08.01.2010
Finanzgericht Köln: Urteil vom 24.03.2004 – 13 K 5497/00
1) Wirtschaftliche Betätigungen stellen dann keine „auf Förderung der Wirtschaft beschränkten Tätigkeiten” i.S. des § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG mehr dar, wenn die Wirtschaftsförderungsgesellschaft dadurch über das zur Aufgabenerfüllung erforderliche Maß wirtschaftlich tätig wird und in Konkurrenz zu Gewerbetreibenden tritt.
2) Beinhaltet die Betätigung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft neben für die Steuerbefreiung unschädlichen Leistungen schwerpunktmäßig das sog. Public-Leasing, so führt dies insgesamt zur Versagung der Steuerbefreiung.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren über die Frage, ob die Klägerin zu den nach § 5 Abs. 1 Nr. 18 des Körperschaftsteuergesetzes –KStG– steuerbefreiten Wirtschaftsförderungsgesellschaften gehört.
Die Klägerin ist eine …gesellschaft. Sie wird in der Rechtsform einer GmbH betrieben. Die Gesellschafter der Klägerin waren in den Streitjahren der Kreis B. und zum Kreis B. gehörende Städte und Gemeinden. Die Geschäftsanteile durften auch nur an den Kreis oder seine Städte und Gemeinden veräußert werden (§ 3 des Gesellschaftsvertrages).
Mit Gesellschaftsvertrag vom … beteiligte sich die X.gesellschaft mbH mit einer Einlage in Höhe von … DM als stille Gesellschafterin an der Klägerin. Die Klägerin hat die stille Beteiligung zum … gekündigt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag der stillen Gesellschaft und die Darstellungen im Jahresabschluss …, insbesondere Seite 6/7 und Anlage IV, Seite 2, des Lageberichtes verwiesen. Während der Dauer der stillen Gesellschaft erhielt die stille Gesellschafterin in den Jahren 1993, 1994, 1996 jeweils … DM Gewinnanteil und in 1995 …. DM.
Seit 2001 ist neben den überwiegend beteiligten Gebietskörperschaften auch die T.B. mit ca. 15% an der Klägerin beteiligt (geänderter Gesellschaftsvertrag vom …).
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war ausweislich des am … beschlossenen Änderungsvertrages zum Gesellschaftsvertrag vom … (vgl. Vertragskopie in der Anlage zum Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft vom … und Handelsregistereintragung vom …) die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Struktur des Kreises B.. Zu diesem Zweck sollte die Klägerin insbesondere berechtigt sein, die öffentliche Verwaltung in Fragen der örtlichen und überörtlichen Planung zu beraten und zu unterstützen, für Gewerbeansiedlung zu werben, Unternehmen zu beraten und zu unterstützen und
d) Grundstücke und Erbbaurechte zu erwerben, zu verpachteten, zu erschließen und zu veräußern,
e) Betriebsgebäude zu planen, zu errichten, zu vermieten und zu veräußern.
Nach § 4a des Gesellschaftsvertrages war die Aufnahme stiller Gesellschafter zulässig. Nach § 3 Abs. 3 stand dem stillen Gesellschafter die vertraglich vereinbarte Mindestvergütung zu. Eine Gewinnauskehrung an den stillen Gesellschafter, die über die vereinbarte Mindestvergütung hinausging, war zulässig, soweit dies nach den geschlossenen Verträgen notwendig würde.
Verluste sollten in den folgenden fünf Jahren durch den Kreis B. getragen werden (§ 18 des Gesellschaftsvertrages). Bei Auflösung der Gesellschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zweckes sollte das Gesellschaftsvermögen an die einzelnen Gesellschafter entsprechend dem Anteil der eingezahlten Stammeinlagen fallen (§ 20 Gesellschaftsvertrag). Wegen der Einzelheiten wird auf die Vertragskopie Bezug genommen.
Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin ist ausweislich der Anlage IV, Seite 2 zum Lagebericht zum … im … geändert worden, um die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach dem Standortsicherungsgesetz zu erhalten. Zu diesem Zweck sind die §§ 2, 3, 20 des Vertrages, also Unternehmensgegenstand, Gewinnverwendung und Rückzahlung des Gesellschaftsvermögens bei Auflösung, geändert worden (Eintragung ins Handelsregister am 23.12.1996).
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist seither ausweislich des Gesellschaftsvertrages i. d. F. vom … die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Struktur des Kreises B. durch Förderung der Wirtschaft, insbesondere durch Industrieansiedlung, Schaffung neuer Arbeitsplätze und der Sanierung von Altlasten. Zur Erreichung des Unternehmenszwecks soll die Klägerin weiterhin insbesondere die öffentliche Verwaltung in den Fragen der örtlichen und überörtlichen Planung und ansässige und anzusiedelnde Unternehmen bei der Beschaffung von Grundstücken, Gebäuden, Arbeitskräften, Wohnungen und Förderungskrediten beraten und unterstützen. Sie soll berechtigt sein, Grundstücke und Erbbaurechte zu erwerben, zu verpachteten, zu erschließen, zu sanieren und zu veräußern, Betriebsgebäude zu planen, zu errichten, zu vermieten und zu veräußern.
Der Gesellschaftsvertrag i. d. F. vom … stimmt in wesentlichen Teilen mit dem vorangegangenen Gesellschaftsvertrag überein. In § 2 Nr. 3 des neugefassten Gesellschaftsvertrages wird erneut ausdrücklich das Recht der Klägerin fixiert, auch selber Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte zu erwerben, zu erbauen und zu veräußern, Grundstücke zu sanieren sowie Gebäude zu errichten und außerdem im Public-Leasing-Verfahren zu finanzieren.
Der Gesellschaftsvertrag sieht in beiden Fassungen vor, dass das Vermögen der Gesellschaft und etwa erzielte Überschüsse nur zur Erreichung des Gesellschaftszweckes verwendet werden dürfen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gesellschaftsverträge verwiesen.
