08.01.2010
Finanzgericht Düsseldorf: Beschluss vom 15.10.2004 – 4 V 2811/04 A (Z)
- Es unterliegt keinem ernstlichen Zweifel, dass nach der verbindlichen ZAnm. 5 Buchstabe b zu Kap. 20 KN auch ein nur fruchteigenen Zucker enthaltendes Apfelsaftkonzentrat als sonstige Lebensmittelzubereitung in die Position 2106 KN und nicht als Fruchtsaft in die Position 2009 KN einzureihen ist, wenn es aufgrund seines Zuckergehalts einen Fruchtsaftgehalt von 50 GHT unterschreitet.
- Es erscheint indessen klärungsbedürftig, ob dieses allein am eindeutigen Wortlaut orientierte Auslegungsergebnis dem Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers entspricht.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Tarifierung eines von der Antragstellerin eingeführten Apfelsaftkonzentrats und die damit zusammenhängende Frage der Nacherhebung von Zoll durch den Antragsgegner.
Die Antragstellerin überführte zwischen dem 1. September 2003 und dem 2. November 2003, vertreten durch die E-GmbH, beim Hauptzollamt (HZA) ...fünf Partien Apfelsaftkonzentrat in den zollrechtlich freien Verkehr der Gemeinschaft. Die Antragstellerin meldete jeweils ein Konzentrat aus reinem Apfelsaft mit einer Dichte von mehr als 20, jedoch nicht mehr als 67° Brix ohne zugesetzten Zucker an und zahlte den hierfür festgesetzten Zoll.
Von der Ware wurde jeweils eine Probe gezogen und der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt…der Oberfinanzdirektion (ZPLA) zur Begutachtung übersandt. Die ZPLA kam in ihren Einreihungsgutachten zu jeweils gleichlautenden Ergebnissen:
„Festgestellte Codenummer: 2106 9098 45 7003 0
Einreihungsergebnis: Lebensmittelzubereitung, anderweit weder genannt noch inbegriffen, andere als in den UPos 2106 1020 bis 2106 90 92 genannt, keine Kindernahrung.
Warenbeschreibung: Äußere Beschaffenheit: braune, deutlich trübe, viskose Flüssigkeit.
Geruch: einem Apfelsaftkonzentrat entsprechend.
Geschmack: sauer, süß, einem Apfelsaftkonzentrat entsprechend.
Nach Rückverdünnung auf Trinkstärke einem Apfelsaft entsprechend.
Extrakt, refraktometrisch bei 20°C (VO (EWG) Nr. 558/93): Mehr als 64,2°Brix
Gehalt an zugesetztem Zucker i. S. der ZAnm.. 5a) zu Kap. 20: mehr als 50 GHT
Gehalt an Fruchtsaft in seinem natürlichen Zustand i. S. d. ZAnm.. 5b) zu Kap. 20: weniger als 50 GHT
Gehalt an Saccharose, einschließlich Invertzucker: mehr als 5 GHT
Gehalt an Saccharose/Invertzucker/Isoglucose (VO (EWG) Nr. 4154/87): 50 bis weniger als 70 GHT...”
Ferner führte die ZPLA aus, dass die Ware durch die Zusätzliche Anmerkung (ZAnm.) 5 Buchstabe b) zu Kapitel 20 KN von der Position 2009 ausgeschlossen sei. Dieser Sachverhalt werde auch durch die Erläuterungen zur KN zur Position 2009 RZ 03.0 bis 08.0 und den BMF-Erlass III B 5 - ZT 0270 - IV - 16/03 vom 2. Mai 2003 bestätigt. In diesem Erlass sei ausgeführt, dass Fruchtsäfte, die den Bestimmungen der ZAnm. 5 Buchstabe b) nicht entsprechen würden, von der Position 2009 ausgeschlossen seien, auch wenn kein anderer Zucker als fruchteigener Zucker in dem Erzeugnis enthalten sei.
Mit fünf Steuerbescheiden vom 2. März 2004 erhob der Antragsgegner insgesamt 26.006,55 € Zoll nach und berief sich zur Begründung auf die Einreihungsgutachten der ZPLA.
Hiergegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 11. März 2004 Einspruch ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung führte sie an, dass die vom Antragsgegner vorgenommene Tarifierung unverständlich und nicht nachvollziehbar sei. Die Beschaffenheit des importierten Apfelsaftkonzentrats entspreche weder ihrem Charakter noch ihrer Substanz nach den Bestimmungen der Position 2106 KN (Lebensmittelzubereitungen, anderweitig weder genannt noch inbegriffen). Bei dem Apfelsaftkonzentrat handele es sich um einen natürlichen Apfelsaft, der lediglich durch Wasserentzug konzentriert werde. Dabei seien weder Zucker noch irgendwelche anderen Stoffe zugesetzt worden. Somit sei das Apfelsaftkonzentrat eindeutig ein konzentrierter Fruchtsaft und gehöre in die Position 2009 KN. In diesem Zusammenhang werde auch auf das beim Finanzgericht des Landes Brandenburg anhängige Verfahren 4 K 1295/02 verwiesen. Im Übrigen würde ihr durch die Zahlung der festgesetzten Einfuhrabgaben ein unersetzbarer Schaden entstehen. Sie wäre nicht in der Lage, die Sicherheit hierfür zu leisten. Sowohl die Zahlung als auch die Sicherheitsleistung hätten ernstliche wirtschaftliche Schwierigkeiten zur Folge (Insolvenzantrag). In der Anlage füge sie Unterlagen bei, die belegen würden, dass sie trotz zumutbarer Anstrengungen ohne Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Lage nicht imstande sei, Zahlung bzw. Sicherheit in der geforderten Höhe zu leisten.
