22.04.2025 · IWW-Abrufnummer 247726
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern: Urteil vom 25.02.2025 – 5 SLa 104/24
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Erstattung von Studienkosten.
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Die im Januar 2001 geborene Beklagte nahm am 01.09.2019 bei der Nebenintervenientin, einer privat betriebenen Fachhochschule, ein sieben Semester dauerndes Bachelorstudium Physiotherapie auf. Die Nebenintervenientin schloss mit dem Kläger, der eine Praxis für Physiotherapie betreibt, unter dem 04.08./24.09.2020 eine Kooperationsvereinbarung zugunsten der Beklagten. Die Kooperationsvereinbarung regelt insbesondere die Zusammenarbeit zwischen der Nebenintervenientin und dem Kläger im Hinblick auf die von der Beklagten im Rahmen des Physiotherapiestudiums abzuleistenden praktischen Ausbildungszeiten.
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Die Parteien schlossen am 24.09./05.10.2020 eine Vereinbarung zur Studienfinanzierung, in der es u. a. heißt:
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Diese Vereinbarung beruht auf einem ausfüllungsbedürftigen Mustertext der Nebenintervenientin. Offengelassen war in dem Mustertext die Frist, bis zu der eine Rückzahlungspflicht entstehen kann. Der Kläger bzw. eine bevollmächtigte Mitarbeiterin ergänzte das Formular um die Angabe einer Bindungsdauer von fünf Jahren.
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Nachdem die Beklagte im Juli 2022 die im Studium integrierte staatliche Prüfung zur Physiotherapeutin abgelegt hatte, schlossen die Parteien einen befristeten Arbeitsvertrag über eine Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 20 Stunden für den Zeitraum vom 01.09.2022 bis zum 28.02.2023. Zu diesem Datum endete auch der letzte Studienabschnitt, in dem die Bachelorarbeit anzufertigen war.
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Mit Schreiben vom 24.01.2023 unterbreitete der Kläger der Beklagten ein konkretes Beschäftigungsangebot im Anschluss an das Studium. Die Beklagte kündigte unter dem 30.01.2023 das befristete Teilzeitarbeitsverhältnis fristgemäß zum 14.02.2023. Mit Schreiben vom 07.02.2023 forderte der Kläger die Beklagte auf, die von ihm an die Nebenintervenientin gezahlten Studiengebühren in Höhe von insgesamt € 10.775,00 zu erstatten. Die Beklagte beendete das Studium wie vorgesehen am 28.02.2023 mit dem Bachelorabschluss und zog nach L-Stadt um.
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Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, dass die Beklagte aus der Vereinbarung zur Studienfinanzierung verpflichtet sei, die gezahlten Studienkosten in voller Höhe zu erstatten. Er habe der Beklagten bereits im Mai 2022 einen Arbeitsvertrag mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden beginnend ab 01.09.2022 bei einem Monatsgehalt von € 3.000,00 brutto angeboten. Die Beklagte habe jedoch Bedenken gehabt, ob sie im Falle einer Vollzeitbeschäftigung ausreichend Zeit habe, die Bachelorarbeit rechtzeitig fertigzustellen. Deshalb habe man sich auf eine Teilzeitbeschäftigung verständigt. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Rückzahlung von Fortbildungskosten sei nicht heranzuziehen, da bei Abschluss des Studiumfinanzierungsvertrages kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden habe.
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Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 10.774,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.03.2023 zu zahlen.
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Die Beklagte und die Nebenintervenientin haben beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass die Rückzahlungsvereinbarung unwirksam sei, da sie hierdurch unangemessen benachteiligt werde. Die Vereinbarung sehe keine Ausnahme für den Fall einer Kündigung durch die Beklagte aus gesundheitsbedingten Gründen vor. Des Weiteren sei der Gesamtbetrag zu hoch bemessen. Die Beklagte müsse nach Ziffer 7 der Vereinbarung sogar mehr zurückzahlen, als der Kläger überhaupt aufgewandt habe, nämlich insgesamt € 12.000,00, anstatt des gezahlten Betrages von € 10.775,00. Auch sei die Bindungsfrist von fünf Jahren nach Studienabschluss zu lang. Abgesehen davon habe der Kläger der Beklagten auch nicht rechtzeitig, also innerhalb von drei Monaten vor Ende des Studiums, eine angemessene Anstellung angeboten. Im Mai 2022 sei dies jedenfalls nicht geschehen.
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Die Nebenintervenientin, der der Kläger den Streit verkündet hat und die auf Seiten der Beklagten beigetreten ist, hat darauf verwiesen, dass die Studienfinanzierungsvereinbarung vom 24.09./05.10.2020, so wie diese abgeschlossen worden sei, nicht von ihr stamme. Eine Bindungsfrist von fünf Jahren sei auch aus ihrer Sicht zu lang.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Vereinbarung zur Finanzierung des Studiums nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sei. Die Rückzahlungsklausel sei schon deshalb unangemessen, da eine Eigenkündigung aus gesundheitlichen Gründen nicht von der Erstattungspflicht ausgenommen sei.
