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  • 07.07.2009 | Europäischer Gerichtshof

    Sitzverlegung einer Gesellschaft innerhalb der EU - Zulässigkeit von nationalen Hindernissen

    von VRiFiG Prof. Dr. Kay-Michael Wilke, Karlsruhe

    Für die Fortentwicklung des Binnenmarktes ist die Weiterentwicklung des Gesellschaftsrechts von grundlegender Bedeutung. In dem Verfahren C-210/06 Cartesio hat sich der EuGH mit der Frage der Verlegung des Sitzes einer Personengesellschaft in einen anderen Mitgliedstaat bei gleichzeitig angestrebter Beibehaltung des bisherigen Status befassen müssen. Er entschied u.a., dass beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts die Niederlassungsfreiheit einen Mitgliedstaat nicht daran hindert, es einer nach seinem Recht gegründeten Gesellschaft zu verwehren, ihren Sitz unter Beibehaltung ihrer Eigenschaft als Gesellschaft des Rechts dieses Staates in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen (EuGH 16.12.08, C-210/06, Abruf-Nr. 092101).

     

    Sachverhalt

    Cartesio wurde im Jahr 2004 in der Rechtsform einer KG ungarischen Rechts mit Sitz in Baja (Ungarn) gegründet. Die Gesellschaft wurde im Juni 2004 ins Handelsregister eingetragen. Am 11.11.05 stellte Cartesio beim zuständigen Bezirksgericht den Antrag, die Verlegung ihres Sitzes nach Italien zu bestätigen und die Sitzangabe im Handelsregister entsprechend zu ändern. Dieser Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass eine in Ungarn gegründete Gesellschaft nach geltendem ungarischem Recht ihren Sitz nicht unter Beibehaltung des ungarischen Personalstatuts ins Ausland verlegen könne. Cartesio hat gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt und macht u.a. geltend, dass das ungarische Gesetz den ungarischen Gesellschaften nicht vorschreiben könne, Ungarn als Sitzland zu wählen. Dies folge aus Art. 43 und 48 EGV. Das angerufene Gericht hat dem EuGH u.a. die folgende Frage vorgelegt: Ist eine Bestimmung des ungarischen Rechts mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, nach der es einer ungarischen Gesellschaft verwehrt ist, ihren Sitz in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zu verlegen und dabei ihre Eigenschaft als Gesellschaft ungarischen Rechts zu behalten?  

     

    Anmerkungen

    Der EuGH nimmt Bezug auf sein schon etwas älteres Grundlagenurteil zur Sitzverlegung einer Gesellschaft (EuGH 27.9.88, C-81/87, Daily Mail and General Trust, DB 89, 2691). Hier vertrat der Gerichtshof die Ansicht, dass die Wegzugsfreiheit kein Bestandteil der europarechtlich geschützten Niederlassungsfreiheit ist. Er führt weiterhin aus, dass die rechtliche Lösung des Problems der Sitzverlegung einer Gesellschaft in den einzelnen Mitgliedstaaten höchst unterschiedlich geregelt sei. Diesen Unterschieden trage die Rechtsordnung insoweit Rechnung, als in Art. 48 EGV unterschiedliche Anknüpfungspunkte für diejenigen Gesellschaften vorgesehen sind, die in den Genuss der Niederlassungsfreiheit kommen sollen.  

     

    Daneben verweist der EuGH auf das Urteil in der Rechtssache Überseering (EuGH 5.11.02, C-208/00, s. Pflüger PIStB 03, 146). Danach hat ein Mitgliedstaat die Möglichkeit, einer nach seiner Rechtsordnung gegründeten Gesellschaft Beschränkungen hinsichtlich der Verlegung ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes aus seinem Hoheitsgebiet aufzuerlegen, damit sie die ihr nach dem Recht dieses Staates zuerkannte Rechtspersönlichkeit beibehalten kann. Das Problem der Sitzverlegung sei kein Problem der Niederlassungsfreiheit; es bedürfe einer Lösung im Wege der Rechtsetzung oder des Vertragsschlusses. Dazu sei es jedoch bisher noch nicht gekommen.  

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