen zur Produktion von Gartenskulpturen spezialisiert, die sie anschließend an fremde Dritte lizenziert.

     

    Dieters deutscher Steuerberater findet die Konstruktion sehr gelungen, weil nach seiner Ansicht die Einkünfte aus den beiden ausländischen Gesellschaften in Deutschland unter Progressionsvorbehalt freizustellen seien. Daher ist Dieter menschlich zutiefst enttäuscht, als der Betriebsprüfer ihm mitteilt, er würde dies deutlich anders sehen, sofern Dieter nicht mehrere Nachweise erbringen kann. Welche Umschaltklauseln sind zu beachten? Und welche Nachweispflichten hat der Steuerberater übersehen?

     

     

    2. Grundsätzliche Freistellung unter Progressionsvorbehalt

    Grundsätzlich werden Personengesellschaften in Deutschland steuerlich transparent behandelt (mit Ausnahme bei der Option nach § 1a KStG). Nicht die Mitunternehmerschaft ist das Steuersubjekt, sondern jeder Mitunternehmer mit seinem Gewinnanteil. Damit würde Dieter nach § 1 Abs. 1 S. 1 EStG i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 1. HS EStG seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb versteuern müssen. Auch die Darlehenszinsen von der sp.k. stellen für Dieter Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar, da sie als Sonderbetriebseinnahmen (SBV I) von § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 2. HS. EStG erfasst werden. Aufgrund des Welteinkommensprinzips gilt dies auch für die Gewinnanteile und die Sondervergütungen aus den ausländischen Kommanditgesellschaften, da sowohl die österreichische KG als auch die polnische sp.k. nach dem abstrakten Rechtstypenvergleich der Finanzverwaltung (Betriebsstättenerlass, BMF 24.12.99, IV B 4 - S 1300 - 111/99, BStBl I 99, 1076, Tab. 1 und 2) der deutschen KG entsprechen.

     

    Gewerbesteuerlich sollte die Struktur grundsätzlich unproblematisch sein. Die Gewinnanteile aus den ausländischen Gesellschaften sind zwar im vorläufigen Gewerbeertrag enthalten, werden aber aufgrund des § 9 Nr. 2 S. 1 i. V. m. § 7 S. 1 GewStG wieder gekürzt.

     

    Abkommensrechtlich werden die Einkünfte grundsätzlich in Deutschland unter Progressionsvorbehalt freigestellt. Dieter ist in Deutschland ansässig. Damit ist er abkommensberechtigt und kann den Schutz des DBA D/A sowie des DBA D/PL in Anspruch nehmen. Nach Art. 7 Abs. 1 i. V. m. Art. 5 Abs. 1 DBA D/A bzw. DBA D/PL dürfen (auch) Österreich und Polen die Gewinnanteile des Dieter besteuern, da beide Gesellschaften den Gesellschaftern anteilige Betriebsstätten vermitteln (BMF 26.9.14, IV B 5 - S 1300/09/10003). Das Gleiche gilt wegen § 50d Abs. 10 S. 1 EStG für die Sondervergütungen, da die Norm die Sondervergütung den Gewinnanteilen gleichstellt. Deutschland würde dann jeweils die Doppelbesteuerung gemäß Art. 23 Abs. 1 Buchst. a) DBA D/A bzw. Art. 24 Abs. 1 Buchst. a) DBA D/PL durch Freistellung der anteiligen Betriebsstätteneinkünfte vermeiden. Aufgrund des § 32a Abs. 1 Nr. 3 EStG würde Deutschland die steuerfreien Einkünfte jedoch dem Progressionsvorbehalt unterwerfen.

     

    Genau diese Ansicht vertrat auch der Steuerberater in der Betriebsprüfung. Damit stellt sich die Frage, welche Fallstricke er übersehen hatte.

     

    MERKE | Für beide ausländischen Gesellschaften wurden Geschäftsführer vor Ort angestellt. Dies ist wichtig, weil das Gesellschaftsrecht häufig den inländischen Verwaltungssitz (steuerlich: Geschäftsleitungsbetriebsstätte) zwingend erfordert.