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Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Das Arbeitsgericht habe sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Rückzahlung von Fortbildungskosten bezogen. Diese Rechtsprechung gelte nur dann, wenn zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestehe. Zudem sei das Arbeitsgericht fälschlicherweise davon ausgegangen, dass der Kläger eine unbefristete Weiterbeschäftigung zu spät angeboten habe. Vielmehr hätte es dem Beweisangebot des Klägers nachgehen und die angebotene Zeugin vernehmen müssen.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichtes Rostock vom 11.01.2024 - 5 Ca 660/23 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 10.775,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.03.2023 zu zahlen.
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Die Beklagte und die Nebenintervenientin beantragen,
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die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
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Sie verteidigen die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Nach Ansicht der Beklagten sei es für die Bewertung des Studiumfinanzierungsvertrages anhand des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unerheblich, ob bereits bei Abschluss des Vertrages ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Ein solches habe jedenfalls im Anschluss an das Studium begründet werden sollen. Es handele sich um ein einheitliches Vertragsverhältnis. Die angebotene Zeugin habe das Gericht schon deshalb nicht vernehmen müssen, weil sich das Beweisangebot auf einen Ausforschungsbeweis gerichtet habe. Der Kläger habe nicht vorgetragen, was wann konkret angeboten worden sei. Vielmehr habe er der Beklagten erst am 24.01.2023, also zu spät, eine Vollzeitbeschäftigung für die Zeit ab Ende des Studiums angeboten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle und das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit der zutreffenden Begründung die Klage abgewiesen. Der Kläger hat aus Ziffer 6 des Vertrages zur Finanzierung des Studiums vom 24.09./05.10.2020 keinen Anspruch auf Erstattung der zugunsten der Beklagten gezahlten Studiengebühren in Höhe von € 10.775,00 nebst Zinsen.
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Nach Ziffer 6 des Vertrages verpflichtet sich die Studentin, dem Unternehmen die Studienbeiträge zu erstatten, wenn sie entweder den staatlichen Abschluss endgültig nicht erreicht oder - bei erfolgreichem Abschluss - ein ihr (spätestens drei Monate vor Beendigung des Studiums unter den Vorgaben der Ziffer 8 Buchst. c) angebotenes Anstellungsverhältnis nicht antritt.
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Bei den Klauseln des Vertrags handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt ( § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB ). Abgesehen von den Namen der Parteien im Vorspann des Vertrages enthält dieser keinerlei individuellen Besonderheiten. Die Formulierungen beziehen sich sowohl auf weibliche als auch auf männliche Studierende. Der Kläger hat diese vorformulierten Vertragsbedingungen der Beklagten bei Vertragsschluss vorgegeben. Wer das Vertragsmuster letztlich formuliert hat, ist unerheblich. Verwender gegenüber der Beklagten ist der Kläger.
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Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen ( § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ).
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Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Vertragspartners, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Verwenders gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Dabei bedarf es einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen ( BAG, Urteil vom 9. Juli 2024 - 9 AZR 227/23 - Rn. 26, juris = ZTR 2025, 38; BAG, Urteil vom 25. April 2023 - 9 AZR 187/22 - Rn. 19, juris = NZA 2023, 1122).
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Die gesetzlichen Vorschriften der §§ 305 ff. BGB missbilligen bereits das Stellen inhaltlich unangemessener Formularklauseln ( § 305 Abs. 1 Satz 1 , § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ), nicht erst deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Fall. Der Rechtsfolge der Unwirksamkeit sind auch solche Klauseln unterworfen, die in ihrem Übermaßanteil in zu beanstandender Weise ein Risiko regeln, das sich im Entscheidungsfall nicht realisiert hat ( BAG, Urteil vom 9. Juli 2024 - 9 AZR 227/23 - Rn. 35, juris = ZTR 2025, 38; BAG, Urteil vom 1. März 2022 - 9 AZR 260/21 - Rn. 29, juris)
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Einzelvertragliche Vereinbarungen, nach denen sich ein Arbeitnehmer an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung zu beteiligen hat, soweit er vor Ablauf bestimmter Fristen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, sind grundsätzlich zulässig. Sie benachteiligen den Arbeitnehmer nicht generell unangemessen. Es ist jedoch nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht schlechthin an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist zu knüpfen. Vielmehr muss nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens differenziert werden. Zahlungsverpflichtungen des Arbeitnehmers, die an eine von diesem ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses anknüpfen, können im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstoßen. Da sie geeignet sind, das Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG einzuschränken, muss einerseits die Rückzahlungspflicht einem begründeten und billigenswerten Interesse des Arbeitgebers entsprechen und andererseits den möglichen Nachteilen für den Arbeitnehmer ein angemessener Ausgleich gegenüberstehen. Letzteres ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer mit der Ausbildungsmaßnahme eine angemessene Gegenleistung für die Rückzahlungsverpflichtung erhält. Insgesamt muss die Erstattungspflicht - auch dem Umfang nach - dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben zumutbar sein. Ist dies nicht der Fall, verbleibt es dabei, dass Verluste, die eintreten, weil Investitionen in die Aus- und Weiterbildung des Arbeitnehmers nachträglich wertlos werden, grundsätzlich der Arbeitgeber als Betriebsausgaben zu tragen hat ( BAG, Urteil vom 1. März 2022 - 9 AZR 260/21 - Rn. 21, juris = NZA 2022, 786).
