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  • 08.01.2010

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 21.09.2005 – 4 K 2253/04 VSt

    - Wird in einem Klärwerk sowohl zur Abtrennung der anorganischen Reststoffe (Faulung) und zentrifugalen Entwässerung (Dickschlamm mit einem Trockenstoffgehalt von 28 %) als auch zur weiteren Trocknung und Beförderung des Klärschlamms in die zur Stromerzeugung genutzte Verbrennungsanlage elektrische Energie eingesetzt, so unterfallen die der Stromerzeugung vorgeschalteten Stromentnahmen für die Brennstoffherstellung nicht der Stromsteuerbefreiung.


    - Dass diese Vorprozesse in der nämlichen Anlage stattfinden, ist aufgrund deren über die Stromerzeugung hinausgehenden Zweckrichtung unerheblich.


    - Bei der Abgrenzung zwischen Brennstoffherstellung und Stromerzeugung ist auf die vergleichbaren Verhältnisse eines Braunkohle-Wärmekraftwerks abzustellen, in dem ebenfalls Brennstoff mit einem Trockenstoffgehalt von 28 % - u. a. auch Dickschlamm - zum Einsatz kommt.


    - Die weitere (dampfenergetische) Trocknung des Dickschlamms und dessen Beförderung in die Verbrennungsanlage dient demgegenüber unmittelbar der Brennstoffversorgung und damit der Stromerzeugung im technischen Sinne.


    Tatbestand

    Die Klägerin wendet sich gegen einen Stromsteuerbescheid.

    Sie betreibt u.a. eine Kläranlage zur Abwasserreinigung und eine Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage (MKVA).

    Der in der Kläranlage anfallende Klärschlamm wird nach ersten Vorentwässerungen in Eindickern und Zentrifugen mit elektrischen Pumpen in einen der drei vorhandenen Faultürme mit je 9.300 m³ Inhalt gepumpt. Dort werden in ca. 20 Tagen durch Bakterien die organischen Bestandteile in Reststoffe wie Wasser und Klärgas (Biogas aus rd. 70 % Methan und 30 % CO2) zersetzt. Der Antrieb der in den Faultürmen vorgenommenen Umwälzung erfolgt mit Elektromotoren. Das Klärgas wird nach Reinigung in der MKVA „thermisch verwertet”, d.h. in den Brennern der Rauchgasreinigungsanlage und eines Kessels sowie im Hilfsdampferzeuger verwendet.

    Der ausgefaulte Klärschlamm (70 % anorganische Reststoffe) wird mit elektrisch betriebenen Pumpen zu Hochleistungszentrifugen befördert und dort bis auf rund 28 % Trockensubstanz entwässert. Anschließend wird dieser Dickschlamm in einem mit Dampf aus der MKVA beheizten Scheibentrockner so weit getrocknet, bis er als Granulat in zwei Silos zwischengelagert werden kann. Für den Transport durch den Trockner wird elektrische Energie eingesetzt. Vom Trockner wird das Granulat pneumatisch in die MKVA befördert und zusammen mit dem Müll bei Temperaturen zwischen 850 - 1.100°C verbrannt. Die pneumatische Förderung geschieht über elektrisch betriebene Luftverdichter.

    Auf Anordnung des Beklagten fand bei der Klägerin durch sein Sachgebiet Prüfungsdienste eine Außenprüfung für die Stromsteuer des Zeitraums vom 01.01.2001 bis zum 30.06.2002 statt, die mit Prüfungsbericht vom 13.01.2003, Nr. ......., abgeschlossen wurde. In dem Bericht stellte der Prüfungsbeamte unter Tz. 3.6.4 fest, dass sich die Stromsteuerfreiheit nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Stromsteuergesetzes - StromStG - in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Nr. 1 der Stromsteuer-Durchführungsverordnung - StromStV - nur auf die Stromentnahmen für Neben- und Hilfsanlagen erstrecke, die dem Eigenverbrauch der Stromerzeugungseinheit gedient hätten. Sie erstrecke sich nicht auf den gesamten Eigenverbrauch der MKVA, sondern nur auf den Bereich, der für die Stromerzeugung im technischen Sinn benötigt werde. Damit würden nur die Neben- und Hilfsanlagen zur Brennstoffzufuhr, nicht aber die Brennstoffproduktion und die Brennstoffvorbereitung von der Steuerbegünstigung erfasst. Nicht begünstigt seien daher die Faulung und Klärschlammtrocknung.

