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02.11.2006 · IWW-Abrufnummer 063162

Europäischer Gerichtshof: Urteil vom 14.09.2006 – C-386/04

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (Dritte Kammer)

14. September 2006(*)

?Freier Kapitalverkehr ? Körperschaftsteuer ? Steuerbefreiung von Vermietungseinkünften ? Wohnsitzvoraussetzung ? Als gemeinnützig anerkannte privatrechtliche Stiftung?

In der Rechtssache C‑386/04

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Beschluss vom 14. Juli 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 8. September 2004, in dem Verfahren

Centro di Musicologia Walter Stauffer

gegen

Finanzamt München für Körperschaften

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter J. Malenovski, S. von Bahr, A. Borg Barthet und U. Lõhmus (Berichterstatter),

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Oktober 2005,

unter Berücksichtigung der Erklärungen:

? des Centro di Musicologia Walter Stauffer, vertreten durch O. Thömmes, Rechtsanwalt,

? des Finanzamts München für Körperschaften, vertreten durch C. Anneser und K. Schmid als Bevollmächtigte,

? der deutschen Regierung, vertreten durch A. Tiemann und U. Forsthoff als Bevollmächtigte,

? Irlands, vertreten durch D. O?Hagan als Bevollmächtigten, sowie D. Moloney, BL, und K. Maguire, BL,

? der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten, im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,

? der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch C. White als Bevollmächtigte, im Beistand von R. Hill, Barrister,

? der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K. Gross und R. Lyal als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Dezember 2005

folgendes

Urteil

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG), 58 EG-Vertrag (jetzt Artikel 48 EG), Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG), 66 EG-Vertrag (jetzt Artikel 55 EG) und 73b EG-Vertrag (jetzt Artikel 56 EG).

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Centro di Musicologia Walter Stauffer, einer Stiftung italienischen Rechts (im Folgenden: Stiftung), und dem Finanzamt München für Körperschaften (im Folgenden: Finanzamt) über die Unterwerfung bestimmter Einkünfte unter die Körperschaftsteuer für das Jahr 1997.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

In Anhang I der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom 24. Juni 1988 zur Durchführung von Artikel 67 des Vertrages [aufgehoben durch den Vertrag von Amsterdam] (ABl. L 178, S. 5), der die Überschrift ?Nomenklatur für den Kapitalverkehr gemäß Artikel 1 der Richtlinie? trägt, heißt es in der Einleitung:

?In dieser Nomenklatur werden die Kapitalbewegungen nach der ökonomischen Natur der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten, ausgedrückt in Landeswährung oder in Fremdwährungen, gegliedert.

Der in dieser Nomenklatur genannte Kapitalverkehr umfasst;

? alle für die Durchführung des Kapitalverkehrs erforderlichen Geschäfte: Abschluss und Ausführung der Transaktion und damit zusammenhängende Transferzahlungen. Die Transaktion erfolgt im Allgemeinen zwischen Gebietsansässigen verschiedener Mitgliedstaaten; es kommt jedoch vor, dass bestimmte Kapitalbewegungen von einer einzigen Person für eigene Rechnung getätigt werden (beispielsweise Vermögenstransfers von Auswanderern);

? die von natürlichen oder juristischen Personen getätigten Geschäfte ?;

? den Zugang des Marktteilnehmers zu allen Finanzverfahren, die auf dem für die Durchführung des Geschäfts in Anspruch genommenen Markt zur Verfügung stehen. Beispielsweise umfasst der Begriff des Erwerbs von Wertpapieren und anderen Finanzinstrumenten nicht nur die Kassageschäfte, sondern alle zur Verfügung stehenden Geschäftsformen, wie Termingeschäfte, Optionsgeschäfte oder Geschäfte mit Optionsscheinen, Tauschgeschäfte gegen andere Vermögenswerte usw. ?;

? die Liquidation oder Abtretung der gebildeten Guthaben, die Repatriierung des Erlöses aus dieser Liquidation ? oder die Verwendung dieses Erlöses an Ort und Stelle in den Grenzen der Gemeinschaftsverpflichtungen;

? die Kredit‑ oder Darlehensrückzahlungen.

Diese Nomenklatur ist keine erschöpfende Aufzählung zur Definition des Begriffs des Kapitelverkehrs; sie enthält nämlich eine Rubrik XIII ? F ?Sonstiger Kapitalverkehr: Verschiedenes?. Sie ist mithin nicht im Sinne einer Einschränkung des Geltungsbereichs des in Artikel 1 dieser Richtlinie niedergelegten Grundsatzes einer vollständigen Liberalisierung des Kapitalverkehrs zu verstehen.?

Die Nomenklatur umfasst dreizehn verschiedene Kategorien von Kapitalbewegungen. In der Rubrik II mit der Überschrift ?Immobilieninvestitionen? findet sich:

?A. Immobilieninvestitionen von Gebietsfremden im Inland

??