Unstreitig beschaffte die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit als …gesellschaft Grundstücke sowohl von Gemeinden als auch von gewerblichen Anbietern. Sie errichtete auf diesen Grundstücken Gebäude nach den Wünschen und Vorstellungen der jeweiligen Unternehmen und verleaste diese im Rahmen des Public-Leasing an die Unternehmen. Nach übereinstimmendem Vortrag der Beteiligten sind die Leasingverträge so gestaltet, dass der jeweilige Leasingnehmer während einer Grundmietzeit die Leasingsumme zu 100% tilgt. Die während der Leasingdauer geleisteten Sonderzahlungen, Vormieten und Leasingraten beinhalten neben den Investitionskosten der Klägerin einen Aufschlag von 0,6 bis 1,0% auf die Finanzierungskosten der Klägerin. Nach Ablauf der Grundmietzeit erwirbt das jeweilige Unternehmen das Leasingobjekt für einen symbolischen Preis. Die Klägerin ihrerseits finanzierte das Leasingvolumen zunächst über Bankdarlehen bzw. die Einlage des stillen Gesellschafters. Später ging sie dazu über die Ansprüche aus den Leasingverträgen im Rahmen unechter Pensionsgeschäfte gemäß § 340b Abs. 3 des Handelsgesetzbuches – HGB – an Banken abzutreten.
Ausweislich der Internetpräsentation der Klägerin wirbt diese damit, dass sie im Rahmen des Public-Leasing ihre Kompetenz im Bereich des Baumanagements einbringe und dadurch Investoren entlaste. Sie verweist insoweit auf ein Erfahrungswissen, welches aus einem Investitionsvolumen von über … EUR in den letzten dreißig Jahren erwachsen sei. Den Bestand an Public-Leasing-Verträgen weist die Klägerin mit ca. … EUR aus. Die Entwicklung des Bestandes an Public-Leasing-Verträgen kann aus den Darstellungen in den Anlagen zu den Jahresabschlüssen der Jahre 1993 bis 1998 ersehen werden.
Außerdem weist die Klägerin in ihrer Internetpräsentation darauf hin, dass sie mit der Errichtung von gewerblichen Mietobjekten einen neuen Geschäftsbereich erschlossen habe. Im Unterschied zum Public-Leasing verblieben die errichteten Immobilien im Eigentum der Klägerin und würden langfristig an Unternehmen vermietet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Internetpräsentation, die in ausgedruckter Form bei den Akten liegt, verwiesen.
Die tatsächlichen Geschäftsabläufe können aus einer Vielzahl bei den Akten befindlicher Leasingverträge nachvollzogen werden. Auch die Entscheidung des BFH vom 5.2.2003 II R 15/01, BFH/NV 2003, 818, und die vorangegangene Entscheidung des FG Köln vom 20.1.2000 5 K 7928/96, Juris-Dokumentennr. STRE 200171042, geben über die tatsächlichen Geschäftsabwicklungen Auskunft.
Zunächst wurde die Klägerin für die Jahre bis einschließlich 1998 zur Körperschaftsteuer, Gewerbe- und Vermögensteuer veranlagt. Die Veranlagungen ab 1994 standen im Zeitpunkt des hier streitbefangenen Antrages vom November 1999 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Mit Schreiben vom … beantragte die Klägerin, alle nicht rechtskräftigen Bescheide zur Körperschaft- und Vermögensteuer sowie die entsprechenden Gewerbesteuermessbescheide aufzuheben, weil sie eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG, § 3 Nr. 25 des Gewerbesteuergesetzes –GewStG– und § 3 Abs. 1 Nr. 20 des Vermögensteuergesetzes –VStG– steuerbefreite Körperschaft sei. Unter Bezugnahme auf den unstreitigen Lebenssachverhalt vertrat die Klägerin die Auffassung, dass sie alle Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG erfülle. Ihre Tätigkeit beschränke sich auf die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Struktur des Kreises B. durch Förderung der Wirtschaft, insbesondere durch Industrieansiedlung, Beschaffung neuer Arbeitsplätze und die Sanierung von Altlasten. Auch seien an ihr ausschließlich Gebietskörperschaften beteiligt. Letztlich erfülle sie auch die Voraussetzung, dass etwa erzielte Überschüsse nur zur Erreichung des Gesetzeszwecks eingesetzt würden. Alle bisher erzielten Überschüsse seien nur für derartige Tätigkeiten verwendet worden. Mittelauskehrungen seien bisher weder erfolgt noch beabsichtigt. Hinsichtlich des Public-Leasing verwies die Klägerin darauf, dass es sich unstreitig um ein Spezial-Leasing handele. Die Leasinggegenstände seien von Beginn an ertragsteuerlich dem jeweiligen Leasingnehmer zuzurechnen.
Bzgl. ihres Beteiligungsbesitzes verwies die Klägerin darauf, dass es sich ausschließlich um Gesellschaften handele, die unmittelbar der Zweckverwirklichung der Klägerin dienten.
Der Beklagte lehnte den Antrag auf Steuerbefreiung mit Verfügung vom … ab. Unter Bezugnahme auf das BMF-Schreiben vom 4.1.1996, BStBl I 1996, 54, vertrat er die Auffassung, dass die Tätigkeit einer steuerbefreiten Wirtschaftsförderungsgesellschaft nicht über den für die Zweckverwirklichung sachlich gebotenen Umfang hinausgehen dürfe. Er sei grundsätzlich nicht zulässig, dass eine derartige – steuerbefreite – Wirtschaftsförderungsgesellschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalte. Es sei daher keine Steuerfreiheit gegeben, wenn die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Beschäftigungsbetriebe unterhalte, die Waren und Dienstleistungen anböten, die auch von anderen Steuerpflichtigen angeboten würden.
Gegen die Ablehnung wandte sich die Klägerin mit fristgerecht erhobenem Einspruch. Mit ihm verfolgte sie ihr Begehren weiter. Sie legte nochmals dar, dass sie alle Voraussetzungen für die Steuerfreiheit erfülle und insbesondere die Durchführung des Leasinggeschäftes im Rahmen der durch das BMF-Schreiben beschriebenen Tätigkeiten von …gesellschaften liege. Wegen der Einzelheiten wird auf das ausführliche Einspruchsbegründungsschreiben vom … mit allen Anlagen verwiesen.
