08.01.2010
Hessisches Finanzgericht: Urteil vom 18.03.2004 – 4 K 3575/00
1. Bei der Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme zur Bildung einer Rückstellung sind wirtschaftlich noch nicht entstandene Rückgriffsansprüche gegen Dritte zur Kompensation einer ungewissen Verbindlichkeit heranzuziehen, wenn sie in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der drohenden Inanspruchnahme stehen, sie in rechtlich verbindlicher Weise der Entstehung oder Erfüllung der Verbindlichkeit zwangsläufig nachfolgen und sie vollwertig sind, d.h. vom Rückgriffsschuldner nicht bestritten werden.
2. Ist ein kommunaler Betrieb gewerblicher Art (Eigenbetrieb) an eine Beamtenversorgungskasse angeschlossen, die die Pensionsverpflichtungen gegenüber den Beamten übernimmt, ist keine Rückstellung wegen künftiger Beamtenversorgungsverpflichtungen zu bilden.
3. Eine Rückstellung für mögliche Beihilfeverpflichtungen ist nicht zu bilden, wenn die Beamtenversorgungskasse künftige Beihilfeverpflichtungen übernimmt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger im Rahmen einer Bilanzänderung bzw. Bilanzberichtigung Pensionsrückstellungen für zwei in einem Betrieb gewerblicher Art tätige Beamte bilden darf.
Kläger ist der Landkreis A. Dieser betrieb seit dem xx.xx.199x den Betrieb gewerblicher Art „Jugend- und Freizeiteinrichtungen des Kreises A” als Eigenbetrieb nach dem Eigenbetriebsgesetz vom 12.02.1981, geändert durch das Gesetz zur Änderung des Gemeindewirtschaftsrechts und anderer Rechtsvorschriften vom 21.12.1988 (EBG). Ausweislich des Jahresabschlusses zum 31.12.1994 beschäftigte der Eigenbetrieb zwei Beamte, nämlich Herrn (H) als Betriebsleiter und Herrn (S) als stellvertretenden Betriebsleiter. H war – wie der Prozessvertreter des Klägers in der mündlichen Verhandlung richtig gestellt hat- mit 100 % und S mit 25 % seiner Arbeitskraft im Eigenbetrieb tätig. (In Anlage 3 V des Jahresabschlusses zum 31.12.1994 - Bilanzakte Bl. 83 - ist ausgeführt, es sei laut Stellenplan durchschnittlich 1 Beamter beschäftigt worden.) Einer der Beamten trat vor dem 1.1.1987, der andere nach dem 31.12.1986 in die Dienste des Betriebs gewerblicher Art ein.
Der Kläger ist als Landkreis Mitglied der Beamtenversorgungskasse (BV-Kasse). Nach § 1 Abs.1, 2 der Satzung vom 30.8.2000 - die vom Kläger für den Streitfall vorgelegt worden ist und deren maßgebliche Regelungen bereits im Streitjahr gegolten haben sollen- ist die BV-Kasse eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Sitz in Z, die sich der Verwaltungshilfe der X- Versicherung bedient. Der Kläger hat als Mitglied Anspruch auf Ausgleich seiner Versorgungslasten (§§ 2, 12 der vorgelegten Satzung der Versorgungskasse vom 30.8.2000). Die Versorgungskasse stellt die Versorgungsleistungen fest und zahlt sie nach Festsetzung durch das Mitglied unmittelbar an die Versorgungsberechtigten aus. Nach § 14 der Satzung werden Rechte und Pflichten nur zwischen der Versorgungskasse und deren Mitgliedern begründet. Der Kläger hat als Mitglied alle Beamtinnen und Beamten, die Anwartschaft auf beamtenrechtliche Versorgung haben oder denen eine solche Versorgung gewährt werden kann, unverzüglich nach der Ernennung oder Zusicherung der beamtenrechtlichen Versorgung bei der Versorgungskasse anzumelden (§ 15 Abs.1 der Satzung). Die Mitgliedschaft endet nach Auflösung oder wenn das Mitglied keine anmeldepflichtigen Bediensteten mehr beschäftigt und von der Versorgungskasse Leistungen für Versorgungsberechtigte dieses Mitglieds nicht mehr zu erbringen sind (§ 18 Abs.1 der Satzung). Mit dem Zeitpunkt des Ausscheidens erlischt für die Versorgungskasse die Verpflichtung zur Gewährung von Leistungen gegenüber dem ausgeschiedenen Mitglied und für dieses die Verpflichtung zur Zahlung