    Hierfür seien (für die Pumpen, bei der Umwälzung und bei der pneumatischen Förderung) folgende Strommengen angefallen, die bislang zu Unrecht steuerfrei behandelt worden seien:

    Zeitraum Strommenge Steuersatz Stromsteuer
    01.04.-31.12.1999 5.393,250 MWh 4,00 DM/MWh 21.573,00 DM
    01.01.-14.02.2000 1.107,145 MWh 4,00 DM/MWh 4.428,48 DM
    15.02.-31.12.2000 7.005,105 MWh 5,00 DM/MWh 35.025,52 DM
    01.01.-31.12.2001 8.415,260 MWh 6,00 DM/MWh 50.491,56 DM


    In ihrer Stellungnahme zum Prüfungsbericht führte die Klägerin aus, die Kläranlage erzeuge in Form des Klärschlamms einen zu beseitigenden Abfall, der nicht zur Verwertung geeignet sei und deshalb verbrannt werden müsse. Die Entsorgung in der MKVA bedürfe nach langjährigen Untersuchungen als Vorbereitung und Versorgung einer Trocknung, zu der der Strom benötigt werde. Dieser sei nach der StromStV steuerfrei.

    Auch der Stromverbrauch im Bereich der „Faulung und Klärschlammtrocknung” sei nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG steuerbefreit. Strom zur Stromerzeugung sei nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV der zur Erzeugung von Strom in Neben- und Hilfsanlagen einer Stromerzeugungseinheit verbrauchte Strom. Die Aufzählung in dieser Vorschrift sei nicht abschließend. Insbesondere sei auch die Brennstoffversorgung begünstigt. Diese umfasse nicht nur die Brennstoffzufuhr, sondern auch die Brennstoffvorbereitung. Das gelte insbesondere dann, wenn sich der Brennstoff auf dem Betriebsgelände der Stromerzeugungsanlage befinde und nur für seine unmittelbare Verwendung vorbereitet werde.

    Der Beklagte schloss sich, nachdem er zuvor eine Weisung der Oberfinanzdirektion eingeholt hatte, den Ausführungen im Prüfungsbericht an und forderte, bezugnehmend auf Tz. 3.6.4 des Prüfungsberichts, von der Klägerin mit Steuerbescheid vom 18.06.2003 Stromsteuer von 57.018,58 EUR (111.518,66 DM) an, da der im Bereich der Faulung und Klärschlammtrocknung verwendete Strom nicht als Verbrauch in einer Neben- oder Hilfsanlage der Stromerzeugung anzusehen sei. Der zur Herstellung des Klärschlammgranulats und des Klärgases eingesetzte Strom diene nicht der Stromerzeugung. Vielmehr sei das Klärwerk eine eigenständige Anlage, die der Abwasserreinigung diene.

    Dagegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein und trug zur Begründung vor, Klärschlammfaulung und Klärschlammtrocknung seien keine Bestandteile des Klärwerks. Dessen Aufgabe ende spätestens mit der Bereitstellung von eingedicktem Klärschlamm am Eingang der Faultürme. Die anschließende Behandlung des Schlamms in Faultürmen und zur Trocknung diene der Brennstoffvorbereitung in der MKVA, die ihrerseits eine Strom erzeugende Anlage sei.

    Das ergebe sich auch aus dem Abwasser- und Abfallrecht. Klärschlamm unterliege nicht dem Abwasserrecht, sondern dem Abfallrecht.

    Die Klärschlammtrocknung und -verbrennung gehöre zum Energieerzeugungsprozess auch der Kraftwerke, die keinen Bezug zur Kläranlage hätten.