Aus den vorgelegten Akten des Beklagten ergibt sich, dass das Land O. mehrfach im Kreise der Körperschaftsteuerreferenten der Länder Vorstöße unternommen hat, das im Streitfall besonders umstrittene Public-Leasing als unschädlich für die Steuerbefreiung qualifizieren bzw. die Steuerbefreiung ausdehnen zu lassen. Dies wurde jeweils abgelehnt. Das Land O. hat zwischenzeitlich die Weiterverfolgung dieses Ansinnens aufgegeben.
Aus einer Stellungnahme der in das Einspruchsverfahren eingeschalteten Oberfinanzdirektion Düsseldorf ergibt sich weiterhin, dass die Finanzverwaltung den Tätigkeitskatalog im BMF-Schreiben vom 4.1.1996 als abschließend ansieht und die Steuerbefreiung der Klägerin schon deshalb ablehnt, weil die Durchführung des Public-Leasing nicht in dem BMF-Schreiben aufgeführt ist. Die Tätigkeit der Klägerin sei schon wegen Errichtung der Gebäude, die entsprechend den individuellen Wünschen und Anforderungen der Leasingnehmer erfolge, nicht steuerbefreit.
Im Verlauf des Einspruchsverfahrens ergingen unter dem … Änderungsbescheide zur Körperschaftsteuer 1994 bis 1998, unter dem … Änderungsbescheide zur Vermögensteuer auf den 1.1.1995 und den 1.1.1996 und unter dem … zu den Festsetzungen der Gewerbesteuermessbeträge 1994 bis 1997. Mit allen Änderungsbescheide wurden die bis dahin bestehenden Vorbehalte der Nachprüfung aufgehoben. Hinsichtlich aller Änderungsbescheide legte die Klägerin erneut Einspruch ein. Die Einspruchsverfahren ruhten bisher im Hinblick auf das vorliegende Verfahren.
Der Beklagte wies den Einspruch der Klägerin gegen die Ablehnung der Steuerbefreiung mit Einspruchsentscheidung vom … als unbegründet zurück. Die Frage der Verknüpfung der verschiedenen Einspruchsverfahren wurde nicht behandelt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.
Gegen die/alle Ablehnung(en) in Gestalt dieser Einspruchsentscheidung wandte sich die Klägerin zunächst mit der vorliegenden Klage.
Mit ihr verfolgte sie das Ziel einer Anwendung der bezeichneten Steuerbefreiungsvorschriften für alle nicht bestandskräftigen und außerdem erstmalig auch bzgl. der zukünftigen Veranlagungszeiträume durch Erlass entsprechender Freistellungsbescheide.
In Übereinstimmung mit ihrem außergerichtlichen Vorbringen verweist die Klägerin nochmals darauf hin, dass sie hinsichtlich
ihrer Rechtsform und ihrer Anteilseigner,
der von ihr gehaltenen Beteiligungen an anderen Gesellschaften und
der Verwendung von Überschüssen und hinsichtlich der Vermögensbindung
den Anforderungen des § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG auch aus Sicht des Beklagten genüge.
Hinsichtlich der Art der Tätigkeit verweist sie darauf, dass die unschädlichen Betätigungen weder im Gesetz noch im BMF-Schreiben abschließend aufgeführt worden seien. Hinsichtlich des BMF-Schreibens ergebe sich das aus dem Wort „namentlich” im Einleitungssatz.
Entgegen der Auffassung des Beklagten gehöre auch das von der Klägerin betriebene Public-Leasing zu den von den Steuerbefreiungsvorschriften privilegierten Tätigkeiten. So führe das BMF-Schreiben in den Textziffern II. 6 und 7 selbst die Beschaffung und Veräußerung von Grundstücken als privilegierte Tätigkeit auf. Nichts anderes mache die Klägerin. Sie führe die Beschaffung und Veräußerung von Grundbesitz zwecks Unternehmensansiedlung im Wege des von ihr vor 25 Jahren entwickelten Public-Leasing durch. Der Vorteil dieser Veräußerungsform liege darin, dass die Unternehmensgründer von der Möglichkeit einer zinsgünstigen, 100%igen Fremdfinanzierung profitieren könnten. Das beruhe darauf, dass infolge der Eigentümerstellung der Klägerin kommunale Ausfallbürgschaften beansprucht werden könnten. Dies eröffne Finanzierungsmöglichkeiten mit Zinssätzen unterhalb der üblichen Hypothekenfinanzierung und über 100% der Finanzierungssumme. Insofern trete die Klägerin auch in keinem Fall in Konkurrenz zu einem gewerblichen Bauträger, da diesem die Nutzung der kommunalen Bürgschaften nicht offenstehen würde.
Die Klägerin trete auch nicht in Konkurrenz zu Architekten und Bauunternehmern. Sie sei zwar juristische Bauherrin, der künftige Leasingnehmer habe aber von Beginn an die Stellung als wirtschaftlicher Eigentümer und Bauherr. Insofern sähen die Leasingverträge der Klägerin vor, dass sie
die Aufgaben des Bauherren regelmäßig auf einen Projektsteuerer übertrage,
mit einem Architekten einen Betreuungsvertrag auf der Grundlage der HOAI abschließe und
eine Ausschreibung der Bauausführung und die Vergabe an den leistungsfähigsten sowie kostengünstigsten Generalunternehmer durchführe.
Sie nehme mit der Grundbesitzbeschaffung und -übertragung die Aufgabe der Kommunen zur planmäßigen und gezielten Boden- und Siedlungspolitik wahr. Dies ergebe sich bereits aus den weitgehenden Zustimmungspflichten des Aufsichtsrates, der ausschließlich mit Funktionsträgern der Gebietskörperschaften besetzt sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageschrift mit allen Anlagen und die Schriftsätze vom … und … verwiesen.