von Umlagen und sonstigen Leistungen. Dem ausscheidenden Mitglied steht kein Anspruch auf einen Teil am Vermögen der Versorgungskasse oder auf Erstattung gezahlter Umlagen und Zuschläge zu (§ 18 Abs. 4 der Satzung). Gemäss § 19 Abs. 1 der Satzung übernimmt die Versorgungskasse sämtliche Versorgungsleistungen, die vom Mitglied für die der Kasse zugeführten Bediensteten nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder einer entsprechenden dienstvertraglichen Regelung zu erbringen sind. Im Zweifel sind für die Leistungsverpflichtungen der Versorgungskasse die für die hessischen Beamtinnen und Beamten geltenden Bestimmungen maßgebend. Nach § 28 Abs. 1 der Satzung berechnet die Versorgungskasse die Leistungen und zahlt sie unmittelbar an die Berechtigten aus. Hiervon bleibt die Zuständigkeit des Mitglieds für die Ausfertigung und Zustellung der Bescheide über die erstmalige Festsetzung von Versorgungsleistungen unberührt. Die Versorgungskasse erhebt nach § 30 Abs. 1, 2 der Satzung von ihren Mitgliedern eine Umlage zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber den zugeführten Bediensteten. Die Umlage wird durch Anwendung des Umlagesatzes auf die Bemessungsgrundlage der Mitglieder berechnet. Der Umlagesatz bemisst sich nach dem Verhältnis des Jahresaufwands der Versorgungskasse einschließlich der Verwaltungskosten und einer angemessenen Rücklagenzuführung zur Bemessungsgrundlage der Mitglieder. Bemessungsgrundlage sind die umlagepflichtigen Bezüge der Bediensteten im Sinne der Absätze 2 bis 4 der Vorschrift und die von der Versorgungskasse für das Mitglied erbrachten Versorgungsleistungen nach Maßgabe des § 31. Im Falle eines Missverhältnisses zwischen Kassenleistungen und Umlage hat das Mitglied nach § 34 Abs. 1 einen Umlageausgleich zu leisten. Auf die genannte Satzung wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung erstattete der Eigenbetrieb der zuständigen Stelle des Klägers die zuletzt genannten Umlagen, soweit sie auf ihn – den Eigenbetrieb - entfielen, und zog den Aufwand bei der Gewinnermittlung als laufende Betriebsausgaben ab.
Am xx.xx.1995 reichte der Kläger unter anderem die Körperschaftsteuererklärung und den Jahresabschluss 1994 beim Finanzamt ein. Es erging hierauf der Körperschaftsteuerbescheid 1994 vom xx.xx.1996 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäss § 164 Abs. 1 AO. Mit Schriftsatz vom 22.12.1997, Eingangsstempel vom 29.12.1997, stellte der Kläger beim Finanzamt den Antrag auf Bilanzänderung und bat um Zustimmung für alle noch nicht festsetzungsverjährten Veranlagungszeiträume ab 1991 (FG-Akte Bl. 154). Der Kläger wolle für die im Eigenbetrieb beschäftigten Beamten Pensionsrückstellungen bilden. Auf den Schriftsatz wird Bezug genommen.
Am xx.xx.1998 begann das Finanzamt beim Kläger mit einer Außenprüfung des Eigenbetriebs für die Veranlagungszeiträume 1993-1995. Im Vermerk über die Zusammenfassung der Prüfungsfeststellungen vom xx.xx.1998 für die Schlussbesprechung legte der Prüfer unter Punkt 10 nieder, dass Unterlagen über die Bildung von Pensionsrückstellungen ab 1991 anzufordern seien. Der endgültige Prüfungsbericht vom xx.xx.1999 geht auf die Frage von Pensionsrückstellungen nicht ein.
Am xx.xx.1999 erließ das Finanzamt aufgrund des Ergebnisses der Betriebsprüfung den nach § 164 Abs.2 AO geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1994, der Pensionsrückstellungen nicht berücksichtigte. Hiergegen legte der Kläger am xx.xx.1999 Einspruch ein, der u.a. damit begründet wurde, dass hinsichtlich des Ansatzes von Pensionsrückstellungen einer Bilanzänderung zuzustimmen sei. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos; das Finanzamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom xx.xx.2000 als unbegründet zurück.