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Eine Rückzahlungsklausel stellt nur dann eine ausgewogene Gesamtregelung dar, wenn es der Arbeitnehmer selbst in der Hand hat, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungsverpflichtung zu entgehen. Hätte der Arbeitnehmer die in seine Aus- und Weiterbildung investierten Betriebsausgaben auch dann zu erstatten, wenn die Gründe für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschließlich dem Verantwortungs- und Risikobereich des Arbeitgebers zuzurechnen sind, würde er mit den Kosten einer fehlgeschlagenen Investition des Arbeitgebers belastet. Sieht eine Vertragsklausel auch für einen solchen Fall eine Rückzahlungspflicht vor, berücksichtigt sie entgegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht die wechselseitigen Interessen beider Vertragspartner, sondern nur diejenigen des Arbeitgebers ( BAG, Urteil vom 18. März 2014 - 9 AZR 545/12 - Rn. 18, juris = NZA 2014, 957).
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Eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers ist nicht nur in Fällen anzunehmen, in denen es der Arbeitnehmer nicht in der Hand hat, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungsverpflichtung zu entgehen, weil er durch Gründe in der Sphäre des Arbeitgebers - z. B. durch ein vertragswidriges Verhalten - zu einer Kündigung veranlasst oder mitveranlasst wird. Eine Rückzahlungsklausel ist auch dann unangemessen benachteiligend im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB , wenn sie auch den Arbeitnehmer, der das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Bindungsdauer kündigt, weil es ihm unverschuldet dauerhaft nicht möglich ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, zur Erstattung der Fortbildungskosten verpflichten soll. Auch unter dieser Voraussetzung ist eine Bindung des Arbeitnehmers an das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Rückzahlungsverpflichtung von Fortbildungskosten weder durch billigenswerte Interessen des Arbeitgebers noch durch gleichwertige Vorteile des Arbeitnehmers gerechtfertigt ( BAG, Urteil vom 1. März 2022 - 9 AZR 260/21 - Rn. 23, juris = NZA 2022, 786).
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Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn zwischen den Parteien noch kein Arbeitsverhältnis bestanden hat, sondern im Anschluss an das erfolgreich absolvierte Studium erst noch begründet und über einen bestimmten Zeitraum aufrechterhalten werden soll. Dadurch wird auf den Vertragspartner ein Abschluss- und Bleibedruck ausgeübt, der die durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete arbeitsplatzbezogene Berufswahlfreiheit einschränkt ( BAG, Urteil vom 9. Juli 2024 - 9 AZR 227/23 - Rn. 36, juris = ZTR 2025, 38). Vereinbarungen über die Beteiligung des Vertragspartners an den Kosten einer vom Verwender finanzierten Ausbildung benachteiligen den Vertragspartner nicht generell unangemessen ( BAG, Urteil vom 9. Juli 2024 - 9 AZR 227/23 - Rn. 27, juris = ZTR 2025, 38). Eine Beteiligung an den Ausbildungskosten, sei es eine ratierliche Rückzahlung bzw. eine ratierliche Abgeltung durch künftige Betriebstreue oder sei es durch eine teilweise reduzierte Vergütung, ist grundsätzlich nicht zu beanstanden ( BAG, Urteil vom 10. Mai 2016 - 9 AZR 434/15 - Rn. 34, juris). Nicht zulässig ist es jedoch beispielsweise, die Rückzahlungspflicht an das wiederholte Nichtablegen der angestrebten Prüfung zu knüpfen, ohne die Gründe dafür zu betrachten. Entsprechend den Wertungen aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Rückzahlungsklauseln aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers müssen jedenfalls praktisch relevante Fallkonstellationen, in denen die Gründe für die Nichtablegung der Prüfung nicht in der Verantwortungssphäre des Vertragspartners liegen, von der Rückzahlungspflicht ausgenommen werden ( BAG, Urteil vom 25. April 2023 - 9 AZR 187/22 - Rn. 22, juris = NZA 2023, 1122; LAG Köln, Urteil vom 30. November 2023 - 8 Sa 406/23 - Rn. 48, juris).