Der Beklagte ignoriere, dass eine am Sinn des Gesetzes entwickelte Fortentwicklung der Gesetzesauslegung gerechtfertigt sei, weil das Public-Leasing sich als hervorragendes Instrument zur Wirtschaftsförderung erwiesen habe und deshalb für das Land O. in weitem Umfang zur Anwendung kommen solle. Insoweit verweist die Klägerin auf die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten vom … (Blatt 32 d. A.) und ein entsprechendes Schreiben des Ministers für Wirtschaft pp. vom … (Blatt 35/86 d. A.). Auch sei eine entsprechende Änderung der Gemeindeordnung geplant.
Im Verlauf des Klageverfahrens ergingen Änderungsbescheide zur Körperschaft-steuer 1998 (Bescheid vom …) und zum Gewerbesteuermessbetrag 1998. Sowohl die Körperschaftsteuer als auch der Gewerbesteuermessbetrag wurden auf … DM/EUR festgesetzt. Die Vorbehalte der Nachprüfung wurden aufgehoben. Gegen die Änderungsbescheide legte die Klägerin ebenfalls Einspruch ein. Auch diese Einsprüche ruhten bisher im Hinblick auf das vorliegende Klageverfahren.
Im unmittelbaren Vorfeld zur und in der mündlichen Verhandlung ist die einschlägige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – zur Entscheidung über Steuerbefreiungen nur innerhalb der jeweiligen Steuerfestsetzungsverfahren erörtert worden. Die Beteiligten haben dabei zu einer einheitlichen Auslegung der Anträge und Entscheidungen gefunden und den vorliegenden Rechtsstreit auf die Entscheidung über den Anspruch der Klägerin auf Steuerbefreiung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG begrenzt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und die Abtrennung der Verfahren, die nicht die Körperschaftsteuer 1994 bis 1998 betreffen, verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
die Ablehnungsentscheidung vom …, hinsichtlich der Körperschaftsteuer 1994 bis 1997, geändert durch die Bescheide vom …, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … und den Bescheid über Körperschaftsteuer 1998 vom … aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, wegen der Steuerbefreiung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG Freistellungsbescheide zur Körperschaftsteuer 1994 bis 1998 zu erlassen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte hält an seiner Rechtsauffassung fest, dass die Schädlichkeit der Durchführung des Public-Leasing für die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG im wesentlichen darauf zurückzuführen sei, dass die Klägerin die verleasten Gebäude zuvor entsprechend den individuellen Wünschen und Anforderungen der Leasingnehmer errichte. Eine derartige Tätigkeit sei in dem abschließenden Tätigkeitskatalog des BMF-Schreibens nicht enthalten. Selbst wenn man die Auffassung vertrete, dass der Katalog des BMF-Schreibens nicht abschließend sei, sei doch offensichtlich, dass die dort aufgeführten Tätigkeiten die eines Moderators bei der Industrieansiedlung seien. Darüber gehe die Funktion der Klägerin als Leasinggeberin weit hinaus.
Gründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klägerin ist nicht durch die Ablehnung der Erteilung von Freistellungsbescheiden und der Aufhebung der noch nicht bestandskräftigen Körperschaftsteuerbescheide 1994 bis 1998 in ihren Rechten verletzt (§ 101 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung–FGO–).
I. Gegenstand der Klage
Der Antrag der Klägerin vom … zielte auf die Aufhebung der bis dahin ergangenen Bescheide über Körperschaftsteuer 1994 bis 1998. Das ergibt sich bereits daraus, dass kein eigenständiges Verfahren über die Feststellung einer Steuerbefreiung vom Gesetzgeber eingeführt worden ist. Über das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung und gegebenenfalls ihren Umfang ist daher stets im Veranlagungsverfahren für die jeweilige Steuer und den jeweiligen Veranlagungszeitraum zu entscheiden (vgl. BFH-Urteil vom 10.1.1992 III R 201/90, BFHE 167, 470, BStBl II 1992, 684). Die Entscheidung erfolgt, wenn Streit über die Frage der Steuerbefreiung entsteht, im Rahmen des Festsetzungsverfahrens entweder durch einen Steuerbescheid – gegebenenfalls auf null EUR lautend – oder durch einen Steuerfreistellungsbescheid.
Das führt dazu, dass die im Verlauf des Einspruchsverfahrens ergangenen Steuerbescheide als Bescheide, die die angefochtene Ablehnung vom … ersetzten, gemäß § 365 Abs. 3 der Abgabenordnung – AO – zum Gegenstand der anhängigen Einspruchsverfahren geworden sind. Über sie ist einheitlich mit der Einspruchsentscheidung entschieden worden.
Dagegen richtete sich die Klage ursprünglich. Hinsichtlich der Körperschaftsteuer 1998 hat sich der Klagegegenstand durch Erlass des Änderungsbescheides im Verlauf des Prozessverfahrens geändert. Der Änderungsbescheid ist gemäß § 68 FGO insoweit zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden.
II. Zulässigkeit der Klage
Der Zulässigkeit der Klage steht zunächst nicht § 44 FGO entgegen. Ein Vorverfahren zu der hier allein streitigen Frage des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG hat stattgefunden. Ungeachtet der Frage, ob die Beteiligten zutreffend erkannt hatten, dass die Änderungsbescheide zur Körperschaftsteuer vom … nach § 365 AO zum Gegenstand des anhängigen Einspruchsverfahren geworden sind, ist das Verfahren – bei dem ohnehin wegen der Festsetzungen der Körperschaftsteuer auf … DM/EUR nur die Frage der Steuerbefreiung streitbefangen sein konnte – durch die Einspruchsentscheidung vom … abgeschlossen worden.
Es kann dahinstehen, ob diese gegenüber der Klägerin ergangene Einspruchsentscheidung wirksam geworden ist, da nach herrschender Meinung (vgl. z. B. Tipke/Kruse, AO/FGO, § 44 FGO Rdnr. 8; Gräber, FGO, § 44 Rdnr. 9 m. w. N.), der sich der erkennende Senat anschließt, auch eine unwirksame Einspruchsentscheidung, die allerdings gegenüber der Klägerin ergangen sein muss (vgl. BFH-Urteil vom 21.1.1993 V R 59/88, BFH/NV 1994, 41), zur Zulässigkeit der Klage nach § 44 FGO führt.