Nationale Regelung

Die einschlägigen Bestimmungen des Körperschaftsteuergesetzes 1996 (im Folgenden: KStG) lauten:

?§ 2 Beschränkte Steuerpflicht

Beschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind

1. Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland haben, mit ihren inländischen Einkünften ...

§ 5 Befreiungen

(1) Von der Körperschaftsteuer sind befreit:

?

9. Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung [1977; im Folgenden: AO]). Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen. Satz 2 gilt nicht für selbstbewirtschaftete Forstbetriebe;

(2) Die Befreiungen nach Absatz 1 gelten nicht

?

3. für beschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 2 Nr. 1.

?

§ 8 Ermittlung des Einkommens

(1) Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Gesetzes. ??

Die einschlägigen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes von 1990 (im Folgenden: EStG) lauten wie folgt:

?§ 21 Vermietung und Verpachtung

(1) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind

1. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen, insbesondere von Grundstücken, Gebäuden, Gebäudeteilen ?

§ 49 Beschränkt steuerpflichtige Einkünfte

(1) Inländische Einkünfte im Sinne der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Abs. 4) sind

?

6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21), wenn das unbewegliche Vermögen, die Sachinbegriffe oder Rechte im Inland belegen ? sind ??

Das Ausgangsverfahren und die Vorabentscheidungsfrage

Die nach italienischem Recht als gemeinnützig anerkannte Stiftung ist Eigentümerin eines Geschäftsgrundstücks in München.

Das Finanzamt unterwarf die Einkünfte, die die Stiftung aus der Vermietung und Verpachtung dieses Geschäftsgrundstücks erzielt, für das Steuerjahr 1997 der Körperschaftsteuer. Die Stiftung besitzt in Deutschland keine Geschäftsräume für die Ausübung ihrer Tätigkeiten und unterhält auch keine Zweigniederlassungen. Die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung dieses Geschäftsgrundstücks werden von einer deutschen Hausverwaltung erbracht.

Aus der im Streitjahr geltenden Satzung geht hervor, dass die Stiftung keinen Erwerbszweck hat. Sie verfolgt ausschließlich kulturelle Zwecke, die sich auf die Ausbildung und Erziehung durch Unterstützung der Lehrfächer der klassischen Herstellung von Saiteninstrumenten und Streichinstrumenten sowie die Musikgeschichte und die Musikwissenschaft im Allgemeinen beziehen. Die Stiftung darf eine oder mehrere Studienbeihilfen stiften, die jungen Schweizern, vorzugsweise aus Bern, den Aufenthalt in Cremona (Italien) für die ganze Periode des Unterrichts ermöglichen sollen.

Aus den Angaben des vorlegenden Gerichts geht hervor, dass die Stiftung im Streitjahr gemeinnützige Zwecke im Sinne der §§ 51 bis 68 AO verfolgte. Nach Ansicht dieses Gerichts setzt eine Förderung der Allgemeinheit im Sinne von § 52 dieses Gesetzes nicht voraus, dass die Fördermaßnahmen deutschen Staatsangehörigen zu Gute kommen. Demzufolge sei die Stiftung an sich gemäß § 5 Absatz 1 Nummer 9 Satz 1 KStG von der Körperschaftsteuer befreit, ohne dass sie mit ihren Einkünften gemäß Satz 2 und Satz 3 dieser Vorschrift der Steuer zu unterwerfen sei, weil die Vermietung nicht über den Rahmen der Vermögensverwaltung hinausgehe und keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne von § 14 Absatz 1 AO darstelle.

Da die Stiftung jedoch ihren Sitz und ihre Leitung in Italien habe, erziele sie in Deutschland ihre Vermietungseinkünfte im Rahmen ihrer beschränkten Steuerpflicht. Daraus folge, dass § 5 Absatz 2 Nummer 3 KStG anzuwenden sei, wonach die Steuerbefreiung, die u. a. für Körperschaften gelte, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dienten, für beschränkt Steuerpflichtige keine Geltung habe. Nach dieser Vorschrift unterliege die Stiftung wegen ihrer inländischen Einkünfte aus der Vermietung des Geschäftsgrundstücks der Körperschaftsteuer.

Die Stiftung legte gegen den Steuerbescheid von 1997 mit der Begründung Einspruch ein, dass sie als eine als gemeinnützig anerkannte Stiftung von der Steuer hätte befreit werden müssen; dieser Einspruch wurde zurückgewiesen. Sie erhob daraufhin Klage beim Finanzgericht München; diese blieb ohne Erfolg. Die Stiftung hat sodann Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt, der sich fragt, ob der in § 5 Absatz 2 Nummer 3 KStG vorgesehene Ausschluss der Steuerbefreiung von Körperschaften mit den Anforderungen des Gemeinschaftsrecht vereinbar ist.