Mit Bescheid vom 5. April 2004 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab und führte zur Begründung aus, dass bei der Untersuchung des Apfelsaftkonzentrats ein Extraktgehalt bei 20°C von mehr als 64,2° Brix festgestellt worden sei (vgl. ZAnm. 2 Buchstabe b) Kapitel 20 KN). Hieraus ergebe sich ein Gehalt an zugesetztem Zucker i. S. d. ZAnm. 5 Buchstabe a) von mehr als 50 GHT. Derartige Waren seien jedoch gemäß ZAnm. 5 Buchstabe b) von der Position 2009 KN ausgeschlossen, auch wenn kein anderer als fruchteigener Zucker im Erzeugnis enthalten sei. Das von der Antragstellerin angeführte Apfelsaftkonzentrat sei somit als Lebensmittelzubereitung anzusehen. Auch sei die Vollziehung nicht wegen eines drohenden unersetzbaren Schadens der Antragstellerin auszusetzen. Denn die Rechtsauffassung der Bundesfinanzverwaltung zur Tarifierung von Apfelsaftkonzentraten sei der Antragstellerin auf Grund der vorherigen Einfuhren bekannt gewesen. Es habe daher ausreichend Gelegenheit bestanden, sich auf die Höhe der Einfuhrabgaben einzustellen, insbesondere, dass diese auch zukünftig weiterhin erhoben werden würden.
Über den Einspruch der Antragstellerin ist noch nicht entschieden worden.
Mit dem vorliegenden Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Bescheide des Antragsgegners trägt die Antragstellerin ergänzend vor: Es würden erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide bestehen. Konzentrate von Fruchtsäften seien grundsätzlich der Position 2009 KN zuzuweisen. Eine andere Zuweisung sei allenfalls denkbar, wenn es eine andere Vorschrift gäbe, nach der der Entzug von einer bestimmten Menge Wasser den Ausschluss aus der Position für Fruchtsäfte zur Folge habe. Eine solche Vorschrift gebe es jedoch nicht, wenngleich einreihungsschädliche Behandlungen durchaus in den Erläuterungen zum Harmonisierten System (HS) zur Position 2009 aufgeführt seien. Das von ihr eingeführte Konzentrat habe in tatsächlicher Hinsicht den ursprünglichen Charakter eines Fruchtsaftes behalten. Es sei jeweils ein Konzentrat eingeführt worden aus reinem Apfelsaft, dem kein Zucker und auch keine sonstigen Substanzen zugesetzt worden seien und dem mit Ausnahme von Wasser auch kein Bestandteil entzogen worden sei. Der Antragsgegner könne seine Auffassung auch nicht auf die ZAnm. 5 zu Kapitel 20 KN stützen, da schon dem Wortlaut der Vorschrift nicht ansatzweise entnommen werden könne, dass eine hohe Konzentration zum Verlust des ursprünglichen Charakters eines Saftes führe. Auch eine teleologische, systematische oder historische Auslegung führe zu keinem anderen Ergebnis. Ob ein Zuckergehalt nach der ZAnm. 5 Buchstabe a) zu Kapitel 20 KN als zugesetzt gelte, könne denknotwenig erst dann relevant werden, nachdem festgestellt worden sei, inwieweit die eingeführte Ware überhaupt den ursprünglichen Charakter eines Fruchtsaftes verlieren könne. Daher sei in erster Linie die ZAnm. 5 Buchstabe b) zu Kapitel 20 KN daraufhin zu prüfen, welche Waren einem Verlust des ursprünglichen Charakters zugänglich seien. Zunächst könnten die Gemüsesäfte ausgeschlossen werden, denn der Wortlaut der Vorschrift erwähne diese nicht. Daraus ergebe sich, dass nicht alle in die Position 2009 KN einzureihenden Waren den ursprünglichen Charakter eines Fruchtsaftes verlieren könnten. Allein die Zuweisung von Fruchtsäften und von konzentrierten Fruchtsäften zur Position 2009 KN zwinge also mitnichten dazu, dass die ZAnm. 5 Buchstabe b) zu Kapital 20 KN über ihren klaren Wortlaut hinaus unmittelbar auf Konzentrate anwendbar wäre. Nach dem Wortlaut würden nur Fruchtsäfte ihren ursprünglichen Charakter verlieren. Die Vorschrift bestimme selbst, welche Fruchtsäfte gemeint seien, nämlich solche, die „hergestellt sind aus Früchten oder durch Verdünnen von konzentriertem Fruchtsaft”. Der Wortlaut differenziere daher zwischen „Fruchtsäften” und „konzentriertem Fruchtsaft”. Der Unterschied sei auch evident, denn ein Konzentrat könne man nicht trinken. Das Gesetz folge dieser Tatsache, indem die ZAnm. 5 Buchstabe b) davon spreche, dass „Fruchtsaft” aus einem „konzentrierten Fruchtsaft” hergestellt werden könne. Aus dem Wortlaut „hergestellt…durch Verdünnen von konzentriertem Fruchtsaft” folge, dass es sich bei dem betroffenen Fruchtsaft immer um einen unkonzentrierten Saft in Trinkstärke handeln müsse, der entweder direkt aus Früchten oder durch