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  • · Fachbeitrag · Vorsteuer

    Das Berater-Pauschalhonorar pro Tag auf der Rechnung reicht nicht als Leistungsbeschreibung

    von Georg Nieskoven, Troisdorf

    Der Vorsteuerabzug setzt eine ordnungsgemäße Rechnung mit hinreichend konkreter Leistungsbeschreibung voraus, woran es bei der Abrechnung von Beratungsleistungen nicht selten mangelt. Das FG Berlin-Brandenburg hat insofern jüngst geurteilt, eine hinreichende Leistungsbeschreibung i.S. von § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG liege nicht vor, wenn die Rechnung lediglich pauschale Honorare pro Person/Tag und pro Monat ausweise, ohne dass ersichtlich sei, welche Art von Leistung genau vergütet werde. (FG Berlin-Brandenburg 29.11.12, 5 K 5274/10; Rev. BFH V R 28/13)?

     

    Sachverhalt

    Unternehmerin U machte in ihrer Umsatzsteuererklärung für 2004 Vorsteuerbeträge aus zwei Rechnungen der B-GmbH vom 28.12. und 30.12.04 in Höhe von insgesamt 21.000 EUR geltend. Im Zuge einer Außenprüfung versagte das FA diesen Vorsteuerbetrag mit der Begründung, die U habe nicht nachgewiesen, dass die fraglichen Rechnungen (inzwischen) beglichen worden seien, sodass der Vorsteuerabzug nach § 17 UStG berichtigt und zurückgefordert werden müsse. Nach erfolglosem Einspruch unterlag die U auch vor dem FG, wenngleich aus gänzlich anderen Gründen. Denn nach Einschätzung des FG waren die Rechnungen bereits aus formellen Gründen zu beanstanden, da es ihnen an einer hinreichend konkreten Leistungsbeschreibung mangelte.

     

    Anmerkungen

    Wie das Gericht betont, setzt nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG der Vorsteuerabzug eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung“ voraus, was eine, hinreichende Leistungsbeschreibung i.S. von § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG erfordere. Demnach müsse aus der Leistungsbeschreibung „Art und Umfang der erbrachten Dienstleistung“ erkennbar, d.h. diese so beschaffen sein, dass einem Außenstehenden (z.B. den Finanzbehörden) eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung, über die abgerechnet wird, möglich sei. Diese Anforderung sah das Gericht in den streitgegenständlichen Rechnungen nicht als erfüllt an. Denn dort würden lediglich pauschale Honorare pro Mann/Tag und pro Monat abgerechnet, ohne dass ersichtlich sei, welche Art von Leistung konkret vergütet werde. Auch der Hinweis auf die Projektvereinbarung führte nach FG-Ansicht zu keiner anderen Beurteilung, da diese Vereinbarung den Rechnungen nicht beigefügt war. Angesichts dieser formellen Mängel bedurfte es einer Entscheidung zu den Überlegungen der Nichtbegleichung der Rechnung und daraus resultierenden Korrekturfolgen i.S. von § 17 UStG nicht mehr.

     

    Praxishinweise

    Die Entscheidung lenkt den Fokus einerseits auf die hinreichende Konkretisierung der Leistungsbeschreibung und andererseits auf die Spielregeln bei den die Rechnung vervollständigenden „Rechnungsergänzungsdokumente“.

     

    Wann ist die Leistungsbeschreibung hinreichend konkret?

    Bereits 2002 hat der BFH eine konkrete Leistungsbeschreibung zur Vorsteuerfähigkeit der Rechnung eingefordert (BFH 29.11.02, V B 119/02: bei hochpreisigen Armbanduhren reicht nicht die „schlichte Gattungsbezeichnung“ als Leistungsbeschreibung). Nach einer weiteren Entscheidung (BFH 8.10.08, V R  9/07) ist bei Beratungsleistungen der Rechnungstext „für technische Beratung und Kontrolle im Jahr 1996“ völlig unzureichend, da unter dem Attribut „technisch“ eine unbestimmte Vielzahl unterschiedlichster Leistungen zusammengefasst werden. Der BFH hielt - vor allem im Sinne einer Nachvollziehbarkeit für den Fiskus - für unabdingbar, dass auch im Nachhinein durch einen Dritten erkennbar sei, welche konkreten technischen Beratungsleistungen (welcher Inhalt/in welchem zeitlichen, personellen Umfang?) erbracht wurden. Auch zu Bauleistungen genügte dem BFH (05.02.10, XI B 31/09) nicht die allgemeine „Gewerkangabe“ - wie z.B. „Trockenbauarbeiten“ - sondern es bedarf zur Nachvollziehbarkeit der Leistungsbeziehung (auch für den Fiskus) vielmehr einer konkreteren Spezifizierung (Leistungsinhalt u. -umfang - auch unter Angabe der konkreten Baustelle).

     

    Demnach war die Leistungsbeschreibung im Besprechungsfall zwar schon ­einen Schritt konkreter, denn sie beinhaltete neben der Beratungsleistung auch das Leistungsvolumen („Personentage“). Dabei fehlte aber noch immer eine konkrete Beschreibung, mit welchem Inhalt (zu welcher Fragestellung bzw. zu welchem konkreten Beratungsauftrag) die Beratungsleistung erfolgte.