Der Bundesfinanzhof hat deshalb beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Widerspricht es Artikel 52 i. V. m. Artikel 58, Artikel 59 i. V. m. den Artikeln 66 und 58 sowie Artikel 73b EG-Vertrag, wenn eine gemeinnützige Stiftung privaten Rechts eines anderen Mitgliedstaats, die im Inland mit Vermietungseinkünften beschränkt steuerpflichtig ist, anders als eine im Inland gemeinnützige unbeschränkt steuerpflichtige Stiftung mit entsprechenden Einkünften nicht von der Körperschaftsteuer befreit ist?

Zur Vorabentscheidungsfrage

Die Frage des Bundesfinanzhofs geht im Wesentlichen dahin, ob die Bestimmungen des EG-Vertrags über das Niederlassungsrecht, den freien Dienstleistungsverkehr und/oder den freien Kapitalverkehr dem entgegenstehen, dass ein Mitgliedstaat, der Vermietungseinkünfte, die als gemeinnützig anerkannte grundsätzlich unbeschränkt steuerpflichtige Stiftungen im Inland erzielen, von der Körperschaftsteuer befreit, wenn diese Stiftungen in diesem Staat niedergelassen sind, die gleiche Befreiung für entsprechende Einkünfte aber einer als gemeinnützig anerkannten Stiftung des privaten Rechts, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, verweigert, weil diese im Inland nur beschränkt steuerpflichtig ist.

Zunächst ist festzustellen, dass die direkten Steuern zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, dass diese ihre Befugnisse aber unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts ausüben müssen (vgl. u. a. Urteile vom 11. August 1995 in der Rechtssache C‑80/94, Wielockx, Slg. 1995, I‑2493, Randnr. 16, vom 10. März 2005 in der Rechtssache C‑39/04, Laboratoires Fournier, Slg. 2005, I‑2057, Randnr. 14, und vom 23. Februar 2006 in der Rechtssache C‑513/03, Van Hilten-van der Heijden, Slg. 2006, I‑0000, Randnr. 36).

Sodann ist zu prüfen, ob die Stiftung sich in Anbetracht des Sachverhalts der vorliegenden Rechtssache auf die Vorschriften über das Niederlassungsrecht, auf die Vorschriften über den freien Dienstleistungsverkehr und/oder auf die Vorschriften über den freien Kapitalverkehr berufen kann.

Mit der Niederlassungsfreiheit, die Artikel 52 EG-Vertrag den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten zuerkennt und die für sie die Aufnahme und Ausführung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen nach den gleichen Bestimmungen wie den im Niederlassungsstaat für dessen eigene Angehörigen festgelegten umfasst, ist gemäß Artikel 58 EG-Vertrag für die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, das Recht verbunden, ihre Tätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat durch eine Tochtergesellschaft, Zweigniederlassung oder Agentur auszuüben. (Urteile vom 21. September 1999 in der Rechtssache C‑307/97, Saint-Gobain ZN, Slg. 1999, I‑6161, Randnr. 35, vom 13. Dezember 2005 in der Rechtssache C‑446/03, Marks & Spencer, Slg. 2005, I‑10837, Randnr. 30, und vom 23. Februar 2006 in der Rechtssache C‑471/04, Keller Holding, Slg. 2006, I‑0000, Randnr. 29).

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist der Begriff der Niederlassung ein sehr weiter Begriff, der die Möglichkeit für einen Gemeinschaftsangehörigen impliziert, in stabiler und kontinuierlicher Weise am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaats als seines Herkunftsstaats teilzunehmen und daraus Nutzen zu ziehen, wodurch die wirtschaftliche und soziale Verflechtung innerhalb der Gemeinschaft im Bereich der selbständigen Tätigkeiten gefördert wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. Juni 1974 in der Rechtssache 2/74, Reyners, Slg. 1974, 631, Randnr. 21, und vom 30. November 1995 in der Rechtssache C‑55/94, Gebhard, Slg. 1995, I‑4165, Randnr. 25).

Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Bestimmungen über das Niederlassungsrecht ist jedoch grundsätzlich, dass eine dauernde Präsenz im Aufnahmemitgliedstaat sichergestellt ist und dass im Fall des Erwerbs und des Besitzes von Grundstücken deren Verwaltung aktiv erfolgt. Aus der Schilderung des Sachverhalts durch das vorlegende Gericht geht aber hervor, dass die Stiftung in Deutschland keine Geschäftsräume für die Ausübung ihrer Tätigkeiten besitzt und dass die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung des Grundbesitzes von einer deutschen Hausverwaltung erbracht werden.

Demzufolge finden die Bestimmungen der Niederlassungsfreiheit unter Umständen wie denjenigen des Ausgangsverfahrens keine Anwendung.

Sodann ist zu prüfen, ob die Stiftung sich auf die Artikel 73b bis 73g EG‑Vertrag über den freien Kapitalverkehr berufen kann.