Rückverdünnung eines Konzentrats hergestellt worden sei. Werde ein Konzentrat eingeführt, könne erst nach einer Rückverdünnung festgestellt werden, ob der Saft seinen ursprünglichen Charakter verloren habe. Entgegen dieser klaren gesetzlichen Vorgabe habe der Antragsgegner die ZAnm. Nr. 5 Buchstabe b) zu Kapitel 20 KN auch auf das unverdünnte Konzentrat angewandt. Dieses Ergebnis decke sich auch nicht mit der Verordnung (EG) Nr. 1776/2001, allein den Gehalt an zugesetztem Zucker in Fruchtsäften der Position 2009 KN zu beschränken (vgl. auch Rz. 03. ErlKN zu Position 2009). Die Beschränkung sollte selbstverständlich die Waren erfassen, denen Zuckerzusatz gänzlich fehle. Gerade dem ersten Erwägungsgrund der Verordnung könne entnommen werden, dass die (neue) ZAnm. lediglich die aromatisierten Sirupe von der Position 2009 KN habe trennen wollen. Dem Antragsgegner sei es verwehrt, eine andere Auslegung aus dem Wortlaut der Unterposition abzuleiten. Zwar würden die Unterpositionen 2009 6951 und 2009 6971 KN ausdrücklich „konzentrierten Traubensaft” nennen, während eine Unterscheidung zwischen „Apfelsaft” und „konzentriertem Apfelsaft” in den achtstelligen Unterpositionen der sechsstelligen Unterposition 2009 79 KN nicht getroffen werde. Aber aus der Zugehörigkeit von „Apfelsaft” und „konzentriertem Apfelsaft” zu den gleichen Tariflinien könne kein Rückschluss auf die Ware gezogen werden, dass nach der ZAnm. 5 Buchstabe b) zu Kapitel 20 KN der Fruchtsaftcharakter verloren gehen könne. Gerade der Vergleich mit den Tariflinien für „konzentrierten Traubensaft” und mit der ZAnm. 6 zu Kapitel 20 KN zeige, dass in der KN sehr wohl ein „Saft” von einem „konzentrierten Saft” unterschieden werde. Die ZAnm. 5 Buchstabe b) zu Kapitel 20 KN spreche gerade nicht von „konzentrierten Fruchtsäften”. Solle ein „konzentrierter Fruchtsaft” auf den möglichen Verlust des Saftcharakters hin geprüft werden, müsse er „durch Verdünnen” in den Zustand eines trinkbaren Fruchtsafts versetzt werden. Dabei sei völlig unerheblich, dass die ZAnm. 5 Buchstabe b) zu Kapitel 20 KN keine Anleitung zur Vorgehensweise bei der Untersuchung von Proben enthalte. Die Auslegung, die der Antragsgegner vornehme, sei sowohl gemeinschaftsrechts- als auch völkerrechtswidrig, denn die einschlägigen Unterpositionen würden als Grenze eine Brixwert von 67 festsetzen. Der Antragsgegner setze diese Grenze jedoch auf 64,2 Brix herab, so dass kein Konzentrat zwischen 64,3 und 67 Brix mehr in die Position 2009 KN falle. Spätestens hieran werde ersichtlich, dass der Antragsgegner mit seiner Tarifauffassung nicht richtig liegen könne. Der Wille des Gemeinschaftsgesetzgebers werde auch durch ein Arbeitsdokument des Ausschusses der Europäischen Kommission für den Zollkodex vom 23. März 2004 belegt. Dort werde auf Seite 4, 1. Abs., ausgeführt, dass das Ziel der ZAnm. 5 Buchstabe b) zu Kapitel 20 KN nie gewesen sei, reine konzentrierte Fruchtsäfte aus der Position 2009 KN auszuschließen. Das vorgelegte Arbeitsdokument sei entstanden, weil die Bundesrepublik Deutschland ihre hausgemachten Probleme in diesen Ausschuss hineingetragen habe. Das Ergebnis der Beratungen sei in der Verordnung (EG) Nr. 1340/2004 vom 22. Juli 2004 niedergelegt worden, mit der der Wert für Äpfel von 11 auf 13 erhöht worden sei. Die Kommission habe aber eindeutig erkennen lassen, dass nie beabsichtigt gewesen sei, reine konzentrierte Fruchtsäfte aus der Position 2009 auszuschließen. Sie habe insoweit aber zur Kenntnis nehmen müssen, dass allein die deutsche Zollverwaltung die Bestimmung der erklärten Absicht zuwider auslege. In der Verordnung (EG) Nr. 1340/2004 könne daher keinesfalls eine Bestätigung für fehlerfreies Handeln des Antragsgegners in der Vergangenheit gesehen werden. Leider habe aber der Ausschuss damit das Problem des vorliegenden Falles nicht gelöst, weil die angesprochene Verordnung keine Rückwirkung entfalte. Dennoch gebe auch diese Verordnung einen Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers, konzentrierte Apfelsäfte in Reinform in der Position 2009 KN zu belassen, zumal jede andere Entscheidung dem Harmonisierten System widersprechen würde. Soweit der Antragsgegner ausführe, sie habe sich bezüglich ihrer wirtschaftlichen Lage auf die Entrichtung der gesetzlich geschuldeten Einfuhrabgaben einrichten müssen, bleibe festzuhalten, dass sie dies auch getan und die Einfuhrabgaben entsprechend entrichtet habe. Auf rechtswidrige Nacherhebungen müsse sie sich nicht einstellen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung der fünf Nacherhebungsbescheide des Antragsgegners vom 2. März 2004 ohne Sicherheitsleistung auszusetzen,