Die Klage ist auch nicht wegen fehlender Rechtsverletzung nach § 40 Abs. 2 FGO unzulässig. Die Klägerin ist durch die auf … DM/ EUR lautenden Bescheide beschwert. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass es in Fällen wie dem Streitfall für die Darlegung einer Rechtsverletzung – Beschwer – ausreicht, dass die Klägerin geltend macht, sie sei von der Körperschaftsteuer befreit und durch den auf … DM/EUR lautenden Körperschaftsteuerbescheid sei zu Unrecht ihre Körperschaftsteuerpflicht bejaht worden (vgl. BFH-Urteil vom 13.7.1994 I R 5/93, BFHE 175, 484, BStBl II 1995, 134 m. w. N.; BFH-Urteil vom 21.10.1999 I R 14/98, BFH/NV 2000, 661 zu § 5 Abs. 1 Nr. 17 KStG).
III. Begründetheit
Der Beklagte hat zu Recht die Aufhebung der Körperschaftsteuerbescheide 1994 bis 1998 und den Erlass der begehrten Steuerfreistellungsbescheide im Sinne des § 155 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung–AO– abgelehnt.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erlass derartiger Freistellungsbescheide. Sie erfüllt nicht die insoweit allein streitigen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG sind Wirtschaftsförderungsgesellschaften von der Körperschaftsteuer befreit, wenn sich deren Tätigkeit auf die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Struktur einer bestimmten Region
1. durch Förderung der Wirtschaft, insbesondere durch Industrieansiedlung, Beschaffung neuer Arbeitsplätze und die Sanierung von Altlasten beschränkt,
2. an ihnen überwiegend Gebietskörperschaften beteiligt sind und
3. das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse nur zur Erreichung der unter 1. genannten Zwecke verwendet werden.
Danach ist die Klägerin nicht von der Körperschaftsteuer befreit, weil sich ihre Tätigkeit nicht auf eine Förderung der Wirtschaft beschränkt, sondern insbesondere die in allen betroffenen Veranlagungszeiträumen vorgenommenen Aktivitäten im Bereich des Public-Leasing einen eigenen Wirtschaftsbetrieb darstellen, der den Bereich der Förderung übersteigt.
Nach Überzeugung des Senats kann eine am Zweck des § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG orientierte Interpretation nur zu dem Ergebnis führen, dass wirtschaftliche Betätigungen nicht mehr unter die „auf Förderung der Wirtschaft beschränkten Tätigkeiten” subsumiert werden können, wenn die Wirtschaftsförderungsgesellschaft dadurch über das zur Aufgabenerfüllung erforderliche Maß wirtschaftlich tätig wird und dadurch in Konkurrenz zu Gewerbetreibenden tritt.
Das ergibt sich nach Überzeugung des erkennenden Senats aus dem Konzept der Wettbewerbsneutralität des Körperschaftsteuergesetzes, dem bei der Auslegung von Steuerbefreiungs- und Steuerermäßigungsnormen Rechnung zu tragen ist (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 11.2.1998 I R 96/97, BFHE 186, 17; BStBl II 1998, 576 zu § 5 Abs. 1 Nr. 14 KStG; BFH-Urteil vom 15.12.1993, X R 115/91, BStBl II 1994, 314 m. w. N.; ebenso zu § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG: Oppermann, Steuerbefreiung für Wirtschaftsförderungsgesellschaften (§ 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG), Der Betrieb – DB – 1994, 1489).
Die Wettbewerbsneutralität des Steuergesetzes ist bereits verfassungsrechtlich vorgegeben. So entspricht es der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – dass es zur Rechtfertigung eines staatlichen Eingriffs in den Wettbewerb durch Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) eines hinreichenden sachlichen Grundes bedarf (vgl. Beschluss des BVerfG vom 26.10.1976 1 BvR 191/74, BVerfGE 43, 58, 70, NJW 1977, 1101, zur notwendigen Neutralität des Umsatzsteuergesetzes).
Diese seit Inkrafttreten des Grundgesetzes verfassungsrechtlich vorgegebene Wettbewerbsneutralität des Steuerrechtes entspricht aber auch der früheren Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs – RFH -. Bereits der RFH hatte es als Gebot der steuerlichen Gerechtigkeit herausgestellt, dass Steuersubjekte, die miteinander in Wettbewerb stehen, möglichst gleich besteuert werden sollen (RFH-Urteil vom 6.6.1928 I A 192/27, RFHE 23, 309); der Gesichtspunkt der Wettbewerbsneutralität der Besteuerung sei „streng zu handhaben” (RFH-Urteile vom 23.10.1937 VIa 70/37, RStBl 1937, 1160; vom 27.11.1937 VIa 1/37, 2/37, RFHE 42, 303, RStBl 1938, 35; ebenso BFH-Urteil vom 10.5.1955 I 173/53 U,BFHE 60, 464, BStBl III 1955, 177). Diese Rechtsprechung findet ihre Fortsetzung in der Rechtsprechung des BFH, der die Literatur weitgehend folgt. Durch die steuerliche Begünstigung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes sollen weder Wettbewerber verdrängt noch sollen Marktzutrittsschranken errichtet werden. In letzterer Hinsicht ist auch der potentielle Wettbewerb geschützt (vgl. BFH-Urteile vom 13.8.1986 II R 246/81, BFHE 147, 299, BStBl II 1986, 831; vom 23.11.1988 I R 11/88, BFHE 155, 461, BStBl II 1989, 391; Scholtz in Koch/Scholtz, AO 5. Aufl. 1996, § 65 Rdnr. 9; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 65 AO Rdnr. 4; Hüttemann, Wirtschaftliche Betätigung und steuerliche Gemeinnützigkeit, S. 180).
Der Gedanke der Neutralität des Steuerrechts kommt im Bereich des Körperschaftsteuerrechtes z. B. in § 4 oder in § 5 Abs. 1 Nr. 5, 7, 9 KStG zum Ausdruck. Diese Vorschriften verweisen über die §§14, 64 AO auf § 65 AO, in dem der so genannte Zweckbetrieb geregelt ist.