Der EG‑Vertrag enthält keine Definition der Begriffe des Kapital‑ und des Zahlungsverkehrs. Da jedoch Artikel 73b EG-Vertrag im Wesentlichen den Inhalt von Artikel 1 der Richtlinie 88/361 übernommen hat und ungeachtet dessen, dass diese Richtlinie auf die Artikel 69 und 70 Absatz 1 EWG-Vertrag gestützt ist (die Artikel 67 bis 73 EWG‑Vertrag sind ersetzt worden durch die Artikel 73b EG-Vertrag bis 73g EG‑Vertrag, jetzt Artikel 56 EG bis 60 EG), behält jedoch nach ständiger Rechtsprechung die Nomenklatur für den Kapitalverkehr im Anhang zu dieser Richtlinie den Hinweischarakter für die Definition des Begriffes des Kapitalverkehrs, den sie vor dem Inkrafttreten der Artikel 73b ff. EG-Vertrag hatte, wobei die in ihr enthaltene Aufzählung gemäß ihrer Einleitung nicht erschöpfend ist (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 16. März 1999 in der Rechtssache C‑222/97, Trummer und Mayer, Slg. 1999, I‑1661, Randnr. 21, und vom 5. März 2002 in den Rechtssachen C‑515/99, C‑519/99 bis C‑524/99 und C‑526/99 bis C‑540/99, Reisch u. a., Slg. 2002, I‑2157, Randnr. 30, sowie Urteil Van Hilten-van der Hejden, Randnr. 39).

Unstreitig verfügt die Stiftung, deren Sitz sich in Italien befindet, in München über ein Geschäftsgrundstück, das sie vermietet. Unter den in Anhang I der Richtlinie 88/361 aufgezählten Kapitalbewegungen sind im Abschnitt II mit der Überschrift ?Immobilieninvestitionen? Immobilieninvestitionen von Gebietsfremden im Inland genannt.

Daraus folgt, dass sowohl das Eigentum an diesem Grundstück als auch dessen Nutzung unter den freien Kapitalverkehr fallen. Daher braucht nicht geprüft zu werden, ob die Stiftung als Erbringerin von Dienstleistungen tätig wird.

Nach Artikel 73b EG-Vertrag sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten verboten.

Um festzustellen, ob eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige zu einer Beschränkung des freien Kapitalverkehrs im Sinne von Artikel 73b EG-Vertrag führt, ist zu prüfen, ob die Anwendung dieser Regelung dadurch eine beschränkende Wirkung gegenüber als gemeinnützig anerkannten und in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Stiftungen führt, dass sie diesen für im Inland erzielte Vermietungseinkünfte die Befreiung nicht gewährt, die gleichartige im Inland unbeschränkt steuerpflichtige Stiftungen erhalten.

Dass die Steuerbefreiung für die Vermietungseinkünfte nur zugunsten der Stiftungen gilt, die als gemeinnützig anerkannt und grundsätzlich in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind, benachteiligt die Stiftungen, deren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat liegt, und kann ein Hemmnis für den freien Kapital- und Zahlungsverkehr darstellen.

Nach alledem stellt eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar, die nach Artikel 73b Absatz 1 EG-Vertrag grundsätzlich verboten ist.

Es ist jedoch zu prüfen, ob eine solche Beschränkung nach den Bestimmungen des Vertrages gerechtfertigt werden kann.

Nach Artikel 73d Absatz 1 Buchstabe a EG-Vertrag berührt Artikel 73b nicht das Recht der Mitgliedstaaten, die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln.

Artikel 73d Absatz 1 Buchstabe a EG-Vertrag, der als Ausnahme vom Grundprinzip des freien Kapitalverkehrs eng auszulegen ist, kann jedoch nicht dahin verstanden werden, dass jede Steuerregelung, die zwischen Steuerpflichtigen nach ihrem Wohnort oder nach dem Mitgliedstaat ihrer Kapitalanlage unterscheidet, ohne weiteres mit dem Vertrag vereinbar wäre. Denn die in Artikel 73d Absatz 1 Buchstabe a EG-Vertrag vorgesehene Ausnahme wird ihrerseits durch Artikel 73d Absatz 3 EG-Vertrag eingeschränkt, wonach die in Artikel 73d Absatz 1 genannten nationalen Maßnahmen ?weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital‑ und Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels 73b darstellen [dürfen]? (vgl. Urteil vom 7. September 2004 in der Rechtssache C‑319/02, Manninen, Slg. 2004, I‑7477, Randnr. 28).