     

    3. Ausnahmen von der Freistellung

    Deutschland stellt ausländische Betriebsstättengewinne zwar grundsätzlich frei, behält sich jedoch bei bestimmten Konstellationen vor, von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode zu wechseln.

     

    Beachten Sie | Die Umschaltklauseln können im DBA selbst oder im nationalen Recht als Treaty Override enthalten sein.

     

    Zu beachten sind insbesondere Methodenwechsel aufgrund von

    • passiven Betriebsstätteneinkünften (§ 20 Abs. 2 AStG, Art. 24 Abs. 1 Buchst. c) DBA D/PL),
    • Zurechnungskonflikten (z. B. Art. 24 Abs. 3 DBA D/PL),
    • Zuordnungskonflikten (§ 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 3 EStG) sowie
    • Qualifikationskonflikten (§ 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 1 EStG, Art. 24 Abs. 3 DBA D/PL).

     

    3.1 Passive Betriebsstätteneinkünfte

    Der deutsche Gesetzgeber möchte die Freistellung nur gewähren, wenn die ausländischen Einkünfte in seinem Sinne „gut“ sind (aktive Einkünfte). Werden in der ausländischen Betriebsstätte (auch) passive Einkünfte generiert, wird die Freistellung im Methodenartikel eines DBA selbst oder hilfsweise durch § 20 Abs. 2 AStG verwehrt.

     

    Art. 24 Abs. 1 Buchst. c) DBA D/PL enthält zwar eine Aktivitätsklausel, die direkt auf die Abgrenzung zwischen aktiven und passiven Einkünften in § 8 Abs. 1 AStG verweist. In der sp.k. werden jedoch aktive Einkünfte i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 2 AStG 2004 erzielt, weil die Herstellung von Gartenskulpturen (Herstellung von Sachen) vom Aktivitätskatalog erfasst ist.

     

    MERKE | Wenn das DBA D/PL auf § 8 Abs. 1 AStG verweist, ist dieser Verweis statisch. Gemeint ist damit § 8 Abs. 1 AStG in der Fassung bei Inkrafttreten des DBA ‒ hier 19.12.04. Die aktuelle Fassung der Norm kann davon abweichen, ist aber rechtlich irrelevant.

     

    Das DBA D/A enthält keine Aktivitätsklausel. Daher bleiben die Einkünfte aus Österreich abkommensrechtlich freigestellt. Allerdings hat der Gesetzgeber genau für diese Fälle § 20 Abs. 2 S. 1, 1. HS AStG geschaffen. Die Norm ist erklärungsbedürftig, weil der Sachverhalt zunächst durch eine Fiktion ersetzt und deren Ergebnis wieder auf den Sachverhalt angewendet wird:

     

    •  § 20 Abs. 2 S. 1 1. HS AStG

    „Fallen Einkünfte in der ausländischen Betriebsstätte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen an und sind sie auf Grund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Besteuerung auszunehmen und wären sie ungeachtet des § 8 Abs. 2 als Zwischeneinkünfte steuerpflichtig, falls diese Betriebsstätte eine ausländische Gesellschaft wäre, ist insoweit die Doppelbesteuerung nicht durch Freistellung, sondern durch Anrechnung der auf diese Einkünfte erhobenen ausländischen Steuern zu vermeiden.“

     
    • Zunächst ist zu fragen, ob Einkünfte in der ausländischen Betriebsstätte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen anfallen und durch ein DBA freigestellt werden. Dies ist laut Sachverhalt gegeben.

     

    • Dann wird gefragt, ob ein Fall der Hinzurechnungsbesteuerung gegeben wäre, falls die Betriebsstätte eine ausländische Kapitalgesellschaft wäre (Fiktion). Hierfür müssten passive Einkünfte (§ 8 Abs. 1 AStG) vorliegen und diese im Ausland einer niedrigen Besteuerung (< 25 %; § 8 Abs. 3 AStG) unterliegen.

     

    • Wenn beide Fragen zu bejahen sind, überschreibt § 20 Abs. 2 S. 1 AStG das DBA-Ergebnis und führt einen Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode herbei. Eine Exkulpation durch einen Substanznachweis ist dabei gesetzlich explizit ausgeschlossen.