    Soweit § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV den § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG präzisiere, handele es sich nicht um eine abschließende, sondern nur um eine beispielhafte Aufzählung der begünstigten Neben- und Hilfsanlagen. Deren Steuerfreistellung diene nur dazu, eine Doppelbelastung mit der Stromsteuer für den erzeugten Strom und für den zur Erzeugung verwendeten Strom zu vermeiden. Schon aus der Gesetzesbegründung werde die weite Steuerfreistellung deutlich, die beispielsweise auch Pumpspeicherwerke steuerfrei stelle. Wenn schon Strom steuerfrei sei, der der Schaffung eines neuen Energieträgers, höher gelegenen Wassers, diene, müsse auch der Strom steuerfrei sein, der nur der Brennstoffversorgung eines von außerhalb angelieferten Energieträgers diene.

    Auch stelle § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG einen Sonderfall des Herstellerprivilegs dar. Dies rechtfertige, wie schon § 3 der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes - MinöStV - im Verhältnis zu § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Mineralölsteuergesetzes - MinöStG - zeige, eine weite Anwendung.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 18.03.2004 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück, da § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV den Strom zum Betrieb von Stromerzeugungseinheiten von der Steuer nur in den Anlagen befreie, die den ordnungsgemäßen Betrieb einer solchen Stromerzeugungseinheit gewährleisteten. Keine Befreiung werde für Strom der Betriebseinrichtungen eines Kraftwerks gewährt, die nicht zur Stromerzeugung in technischer Hinsicht eingesetzt würden. Dies sei bei der Aufbereitung von Klärschlamm der Fall, denn diese Tätigkeit stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Abfallbeseitigung und nicht mit der Stromerzeugung. Die Faultürme und die Klärschlammtrocknung seien Nebenanlagen der Müllverbrennung. Hauptzweck der Gesamtanlage sei die Abfallbeseitigung und nicht die Stromerzeugung.

    In der Verwendung von Strom zur Klärschlammaufbereitung, der als Abfall verheizt werde, liege keine Doppelbesteuerung.

    Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und wiederholt ihre Argumentation aus dem Einspruchsverfahren. Ergänzend trägt sie vor, schon bei der Genehmigung der MKVA sei der Einsatz von Klärschlamm als Brennstoff vorgesehen gewesen. Auch sei in dieser Erlaubnis die Strom- und Wärmeerzeugung genehmigt worden. Der Anteil der Klärschlamm- und Faulgasmengen an der Stromproduktion habe 2002 und 2003 zwischen 5,5 und 6 % gelegen.

    Sowohl in den Faultürmen als auch in der Klärschlammtrocknung diene der Einsatz von Strom nur dem Brennstofftransport. Die benötigte Wärme werde durch Dampf geliefert, der aus der Verbrennung von Abfall einschließlich des Klärschlamms erzeugt werde. Der getrocknete Klärschlamm werde pneumatisch, d.h. mit Förderluft zur MKVA bewegt. Die Förderluft werde in mit Elektromotoren betriebenen Anlagen verdichtet. Der Einsatz von Strom für diese Pumpen und Maschinen unterscheide sich nicht von dem Stromeinsatz zum Betrieb der Kesselwasseraufbereitung und der Rauchgasreinigung. Beide Vorgänge hätten nur mittelbar mit der technischen Stromerzeugung zu tun. Seien aber schon diese Vorgänge nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV steuerbefreit, müsse dies erst recht für die Klärschlammaufbereitung gelten.

    Entgegen den Ausführungen des Beklagten diene der Klärschlammeinsatz nicht der Abfallbeseitigung. Auch beim Klärschlamm gelte der Vorrang der Verwertung vor der Beseitigung. Insoweit werde auf das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz verwiesen.

    Auch unterscheide sich die Trocknung des Klärschlamms sachlich nicht von der Mülltrocknung, die gleichfalls erfolgen müsse, bevor der Müll verbrannt werden könne. Die Mülltrocknung erfolge durch die Strahlungswärme des Feuerraumes.