Daher ist zwischen nach Artikel 73d Absatz 1 Buchstabe a EG‑Vertrag erlaubten Ungleichbehandlungen und nach Artikel 73d Absatz 3 verbotenen willkürlichen Diskriminierungen oder verschleierten Beschränkungen zu unterscheiden. Nach der Rechtsprechung kann aber eine nationale Steuerregelung wie die im Ausgangsverfahren streitige, die zwischen unbeschränkt und beschränkt steuerpflichtigen Stiftungen unterscheidet, nur dann als mit den Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr vereinbar angesehen werden, wenn die unterschiedliche Behandlung Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie die Notwendigkeit, die Kohärenz des Steuersystems und die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrollen zu gewährleisten, gerechtfertigt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Juni 2000 in der Rechtssache C‑35/98, Verkooijen, Slg. 2000, I‑4071, Randnr. 43, und Urteil Manninen, Randnr. 29). Außerdem ist die unterschiedliche Behandlung der als gemeinnützig anerkannten und in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Stiftungen auf der einen und der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Stiftungen gleicher Art auf der anderen Seite nur dann gerechtfertigt, wenn sie nicht über das hinausgeht, was zum Erreichen des mit der fraglichen Regelung verfolgten Zieles erforderlich ist.

Das Finanzamt sowie die deutsche Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs machen geltend, eine als gemeinnützig anerkannte unbeschränkt steuerpflichtige Stiftung und die Klägerin, die als Gebietsfremde nur beschränkt steuerpflichtig sei, befänden sich nicht in einer vergleichbaren Situation.

Zum einen sei die Erstgenannte in das deutsche soziale Leben integriert und übernehme Aufgaben, die andernfalls von der Gemeinschaft oder von nationalen Behörden wahrgenommen werden müssten, was den Staatshaushalt belaste, während sowohl die satzungsmäßigen als auch die tatsächlichen gemeinnützigen Tätigkeiten der Zweitgenannten nur die Italienische Republik und die Schweizer Eidgenossenschaft beträfen.

Zum anderen unterschieden sich die Voraussetzungen, unter denen die Mitgliedstaaten eine Stiftung als gemeinnützig anerkennen würden, was die Gewährung von steuerlichen Vorteilen und anderen Privilegien mit sich bringe, von einem Mitgliedstaat zum anderen je nach dem jeweiligen Verständnis des Gemeinwohls und der Bedeutung, die sie dem Begriff ?Gemeinnützigkeit? beimäßen. Daraus folge, dass eine Stiftung, die den im italienischem Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen entspreche, sich nicht in einer Situation befinde, die derjenigen einer Stiftung vergleichbar sei, die die im deutschem Recht vorgesehenen Voraussetzungen erfülle, denn es sei sehr wahrscheinlich, dass die in jedem Mitgliedstaat für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit geltenden Voraussetzungen unterschiedlich seien.

Keinem dieser Argumente ist zu folgen.

Erstens dürfen die Mitgliedstaaten zwar verlangen, dass eine hinreichend enge Verbindung zwischen den Stiftungen, die sie für die Gewährung bestimmter steuerlicher Vergünstigungen als gemeinnützig anerkennen, und den Tätigkeiten besteht, die diese ausüben, doch geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass es für die Entscheidung im Ausgangsverfahren unerheblich ist, ob eine solche Verbindung besteht.

Nach § 52 AO verfolgt nämlich eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Interessen der Allgemeinheit selbstlos zu fördern, ohne dass die Vorschrift danach unterscheidet, ob die Tätigkeit im Inland oder im Ausland ausgeübt wird. Das vorlegende Gericht führt aus, dass die Förderung der Allgemeinheit im Sinne dieser Vorschrift nicht voraussetze, dass diese Fördermaßnahmen den Staatsangehörigen oder den Bewohnern der Bundesrepublik Deutschland zugute kämen.

Zweitens trifft es zu, dass, wie die Generalanwältin in Nummer 94 ihrer Schlussanträge feststellt, das Gemeinschaftsrecht den Mitgliedstaaten nicht vorschreibt, dafür zu sorgen, dass in ihrem Herkunftsmitgliedstaat als gemeinnützig anerkannte ausländische Stiftungen im Inland automatisch die gleiche Anerkennung erhalten. Die Mitgliedstaaten verfügen insoweit nämlich über ein Ermessen, das sie entsprechend dem Gemeinschaftsrecht ausüben müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. Februar 2006 in der Rechtssache C‑415/04, Stichting Kinderopvang Enschede, Slg. 2006, I‑0000, Randnr. 23). Unter diesen Voraussetzungen steht ihnen die Entscheidung frei, welche Interessen der Allgemeinheit sie dadurch fördern wollen, dass sie Vereinigungen und Stiftungen, die selbstlos mit diesen Interessen zusammenhängende Ziele verfolgen, Vergünstigungen gewähren.

Gleichwohl können, wenn eine in einem Mitgliedstaat als gemeinnützig anerkannte Stiftung auch die dafür nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt und ihr Ziel die Förderung identischer Interessen der Allgemeinheit ist, was die nationalen Stellen des letztgenannten Staates einschließlich der Gerichte zu beurteilen haben, die Stellen dieses Mitgliedstaats dieser Stiftung das Recht auf Gleichbehandlung nicht allein aus dem Grund verwehren, dass sie nicht im Inland niedergelassen ist.