hilfsweise,
die Vollziehung der zuvor genannten Bescheide des Antragsgegners gegen Sicherheitsleistung auszusetzen,
hilfsweise,
die Beschwerde zuzulassen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen,
und trägt zur Begründung vor: Die ZAnm. 5 Buchstabe a) zu Kapitel 20 KN definiere den Begriff „zugesetzter Zucker” eindeutig und abschließend und sei deshalb einer Auslegung, wie sie der Antragstellerin vorschwebe, nicht zugänglich. Danach gelte als „zugesetzter Zucker” der Zuckergehalt berechnet nach der ZAnm. 2 Buchstabe a) zu Kapitel 20 KN, vermindert um einen Wert von 11 GHT bei Säften aus Äpfeln. Es sei dabei unerheblich, ob der Zucker aus den Äpfeln selbst stamme oder zugesetzt werde. Denn für eine Beschränkung der ZAnm. 2 Buchstabe a) und 5 Buchstabe a) zu Kapitel 20 KN auf gezuckerte Säfte gebe es in den Vorschriften keinerlei Hinweise. Im Gegenteil gehe aus der Formulierung der ZAnm. 5 Buchstabe a) zu Kapitel 20 KN („als Gehalt an zugesetztem Zucker gilt”) hervor, dass ein tatsächlicher Zusatz von Zucker nicht notwendig sei. Darauf würden auch die Erläuterungen KN Position 2009 Rz 12.0 und 13.0 hinweisen, in denen ausgeführt werde, dass Fruchtsäfte Zucker enthalten könnten, wobei es unerheblich sei, ob diese Stoffe im Verlauf der Gewinnung selbst entstanden oder zugesetzt worden seien. Somit gelte auch der fruchteigene Zucker als zugesetzter Zucker. Nach dem Gutachten der ZPLA liege der Gehalt an zugesetztem Zucker i. S. d. ZAnm. 5 Buchstabe a) zu Kapitel 20 KN bei mehr als 50 GHT. Die ZAnm. 5 Buchstabe b) zu Kapitel 20 KN sei auch auf Fruchtsaftkonzentrate anzuwenden. Denn die Position 2009 KN kenne nur den Begriff „Fruchtsaft”. Die Antragstellerin selbst strebe eine Einreihung des eingeführten Apfelsaftkonzentrats in die Position 2009 an, die vom Wortlaut her Fruchtsäfte (einschließlich Traubenmost) und Gemüsesäfte auch mit Zusatz von Zucker umfasse. Konzentrate seien dort nicht explizit genannt. Es werde außer bei konzentriertem Traubensaft nicht zwischen Säften und Konzentraten unterschieden. Demnach sei auch die Verwendung des Begriffs Säfte bzw. Fruchtsäfte in den ZAnm. 5 Buchstaben a) und b) nur folgerichtig und umfasse ebenso Konzentrate. Auch sei bei Konzentraten nicht erst bei Rückverdünnung auf Trinkstärke feststellbar, ob der Saft nach der ZAnm. 5 Buchstabe b) seinen ursprünglichen Charakter verloren habe. Nach dem Wortlaut der ZAnm. 5 Buchstabe b) könne der Fruchtsaft natürlichen Zustands, auf dessen Gehalt (= 50 GHT) es ankomme, unmittelbar aus Früchten oder auch durch Verdünnen von konzentriertem Fruchtsaft hergestellt sein. Daraus werde deutlich, dass sich dieser Teil der Anmerkung auf die Herstellung des Fruchtsaftanteils und nicht auf die Vorgehensweise bei der Untersuchung der Proben beziehe, die in der Verordnung (EWG) Nr. 558/93 geregelt sei. Somit sei die Anmerkung nicht dahin auszulegen, dass vor der analytischen Untersuchung eine Rückverdünnung stattzufinden habe. Der Teil „hergestellt aus Früchten oder durch Verdünnen aus konzentriertem Fruchtsaft” beziehe sich nicht auf das erst Wort „Fruchtsäfte”, sondern auf den Gehalt an Fruchtsaft in natürlichem Zustand, der weniger als 50 GHT betrage. Der Fruchtsaft, der sich in der eingeführten Ware befinde, müsse entsprechend hergestellt sein. Konzentrate würden daher nicht generell ausgeschlossen. Diese Sichtweise werde durch die Verordnung (EG) 1340/2004 auch bestätigt, denn dort werde ausdrücklich bemerkt, dass Konzentrate aufgrund der ZAnm. 5 Buchstabe b) von der Position 2009 ausgenommen würden. Das von der Antragstellerin vorgelegte Protokoll des Ausschusses für den Zollkodex vom 23. März 2004 bestätige lediglich, dass es nicht beabsichtigt gewesen sei, reine konzentrierte Fruchtsäfte von der Position 2009 auszuschließen. Es stelle die Rechtmäßigkeit der bisher ergangenen Entscheidungen allerdings nicht in Frage. Es sei deswegen auch lediglich vorgeschlagen worden, den Abzugswert bei der Ermittlung von zugesetztem Zucker von 11 auf 13 zu erhöhen. Darauf, ob im konkreten Fall tatsächlich Zucker zugesetzt worden sei, komme es nicht an.