     

    Die österreichische KG erzielt ihre Einkünfte durch die Lizenzierung von selbst entwickelten sowie erworbenen Rechten. Die Einkünfte sind aktiv, sofern die KG die Rechte selbst entwickelt hat, aber passiv, sofern sie durch die KG erworben wurden (§ 8 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a) AStG). Da § 20 Abs. 2 AStG eine Atomisierung der Einkünfte vorsieht („insoweit“), würde der Gesetzgeber die Freistellung verwehren, sofern Dieter nicht nachweist, dass der nach deutschen Gewinnermittlungsvorschriften ermittelte österreichische Durchschnittssteuersatz auf diese Einkünfte mindestens 25 % beträgt. Gemäß § 90 Abs. 2 AO liegt die Nachweispflicht bei Dieter bzw. seinem Steuerberater.

     

    MERKE | Manche DBAs haben eigene, von § 8 Abs. 1 AStG abweichende Definitionen von aktiven bzw. passiven Einkünften. Sind die Einkünfte nach der Aktivitätsklausel im DBA aktiv (Folge: Freistellung), ist § 20 Abs. 2 AStG dennoch zu prüfen. Erfolgt der Methodenwechsel jedoch bereits auf Abkommensebene, ist § 20 Abs. 2 S. 1 AStG gesperrt.

     

    Greift § 20 Abs. 2 S. 1 AStG, werden die gewerblichen Einkünfte aus der Mitunternehmerschaft auch nicht nach § 9 Nr. 2 S. 1 GewStG aus dem Gewerbeertrag herausgekürzt, sondern gemäß § 9 Nr. 2 S. 2 GewStG i. V. m. § 7 S. 8 GewStG als inländische Betriebsstätteneinkünfte definiert und besteuert. Dieter könnte allerdings nach § 7 S. 9 GewStG einen Substanznachweis erbringen oder hilfsweise die Gewerbesteuer nach § 35 EStG anrechnen.

     

    3.2 Zurechnungskonflikte

    Auch wenn ein Zurechnungskonflikt vorliegt, kann dies einen Methodenwechsel, allerdings nur auf Abkommensebene, zur Folge haben.

     

    MERKE | Ein Zurechnungskonflikt liegt vor, wenn die beiden Vertragsstaaten die Einkünfte verschiedenen Steuerpflichtigen zurechnen.

     

    Bezüglich der österreichischen Betriebsstätte liegt kein Zurechnungskonflikt vor. Deutschland und Österreich behandeln die KG steuerlich transparent. Daher werden die Einkünfte von beiden Staaten Dieter zugerechnet. Er und nicht die KG ist der Steuerpflichtige. Anders verhält es sich aber bei den Einkünften aus der polnischen sp.k. Polen behandelt die sp.k. seit dem 1.1.21 steuerlich intransparent, also wie eine Kapitalgesellschaft. Damit werden die dortigen Einkünfte aus deutscher Perspektive Dieter zugerechnet, aus polnischer Sicht ist aber die sp.k. selbst das Steuersubjekt und Polen erhebt deshalb auf das Einkommen der sp.k. Körperschaftsteuer.

     

    Gemäß Art. 24 Abs. 3 DBA D/PL erfolgt ein Methodenwechsel, wenn die Einkünfte

    • verschiedenen Personen zugerechnet werden,
    • sich dieser Zurechnungskonflikt nicht durch ein Konsultationsverfahren i. S. d. Art. 26 Abs. 3 DBA D/PL regeln lässt und
    • die Einkünfte dadurch unbesteuert bleiben oder zu niedrig besteuert werden.

     

    Ein Zurechnungskonflikt liegt vor. Dieser lässt sich auch sicher nicht durch ein Konsultationsverfahren lösen. Fraglich ist, was Art. 24 Abs. 3 DBA D/PL mit Niedrigbesteuerung meint.