§ 65 AO will die Steuervergünstigung für bestimmte wirtschaftliche Geschäftsbetriebe erhalten, die unmittelbar und ausschließlich ideellen Zwecken dienen. Ein Zweckbetrieb setzt insbesondere voraus, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nichtbegünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO). Die Bestimmung regelt den Ausgleich zwischen der Förderung des Allgemeinwohls und der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechts (Gutachten der Unabhängigen Sachverständigenkommission zur Prüfung des Gemeinnützigkeits- und Spendenrechts, Schriftenreihe des Bundesministers der Finanzen Heft 40, 1988, Sondervotum S. 404 ff.; s. ferner Isensee, Festschrift für Dürig, 1990, S. 33, 57 ff.), S. 159 f., 167 f.).
Der Senat sieht sich mit seiner Auslegung im wesentlichen in Übereinstimmung mit der Interpretation des § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG durch das BMF. Auch wenn dies nicht ausdrücklich aufgedeckt wird, scheint der Gedanke der Wettbewerbsneutralität auch dem BMF-Schreiben vom 4.1.1996 zu Grunde zu liegen. Wenn das BMF ausführt: „Die Tätigkeit darf nicht über den für die Zweckverwirklichung sachlich gebotenen Umfang hinausgehen, insbesondere darf sie nicht den Umfang einer laufenden Unternehmensberatung annehmen.” (unter II.), oder dass die „Vermietung oder Verpachtung von Geschäfts- und Gewerberäumen an Existenzgründer für einen beschränkten Zeitraum bis zu fünf Jahren” unschädlich sei oder die Förderung von Beschäftigung ohne die eigenständige Betätigung in Beschäftigungsgesellschaften unschädlich sei (unter II. 8./10.), grenzt das BMF die Bereiche aus der Privilegierung aus, bei denen eine Wettbewerbssituation auf Grund eigenwirtschaftlicher Betätigung eintreten könnte. Die gedankliche Quelle dieser Einschränkungen wird aus Überzeugung des Senats nur deshalb nicht aufgedeckt, weil das BMF mit dem eigenen Konzept unter II. 7. selbst bricht und dort Handlungsweisen in den Bereich der Privilegierung aufnehmen will, die dem gewerblichen Grundstückshandel zumindest sehr ähnlich sehen. Insofern hat Oppermann a. a. O. unter II. 2. am Ende zutreffend den Erwerb und die Weiterveräußerung von Grundstücken nicht innerhalb des Privilegierungsspektrums gesehen.
Der Senat sieht sich außerdem mit seiner Interpretation im wesentlichen in Übereinstimmung mit dem einschlägigen Schrifttum. So führt Oppermann a. a. O. die entsprechende Begrenzung des Privilegierungsbereiches ausdrücklich auf den Gedanken der Wettbewerbsneutralität zurück. Bott führt in dem Kommentar von Ernst & Young, KStG, § 5 Rdnr. 803 ausdrücklich aus, dass die begünstigten Betätigungen nicht zu eigenwirtschaftlichen Aktivitäten führen dürfen. Augsten hält mehr als die allgemeine Aufbereitung und Erschließung eines Grundstücks für schädlich, ebenso das hier streitbefangene Leasing (Lademann, KStG, § 5 Rdnr. 427 am Ende, 429).
Die Kommentatoren, die die wirtschaftliche Betätigung nicht ausdrücklich als schädlich für die Gewährung der Privilegierung nach § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG ansehen, vertreten zumindest keine mit der vorliegenden Lösung unvereinbaren Konzepte. So sieht Frotscher die Beschaffung und Veräußerung von Grundstücken in der Grenzzone zwischen steuerunschädlicher Förderungstätigkeit und schädlicher wirtschaftlicher Tätigkeit (Frotscher, KStG, § 5 Rdnr. 112a). Jost (in Dötsch/ Eversberg/ Jost/ Witt, Die Körperschaftsteuer, § 5 Rdnr. 101 k) führt aus, dass nur diejenigen wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, die sich im Rahmen der ausdrücklichen gesetzlichen Zielsetzung halten, zulässig seien und verweist insoweit auf die Ausführungen von Oppermann.
Der Senat sieht sich mit seiner Rechtsprechung weiterhin in einer inhaltlichen Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zum drittschützenden Charakter des § 107 der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen –OVG Münster – Beschluss vom 13.8.2003 Az. 15 B 1137/03, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht – NVwZ – 2003, 1520). Insbesondere im Hinblick auf die Tatsache, dass § 107 Abs. 2 Nr. 3 Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen die Wirtschaftsförderung von den generellen Begrenzungen der wirtschaftlichen Betätigung von Gemeinden ausnimmt, kommt der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechtes insoweit überragende Bedeutung zu.
Die gefundene Auslegung steht auch nicht im Widerspruch zum Wortlaut des Gesetzes.
§ 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG begünstigt seinem Wortlaut nach Tätigkeiten, die sich darauf „beschränken”, d. h. ausschließlich darauf abzielen, die soziale und wirtschaftliche Struktur einer Region durch Förderung der Wirtschaft zu verbessern. „Förderung der Wirtschaft” setzt ein zweckgerichteten Handel mit dem Ziel der selektiven unternehmensbezogenen Förderung abgrenzbarer wirtschaftlicher Verhaltensweisen voraus (vgl. BFH-Urteil vom 26.2.2003 I R 49/01, BStBl II 2003, 723, unter Bezugnahme auf Gabler, Wirtschaftslexikon, 15. Aufl., Stichwort: Wirtschaftsförderung). „Förderung” bedeutet dabei so viel wie Hilfe, Protektion oder Unterstützung (Duden, Das Bedeutungswörterbuch, 3. Aufl., 2002).
