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  • · Nachricht · Treu und Glauben

    40 Jahre lang Renteneinkünfte und nun nachträgliche Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit?

    | Eine Frau erhielt seit rund 40 Jahren Witwengeldzahlungen auf Grundlage eines Knappschaftszahnarztvertrags ihres Ehemannes, die 40 Jahre lang als Renteneinkünfte teilweise steuerfrei blieben. Erst mit dem VZ 2018 änderte das FA seine Rechtsauffassung (ohne dass sich die Rechtslage geändert hätte) und erfasste die Zahlungen als voll zu versteuernde Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit des verstorbenen Ehemannes gemäß § 24 Nr. 2 EStG i. V. m. § 18 EStG. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos, und zwar sowohl materiell-rechtlich als auch verfahrensrechtlich. Insbesondere könne sich die Klägerin wegen des Prinzips der Abschnittsbesteuerung nicht auf einen Vertrauensschutztatbestand berufen ( FG Düsseldorf 10.11.23, 3 K 1608/21 E, Rev BFH VIII R 34/24 ). |

     

    Der Grundsatz von Treu und Glauben ist ein hohes Gut. So hat der BFH schon 1989 entschieden, dass der Grundsatz von Treu und Glauben im Steuerrecht als allgemeiner Rechtsgrundsatz uneingeschränkt anerkannt sei und gebiete, dass im Steuerrechtsverhältnis jeder auf die Belange des anderen Teiles Rücksicht nimmt und sich mit seinem eigenen früheren (nachhaltigen) Verhalten nicht in Widerspruch setzt, auf das der andere vertraut hat (BFH 9.8.89, I R 181/85, BStBl II 89, 990). Auf der anderen Seite aber gebietet es der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung, in jedem Veranlagungszeitraum die einschlägigen Besteuerungsgrundlagen erneut zu prüfen und rechtlich zu würdigen (BFH 2.8.04, IX B 41/04). Auf dieser Grundlage kann das FA z. B. eine einmal anerkannte doppelte Haushaltsführung im Folgejahr streichen, weil ein neuer Sachbearbeiter der Ansicht ist, dass die Entfernung zwischen Haupt- und Zweitwohnsitz nicht ausreicht, um die Notwendigkeit eines doppelten Haushalts zu begründen.

     

    PRAXISTIPP | In der Praxis hilft also der Grundsatz von Treu und Glauben nur selten weiter. Wenn es „hart auf hart“ kommt, geht das Prinzip der Abschnittsbesteuerung immer vor. Die eventuell unzutreffende Behandlung von Sachverhalten in den Vorjahren kann also im aktuellen Jahr zumeist „repariert“ werden. Dennoch sollten vergleichbare Seite mit Blick auf die Revision offengehalten werden. Die vom BFH zu klärende Rechtsfrage lautet: Darf der Fortbestand einer bisherigen langjährigen (hier: 40 Jahre) steuerlichen Behandlung allein unter Hinweis auf das Prinzip der Abschnittsbesteuerung abgelehnt werden?

     
    Quelle: ID 50364431