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  • 01.11.2006 | Europäischer Gerichtshof

    Gemeinnützigkeit wirkt grundsätzlich europaweit

    von VRiFG Prof. Dr. Kay-Michael Wilke, Karlsruhe
    Der EuGH (14.9.06, C-386/04, Abruf-Nr. 063162) hat sich auf Vorlage des BFH (14.7.04, BStBl II 05, 721) mit dem Problem befassen müssen, ob zwischen einer im Inland ansässigen gemeinnützigen Stiftung und einer im Ausland ansässigen gemeinnützigen Stiftung derart gravierende Unterschiede bestehen, die eine unterschiedliche Besteuerung rechtfertigen. Hierzu hat das Gericht entschieden, dass eine in einem Mitgliedstaat gewährte Anerkennung als steuerlich gemeinnützige Körperschaft auch im anderen Mitgliedstaat zu beachten ist, sofern sich die grundlegenden Voraussetzungen entsprechen und dementsprechend auch die steuerlichen Erleichterungen zu gewähren sind.

     

    Sachverhalt

    Die Klägerin ist eine als gemeinnützig anerkannte Stiftung. Sie hat ihren Sitz und die Geschäftsleitung in Italien und ist Eigentümerin eines in München gelegenen Geschäftsgrundstücks. Die mit diesem Grundstück erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unterwarf das FA für das Streitjahr 1997 der Körperschaftsteuer. Die Stiftung legte gegen den Steuerbescheid Einspruch mit der Begründung ein, dass sie als gemeinnützige Stiftung von der Steuer befreit werden müsste. Einspruch und Klage vor dem FG München (30.10.02 EFG 03, 481) blieben erfolglos. Der BFH hatte Zweifel an der Vereinbarkeit der Regelung in § 5 Abs. 2 Nr. 3 KStG mit den Bestimmungen des EG-Vertrags, insbesondere der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV) und der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 73b EGV (jetzt Art. 56 EGV). Aufgrund dieser Zweifel legte er die Klage dem EuGH vor. 

     

    Anmerkung

    Die im Rechtsstreit behandelte Frage befasst sich nur mit einem Teilaspekt des steuerlichen Binnenmarkts. Dass der EuGH hier seine Entscheidung nicht auf die Niederlassungsfreiheit des Art. 43 EGV gestützt hat, liegt daran, dass die italienische Stiftung in Deutschland über keine Geschäftsräume verfügte, von denen sie aus die Vermietungstätigkeit betrieb. So wurde die konkrete Verwaltung lediglich durch eine deutsche Hausverwaltung ausgeübt. 

     

    Für die Klägerin stellte sich die Frage, auf welche der Grundfreiheiten sie sich berufen konnte. In Betracht kamen die Bestimmungen über den freien Kapitalverkehr (jetzt Art. 56 bis 60 EGV, im Streitjahre Art. 73b bis 73g EGV). Da der EGV selbst keine Definition dessen enthält, was unter „Kapital- und Zahlungsverkehr“ fällt, hat der Gerichtshof auf den Anhang I zur Richtlinie 88/361/EWG vom 24.6.88 (ABl. 88 L 178, 5), die zu dem zwischenzeitlich aufgehobenen Art. 67 EGV ergangen ist, zurückgegriffen. Danach fallen unter den Begriff „Kapitalverkehr“ auch Immobilieninvestitionen von Gebietsfremden im Inland. Das Halten eines Grundstücks erfülle diese Voraussetzung. Zwar verbiete Art. 73b EGV (jetzt Art. 56 EGV) alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten, jedoch dürfe der einzelne Mitgliedstaat gemäß Art. 73g Abs. 1 a) EGV (jetzt Art. 58 Abs. 1 a) EGV) die einschlägigen Vorschriften seines Steuerrechts anwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln. Nach Art. 58 Abs. 3 EGV dürfen die dort genannten Maßnahmen weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs i.S. des Art. 56 EGV darstellen. Der EuGH prüfte nun, ob zwischen einer in Deutschland ansässigen gemeinnützigen Stiftung und einer (nur) beschränkt steuerpflichtigen gemeinnützigen Stiftung so große Unterschiede bestehen, die eine unterschiedliche Besteuerung (einerseits Steuerfreiheit, andererseits uneingeschränkte Besteuerung) rechtfertigen würden. 

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