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Ebenso wenig wie eine Rückzahlungspflicht bei einem Arbeitnehmer allein an den Umstand einer Eigenkündigung innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist geknüpft werden kann, ist es zulässig, die Rückzahlung von Studienkosten ausschließlich von der Ablehnung des Arbeitsangebots abhängig zu machen, ohne die Gründe hierfür zu berücksichtigen. Nach Ziffer 6 der Studiumfinanzierungsvereinbarung vom 24.09./05.10.2020 genügt allein der Umstand, dass ein (rechtzeitig) angebotenes Anstellungsverhältnis nicht angetreten wird, um die Rückzahlungspflicht auszulösen. Die Studienkosten sind auch dann zurückzuzahlen, wenn die geförderte Studentin das Beschäftigungsangebot aus Gründen ablehnt bzw. nicht annehmen kann, die nicht in ihrer Verantwortungssphäre liegen, z. B. aus gesundheitlichen Gründen.
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Des Weiteren müssen Fortbildungs- und Bindungsdauer in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Von der Dauer der Fortbildung hängt wegen Vergütungsfortzahlung oder Gewährung von Unterhaltszuschuss nicht nur maßgeblich die Höhe der arbeitgeberseitigen Aufwendungen ab. Sie ist auch ein gewichtiges Indiz für den Wert der erworbenen Qualifikation. Die Finanzierung einer Meisterqualifikation durch den Arbeitgeber in Höhe der Lehrgangsgebühren von € 14.280,00 zuzüglich einer bezahlten Freistellung von 50 Tagen rechtfertigt keine Bindungsdauer von fünf Jahren, sondern allenfalls von zwei bis drei Jahren ( LAG Niedersachsen, Urteil vom 5. Juni 2024 - 8 Sa 562/23 - Rn. 48, juris = NZA-RR 2025, 76). Nach diesen Maßstäben ist die vom Kläger der Beklagten vorgegebene Bindungsdauer von fünf Jahren deutlich zu lang.
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Schließlich darf die Rückzahlungsverpflichtung der Höhe nach lediglich denjenigen Betrag umfassen, den der Arbeitgeber tatsächlich aufgewandt hat ( BAG, Urteil vom 10. Mai 2016 - 9 AZR 434/15 - Rn. 34, juris; BAG, Urteil vom 16. März 1994 - 5 AZR 339/92 - Rn. 66, juris = NZA 1994, 937). Nach Ziffer 7 des Studiumfinanzierungsvertrages vom 24.09./05.10.2020 ist im Fall einer Beendigung des Anstellungsverhältnisses vor Ablauf von fünf Jahren für jeden vollen Monat der vorzeitigen Beendigung ein Betrag von € 200,00 je Monat zu erstatten. Bei 60 Monaten ergibt sich ein Betrag von € 12.000,00, während sich die tatsächlichen Aufwendungen jedoch nur auf € 10.775,00 beliefen.
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Abgesehen davon fehlt es auch an einem rechtzeitigen Angebot einer angemessenen Anstellung. Nach Ziffer 8 Buchst. c ist der Erstattungsanspruch ausgeschlossen, wenn das Unternehmen oder ein mit ihm gesellschaftsrechtlich verbundenes Unternehmen der Studentin bis spätestens drei Monate vor Beendigung des Studiums keine angemessene Anstellung gewährt. Es muss sich um eine der Qualifikation entsprechende unbefristete Vollzeitbeschäftigung handeln. Dieses Angebot muss sich auf den Zeitraum nach Beendigung des Studiums beziehen. Das Angebot des Klägers vom 24.01.2023 erfüllt nach Darstellung der Parteien diese Anforderungen, war aber nicht fristgerecht. Dass der Kläger der Beklagten bereits im Mai 2022 ein auf die Zeit ab 01.03.2023 bezogenes konkretes, verbindliches Beschäftigungsangebot unterbreitet hat, ist nicht dargelegt. Ein schriftlicher Vertragsentwurf liegt jedenfalls nicht vor. Zu den konkreten Inhalten eines mündlich unterbreiteten Angebots hat sich der Kläger ebenfalls nicht geäußert. Das Angebot einer Vollzeitbeschäftigung ab September 2022 entsprach hingegen nicht den Bedingungen des Studiumfinanzierungsvertrages, da die Beklagte das Studium zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen hatte. Ziffer 6 des Vertrages setzt in der 2. Alternative zunächst den erfolgreichen Abschluss des Studiums voraus.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO . Die Kosten der Nebenintervention hat der Kläger nach § 101 ZPO zu tragen. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.