Im Ausgangsverfahren stellt das vorlegende Gericht fest, dass die Stiftung im Streitjahr gemeinnützige Zwecke im Sinne der §§ 51 bis 68 AO verfolgt und auch die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Befreiung von der Körperschaftsteuer nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 Satz 1 KStG erfüllt habe.

Unter Umständen wie denjenigen des Ausgangsverfahrens führt § 5 Absatz 2 Nummer 3 KStG folglich dazu, dass Stiftungen, die sich in einer objektiv vergleichbaren Situation befinden, wegen des Ortes ihres Sitzes unterschiedlich behandelt werden. Daraus folgt, dass eine solche steuerliche Maßnahme grundsätzlich keine nach Artikel 73d Absatz 1 Buchstabe a EG-Vertrag erlaubte Ungleichbehandlung darstellen kann, es sei denn, dass sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile Verkooijen, Randnr. 46, und Manninen, Randnr. 29, sowie Urteil vom 19. Januar 2006 in der Rechtssache C‑265/04, Bouanich, Slg. 2006, I‑0000, Randnr. 38).

Um die unterschiedliche Behandlung der als gemeinnützig anerkannten und in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Stiftungen auf der einen und der nicht in diesem Mitgliedstaat niedergelassenen Stiftungen auf der anderen Seite zu rechtfertigen, sind vor dem Gerichtshof Ziele angeführt worden, die u. a. die Förderung der Kultur, die Ausbildung und die Erziehung, die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrollen, die Notwendigkeit, die Kohärenz des nationalen Steuersystems sicherzustellen, die Notwendigkeit, die Besteuerungsgrundlage zu erhalten, sowie die Bekämpfung der Kriminalität betreffen.

Erstens vertritt das Finanzamt die Auffassung, dass die Steuervergünstigung für inländische Stiftungen, die kulturelle Zwecke verfolgten, durch die Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe d EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe d EG) und 128 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 151 EG) gedeckt sei und dass die für inländische Stiftungen, die ausschließlich Erziehungs‑ und Ausbildungszwecke verfolgten, geltenden Ausnahmevorschriften daher mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar seien

Dem ist nicht zu folgen. Zwar können bestimmte mit der Förderung der Kultur und einer Ausbildung auf hohem Niveau zusammenhängende Ziele zwingende Gründe des Allgemeininteresses darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. Februar 1991 in der Rechtssache C‑198/89, Kommission/Griechenland, Slg. 1991, I‑727, und vom 13. November 2003 in der Rechtssache C‑153/02, Neri, Slg. 2003, I‑13555, Randnr. 46), doch lassen die Informationen, über die der Gerichtshof verfügt, nicht erkennen, dass die hier betroffene steuerliche Befreiungsregelung derartige Ziele verfolgte oder eine unter die Artikel 92 und 93 EG-Vertrag fallende Beihilfe darstellte. Aus der Vorlageentscheidung geht nämlich hervor, dass § 52 AO nicht voraussetzt, dass die Tätigkeit der als gemeinnützig anerkannten Stiftungen der Allgemeinheit im Inland zugute kommt.

Zweitens tragen sowohl das Finanzamt als auch die deutsche Regierung, Irland und die Regierung des Vereinigten Königreichs vor, die im Ausgangsverfahren streitige Steuerregelung sei zum einen durch die Schwierigkeit der Prüfung, ob und inwieweit eine im Ausland niedergelassene, als gemeinnützig anerkannte Stiftung tatsächlich die satzungsmäßigen Zwecke im Sinne der inländischen Rechtsvorschriften erfülle, und zum anderen durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, die tatsächliche Geschäftsführung dieser Stiftung zu prüfen.

Der Gerichtshof hat wiederholt entscheiden, dass die Wirksamkeit der Steueraufsicht ein zwingender Grund des Allgemeininteresses ist, der eine Beschränkung der vom EG-Vertrag gewährleisteten Grundfreiheiten rechtfertigen kann (vgl. Urteil vom 20. Februar 1979 in der Rechtssache 120/78, Rewe-Zentral [?Cassis de Dijon?], Slg. 1979, 649, Randnr. 8, und vom 15. Mai 1997 in der Rechtssache C‑250/95, Futura Participations und Singer, Slg. 1997, I‑2471, Randnr. 31).

Bevor ein Mitgliedstaat einer Stiftung eine Steuerbefreiung gewährt, darf er daher Maßnahmen anwenden, mit denen er klar und genau nachprüfen kann, ob die Stiftung die nach nationalem Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Befreiung erfüllt, und die tatsächliche Geschäftsführung der Stiftung, z. B. auf der Grundlage der Vorlage des Jahresabschlusses und eines Tätigkeitsberichts, kontrollieren. Gewiss kann es sich bei in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Stiftungen als schwierig erweisen, die erforderlichen Prüfungen vorzunehmen. Es handelt sich dabei jedoch um bloße verwaltungstechnische Nachteile, die nicht ausreichen, um eine Weigerung der Behörden des betreffenden Staates zu rechtfertigen, diesen Stiftungen die gleichen Steuerbefreiungen wie grundsätzlich in diesem Staat unbeschränkt steuerpflichtigen Stiftungen der gleichen Art zu gewähren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. März 2004 in der Rechtssache C‑334/02, Kommission/Frankreich, Slg. 2004, I‑2229, Randnr. 29).