    Würde man nur Transportleistungen für den Brennstoff begünstigen und dazu die stromverbrauchenden Aggregate zu den begünstigten Neben- und Hilfsanlagen einer Stromerzeugungseinheit ansehen, seien sämtliche Transportbewegungen des Klärschlamms auf dem Gelände der MKVA zu erfassen.

    Jeder Verbrennungsvorgang in Kraftwerken wie Braunkohlekraftwerken und Hausmüllverbrennungsanlagen bestehe aus der Trocknung, der Entgasung und der Vergasung. Diese Vorgänge müssten auch bei der Verbrennung von Klärschlamm begünstigt werden.

    Der zentrifugierte Klärschlamm habe bereits vor Beschickung des Trockners einen Trockensubstanzanteil von mindestens 30 % und erscheine deshalb als eine stichfeste Masse, die nur mit einer Schaufel oder einem Spaten bewegt werden könne. Derartiger Klärschlamm werde auch von reinen Kraftwerken als Brennstoff angenommen. In Braunkohlekraftwerken werde er wie die Braunkohle getrocknet und dem Verbrennungsvorgang zugeführt. Bei Braunkohlekraftwerken sei auch dieser Vorgang - ihren Informationen nach - steuerbefreit.

    Die Klägerin beantragt,

    den Steuerbescheid vom 18.06.2003 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.03.2004 hinsichtlich der Erhebung von 57.018,58 EUR (111.518,66 DM) Stromsteuer aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen,

    und verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt er aus, Ziel des Klärschlammeinsatzes sei die Abfallbeseitigung. Nach der Volumenreduzierung auf die anorganischen Restbestände müsse der Klärschlamm deponiert werden, wenn keine wirtschaftlich sinnvolle Verwertung mehr möglich sei. Dies zeige den Vorrang der Abfallbeseitigung vor der Brennstoffherstellung in Form von Faulgas und getrocknetem Klärschlamm.

    Begünstigt sei nur der Stromverbrauch, der zur Brennstoffversorgung der Stromerzeugungseinheit notwendig sei. Diese beinhalte aber nicht die Brennstoffproduktion.

    Auf Anfrage des Gerichts hat der Beklagte in Absprache mit der Klägerin ermittelt, welche Strommengen vom 01.04.1999 bis zum 31.12.2001 erforderlich waren, um das Klärschlammgranulat aus den Silos in die Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage zu befördern. Danach handelt es sich um folgende Mengen:

    Zeitraum Strommenge
    01.04.-31.12.1999 74,7 MWh
    01.01.-14.02.2000 0 MWh
    15.02.-1.12.2000 72,7 MWh
    01.01.-31.12.2001 765,0 MWh
    Summe: 912,4 MWh
    anteilige StromSt 5.252,22 DM


    Für den Transport des Dickschlamms durch den Trockner verbrauchte die Klägerin nach ihren – unbestrittenen - Angaben im Prüfungszeitraum 2.507,7 MWh Strom, für den 12.480,47 DM Stromsteuer nacherhoben worden sind.

    Gründe

    Die Klage ist nur zum Teil begründet.

    Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 18.06.2003 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18.03.2004 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit 9.066,58 EUR (17.732,69 DM) Stromsteuer erhoben worden sind. Im Übrigen ist die Stromsteuer zu Recht von der Klägerin angefordert worden. Daher ist der Bescheid nach § 100 Abs. 1 S.1 der Finanzgerichtsordnung - FGO – nur insoweit aufzuheben, als in ihm mehr als 47.952,01 EUR Stromsteuer festgesetzt worden sind.

    Die Klägerin hat den Strom, den sie für die Aufbereitung des Klärschlamms bis zur Herstellung des Dickschlamms benötigte, zu Unrecht nicht in ihren Stromsteueranmeldungen angemeldet.

    Von der Stromsteuer befreit ist nach § 9 Abs.1 Nr. 2 StromStG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV nämlich nur derjenige Strom, der zur Stromerzeugung in Neben- und Hilfsanlagen der Stromerzeugungseinheit im technischen Sinne verbraucht wird. Im Streitfall ist dies nur derjenige Strom, den die Klägerin für den Transport des Dickschlamms durch den Trockner und des dadurch getrockneten Klärschlammgranulats von den Silos in die MKVA benötigt.