Wenn man die im Gesetzestext ausdrücklich als Beispiele der Förderung der Wirtschaft erwähnten Fälle der Industrieansiedlung, der Beschaffung neuer Arbeitsplätze und der Sanierung von Altlasten heranzieht, dann erfasst der Wortlaut des Gesetzes alle unmittelbar auf die Unterstützung z. B. der Industrieansiedlung gerichteten Aktivitäten von Wirtschaftsförderungsgesellschaften. Ein ausdrücklicher Ausschluss eigenwirtschaftlicher Tätigkeiten ist im Gesetzeswortlaut ebenso wenig festzustellen (ebenso Augsten in Lademann, KStG, § 5 Rdnr. 427) wie deren Zulässigkeit (vgl. die oben dargestellten Auslegungen durch das BMF und die Literatur). Dabei ergibt sich auch kein anderes Ergebnis, wenn man mit dem BFH dem Wort „insbesondere” als Modaladverb die Funktion zuweist, den Grad und das Maß der aufgezählten Förderungsmaßnahmen bzw. -ziele im Verhältnis zur Gesamtheit der von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft vorgenommenen Maßnahmen zu bestimmen (vgl. BFH, BFH/NV 2000, 661 zu § 5 Abs. 1 Nr. 17 KStG).
Es besteht auch kein Widerspruch zu den Ergebnissen, die sich aus einer insbesondere den Bedeutungszusammenhang der streitbefangenen Vorschrift berücksichtigenden Auslegung ergeben.
Auch eine kontextorientierte Interpretation der Vorschrift führt nicht einem eindeutigen Ergebnis. Die Tatsache, dass in § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG anders als z. B. in § 5 Abs. 1 Nrn. 5, 7, 9 KStG keine Regelungen für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe enthalten sind, kann sowohl bedeuten, dass wirtschaftliche Geschäftsbetriebe für die Befreiung unschädlich sind und in den steuerfreien Bereich fallen (so z. B. Jost in Dötsch/ Eversberg/ Jost/ Witt, Die Körperschaftsteuer, § 5 KStG Rdnr. 101k), als auch, dass in der Regel wirtschaftliche Geschäftsbetriebe zum Verlust der Steuerbefreiung führen (so z. B. Oppermann a. a. O.).
Auch ein Vergleich mit der ähnlich strukturierten Regelung in § 5 Abs. 1 Nr. 17 KStG und der dazu ergangenen BFH-Rechtsprechung führt nicht zu einem eindeutigen Ergebnis. § 5 Abs. 1 Nr. 17 KStG regelt exakt umrissene Förderungsmaßnahmen im Bereich der Finanzierungshilfen für einen besonders förderungsbedürftigen Adressatenkreis – mittelständische Unternehmen -. Es liegt also ein sachgesetzlicher Grund im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für diese besondere Privilegierung und damit ein Abweichen von der Wettbewerbsneutralität des Steuerrechtes vor. Damit unterscheidet sich diese Vorschrift grundlegend von dem hier streitbefangenen § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG, der generell die Wirtschaftsförderung privilegiert, also auch die Förderung der Großindustrie. So kann exemplarisch im Streitzeitraum die Förderung der Ansiedlung von weltweit agierenden Konzernen durch die Klägerin festgestellt werden.
Die vom Bundesfinanzhof (BFH/NV 2000, 661) entschiedene Frage, ob die privilegierten Tätigkeiten in besonderem Maße – d. h. überwiegend – oder ausschließlich durchgeführt werden müssen, spielt für den Streitfall keine Rolle. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der besondere Schwerpunkt der Betätigung der Klägerin im Bereich des Public-Leasing liegt. Wenn diese Tätigkeit als dem Grunde nach schädlich für die Privilegierung angesehen wird, führte dies daher in Übereinstimmung mit der zitierten Rechtsprechung zur Verneinung des Anspruchs auf Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG, ohne das hier geprüft werden müsste, ob die sehr ähnlichen Formulierungen in Nr. 17 und Nr. 18 der Vorschrift tatsächlich insoweit gleichförmig ausgelegt werden müssen.
Letztlich steht die vom erkennenden Senat vorgenommene Auslegung der Norm auch nicht in erkennbarem Widerspruch zu den Intentionen des Gesetzgebers. Die Gesetzgebungsgeschichte, wie sie sich aus der Gesetzesdokumentation des Deutschen Bundestages (Parlamentsarchiv Gesetzesdokumentation: Signatur XII/242), insbesondere den Bundestagsdrucksachen 12/4487, Seite 60/61, und 12/5016, S. 91, ergibt, enthält für die hier interessierende Frage, ob wirtschaftliche Aktivitäten bei der Förderung der Wirtschaft für die Frage der Gewährung der Steuerbefreiung schädlich sein sollen, keine klaren Hinweise. Allerdings wird die Steuerbefreiung damit begründet, dass die Förderung der Wirtschaft ein Gemeinwohlzweck sei. Die eigenständige Regelung wird damit begründet, dass an der bisherigen Anerkennung als gemeinnützige Körperschaften Zweifel aufgekommen seien, weil die Tätigkeit einer Wirtschaftsförderungsgesellschaft nur mittelbar der Allgemeinheit zugute komme und Zweifel an Selbstlosigkeit und Opferwilligkeit der Wirtschaftsförderungsgesellschaften bestünden. Dies könnte in dem Sinne verstanden werden, dass z. B. die Selbstlosigkeit im Sinne des § 55 AO im Gegensatz zur vorrangig eigenwirtschaftlichen Zielsetzung (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AO) nicht (mehr) Voraussetzung der Privilegierung sein soll. Andererseits ist offenkundiges Ziel des Gesetzgebers die Förderung der privaten Wirtschaft und nicht deren Bekämpfung durch privilegierte Konkurrenz öffentlicher Gesellschaften. Eine klar erkennbare, eindeutige Aussage des Gesetzgebers zu den Grenzen der Privilegierung kann daher nicht festgestellt werden.
Die Betätigung der Klägerin beinhaltet neben unbestritten für die Steuerbefreiung unschädlichen Leistungen insbesondere das hier im Kern umstrittene Public-Leasing. Es handelt sich dabei um einen absoluten Schwerpunkt der Betätigungen der Klägerin. Das Public-Leasing ist deshalb im Gesellschaftsvertrag … als Unternehmensgegenstand besonders erwähnt. Die in den Bilanzen der Streitjahre ausgewiesenen Bilanzsummen entfallen zu mindestens ca 85% (1997), im Extremfall zu ca. 98% (1994) auf entsprechende Verträge. In der aktuellen Internetpräsentation weist die Klägerin auf einen Bestand an Public-Leasing-Verträgen im Umfang von ca. … EUR bei einer Bilanzsumme von ca. … EUR hin.