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nichts die betroffenen Finanzbehörden daran hindert, von der als gemeinnützig anerkannten Stiftung, die die Steuerbefreiung beansprucht, die Vorlage stichhaltiger Belege zu verlangen, anhand deren sie die erforderlichen Prüfungen vornehmen können. Eine nationale Regelung, die es den Steuerpflichtigen absolut unmöglich macht, derartige Nachweise zu erbringen, kann nicht mit der Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle gerechtfertigt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Laboratoires Fournier, Randnr. 25).

Darüber hinaus können die betroffenen Finanzbehörden sich aufgrund der Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern (ABl. L 336, S. 15), geändert durch die Richtlinie 2004/106/EG des Rates vom 16. November 2004 (ABl. L 359, S. 30), an die Behörden eines anderen Mitgliedstaats wenden, um alle Auskünfte zu erhalten, die sich als notwendig für die ordnungsgemäße Bemessung der Steuer eines Steuerpflichtigen einschließlich der Frage, ob diesem eine Steuerbefreiung gewährt werden kann, erweisen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Oktober 1999 in der Rechtssache C‑55/98, Vestergaard, Slg. 1999, I‑7641, Randnr. 26, und vom 26. Juni 2003 in der Rechtssache C‑422/01, Skandia und Ramstedt, Slg. 2003, I‑6817, Randnr. 42).

Drittens macht die deutsche Regierung geltend, eine gebietsfremden Stiftungen gewährte Befreiung von der Körperschaftsteuer auf die Einkünfte, die sie aus der Verwaltung des Vermögens bezögen, über das sie in Deutschland verfügten, gefährde die Kohärenz des nationalen Steuersystems. Die Befreiung solle eine Steuerpflicht wegen eines gemeinwohlnützlichen Handelns der als gemeinnützig anerkannten Stiftungen entfallen lassen. Soweit diese eine unmittelbare Gemeinwohlverantwortung übernähmen, träten sie an die Stelle des Staates, der ihnen dafür eine Steuervergünstigung gewähren könne, ohne gegen seine Verpflichtung zur Gleichbehandlung zu verstoßen.

In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof bejaht, dass die Notwendigkeit, die Kohärenz einer Steuerregelung zu gewährleisten, eine Einschränkung der Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundrechte rechtfertigen kann (Urteile vom 28. Januar 1992 in der Rechtssache C‑204/90, Bachmann, Slg. 1992, I‑249, Randnr. 28, und vom 28. Januar 1992 in der Rechtssache C‑300/90, Kommission/Belgien, Slg. 1992, I‑305, Randnr. 21).

Voraussetzung dafür, dass ein auf eine solche Rechtfertigung gestütztes Vorbringen Erfolg haben kann, ist jedoch, dass das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der betreffenden Steuervergünstigung und dem Ausgleich dieser Vergünstigung durch einen bestimmten Steuerabzug feststeht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. November 1995 in der Rechtssache C‑484/93, Svensson und Gustavsson, Slg. 1995, I‑3955, Randnr. 18, vom 27. Juni 1996 in der Rechtssache C‑107/94, Asscher, Slg. 1996, I‑3089, Randnr. 58, und vom 16. Juli 1998 in der Rechtssache C‑264/96, ICI, Slg. 1998, I‑4695, Randnr. 29, sowie Urteil Vestergaard, Randnr. 24, und Urteil vom 21. November 2002 in der Rechtssache C‑436/00, X und Y, Slg. 2002, I‑10829, Randnr. 52).

Wie aus den Randnummern 21 bis 23 des Urteils Bachmann sowie 14 bis 16 des Urteils Kommission/Belgien hervorgeht, beruhen diese Entscheidungen auf der Feststellung, dass im belgischen Recht bei ein und demselben der Einkommensteuer unterliegenden Steuerpflichtigen ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Möglichkeit, Versicherungsbeiträge von den steuerbaren Einkünften abzuziehen, und der späteren Besteuerung der von den Versicherern gezahlten Beträge bestand (Urteil Manninen, Randnr. 42).

Dem Vorbringen der deutschen Regierung, mit der diese die Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs mit der Notwendigkeit rechtfertigen will, die Kohärenz ihrer steuerlichen Regelung sicherzustellen, ist jedoch nicht zu folgen.

Zum einen steht der Steuervergünstigung, die aus der Steuerbefreiung der Vermietungseinkünfte besteht, keine Belastung gegenüber, die die grundsätzlich unbeschränkt steuerpflichtigen Stiftungen trifft. Mit anderen Worten besteht von der Steuerregelung her gesehen kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dieser Befreiung und einem Ausgleich dieser Vergünstigung durch einen bestimmten Steuerabzug.