Mit der anschließend erhobenen Klage begehrte der Kläger zunächst, eine Teilwertabschreibung auf die im Betriebsvermögen des Eigenbetriebs gehaltene Beteiligung an der L-AG in Höhe von xxxxxx DM rückgängig zu machen, um im Gegenzug die Rücknahme der entsprechende Hinzurechnung gemäß § 50 c EStG zu erreichen. Das Finanzamt kam diesem Klagebegehren während des gerichtlichen Verfahrens mit Änderungsbescheid vom xx.xx.2001 nach. Sowohl der ursprüngliche Bescheid vom xx.xx.1999 als auch der Abhilfebescheid legen einen Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von xxxx DM zu Grunde und setzen eine Körperschaftsteuer 1994 von xxx DM fest.
Im Hinblick auf den verbliebenen Streitpunkt „Bilanzänderung hinsichtlich des vollen Rückstellungsbetrags” trägt der Kläger vor, der Eigenbetrieb könne für die bei ihm beschäftigten Beamten Pensionsrückstellungen bilden. (Das entsprechende Bilanzänderungsverfahren für die Vorjahre wurde nicht weiterverfolgt.) Dass Rückstellungen gebildet werden können ergebe sich aus den Fachgutachten und Stellungnahmen des Instituts der Wirtschaftsprüfer auf dem Gebiete der Rechnungslegung und Prüfung. Der Eigenbetrieb des Klägers sei hiernach ein rechtlich unselbstständiges Sondervermögen. Soweit Beamte für ein solches Vermögen tätig würden, seien die diesen gegenüber erwachsenen Versorgungsverpflichtungen als originäre Pensionsverpflichtungen des Sondervermögens anzusehen, obwohl das Beamtenverhältnis unverändert im Verhältnis zur öffentlichrechtlichen Gebietskörperschaft bestehe. Versorgungsverpflichtungen gegenüber den Beamten einer Gebietskörperschaft bestünden zwar kraft Gesetzes. Es sei aber kein Grund dafür ersichtlich, diese steuerlich anderes zu behandeln, als wenn sie vertraglich vereinbart worden wären. Die Berechtigung zur Bildung von Pensionsrückstellungen bestehe auch, wenn sich die Gebietskörperschaft, wie der Kläger, einer Versorgungskasse angeschlossen habe. Diese Kassen finanzierten sich durch Umlagen ihre Mitglieder, ohne ein Kassenvermögen für künftige Leistungen zu bilden. Deshalb habe der Eigenbetrieb die Umlage als laufenden Aufwand zu erfassen. Daneben könnten Pensionsrückstellungen gebildet werden, weil die Einschaltung einer Versorgungskasse die originäre Verpflichtung des Eigenbetriebs zur Versorgungsleistung nicht berühre.
Ein gesonderter Beschluss eines zuständigen Gremiums, wonach die Pensionsverpflichtung vom Landkreis auf den Eigenbetrieb übergehe, existiere nicht. Sollte es steuerrechtlich von Bedeutung sein, so folge der Übergang aus den jährlichen Wirtschaftsplänen für den Eigenbetrieb, die vom Kreistag beschlossen würden. Der Eigenbetrieb habe die Umlagen für die Versorgungskasse anteilig im Verhältnis der Inanspruchnahme der beiden Beamten berechnet und dann an die zuständige Stelle des Klägers abgeführt. Diese sei gegenüber der Versorgungskasse in Vorleistung getreten. Die Bildung der Pensionsrückstellungen werde in dem gleichen Verhältnis beantragt.
Das beabsichtigte Vorgehen des Eigenbetriebs führe auch nicht zu einer doppelten Finanzierung der Versorgungsleistungen. Beamtenpensionen würden erdient. Der Dienst des Beamten für den Eigenbetrieb führe deshalb zu originären betrieblichen Schulden, was einen Zuordnungsbeschluss letztlich überflüssig mache. Da die Versorgungskasse keinen Kapitalstock besitze, würden durch die Leistung der Umlagen im Ergebnis die Pensionsansprüche der letzten Generation beglichen. Die Pensionsrückstellungen beträfen dagegen die künftigen Versorgungsleistungen und seien so gesondert auszuweisen.