    Nur der zur Stromerzeugung im technischen Sinne verbrauchte Strom ist von der Stromsteuer befreit. Diese Steuerbefreiung umfasst nicht jeglichen von Kraftwerken benötigten Strom. Ist Stromerzeugung nur einer von mehreren Zwecken einer Stromerzeugungsanlage, schließt die Befreiung nach den o.a Vorschriften denjenigen Stromverbrauch aus, der einem weiteren, von der Stromerzeugung zu unterscheidenden Zweck der zu beurteilenden Anlage dient.

    Im Streitfall ist nicht der gesamte Strom, der Gegenstand des angefochtenen Bescheids ist, steuerbefreit, denn die Aufbereitung des Klärschlamms dient nämlich nur mittelbar der Stromerzeugung, sondern vor allem auch der Abfallbeseitigung, hier in der Form der Klärschlammverbrennung.

    Der für die Abfallbeseitigung benötigte Strom wird nicht durch die genannten Vorschriften begünstigt. Der steuerbegünstigte, nämlich für die Stromerzeugung verwendete Strom ist daher nur durch einen Vergleich der hier zu beurteilenden Anlage der Klägerin mit einer vergleichbaren, allein der Stromerzeugung dienenden Anlage zu ermitteln. Als derartige Anlage ist nur ein Wärmekraftwerk denkbar. Nur der bei diesem Kraftwerk zur Stromerzeugung im technischen Sinne verbrauchte Strom kann steuerbegünstigt werden, nicht aber die vorgelagerten, der Brennstoffherstellung dienenden Tätigkeiten. Wenn sich auch aufgrund der Wahl des Brennstoffs die technische Ausgestaltung des Kraftwerks ergibt, ist sie doch nur eine Vorbedingung der späteren Verbrennung und Stromerzeugung. Damit muss eine Steuerbefreiung ausscheiden, soweit der Klärschlamm noch kein Brennstoff ist. Die Brennstoffherstellung als solche ist nämlich nicht begünstigt (s. Teichner in Teichner/Alexander/Reiche, MinöStG/ StromStG § 9 Rz. 5 zum Abbau von Kraftwerkskohle).

    Der Klärschlamm stellt erst nach dem Verlassen der Hochleistungszentrifugen Brennstoff dar, denn erst dann ist sein Wassergehalt bei einem Trockenstoffgehalt von ca. 28 % so gemindert, dass er verbrannt werden kann. Dass die Klägerin den Klärschlamm gleichwohl weiter trocknet, ist für den Umfang der steuerlichen Begünstigung unerheblich. Mit einem Trockenstoffgehalt von 28 % ist der Klärschlamm schon so weit aufbereitet, dass er mit einem Brennstoff eines Wärmekraftwerks, beispielsweise eines Braunkohlekraftwerks, verglichen werden kann. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass gerade auch in Braunkohlekraftwerken so getrockneter Klärschlamm mitverbrannt wird.

    Der Senat sieht keinen Grund, den Zeitpunkt der Herstellung eines Klärschlamms als Brennstoff auf das Erreichen eines Entwässerungsgrads vorzuverlegen, der gerade erforderlich ist, um überhaupt eine Verbrennung mit der Möglichkeit der Energiegewinnung zu ermöglichen, weil insoweit der Brennstoffherstellungsprozess noch nicht abgeschlossen ist. Hierfür spricht auch der von der Klägerin vorgetragene gerichtsbekannte Umstand, dass Klärschlamm in Braunkohlekraftwerken wie Braunkohle mitverbrannt wird. Gerade in diesen Fällen wird der Klärschlamm nicht nur bis zu einem Grad entwässert, der eine Verbrennung technisch gerade noch erlaubt, sondern bis zu einem Grad, der dem von Braunkohle entspricht. Erst von da an ist er mit dem Brennstoff eines hauptsächlich der Stromerzeugung dienenden Kraftwerks vergleichbar.