Es handelt sich bei der Betätigung der Klägerin in diesem Bereich um eine wirtschaftliche Betätigung, mit der die Klägerin in Konkurrenz zu einer Vielzahl von Wirtschaftsteilnehmern tritt.
Die Betätigungen der Klägerin im Bereich des Public-Leasing stellt einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 AO dar. Es liegen nachhaltige Tätigkeiten vor, durch die die Klägerin erhebliche Einnahmen erzielt hat. Insofern wird auf die in den Jahresabschlüssen dargestellten Einnahmen im Zusammenhang mit dem Public-Leasing verwiesen, die in den Streitjahren 1994 bis 1996 ungefähr ein Volumen von … bis … DM bei Erlösen zwischen … und … DM hatten. In den Streitjahren 1997 und 1998 resultierten bei Erlösen von ca. …/… DM Erträge i. H. v. ca. …/ … unmittelbar aus dem Leasinggeschäft, Erträge von ca. … /… aus den unechten Pensionsgeschäften.
Die Klägerin ist mit diesen Aktivitäten auch in Konkurrenz zu privaten Anbietern getreten.
So führt die Klägerin selbst aus, dass sie für die potenziellen Investoren Grundstücke erwerbe und darauf Betriebsgebäude nach deren Wünschen und Vorstellungen errichte. Dabei übernehme sie das komplette Finanzmanagement. Die Klägerin betont in ihrer Selbstdarstellung insbesondere, dass für die Vorbereitung, Planung und Umsetzung eines Bauvorhabens Leistungen erforderlich seien, die gerade von kleineren und mittleren Unternehmen kaum in der erforderlichen Qualität zu erbringen seien. Mit dem Public-Leasing nutze der Investor die Kompetenz der Klägerin im Baumanagement.
Wie sich aus den bei den Akten befindlichen Unterlagen bezüglich der einzelnen Verträge ergibt, hat die Klägerin geeignete Grundstücke sowohl von öffentlichen Anbietern als auch von gewerblichen Anbietern erworben und dann an die Investoren im Wege des Public-Leasing weiter veräußert. Außerdem hat sie das Baumanagement und die gesamte Finanzierung für Erweiterungsbauten übernommen.
Damit trat die Klägerin in Konkurrenz z. B. zu Grundstücksmaklern, Generalunternehmern, Bauträgern, Finanzvermittlern, Banken und Sparkassen. Sie überschritt damit das für die Erreichung der Wirtschaftsförderung erforderliche Maß. Das ergibt sich bereits daraus, dass – laut eigenem Vortrag der Klägerin – das von ihr praktizierte Public-Leasing eine bundesweit einzigartige Gestaltung darstellt. Umfangreiche Recherchen des erkennenden Senats zu den Selbstdarstellungen anderer Wirtschaftsförderungsgesellschaften im Internet haben nicht zu abweichenden Feststellungen geführt.
Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es sich bei dem vorliegenden Public-Leasing-Verfahren auch um ein besonderes Subventionierungsverfahren im Rahmen der Standortkonkurrenz handelt. Es kann nicht im Interesse des Allgemeinwohls Deutschlands liegen, dass sich die einzelnen Städte oder Regionen mit Hilfe mehr oder minder subventionierter Ansiedlungsprogramme wechselseitig die potenziellen Investoren „abjagen”. Auch die Annahme, dass der Gesetzgeber das Wohl Deutschlands im Sinn hatte, bestätigt daher die Begrenzung der privilegierten Wirtschaftsförderung auf das zur Förderung der Wirtschaft erforderliche Maß.
Die Tatsache, dass die Klägerin in allen streitbefangenen Jahren neben unbestritten begünstigten Tätigkeiten schwerpunktmäßig auch die dargestellten nicht begünstigten Tätigkeiten ausgeübt hat, führt dazu, dass keine – auch keine teilweise – Steuerbefreiung beansprucht werden kann.
§ 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG sieht eine teilweise Steuerbefreiung nicht vor. Dies ergibt sich aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes und entspricht der Auslegung der Vorschrift durch den Bundesfinanzhof (BFH-Urteil vom 26.2.2003 I R 49/01, BStBl II 2003, 723) und die Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 4.1.1996, BStBl I 1996, 54 unter III. 1.). Es entspricht auch der wohl einhelligen Auffassung im Schrifttum (vgl. Frotscher, KStG, § 5 Rdnr. 112f; Dötsch/ Eversberg/ Jost/ Witt, Die Körperschaftsteuer, § 5 KStG Rdnr. 101q; Blümich, KStG, § 5 Rdnr. 265; Lademann, KStG, § 5 Rdnr. 440; Ernst & Young, KStG, § 5 Rdnr. 804). Der Senat schließt sich dieser ganz allgemein vertretenen Auffassung an.
In Anbetracht des gefundenen Ergebnisses kann der Senat im vorliegenden Verfahren offen lassen, ob die in den Streitjahren 1994 bis 1996 gegebene stille Gesellschaft, bei der die stille Gesellschafterin eine das Stammkapital der Klägerin weit übersteigende Einlage geleistet hat und bei der der stillen Gesellschafterin die Überschüsse aus dem operativen Geschäft in Form von Gewinnanteilen zugeflossen sind, ebenfalls einer Gewährung der Privilegierung nach § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG entgegensteht. Auch kann offen bleiben, seit wann die Klägerin zur langfristigen Vermietung von Gewerbeimmobilien übergegangen ist und ob ein derartiges Verhalten ebenfalls zum Verlust des Anspruchs auf Steuerbefreiung führt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Der Senat hat die Revision zugelassen, da seines Erachtens ein Fall von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO vorliegt. Die Frage der Abgrenzung des Privilegierungsbereiches des § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG betrifft eine große Zahl von Wirtschaftsförderungsgesellschaften. Die Frage ist bisher ungeklärt.