Die BV-Kasse sei auch keine Unterstützungskasse im Sinne des § 4d EStG. Die Mitgliedschaft des Klägers in der Versorgungskasse sei vielmehr so zu behandeln wie eine Rückdeckungsversicherung. Deshalb seien grundsätzlich Rückdeckungsanspruch und Pensionsrückstellung gesondert zu bilanzieren. Der Rückdeckungsanspruch sei mit dem geschäftsplanmäßigen Deckungskapital zuzüglich der Überschüsse zu aktivieren. Da die Versorgungskasse aber über kein Deckungskapital verfüge, müsse der Aktivwert mit 0,-- DM angesetzt werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Körperschaftsteuerbescheid 1994 vom xx.xx.2001 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom xx.xx.2000 dahingehend abzuändern, dass eine Pensionsrückstellung in Höhe von xxx DM berücksichtigt wird
und
Rückstellungen für künftige Beihilfen der gegenwärtig Beschäftigten für die Zeit ab dem Zeitpunkt des Eintritts des Ruhestandes in noch anzugebender Höhe berücksichtigt werden.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es ist der Auffassung, es müsse zwar grundsätzlich dem Bilanzänderungsantrag zustimmen, wenn der Gewinn des Eigenbetriebs hierdurch gemindert werde. Im Streitfall könne aber kein Passivierungswahlrecht bestehen, weil der Eigenbetrieb die Pensionsrückstellung als solche schon nicht ansetzen dürfe. Es sei kein Grund dafür ersichtlich, weshalb der Eigenbetrieb und nicht der Kläger als Landkreis die originäre Verpflichtung zur Pensionsleistung innehaben solle. Hierfür sei jedenfalls ein Widmungsakt in Form eines Beschlusses des Landkreises erforderlich. Beschlüsse im Rahmen der Aufstellung des jährlichen Wirtschaftsplans seien hierfür kaum ausreichend. Da eine originäre Verpflichtung des Eigenbetriebs so ausscheide, bestehe der Pensionsanspruch der Beamten gegenüber dem Kläger als Landkreis. Wolle gleichwohl der Eigenbetrieb eine Pensionsrückstellung ansetzen, erfordere dies eine Vereinbarung, wie sie zwischen dem beherrschenden Gesellschafter und einer Kapitalgesellschaft zu fordern sei. Solche Vereinbarungen seien hier nicht ersichtlich.
Die BV-Kasse habe vielmehr den Charakter einer Unterstützungskasse im Sinne des § 4d EStG. Damit seien die Umlagen, die der Eigenbetrieb an den Kläger erstatte, als laufender Aufwand zu berücksichtigen. Für Pensionsrückstellungen sei daneben kein Raum.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten wird auf die im gerichtlichen Verfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Der Rechtsstreit war zunächst mit Senatsbeschluss vom 17.2.2003 auf den Einzelrichter übertragen worden. Mit Beschluss vom 23.1.2004 erfolgte die Rückübertragung auf den Senat.
Dem Gericht lagen zu Steuernummer xxx ein Bd. Körperschaftsteuerakten, ein Bd. „Rechtsbehelfsverfahren”, ein Bd. „Betriebsprüfungsberichte” sowie ein Bilanz-Heft vor.
Gründe
Die Klage ist unbegründet, weil das Finanzamt im Ergebnis zu Recht die im Wege einer Bilanzänderung für das Streitjahr 1994 geltend gemachte Pensionsrückstellung nicht anerkannte. Dies gilt nach denselben Grundsätzen auch für die erstmals in der mündlichen Verhandlung beantragte Rückstellung für Beihilfeverpflichtungen (so dass es sich erübrigt hat, dem Kläger Gelegenheit zu geben, die Höhe zu konkretisieren).