    Diese Auslegung des § 9 Abs.1 Nr. 2 StromStG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV hat zur Folge, dass der Strom, den die Klägerin für den Transport des Klärschlamms durch den Trockner und weiter für den Transport von den Silos des Klärschlammgranulats in die MKVA entnimmt, Strom zur Stromerzeugung ist.

    Mit dem für den Transport durch die Trockner entnommenen Strom wird nämlich der Brennstoff nicht mehr erzeugt, sondern nur noch weiter aufbereitet.

    Der für den Transport von den Silos in der MKVA entnommene Strom dient der Brennstoffversorgung, nämlich der unmittelbaren Zuführung des Brennstoffs in die MKVA.

    Eine andere Auslegung der Stromentnahme zur Stromerzeugung in § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG ist auch nicht unter Berücksichtigung des Lenkungszwecks des StromStG geboten. Die mit diesem Gesetz beabsichtigte Verteuerung des Energieverbrauchs, mit der Anreize zur Energieeinsparung geboten und damit günstige Umwelteffekte erzielt werden sollten (BVerfG Urteil v. 20. April 2004, 1 BvR 1748/89 und 905/00, C. II. 3., BverfGE 110, 274 ff., 292 f.), erfordert nicht, die Stromentnahme für Anlagen, die der Stromerzeugung vorgeschaltet sind und damit anderen Zwecken als der Stromerzeugung dienen, zu begünstigen.

    Die von diesem Ergebnis abweichende Argumentation der Klägerin kann nicht überzeugen.

    Bei der Feststellung einer Stromentnahme zur Stromerzeugung kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit Vorprozesse wie Klärschlammfaulung und Klärschlammtrocknung Bestandteile des Klärwerks sind, weil es nicht auf die Verhältnisse des Klärwerks, sondern auf den Vergleich der gesamten MKVA mit einem Wärmekraftwerk unabhängig vom konkreten Brennstoffeinsatz ankommt. Insoweit spielen auch Abwasser- und Abfallrecht keine Rolle.

    Das gesetzgeberische Ziel, mit § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG eine stromsteuerrechtliche Doppelbelastung der Kraftwerksbetreiber zu vermeiden, ist durch die gesetzeskonforme Fassung des § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV nur für die Stromerzeugung im technischen Sinn verwirklicht worden. Die darin zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Zielsetzung war nicht so umfassend, dass jeder mit einer Stromerzeugung in irgendeiner Kausalkette stehende frühere Stromeinsatz begünstigt werden sollte.

    Auch ergibt sich aus der ausdrücklichen Regelung der Begünstigung von Pumpspeicherkraftwerken in § 12 Abs. 1 Nr. 2 StromStG als kraftwerkstechnischem Sonderfall nicht, dass auch die Brennstofferzeugung schlechthin zu begünstigen ist, wie die Klägerin meint.

    Auch wenn § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG Stromhersteller steuerlich privilegiert, folgt daraus keine umfassende Steuerbefreiung für Hersteller. Es gibt keinen Rechtssatz höherrangigen Rechts, Herstellerprivilegien weit und umfassend zu gewähren. Vielmehr stellt ein Herstellerprivileg eine steuerliche Ausnahme dar, die grundsätzlich eher eng auszulegen ist. Sie erfordert es keinesfalls, den Betrieb von Anlagen, die erst der Brennstoffherstellung, hier der Klärschlammzubereitung zu Brennstoff dienen, zu begünstigen, wenn das Herstellerprivileg nur für die Stromerzeugung vorgesehen ist.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 S.1 FGO.

    Die Zulassung der Revision ergibt sich aus § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, da der Frage, wann Verbrauch von Strom zur Stromerzeugung bei der gleichzeitigen Verfolgung anderer Zwecke in der nämlichen Anlage steuerbegünstigt ist, grundsätzliche Bedeutung zukommt.

    VorschriftenStromStG § 9 Abs. 1 Nr. 2, StromStV § 12 Abs. 1 Nr. 1