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  • · Fachbeitrag · Aktuelle Rechtsprechung

    AG Frankfurt: Schwerer Krankheitsfall rechtfertigt hohes Zahnarzthonorar für Schienenbehandlung

    von Rechtsanwältin Doris Mücke, Bad Homburg

    | Das Amtsgericht (AG) Frankfurt hatte sich jetzt in einem Rechtsstreit mit typischen Einwänden von Patienten bei der Abrechnung von Schienenbehandlungen zu befassen (Urteil vom 27.06.2017, Az. 31 C 2596/12 ‒ 74, Abruf-Nr. 195926 ). Dies wird dann oft zum Anlass genommen, die Zahlung des geforderten Honorars zu verweigern. In diesem Fall aber ohne Erfolg. |

    Die Patientin wurde lange funktionstherapeutisch behandelt

    Bei der beklagten Patientin wurden in der zahnärztlichen Privatpraxis über einen längeren Zeitraum funktionstherapeutische Behandlungsmaßnahmen durchgeführt. Die Behandlung war wegen der langjährigen erheblichen funktionellen Probleme der Patientin sehr schwierig und zeitaufwendig.

     

    Da der hohe Aufwand wegen der manifesten craniomandibulären Dysfunktion (CMD) für den Behandler bereits im Vorfeld der Behandlung absehbar war, traf er mit der GKV-Patientin gemäß § 2 Abs. 1 und 2 GOZ eine private Honorarvereinbarung. Die nicht vereinbarten Gebührenziffern rechnete er wegen der Schwierigkeit und des Zeitaufwands der Behandlung mit dem 3,5-fachen Satz ab. Dabei begründete er die Steigerungssätze nach § 5 Abs. 2 GOZ im Einzelnen.

    Zahlung wegen unwirksamer Honorarvereinbarung verweigert

    Die Patientin verweigerte die Zahlung des zahnärztlichen Honorars mit der Behauptung, es sei keine rechtswirksame Honorarvereinbarung getroffen worden. Begründung: Der Zahnarzt habe mit ihr als GKV-Versicherte entgegen § 4 Abs. 5 Bundesmantelvertra‒Zahnärzte (BMV-Z) keine schriftliche Vereinbarung darüber getroffen, dass sie als Privatpatientin behandelt werden wolle. Darüber hinaus sei die Honorarvereinbarung nach § 2 Abs. 1 und 2 GOZ nach Beginn der Behandlung getroffen worden und damit unwirksam.

     

    Des Weiteren wandte sie sich gegen die Berechnung der nicht vereinbarten Gebührensätze durchgängig zum 3,5-fachen Gebührensatz und meinte, es läge eine nicht ordnungsgemäße Ermessensausübung vor. Schließlich machte sie noch geltend, dass die in der Rechnung wiederholt abgerechneten Gebührenpositionen ‒ insbesondere die GOZ-Nrn. 7040 und 7050 ‒ als Nachbesserungs- bzw. Gewährleistungsmaßnahmen nicht berechenbar seien. Sie seien nur deshalb ausgeführt worden, weil die Schiene nicht richtig gepasst habe.

    Gericht sah Honoraranspruch des Zahnarztes als begründet an

    Das Gericht holte ein Sachverständigengutachten ein. Nach rechtlicher Würdigung der Beurteilung des Gutachtens sah das Gericht den Honoraranspruch des Zahnarztes als begründet an und gab der Klage insgesamt statt. Die Behauptung der Patientin, der Zahnarzt hätte mit ihr als GKV-Versicherte eine schriftliche Vereinbarung treffen müssen, dass sie privat behandelt werden wolle, wies das Gericht als unbegründet zurück. Zutreffend entschied es, dass § 4 Abs. 5 BMV-Z nur im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung anwendbar sei. Der Paragraf gelte jedoch nicht, wenn der Behandler ‒ wie hier ‒ eine reine Privatpraxis ohne Einbindung in die vertragszahnärztliche Versorgung betreibe.

    Honorarvereinbarung vor Leistungserbringung getroffen

    Weiter stellte das Amtsgericht fest, dass die Honorarvereinbarung rechtswirksam sei. Begründung: Die Leistungen, für die die Vereinbarung gelte, seien nach deren Abschluss ausgeführt worden. Die Behandlung habe zwar bereits früher begonnen, jedoch seien der Vereinbarung nur die funktionsanalytische Untersuchung zur Feststellung des Behandlungsbedarfs sowie das Erstellen eines Heil- und Kostenplans vorausgegangen. In diesem Fall reiche es aus, wenn die Honorarvereinbarung vor Ausführung der geplanten Leistungen getroffen werde.

    3,5-facher Satz war durch Schwere des Falls gerechtfertigt

    Auch die durchgängige Berechnung des 3,5-fachen Gebührensatzes sei nicht zu beanstanden. Deren Berechnung sei nach den Feststellungen des Sachverständigen angesichts der Schwere des Krankheitsfalls und der daraus resultierenden Schwierigkeit der Behandlung angemessen. Die Behandlungsmaßnahmen seien jeweils sehr zeitaufwendig gewesen und die durchzuführenden Maßnahmen zudem nicht delegierbar.

     

    Schließlich wies das Gericht auch den Einwand der Patientin, die nach den GOZ-Nrn. 7040 und 7050 durchgeführten Maßnahmen seien Nachbesserungs- oder Gewährleistungsmaßnahmen, als unbegründet zurück. Es handele sich nach der Beurteilung des Sachverständigen um die Fortführung einer noch nicht erfolgreich abgeschlossenen funktionstherapeutischen Behandlung. Sie seien aufgrund der in den jeweiligen Sitzungen veränderten Unterkieferposition, die eine neue Zuordnung des Unterkiefers mit der Schiene zum Oberkiefer notwendig machten, angefallen und zu berechnen.

    Honorarvereinbarung bei schwierigem Krankheitsbild zulässig

    Die amtliche Begründung zur GOZ enthält folgenden Hinweis: Der Abschluss einer Honorarvereinbarung nach § 2 GOZ kann u. a. bei einem besonders schwierigen Krankheitsbild berechtigt sein, wenn eine in üblicher Zeit und mit normalen Mitteln nicht zu erbringende Leistung notwendig ist. Konsequenterweise muss diese Schwierigkeit bei einer Schienenbehandlung ebenfalls die ‒ ggf. durchgängige ‒ Berechnung des 3,5-fachen Gebührensatzes rechtfertigen können. Dabei sollte allerdings die „Schwierigkeit des Krankheitsfalls“ stichwortartig näher begründet werden.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Beachten Sie hierzu auch den Beitrag „Urteil: Steigerungssatz bei Honorarvereinbarung frei wählbar“ in PA 04/2016, Seite 1.
    Quelle: Ausgabe 09 / 2017 | Seite 1 | ID 44841251