Es kann dahinstehen, ob
hinsichtlich der Pensionen beider Beamten für die Bilanzänderungen i.S.v. § 4 Abs. 2 EStG (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) geltenden Grundsätzen zum Zuge kommen (die gelten, wenn Pensionsrückstellungen zwar zulässig sind, aber nicht gebildet werden müssen; vgl. dazu § 6a EStG, hinsichtlich des vor dem 1.1.1987 tätigen Beamten in Verbindung mit Art. 38 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch - EGHGB), oder ob b) hinsichtlich des erst nach dem 31.12.1986 tätigen Beamten die für Bilanzberichtigungen geltenden Grundsätze zum Zuge kommen (die gelten, wenn Pensionsrückstellungen gebildet werden müssen - nämlich falls Passivierungspflicht nach § 8 Abs. 1 KStG, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG besteht; vgl. dazu: Blümich/ Ahrend u.a., Kommentar zum EStG, § 6a Rz. 276 ff.; Schmidt/Seeger, Kommentar zum EStG, 22. Aufl. 2003, bei einer 6a Rz. 2 m.w.N.; dabei könnte zweifelhaft sein, ob die originär nach öffentlichem Recht angeordnete Bilanz des Betriebs gewerblicher Art eine ” handelsrechtliche Jahresbilanz” i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG ist, die das steuerrechtliche Wahlrecht des § 6a EStG im Hinblick auf den in § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB normierten handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung verdrängt).
In jedem Fall sind die von der Klägerin begehrten Rückstellungen unzulässig, so dass weder Bilanzänderungen noch Bilanzberichtigungen möglich sind:
Der Kläger ist mit seinem Eigenbetrieb im Sinne des (Hessischen) Eigenbetriebsgesetzes vom 12.2.1981, geändert durch das Gesetz zur Änderung des Gemeindewirtschaftsrechts und anderer Rechtsvorschriften vom 21.12.1988 (EBG), unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG. Er hatte nach § 22 EBG für den Schluss eines jeden Wirtschaftsjahres einen Jahresabschluss aufzustellen, der aus der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung und dem Anhang besteht. Die allgemeinen Vorschriften, die Ansatzvorschriften, die Vorschriften über die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung, die Bewertungsvorschriften und die Vorschriften über den Anhang für den Jahresabschluss der großen Kapitalgesellschaften im Dritten Buch des Handelsgesetzbuches finden sinngemäß Anwendung.
Die Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Einkommens des Eigenbetriebs des Klägers bestimmt sich damit gemäß § 8 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) und gegebenenfalls nach dem KStG. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG ist somit für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Als Rechtsfolge hiervon muss der Eigenbetrieb im Rahmen des vorzunehmenden Betriebsvermögensvergleichs grundsätzlich dasjenige steuerrechtliche Betriebsvermögen ansetzen, das nach handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist (sog. Maßgeblichkeitsgrundsatz). Hierbei sind allerdings die steuerrechtlichen Vorschriften zu befolgen.
Neben den speziellen Voraussetzungen des § 6a EStG ist im Streitfall die Bildung einer Pensionsrückstellung (Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten) davon abhängig, dass der Kläger (mit seinem Eigenbetrieb) zum Bilanzstichtag zu einer künftigen Pensionszahlung konkret verpflichtet war. Dies ist zwar grundsätzlich zu bejahen. Die Versorgung der Beamten gehört nämlich zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und ist grundgesetzlich garantiert. Das Recht auf Versorgung ist Teilinhalt des Beamtenverhältnisses und entspricht dem Grundsatz der Alimentation. Damit beginnt die Versorgungsanwartschaft mit der Übernahme in ein Beamtenverhältnis. Bei Eintritt des Versorgungsfalles setzt die Festsetzungsbehörde die Versorgungsbezüge fest. Versorgungsansprüche des Versorgungsberechtigten richten sich gegen den versorgungspflichtigen Dienstherrn (Praxis der Kommunalverwaltung, Landesausgabe Hessen, Band C3, Beamtenversorgung u.a., C21 S. 11ff, 205ff). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn sich der Dienstherr (Gemeindeverband) - wie im Streitfall - einer Versorgungskasse angeschlossen hat. Insoweit stellt nach § 46 Abs. 1, § 45 der Hessischen Landkreisordnung der Kreisausschuss in gesetzlicher Vertretung des Landkreises die Kreisbediensteten ein, er befördert und entlässt sie. Damit ist der Landkreis rechtlich zur Pensionszahlung im oben genannten Sinne verpflichtet. Es mag auch sein, dass – wie der Kläger meint – sich seine Verpflichtung gleichsam als originäre Verpflichtung des unselbständigen Eigenbetriebs konkretisiert.