     

    Aus deutscher Perspektive müsste Polen den Gewerbetreibenden Dieter besteuern. Hierfür gestattet das polnische EStG einen Steuersatz i. H. v. 19 %. Daher sieht die deutsche Finanzverwaltung diese Besteuerung als „richtig“, also als Referenzgröße an. Polen erhebt aber bei der sp.k. Körperschaftsteuer, weil diese das Steuersubjekt ist. Der Körperschaftsteuersatz beträgt in Polen grundsätzlich auch 19 %. Damit würde zwar ein Zurechnungskonflikt, aber keine Niedrigbesteuerung vorliegen. Allerdings gewährt Polen kleinen Kapitalgesellschaften mit einem Umsatz von nicht mehr als 2 Mio. EUR einen Körperschaftsteuersatz von nur 9 %. Fände dieser, wie im Sachverhalt, Anwendung, würde eine Niedrigbesteuerung vorliegen und ein Methodenwechsel erfolgen.Auch bei diesem Zurechnungskonflikt obliegt die Nachweispflicht dem Steuerpflichtigen. Dieter bzw. sein Steuerberater müssten also im Rahmen der erweiterten Mitwirkungspflicht nachweisen, dass die effektive Steuerlast bei mindestens 19 % lag. Andernfalls würde die Freistellung verwehrt werden.

     

    MERKE | Im nationalen Recht hat der Gesetzgeber keine Norm für Zurechnungskonflikte kodifiziert. Manche Abkommen sehen diese aber vor (z. B. Art. 24 Abs. 3 DBA D/PL, Art. 22 Abs. 2 Buchst. e) DBA D/E).

     

    Gewerbesteuerlich wird der Gewinnanteil weiterhin wegen § 9 Nr. 2 S. 1 GewStG aus dem Gewerbeertrag herausgekürzt.

     

    3.3 Zuordnungskonflikte

    Seit 2022 überschreibt der Gesetzgeber abkommensrechtliche Freistellungen auch bei sog. Zuordnungskonflikten.

     

    MERKE | Ein Zuordnungskonflikt liegt vor, wenn die Vertragsstaaten Einkünfte verschiedenen Betriebsstätten des Steuerpflichtigen zuordnen.

     

    Aus deutscher Sicht werden die beiden ausländischen Gesellschaften steuerlich transparent behandelt. Da 2013 der Authorized OECD Approach (AOA) in § 1 AStG umgesetzt wurde, erfolgt die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zu den Betriebsstätten eines Steuerpflichtigen daher nach der Personalfunktion. Zentral ist also die Frage, in welcher Betriebsstätte das Management bezüglich des nämlichen Wirtschaftsguts erfolgt. Die Rechte, die lizenziert werden, werden ausschließlich in der österreichischen KG verwaltet und somit von der deutschen Finanzverwaltung dieser zugeordnet.

     

    Das kann das Ausland jedoch anders sehen. Als die polnische sp.k. ihr Lizenzrecht entwickelt hat, wurde sie in Polen noch steuerlich transparent behandelt. Seit 2021 ist sie aber ein eigenes Steuersubjekt. Daher würde Polen das Lizenzrecht auch steuerlich der sp.k. zuordnen und die Lizenzgebühren auch bei ihr besteuern. Auf ein mögliches Verrechnungspreisproblem zwischen Polen und Österreich, wenn die österreichische KG das Management weiterhin betreibt, sei lediglich hingewiesen.

     

    § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 3 EStG sieht einen Methodenwechsel vor, sofern ein Wirtschaftsgut zwar von Deutschland einer ausländischen Freistellungsbetriebsstätte zugeordnet wird, aber der Vertragsstaat die daraus resultierenden Einkünfte nicht besteuert. Deutschland ordnet das Recht der österreichischen KG nach Art. 12 Abs. 3 (Betriebsstättenvorbehalt) i. V. m. Art. 7 Abs. 1 zu und stellt die nämlichen Lizenzzahlungen nach Art. 24 Abs. 1 Buchst. a) DBA unter Progressionsvorbehalt frei. Dabei unterstellt die deutsche Finanzverwaltung eine Besteuerung in Österreich. Würde Österreich aber der polnischen Sichtweise folgen, lägen aus ihrer Perspektive keine inländischen, sondern polnische Einkünfte vor und Österreich könnte bereits nach nationalem Recht nicht besteuern, weil dort keine inländischen Einkünfte vorlägen. Wenn Österreich die Einkünfte nicht besteuert, würde Deutschland nach § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 3 EStG die abkommensrechtliche Freistellung verweigern und die Einkünfte voll besteuern. Damit würde das Ergebnis des DBA D/A überschrieben.