     

    PRAXISHINWEIS | Dieses Problem einer zu allgemein gehaltenen Leistungsbeschreibung dürften auch zahlreiche Ausgangsrechnungen der Freiberuflerbranche aufweisen - ggf. sogar auf ausdrücklichen Wunsch der Geschäftsleitung des Kunden/Mandanten, um den konkreten Beratungshintergrund gegenüber der eigenen Buchhaltungsabteilung nicht zutage treten zu lassen.

     

    Welche Anforderungen gibt es für eine ergänzende Dokumentation?

    Lösbar ist dieses Dilemma zwischen Konkretisierungserfordernis und Diskretionsbedürfnis dadurch, dass der Leistungsbeschreibungstext der Rechnung durch eine ergänzende Dokumentation konkretisiert wird.

     

    Auch in der Entscheidung BFH (8.10.08, V R 59/07) hatte der Leistungsempfänger durch nachträgliche Vorlage von Unterlagen im FG-Verfahren (Auszüge aus Protokollen und anderen Schriftstücken, die Arbeitsinhalt und -volumen der eingesetzten Ingenieure auszugsweise dokumentierten) die Leistungsbeschreibung "technische Beratung" ergänzt und konkretisiert, was das FG zur Gewährung des fraglichen Vorsteuerabzugs für ausreichend erachtet hatte. Der BFH revidierte diese FG-Entscheidung jedoch, da auf die (dem Grunde nach tauglichen) Rechnungsergänzungsdokumente nicht in der „Hauptrechnung“ durch hinreichend konkrete Bezugnahme (z.B. Verweis auf Datum und Dokumenten-Nr.) verwiesen wurde. Demnach kommt diesem hinreichend konkreten „Verweisvermerk“ in der Rechnung auf die Ergänzungsdokumente zentrale Bedeutung zu, wie auch das ausdrückliche Erfordernis in § 31 Abs. 1 UStDV (genaue Bezeichnung der Ergänzungsdokumente/ leichte und eindeutige Nachprüfbarkeit) verdeutlicht (vgl. hierzu auch BFH 3.5.07, V B 87/05).

     

    Der schlichte Verweis auf einen Vertrag ist - wie der BFH (3.11.11, V B 48/11) deutlich gemacht hat - nicht immer ausreichend. Er reicht immer dann nicht, wenn im Vertrag eine Vielzahl von Einzelleistungen vereinbart sind und durch den Verweis unklar bleibt, über welche dieser vereinbarten Leistungskomponenten in der vorliegenden (Teil-) Rechnung konkret abgerechnet wird.

     

    PRAXISHINWEIS | Der BFH (14.3.12, V B 111/10) hat zudem betont, dass nach dem Gesetz ein „umgekehrten Verweis“ nicht zulässig sei. Im dortigen Verfahren hatte der Leistende in einem Anschreiben an den Leistungsempfänger auf einen Leistungsvertrag Bezug genommen und insofern auf die mit gleichem Datum erteilte Rechnung verwiesen. Eine „umgekehrte Verzahnung“ durch Verweis in ­einem Dokument auf eine bestehende oder künftig zu erstellende Rechnung ermöglicht nach BFH-Ansicht mithin (bei unzureichender Leistungsbeschreibung in der Rechnung selbst) den Vorsteuerabzug nicht - auch nicht bei identischer Datierung von Rechnung und fraglichem Verweisdokument

     

    Das FG Berlin-Brandenburg hatte den Verweis auf die Projektvereinbarung nicht akzeptiert, weil die fragliche Vertragsvereinbarung der Rechnung nicht beigefügt war. Ob die fehlende Beifügung tatsächlich ein tauglicher Ablehnungsgrund ist, darf bezweifelt werden. Denn weder das Gesetz (§ 31 UStDV), noch die Verwaltungsanweisungen (A. 14.5. Abs. 1 S. 4 - 8 UStAE) verlangen eine körperliche Verbindung oder ein gemeinsames Übersenden von Rechnung und Ergänzungsdokumenten, sondern lediglich einen hinreichend konkreten Verweis in der Rechnung darauf. Zudem müssen die Angaben leicht und eindeutig nachprüfbar sein (§ 31 Abs. 1 S. 3 UStDV), was ein Aufbewahren/eine Ablage der Rechnungsergänzungsdokumente beim Leistungsempfänger in der Weise erfordert, dass ­diese für das Finanzamt dort rasch und eindeutig auffindbar und prüfbar sind.

     

    PRAXISHINWEIS | Rechnungsergänzungen/-korrekturen darf nur der Rechnungsaussteller selbst vornehmen. Die Finanzverwaltung lässt hiervon allerdings wenige Ausnahmen zu. So kann der Leistungsempfänger beim Fehlen der Angaben zur Menge der gelieferten (und in der Rechnung bezeichneten) Gegenstände oder zum Zeitpunkt des Umsatzes diese Rechnungspflichtmerkmal auch anhand eigener Geschäftsunterlagen (und damit auch ohne die o.a. „Verweisklausel“ in der Rechnung) dokumentieren (Abschn. 15.11 Abs. 3 S. 6 UStAE).