Gründe
II.
Der nach § 69 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige Antrag ist unbegründet.
Beurteilungsmaßstab für die Begründetheit des vorliegenden Antrags auf Aussetzung der Vollziehung der streitigen Steuerbescheide ist Art. 244 Unterabsatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl EG Nr. L 302/1) (Zollkodex - ZK -) (vgl. für Einfuhrabgaben im Sinne von Art. 4 Nr. 10 ZK: Bundesfinanzhof (BFH), Beschluss vom 22. November 1994 - VII B 140/94 - Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFHE) 176, 170 (172)). Danach hat die Aussetzung der Vollziehung zu erfolgen, wenn begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen oder wenn dem Beteiligten ein unersetzbarer Schaden entstehen könnte. Begründete Zweifel im Sinne von Art. 244 Unterabsatz 2 ZK bestehen, wenn bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung der angefochtenen Entscheidung neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen auch gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die eine Unentschiedenheit in der Beurteilung der Rechtslage oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl. BFH, Beschluss vom 22. November 1994 - VII B 140/94 - a.a.O. (173)).
Derartige Zweifel sind nach Auffassung des Senats im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der Senat geht vielmehr bei der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung davon aus, dass der Antragsgegner mit den fünf Steuerbescheiden vom 2. März 2003 zu Recht insgesamt 26.006,55 € Zoll bei der Antragstellerin nacherhoben hat.
Die Voraussetzungen für die Nacherhebung von Zoll gemäß Art. 220 ZK liegen vor.
Die nach den gesetzlichen Vorschriften geschuldeten Eingangsabgaben waren teilweise bei der Antragstellerin nicht angefordert worden, weil der einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden war.
Für die in den freien Verkehr übergeführte Ware, für die die Zollschuld nach Art. 201 Abs. 1 Buchstabe a) ZK entstanden ist, ist die Antragstellerin als Anmelderin nach Art. 201 Abs. 3 Satz 1 ZK Zollschuldnerin geworden. Der Nacherhebung des Zolls steht wegen der durchgeführten Beschau und nachfolgenden Untersuchung durch die ZPLA auch kein Vertrauensschutz gemäß Art. 220 Abs. 2 Buchstabe b) ZK entgegen. Im Übrigen wusste die Antragstellerin aufgrund vorheriger Einfuhren von Fruchtsaftkonzentraten um die Probleme bei der Tarifierung.
Das von der Antragstellerin eingeführte Apfelsaftkonzentrat ist vom Antragsgegner darüber hinaus auch zutreffend in die Position 2106 KN der VO (EWG) 2658/87 vom 23. Juli 1987 (ABl Nr. L 256/1) in der hier im Zeitpunkt der Einfuhr maßgeblichen Fassung aufgrund der VO (EG) 1832/2002 vom 1. August 2002 (ABl Nr. L 291/1) als „Lebensmittelzubereitungen, anderweit weder genannt noch inbegriffen” und nicht, wie von der Antragstellerin beantragt, in die Position 2009 KN als „Fruchtsäfte (einschließlich Traubenmost) und Gemüsesäfte, nicht gegoren, ohne Zusatz von Alkohol, auch mit Zusatz von Zucker oder anderen Süßmitteln” eingereiht worden.
Denn das entscheidende Kriterium für die Einreihung von Waren ist in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu sehen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln der KN festgelegt sind (vgl. etwa Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), Urteil vom 14. 12.1995 - Rs. C-106/94 und C-139/94 - Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Gerichts erster Instanz (Slg.) 1995, I-4759 (4781); Urteil vom 12.03.1998 - Rs. C-270/96 - Slg. 1998, I-1121 (1139); Urteil vom 28.04.1999 - Rs. C-405/97 - Slg. 1999, I-2397 (2418)). Außerdem sind bezüglich der KN die von der Kommission und bezüglich des HS die vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens ausgearbeiteten Erläuterungen ein wichtiges, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen Positionen und Unterpositionen (vgl. etwa: EuGH, Urteil vom 16. Juni 1994 - Rs. C-35/93 - Slg. 1994, I-2655 (2677); Urteil vom 6. November 1997 - Rs. C-201/96 - Slg. 1997, I-6147 (6167); Urteil vom 12. März 1998 - Rs. C-270/96 - a.a.O. (1139); Urteil vom 28. April 1999 - Rs. C-405/97 - a.a.O.). Aus der zitierten Rechtsprechung und aus der Allgemeinen Vorschrift 1 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (AV 1) folgt, dass dem Wortlaut der Positionen und Unterpositionen bei der Auslegung der Vorrang einzuräumen ist.