     

    Dies würde aber zu einer nicht auflösbaren Doppelbesteuerung führen. Zwar besteuert nicht Österreich, aber Deutschland. Zugleich würde Polen die Lizenzeinnahmen im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht der sp.k. besteuern. Da Polen das DBA D/PL nicht anwenden würde, läge auch kein Qualifikationskonflikt im DBA D/PL vor und der Zugang zu einem Verständigungsverfahren nach Art. 26 Abs. 1 D/PL wäre verschlossen. Auch eine nationale Anrechnung der polnischen Steuer nach § 34c Abs. 1 EStG ist nicht möglich, weil aus deutscher Sicht keine polnischen Einkünfte vorliegen.

     

    MERKE | § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 3 EStG setzt keine Minder- oder Nichtbesteuerung für den Methodenwechsel voraus. Dies ist ein zentrales Konstruktionsproblem der Norm.

     

    Die Tragweite des § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 3 EStG kann in der Praxis kaum überschätzt werden. Bei mehreren ausländischen Betriebsstätten bzw. Personengesellschaften eines Steuerpflichtigen besteht immer das Risiko unterschiedlicher Betriebsstättenzuordnungen von Einkünften durch die verschiedenen Vertragsstaaten.

     

    Auch dieser Methodenwechsel wird wegen § 9 Nr. 2 S. 1 GewStG gewerbesteuerlich nicht nachvollzogen. Das wäre für Dieter ein schwacher Trost, da er die Gewerbesteuer nach § 35 EStG anrechnen könnte.

     

    3.4 Qualifikationskonflikte

    Liegen abkommensrechtliche Qualifikationskonflikte vor, sind sowohl das Abkommen als auch das nationale Recht zu prüfen. Beide Rechtskreise können die Freistellung verwehren.

     

    MERKE | Ein Qualifikationskonflikt liegt vor, wenn die Vertragsstaaten auf einen Sachverhalt verschiedene abkommensrechtliche Normen anwenden.

     

    Gemäß dem Sachverhalt hat Dieter der polnischen sp.k. ein Darlehen gewährt und erhält hierfür der Höhe nach angemessene Zinsen. Deutschland sieht hierin Sondervergütungen, also originäre gewerbliche Einkünfte des Steuerpflichtigen. Polen hingegen ist zum einen das deutsche Mitunternehmerkonzept fremd und behandelt zum anderen die sp.k. intransparent. Daher würde Polen nach nationalem Recht die Zinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen des Dieter qualifizieren und eine Quellensteuer i. H. v. 19 % erheben wollen.

     

    Abkommensrechtlich wendet Polen daher auch Art. 11 DBA D/PL an und reduziert die Quellensteuer, sofern eine deutsche Ansässigkeitsbescheinigung vorgelegt wird, auf 5 % (Art. 11 Abs. 2 DBA D/PL). Zugleich geht die polnische Finanzverwaltung davon aus, Deutschland würde die Zinsen voll besteuern und nach Art. 24 Abs. 1 Buchst. b) Doppelbuchst. bb) DBA D/PL die 5 % polnische Quellensteuer im Rahmen des § 34c Abs. 1 i. V. m. Abs. 6 S. 2 EStG anrechnen.

     

    Das sieht die deutsche Finanzverwaltung aber völlig anders. Da die Sondervergütungen originäre gewerbliche Einkünfte des Dieter darstellen, wendet Deutschland „ausschließlich“ Art. 7 Abs. 1 an (so: § 50d Abs. 10 S. 1 EStG), ordnet die Sondervergütung der polnischen Betriebsstätte (s.k.) zu und würde über Art. 24 Abs. 1 Buchst. a) DBA D/PL diese Betriebsstätteneinkünfte freistellen. Im Ergebnis würde Polen nur 5 % Quellensteuer erheben und Deutschland nicht besteuern.