     

    Rechnungsberichtigung und zinswirksame Rückwirkung?

    Bei Rechnungen mit Formmängeln ist sehr bedeutsam, ob spätere Rechnungsberichtigungen eine zinswirksame Rückwirkung haben.

     

    Nach bisheriger BFH-Rechtsprechung entfalteten Rechnungsberichtigungen ihre Vorsteuerwirkung erst im Zugangsmonat und damit nicht rückwirkend aber seit einer Entscheidung des EuGH (15.7.10, C-368/09) war in der Literatur vehement auch die Gegenmeinung vertreten worden. Nachdem der BFH sich in dieser Frage bislang nur andeutungsweise geäußert hatte (z.B. BFH 20.7.12, 
V B 82/11 und BFH 10.1.13, XI B 33/12), wartete die Besteuerungspraxis insofern nun auf den Ausgang der inzwischen zur Rückwirkungsfrage anhängigen Revisionsverfahren (BFH XI R 41/10 und BFH XI R 27/12).

     

    Nunmehr hat der EuGH in einem belgischen Verfahren zur Frage der Rückwirkung Stellung genommen und damit m.E. die Rechtsfrage weitestgehend entschieden (EuGH 8.5.13, C-271/12). Nach dieser Entscheidung entfaltet eine nachträglich erteilte Rechnungsergänzung oder -korrektur tatsächlich (im deutschen Recht: zinswirksame) Rückwirkung; allerdings gilt dies nach ausdrücklicher Klarstellung des EuGH nur dann, wenn die Rechnungsergänzungen oder -korrekturen der zuständigen Steuerbehörde noch vor Erlass einer abschlägigen Vorsteuerabzugsentscheidung zugegangen ist.

     

    PRAXISHINWEIS | Ins deutsche Recht übertragen dürfte dies bedeuten, dass - bei Beanstandung einer Rechnung beim Leistungsempfänger im Zuge einer steuer­lichen Außenprüfung - eine Rechnungsergänzung oder -korrektur bereits dann keine Rückwirkung mehr entfalten kann, wenn der „Korrekturbeleg“ dem zuständigen Finanzamt nach Ergehen einer Umsatzsteuerkorrekturfestsetzung (in der der Vorsteuerabzug versagt wird) vorgelegt wird.

     

    Künftig dürfte es bei gravierender Zinsrelevanz i.S. von § 233a AO einen Wettlauf zwischen zeitnaher Auswertung der Prüfungsberichte durch die Finanzbehörden einerseits und dem aus Unternehmer-/Beratersicht möglichst noch schnelleren Anforderung einer Rechnungsergänzung oder -korrektur beim Rechnungsaussteller - und dem Vorlegen beim Finanzamt noch vor Ergehen des Korrekturbescheides - geben. Geht das Rechnungsergänzungs- bzw. -korrekturdokument „auch nur einen Tag später“ beim Finanzamt ein, so ergäbe sich nach der jüngsten EuGH-Aussage im deutschen Recht m.E. ein „zinswirksamer Fallbeileffekt“. Eine gewichtige Beschleunigungsmöglichkeit bietet m.E. - seit Erleichterung des Verfahrens zum 1.7.11 - insofern die Ausstellung von elektronischen Korrekturrechnungen i.S. von § 14 Abs. 3 Nr. 1 UStG.

     

    PRAXISHINWEIS | Durch das „Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz“ ordnet das Gesetz in § 14 Abs. 4 Nr. 10 UStG mit Wirkung ab 1.7.13 bei der Abrechnung mittels Gutschrift an, dass in diesen das Rechnungsdokument auch den Begriff „Gutschrift“ enthalten muss. Anders als bei den o.a. durch den Leistenden ausgestellten und auch durch ihn zu korrigierenden Rechnungen ist der Leistungsempfänger bei einer Ursprungsabrechnung im Gutschriftswege (§ 14 Abs. 2 S. 2 UStG) aber im Zeitvorteil, denn er hat die zeitnahe Rechnungskorrektur - durch Übermittlung einer vorsteuerwirksam korrigierten Gutschrift an den Leistenden - selbst in der Hand.

     

    Schlussbemerkung

    Im Besprechungsfall hatte das FA die Versagung des Vorsteuerabzugs noch auf die fehlende Rechnungsbegleichung und auf § 17 UStG gestützt. Insofern gilt es jedoch für die Praxis zu beachten, dass eine Korrektur nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG (wegen fortgesetzter Nichtbegleichung i.S. einer „Uneinbringlichkeit“ aus Gläubigersicht) erst in dem Voranmeldungszeitraum in Betracht kommt, in dem objektiv klar ist, dass der Gläubiger seine Forderung „auf absehbare Zeit aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht wird durchsetzen können“.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2013 | Seite 232 | ID 42232885

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