Zum anderen mag der Wunsch, die Steuerbefreiung den als gemeinnützig anerkannten Stiftungen vorzubehalten, die politische Ziele dieses Mitgliedstaats verfolgen, auf den ersten Blick als legitim erscheinen, jedoch setzt § 52 AO nach den Angaben des vorlegenden Gerichts gegenüber dem Gerichtshof nicht voraus, dass die Förderungsmaßnahmen der inländischen Allgemeinheit zugute kommen. Auf dieser Grundlage gelangt dieses Gericht zu dem Ergebnis, dass die im Ausgangsverfahren betroffene Stiftung in den Genuss der Befreiung kommen könnte, wenn sie ihren Sitz unter Beibehaltung derselben Zielsetzungen nach Deutschland verlagern würde.

Viertens unterstreicht die deutsche Regierung, dass die Weigerung, beschränkt steuerpflichtigen Stiftungen die Steuerbefreiung zu gewähren, durch die Notwendigkeit gerechtfertigt sei, die Besteuerungsgrundlage zu erhalten.

Gewiss wird die Anerkennung des Rechts auf Befreiung von der Körperschaftsteuer zugunsten gebietsfremder gemeinnütziger Stiftungen für die Bundesrepublik Deutschland zu einer Verminderung der Steuereinnahmen aus der Körperschaftsteuer führen. Nach ständiger Rechtsprechung kann jedoch die Verringerung von Steuereinnahmen nicht als zwingender Grund des Allgemeininteresses betrachtet werden, der zur Rechtfertigung einer grundsätzlich gegen eine Grundfreiheit verstoßenden Maßnahme angeführt werden kann. (vgl. in diesem Sinne Urteil Verkooijen, Randnr. 59, Urteil vom 3. Oktober 2002 in der Rechtssache C‑136/00, Danner, Slg. 2002, I‑8147, Randnr. 56, sowie Urteile X und Y, Randnr. 50, und Manninen, Randnr. 49).

Fünftens ist in der mündlichen Verhandlung, insbesondere vom Finanzamt und von der deutschen Regierung, vorgetragen worden, es sei nicht ausgeschlossen, dass kriminelle Vereinigungen und terroristische Organisationen sich der Rechtsform einer Stiftung zur Geldwäsche und zur illegalen Übermittlung von Geldern von einem Mitgliedstaat in einen anderen bedienten.

Selbst unter der Annahme, dass die Behörden eines Mitgliedstaats dadurch, dass sie eine Steuerbefreiung den im Inland niedergelassenen als gemeinnützig anerkannten Stiftungen vorbehalten, die Kriminalität bekämpfen wollen, kann jedoch eine allgemeine Vermutung einer kriminellen Tätigkeit nicht darauf gestützt werden, dass eine Stiftung in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist. Die Gewährung einer Steuerbefreiung an derartige Stiftungen auszuschließen, obwohl es verschiedene Mittel gibt, deren Geschäftsbücher und Tätigkeiten zu prüfen, erscheint als eine Maßnahme, die über das zur Bekämpfung der Kriminalität Erforderliche hinausgeht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. November 2003 in der Rechtssache C‑243/01, Gambelli, Slg. 2003, I‑13031, Randnr. 74).

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Artikel 73b EG-Vertrag in Verbindung mit Artikel 73d EG-Vertrag dahin auszulegen ist, dass er dem entgegensteht, dass ein Mitgliedstaat, der Vermietungseinkünfte, die als gemeinnützig anerkannte grundsätzlich unbeschränkt steuerpflichtige Stiftungen im Inland erzielen, von der Körperschaftsteuer befreit, wenn diese Stiftungen in diesem Staat niedergelassen sind, die gleiche Befreiung für entsprechende Einkünfte aber einer als gemeinnützig anerkannten Stiftung des privaten Rechts, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, verweigert, weil diese im Inland nur beschränkt steuerpflichtig ist.

Kosten

Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

Artikel 73b EG-Vertrag in Verbindung mit Artikel 73d EG-Vertrag ist dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass ein Mitgliedstaat, der Vermietungseinkünfte, die als gemeinnützig anerkannte grundsätzlich unbeschränkt steuerpflichtige Stiftungen im Inland erzielen, von der Körperschaftsteuer befreit, wenn diese Stiftungen in diesem Staat niedergelassen sind, die gleiche Befreiung für entsprechende Einkünfte aber einer als gemeinnützig anerkannten Stiftung des privaten Rechts, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist, verweigert, weil diese im Inland nur beschränkt steuerpflichtig ist.

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

RechtsgebieteEG-Vertrag, KörperschaftsteuerrechtVorschriften§ 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 KStG; Art. 43, 73b bis 73g EGV a.F.; Art. 56 bis 60 EGV

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