     

    Dieses Ergebnis, also die Entstehung grauer Einkünfte, kann den deutschen Gesetzgeber nicht begeistern. Daher wird die Freistellung abkommensrechtlich über Art. 24 Abs. 3 Buchst. a) DBA D/PL („unterschiedlichen Abkommensbestimmungen zugeordnet“) bzw. nach § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 1 EStG verwehrt, wenn bzw. soweit durch den Qualifikationskonflikt weiße oder graue Einkünfte entstehen. Umstritten ist, welche der beiden Normen Vorrang hat.

     

    MERKE | In der Praxis wird sich die Finanzverwaltung aufgrund der BFH-Rechtsprechung auf § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 1 EStG und nicht auf die abkommensrechtliche Regelung stützen.

     

    Denn der BFH hat die abkommensrechtliche Norm feinsinnig interpretiert. Da dort von „Einkünften“ der Betriebsstätte die Rede ist, die zu niedrig besteuert wurden, hat der 1. Senat argumentiert: Wenn die Gewinnanteile im Vertragsstaat voll besteuert und nur die Sondervergütungen zu niedrig besteuert wurden, wurden nicht „die Einkünfte“, sondern nur ein Teil der Betriebsstätteneinkünfte zu niedrig besteuert. Das reicht aber nicht aus, um die Freistellung zu verwehren. Damit läuft die Abkommensnorm in der Praxis häufig ins Leere und es bleibt vollumfänglich bei der Freistellung.

     

    Damit ist aber § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 1 EStG zu prüfen. Auch er setzt eine Minderbesteuerung voraus, die aus einem abkommensrechtlichen Qualifikationskonflikt resultiert. Dieser liegt unzweifelhaft vor, weil Deutschland Art. 7 Abs. 1 anwendet, während Polen auf Art. 11 Abs. 2 DBA D/PL abstellt. Eine Minderbesteuerung liegt vor, weil Polen nicht so besteuert, wie Deutschland dies erwartet, also nur mit 5 % anstatt 19 %. Daher wird in Deutschland das DBA überschrieben und unter Anrechnung der polnischen Quellensteuer (§ 34c Abs. 1 i. V. m. Abs. 6 S. 2 EStG) besteuert. Da der Gesetzgeber in § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 1 EStG extra das Wort „soweit“ eingefügt hat, können (anders als nach Art. 24 Abs. 3 Buchst. a) DBA D/PL) die verschiedenen Bestandteile der Betriebsstätteneinkünfte getrennt geprüft werden (Atomisierung). Und wenn man nur die Sondervergütung betrachtet, liegt aus deutscher Sicht eine Minderbesteuerung vor. Damit kann der Methodenwechsel vollzogen werden.

     

    In der Praxis behelfen sich manche Steuerpflichtige damit, dem polnischen Fiskus keine deutsche Ansässigkeitsbescheinigung vorzulegen. Dann würde Polen die Quellensteuer nicht von 19 % auf 5 % reduzieren, also voll besteuern. Somit läge keine Minderbesteuerung in Polen vor und Deutschland könnte den § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 1 EStG nicht anwenden. Es ist aber umstritten, ob sich die Pflicht zur Vorlage der Ansässigkeitsbescheinigung in Polen aus den Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 AO ergibt.

     

    Gewerbesteuerlich wird der Methodenwechsel wiederum nicht nachvollzogen. Es bleibt bei der Kürzung nach § 9 Nr. 2 S. 1 GewStG.

     

    FAZIT | Die Strukturierung einer gewerblichen Outbound-Investition über eine ausländische KG ist ein legitimes und tragfähiges Instrument, um die Haftungsbeschränkung mit einer abkommensrechtlichen Freistellung zu kombinieren. Dabei sind jedoch Kenntnisse über das ausländische Steuerrecht, die Berücksichtigung von erweiterten Mitwirkungspflichten und die Kenntnis der abkommensrechtlichen und abkommensüberschreibenden Umschaltklauseln erforderlich. Die Fallstudie sollte hierbei zentrale Problemfelder verdeutlichen.

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2022 | Seite 250 | ID 48480837

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