Rückstellungen dürfen nach handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung aber nur in Höhe des Betrages angesetzt werden, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist. Auch steuerrechtlich (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) darf nicht über den Maßstab vernünftiger kaufmännischer Beurteilung hinausgegangen werden. Vernünftiger kaufmännischer Beurteilung entspricht es, den rückstellungsbegründenden Sachverhalt nicht nur in seinen negativen Aspekten zu erfassen, sondern auch die positiven Merkmale zu berücksichtigen, die die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme mindern oder aufheben. Deshalb sind auch (wirtschaftlich noch nicht entstandene) Rückgriffsansprüche gegen Dritte dann zur Kompensation einer ungewissen Verbindlichkeit heranzuziehenden, wenn
- sie derart in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der drohenden Inanspruchnahme stehen, dass sie dieser ganz (oder teilweise) entsprechen,
- sie in rechtlich verbindlicher Weise der Entstehung oder Erfüllung der Verbindlichkeit zwangsläufig nachfolgen (z.B. Versicherungsvertrag),
- sie vollwertig sind, d.h. vom Rückgriffsschuldner nicht bestritten werden; dieser muss von zweifelsfreie Bonität sein (s. Blümich/Schreiber, Kommentar zum EStG, KStG, GewStG, § 5 EStG Rz. 802 unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 17.Februar 1993 X R 60/89, BStBl II 1993, 437, und vom 3.August 1993 VIII R 37/92, BStBl II 1994, 444).
Im Hinblick auf diese Voraussetzungen gilt im Streitfall, dass die BV-Kasse für den Kläger (für den Eigenbetrieb) die Pensionen zu zahlen hatte. Damit stehen die künftigen Kassenleistungen derart in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der drohenden Inanspruchnahme des Klägers (des Eigenbetriebs), dass sie dieser voll entsprechen. Wegen der Mitgliedschaft des Klägers in der BV-Kasse folgt auch deren Zahlungsverpflichtung in rechtlich verbindlicher Weise der Entstehung der Pensionsverpflichtung. Schließlich steht die Bonität der BV-Kasse jedenfalls zum Zeitpunkt des Bilanzstichtages außer Frage.
Wenn der Kläger in diesem Zusammenhang einwendet, die gezahlten Umlagen dienten nicht der Finanzierung der künftigen, sondern der Finanzierung der gegenwärtigen Pensionen, so ist dies ausweislich der Satzung der BV-Kasse unzutreffend. Hiernach hatte der Kläger alle Beamtinnen und Beamten, die Anwartschaft auf beamtenrechtliche Versorgung hatten oder denen eine solche Versorgung gewährt werden konnte, unverzüglich nach der Ernennung oder der Zusicherung der Versorgung anzumelden (§ 15 Abs. 1 der Satzung). Gemäß § 30 Abs.2 der Satzung wird die Umlage für die nach § 15 Abs. 1 zugeführten Bediensteten erhoben. Wenn die BV-Kasse entsprechend dem Vortrag des Klägers die gegenwärtigen Umlagen ausschließlich (eine Verpflichtung zur Rücklagenbildung ergibt sich aus § 30 Abs.1 Satz 3 der Satzung) dazu heranziehen sollte, die Pensionen der gegenwärtigen Pensionäre zu bedienen, so ist dies für den Streitfall unerheblich, jedenfalls solang – wie hier - keine Zahlungsunfähigkeit oder eingeschränkte Zahlungsfähigkeit der Kasse zu befürchten ist.
Wegen des geltenden sog. Verböserungsverbots hatte der Senat nicht mehr der Frage nachzugehen, ob der Betriebsausgabenabzug hinsichtlich der Umlagen beim Eigenbetrieb möglicherweise gemäß § 4d EStG beschränkt war. Auch stellte sich im Streitfall letztlich nicht, wie vom Finanzamt angedeutet, das Problem einer verdeckten Gewinnausschüttung, weil der Eigenbetrieb jedenfalls noch keine Pensionsrückstellungen gebildet hatte und dessen Vermögen folglich, was für die Bejahung einer verdeckten Gewinnausschüttung erforderlich ist, noch nicht gemindert war.
Auch soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung beantragte, Rückstellungen für künftige Beihilfeverpflichtungen in noch zu benennender Höhe zu bilden, kann nichts Abweichendes gelten. Denn gemäß § 19 Abs. 1 der Satzung der BV-Kasse übernimmt diese sämtliche Versorgungsleistungen, die nach den beamtenrechtlichen Vorschriften zu erbringen sind. Dies schließt die Verpflichtung zur Beihilfegewährung ein.
Die Klage war deshalb insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.