Es ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass auch ein reines Apfelsaftkonzentrat - um ein solches handelt es sich vorliegend - vom Grundsatz her als Apfelsaft und damit Fruchtsaft unter die Position 2009 KN fallen kann (vgl. auch Finanzgericht (FG) Düsseldorf, Beschluss vom 26. März 1996 - 4 V 1954/95 A (Z) - Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern (ZfZ) 1996, 312). Das zeigt sich schon darin, dass die Antragstellerin selbst die Einreihung des Konzentrats als Fruchtsaft begehrt. Im Übrigen differenziert der Tarif - mit einer Ausnahme, nämlich Traubensaft (einschließlich Traubenmost) - nicht danach, ob ein trinkbarer oder ein konzentrierter, erst nach Verdünnung trinkbarer Fruchtsaft vorliegt. Diese Auffassung wird ebenfalls durch Ziffer 11.0 der Erläuterungen zum Harmonisierten System (Erl. HS) als wichtigem Hilfsmittel bei der Auslegung bestätigt, wonach zur Position 2009 auch Säfte in konzentrierter Form gehören.
Nach der verbindlichen (vgl. Witte, Zollkodex, 3. Auflage 2002, Art. 20 Rn. 29) ZAnm. 5 Buchstabe b) zu Kapitel 20 KN verlieren allerdings Fruchtsäfte mit zugesetztem Zucker und einem Brixwert von 67 oder weniger bei 20° und mit einem Gehalt von weniger als 50 GHT Fruchtsaft in seinem natürlichen Zustand, hergestellt aus Früchten oder durch Verdünnen von konzentriertem Fruchtsaft, den ursprünglichen Charakter eines Fruchtsaftes der Position 2009 KN. Es spricht nach Aktenlage viel dafür, dass es sich bei dem von der Antragstellerin eingeführten Apfelsaftkonzentrat um einen Fruchtsaft in diesem Sinne handelt.
Entgegen der Darstellung der Antragstellerin ist für den Senat nicht ersichtlich, dass die zitierte ZAnm. etwa nicht auf ein reines Fruchtsaftkonzentrat (hier: Apfelsaftkonzentrat) anwendbar wäre, denn entscheidend ist für die Anwendbarkeit zunächst nur, dass es sich bei der Ware um einen Fruchtsaft „mit zugesetztem Zucker” handelt. Dass es sich auch bei einem Apfelsaftkonzentrat vom Grundsatz her um einen Fruchtsaft handeln kann, unterliegt - wie dargestellt - keinen Bedenken. Die Frage, ob Zucker zugesetzt worden ist, richtet sich indes allein danach, ob die (für die Auslegung verbindlichen) ZAnm. 2 und 5 Buchstabe a) zu Kapitel 20 KN einschlägig sind (so auch ausdrücklich Ziffer 02.1 der Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur (Erl. KN)). Sie beantwortet sich demnach allein nach den einschlägigen Tarifbestimmungen. Nach ZAnm. 5 Buchstabe a) gilt als Gehalt an zugesetztem Zucker bei Waren der Position 2009 der „Zuckergehalt”, bei Säften aus Äpfeln vermindert um den hier noch einschlägigen Wert 11 (zweiter Gedankenstrich). Die konkrete Berechnung des Zuckergehalts wiederum richtet sich allein nach der ZAnm. 2 zu Kapitel 20 KN in Verbindung mit der dort aufgeführten Verordnung. Danach kommt es eindeutig nicht darauf an, ob Zucker auch tatsächlich zugesetzt worden ist, denn die zitierten ZAnm. differenzieren aus Gründen der Praktikabilität nicht danach, ob es sich um fruchteigenen oder tatsächlich zugesetzten Zucker handelt. Anderenfalls müsste im jeweiligen Einzelfall zunächst aufwendig geklärt werden, um welche Art von Zucker - fruchteigener oder fremder - es sich überhaupt handelt. Dass es auf den tatsächlichen Zusatz von Zucker nicht ankommen kann, wird auch durch den Wortlaut der ZAnm. 5 Buchstabe a) dokumentiert, wonach der „Zuckergehalt” als Gehalt an zugesetztem Zucker „gilt”. Hierbei handelt es sich ausweislich des Wortlauts um eine Fiktion, ohne dass es im Einzelfall von Bedeutung ist, ob Zucker auch tatsächlich zugesetzt worden ist.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin wird ein reines Fruchtsaftkonzentrat auch nicht generell vom Anwendungsbereich der ZAnm. 5 Buchstabe b) dadurch ausgeschlossen, dass sich dort die Einschränkung findet „hergestellt aus Früchten oder durch Verdünnen von konzentriertem Fruchtsaft”. Dieser Einschränkung kann insbesondere nicht entnommen werden, dass von der ZAnm. nur solche Fruchtsäfte erfasst werden sollen, die im Falle eines Konzentrats vor der Untersuchung zunächst verdünnt worden sind. Denn nach der Stellung im Satzgefüge bezieht sich der Einschub erkennbar nur auf das vorherige Merkmal „mit einem Gehalt von weniger als 50 GHT Fruchtsaft in seinem natürlichen Zustand” und nicht generell auf „Fruchtsäfte” der Position 2009 KN. Anderenfalls hätte der Satz lauten müssen: „Fruchtsäfte, hergestellt aus Früchten oder durch Verdünnen von konzentriertem Fruchtsaft, ...”.
Diese am Wortlaut der Bestimmung orientierte Auslegung wird bestätigt durch die - hier allerdings noch nicht anwendbare - Verordnung (EG) Nr. 1340/2004 der Kommission vom 22. Juli 2004 (ABl Nr. L 249/5). Nach Erwägungsgrund 5 dieser Verordnung hat die Änderung der ZAnm. 5 Buchstabe b) ihren Grund darin, dass bestimmte Apfelsaftkonzentrate von der Position ausgeschlossen wurden, obwohl es sich um natürliche Apfelsäfte ohne hinzugefügten Zucker gehandelt habe. Darin steckt aber zugleich die Wertung, dass auch nach Auffassung der Kommission bestimmte reine Apfelsaftkonzentrate in unverdünntem Zustand in der Vergangenheit von der Position 2009 KN ausgenommen wurden, wenn sie die Voraussetzungen der ZAnm. 5 Buchstabe b) erfüllten, was deren generelle Anwendbarkeit auf Fruchtsaftkonzentrate der vorliegenden Art denknotwendig voraussetzt. Schließlich werden durch die Änderung aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 1340/2004 bestimmte reine Fruchtsaftkonzentrate nunmehr nicht generell vom Anwendungsbereich der ZAnm. ausgenommen, was durch einen entsprechenden Zusatz im Sinne einer Klarstellung nach der Auffassung der Antragstellerin konsequent gewesen wäre, sondern der bei der Berechnung des Zuckergehalts abzuziehende Wert der ZAnm. 5 Buchstabe a) zweiter Gedankenstrich wurde bei Äpfeln nur von 11 auf 13 erhöht. Damit wird allerdings nur mittelbar erreicht, dass zukünftig mehrheitlich bestimmte reine Fruchtsaftkonzentrate, die einen bestimmten Brix-Wert nicht überschreiten, in die Position 2009 KN eingereiht werden können; eine generelle Nichtanwendbarkeit der ZAnm. 5 Buchstabe auf reine Konzentrate, wie von der Antragstellerin gefordert, ist damit nicht einmal für die Zukunft verbunden.
Dem Senat ist bei der vorgenommenen, am Wortlaut orientierten Auslegung nicht entgangen, dass es möglicherweise nicht der Absicht des Gemeinschaftsgesetzgebers entsprach, reine, nur aus fruchteigenem Zucker zusammengesetzte Fruchtsaftkonzentrate von der Position 2009 KN auszunehmen. Darauf deutet das von der Antragstellerin überreichte Protokoll der Sitzung des Ausschusses für den Zollkodex vom 23. März 2003, Seite 4 oben, wonach offenbar nur solche Fruchtsäfte von der Position 2009 KN ausgenommen werden sollten, die einen zu hohen, nicht auf fruchteigenem Zucker basierenden Zucker enthielten, so dass eine Einreihung als Fruchtsaft nicht mehr gerechtfertigt erschien. Dieser möglichen Absicht kann aber für die Auslegung der streitigen ZAnm. 5 Buchstabe b) keine entscheidende Bedeutung zukommen. Denn abgesehen davon, dass der Ausschuss für den Zollkodex nicht der Gemeinschaftsgesetzgeber ist, ist diese Vorstellung angesichts des aus Sicht des Senats eindeutigen Wortlauts der zitierten Tarifbestimmungen nicht umgesetzt worden. Eine entsprechende gesetzgeberische Absicht findet jedenfalls ihre Grenze dort, wo der Wortlaut der Bestimmungen unmissverständlich ist.
Davon ausgehend ist eine Einreihung des von der Antragstellerin in fünf Partien eingeführten Apfelsaftkonzentrats in die Position 2009 KN nach der ZAnm. 5 Buchstabe b) im konkreten Fall ausgeschlossen.
Bei dem Apfelsaftkonzentrat handelt es sich - wie zuvor dargestellt - um einen Fruchtsaft mit zugesetztem Zucker im Sinne der ZAnm. 2 und 5 Buchstabe b). In sämtlichen Fällen liegen Brixwerte von 67 oder weniger bei 20° C (vgl. ZAnm. 2 Buchstabe b) vor, nämlich 64,98 (ZT 0270 B - 6351/2203/1), 65,57 (ZT 0270 B - 6909/2003/1), 66,35 (ZT 0270 B - 7248/2003/1), 64,83 (ZT 0270 - 8034/2003/1). Die vom Antragsgegner im Laufe des gerichtlichen Verfahrens eingeführten Brixwerte der konkreten Einfuhren sind von der Antragstellerin auch nicht ernsthaft bestritten worden. Sämtliche Apfelsaftkonzentrate weisen nach der Analyse schließlich auch einen Gehalt von weniger als 50 GHT Fruchtsaft in seinem natürlichen Zustand, hergestellt aus Früchten, auf. Denn der Zuckergehalt beträgt nach ZAnm. 2 Buchstabe a) zweiter Gedankenstrich (Brixwert x 0,95) in Verbindung mit ZAnm. 5 Buchstabe a) zweiter Gedankenstrich (Abzugswert für Äpfel = 11) zu Kapitel 20 KN in sämtlichen Fällen mehr als 50 GHT. Daraus folgt zugleich, dass der Fruchtsaftgehalt für die streitigen Einfuhren immer weniger als 50 GHT ausmacht (vgl. auch das Berechnungsbeispiel Erl KN Ziffer 02.3 bis 02.5).
Scheidet demnach eine Einreihung des von der Antragstellerin eingeführten Apfelsaftkonzentrats in die Position 2009 aus, so ist die Einreihung des Antragsgegners in die Position 2106 als Lebensmittelzubereitung, anderweit weder genannt noch inbegriffen folgerichtig. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Einfuhr galt bei Vorlage eines Präferenzpapiers ein Zollsatz von 5,5 % und eine EA von 27,50 € je 100 kg. Fehler bei der Berechnung des Zolls für die jeweilige Einfuhr sind von der Antragstellerin weder vorgetragen noch ersichtlich.
Es ist für den Senat ferner nicht ersichtlich, dass der Antragstellerin durch die Vollziehung der Nacherhebungsbescheide über insgesamt 26.006,55 € ein unersetzbarer Schaden im Sinne von Art. 244 Unterabsatz 2 2. Fall ZK entstehen könnte, der unabhängig von den Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs eine Aussetzung der Vollziehung streitigen Nacherhebungsbescheide rechtfertigen würde. Ein unersetzbarer Schaden in diesem Sinne liegt nach der Rechtsprung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nur dann vor, wenn dieser schwer und nicht wiedergutzumachen ist. Letzteres soll nur dann der Fall sein, wenn der Schaden im Falle des Obsiegens im Hauptsacheverfahren nicht vollständig ersetzt werden könnte, weil etwa die Existenzgefährdung des Unternehmens droht (vgl. Nachweise bei Witte, a.a.O., Art. 244 Rn. 29). Die Antragstellerin hat einen solchen Fall allerdings nicht glaubhaft gemacht. Zwar weist ihre vorläufige Bilanz zum 31. Januar 2004 einen Verlust von 165.092,68 € aus. Es ist für den Senat jedoch nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin wegen des Nacherhebungsbetrags in Höhe von insgesamt 26.006,55 € aktuell von einer Insolvenz bedroht wäre. Auch besagt die Bescheinigung der Commerzbank vom 9. September 2003 für sich genommen nur, dass dem Unternehmen durch die Bank kurzfristig ohne weitere Ermittlungen keine Bürgschaft im Hinblick auf den zu zahlenden Abgabenbetrag zugesagt werden konnte. Schließlich muss sich die Antragstellerin auch entgegenhalten lassen, dass sie aufgrund bereits bekannter Probleme wegen vorheriger Einfuhren nicht ohne weiteres davon ausgehen konnte, dass sich der Antragsgegner ihrer Tarifauffassung nunmehr anschließen würde.
Ist der Hauptantrag der Antragstellerin demnach unbegründet, so erübrigt sich eine Bescheidung des ersten Hilfsantrags durch den Senat.
Der Senat hat die Beschwerde gemäß § 128 Abs. 3 in Verbindung mit § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Zu der hier streitigen Frage der Anwendung der ZAnm. 5 Buchstabe b) zu Kapitel 20 KN bei einem reinen Fruchtsaftkonzentrat, das nur fruchteigenen Zucker enthält, ist, soweit, ersichtlich, noch keine gerichtliche Entscheidung ergangen. Von der hier zu beurteilenden Frage sind noch zahlreiche weitere Verfahren der Antragstellerin und anderer Unternehmen betroffen, die sich zur Zeit noch im Verwaltungsverfahren befinden. Es steht im Entscheidungszeitpunkt auch noch nicht fest, wann das beim Finanzgericht Cottbus anhängige Verfahren 4 K 1295/02 entschieden sein dürfte. Der Senat hält eine Überprüfung seiner Entscheidung durch den Bundesfinanzhof für angezeigt, weil das gefundene, allein am Wortlaut der Bestimmungen orientierte Auslegungsergebnis durchaus die Frage offen lässt, ob dies vom Gemeinschaftsgesetzgeber auch so gewollt war. Die Frage wird durch die Verordnung (EG) Nr. 1340/2004 der Kommission vom 22. Juli 2004 (a.a.O.) für die Zukunft nur „halbherzig” beantwortet, indem der Abzugswert für Äpfel von 11 auf 13 erhöht worden ist. Damit bleiben aber weiterhin Fälle ungeklärt, bei denen das reine Fruchtsaftkonzentrat einen bestimmten Brix-Wert überschreitet, so dass es weiterhin durch die ZAnm. 5 Buchstabe b) von der Position 2009 KN ausgenommen wird. So würde im vorliegenden Fall bei einer der fünf Einfuhren der Antragstellerin das Apfelsaftkonzentrat auch weiterhin von der Position 2009 ausgenommen, weil bei einem Brixwert von 66,35 der Fruchtsaftgehalt weniger als 50 GHT beträgt: 66,35 x 0,95 - 13 = 50,0325 GHT zugesetzter Zucker. Damit liegt der Fruchtgehalt immer noch unter 50 GHT im Sinne der ZAnm. 5 Buchstabe b) n.F.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.