Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 08.01.2010

    Finanzgericht München: Urteil vom 17.03.2003 – 3 K 1630/01

    Zur Kenntnis der einfuhrabgabenrechtlichen Vorschriften beim Einführer von Flugzeugen.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In der Streitsache

    wegen

    Zoll

    Einfuhrumsatzsteuer

    hat der 3. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Finanzgericht … und der Richter am Finanzgericht … sowie der ehrenamtlichen Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung vom 17. März 2003

    für Recht erkannt:

    1. Die Klage wird abgewiesen.

    2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

    Tatbestand

    I.

    Streitig ist, ob und in welcher Höhe die Klägerin als Rechtsnachfolger von P. Zoll und Einfuhrumsatzsteuer – EUSt – wegen der Entnahme eines Luftfahrzeuges aus der vorübergehenden Verwendung schuldet.

    Auf Grund einer Mitteilung des Hauptzollamts Innsbruck vom 7. Februar 1996 über einen Flug eines gewissen J. am 27. Juni 1995 von Weiden nach St. Johann in Österreich mit dem Flugzeug, amerikanisches Kz. N 5345 D, ergaben Ermittlungen des Zollfahndungsamts München Folgendes.

    Nach den Angaben des inzwischen verstorbenen P. hatte dieser im Herbst 1993 das Flugzeug ohne Gestellung und Zollanmeldung eingeführt und zu mehreren Inlandsflügen benutzt. Es handelt es um eine Cessna 172 N, Seriennr. 17272533. Dieses Fahrzeug ist am 27. August 1993 von einem US-Bürger an die P. Olympia, USA, für 34.500 US $ verkauft worden. In dem bei der Mannheimer Versicherung abgeschlossenen Versicherungsvertrag für dieses Fahrzeug ist P. als Halter angegeben.

    Das HZA nahm R. mit Steuerbescheid vom 26. April 1996 für 7.645,55 DM EUSt in Anspruch, die dieser noch am gleichen Tag entrichtete. Wegen des irrtümlich nicht festgesetzten Zolls nahm das HZA mit Steueränderungsbescheid vom 14. April 1999 die Klägerin für 4.791,21 DM Zoll und 718,68 DM EUSt in Anspruch.

    Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin gegen die Einspruchsentscheidung vom 6. März 2001 Klage, mit der sie im Wesentliches Folgendes geltend macht: P. habe weder das str. Luftfahrzeug erworben noch dieses privat zu Flugbewegungen im Inland benutzt oder gar einem Dritten zur Verfügung gestellt. Außerdem seien die nachgeforderten Abgaben verjährt. Die gesamten Umstände seien dem HZA bereits im Jahr 1996 bekannt gewesen. Dieses habe bei der erstmaligen Abgabenfestsetzung gegenüber P. schlicht übersehen, ebenfalls Zoll anzufordern. Dieser habe sich darauf verlassen dürfen, dass die Abgaben ihm gegenüber ordnungsgemäß und endgültig festgesetzt worden seien. Die Nachlässigkeit des HZA könne man nicht dem P. als leichtfertige Steuerverkürzung oder gar als Steuerhinterziehung anlasten.

    Die Klägerin beantragt.

    die Aufhebung des Steueränderungsbescheides vom 14. April 2001 und der EE.

    Das Hauptzollamt beantragt

    Klageabweisung

    und bezieht sich weitgehend auf seine Ausführungen in der EE.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsatze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 17. März 2004 hingewiesen.

    Gründe

    II.

    Die Klage hat keinen Erfolg.

    Die mit Steueränderungsbescheid vom 14. April 2001 festgesetzten Zoll in Höhe von 4.791,21 DM und EUSt in Höhe von 718,68 DM hat das HZA zu Recht von der Klägerin angefordert.

    Es kann dahinstehen, ob die Zollschuld dadurch entstanden ist, dass das Flugzeug bei seinem Verbringen in das Zollgebiet der Gemeinschaft nicht bei einer Zollbehörde zur Abfertigung angemeldet worden ist (Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der VO Nr. 2144/87 des Rates über die Zollschuld vom 13. Juli 1987 (ABl. der EG Nr. 201) – ZollschuldVO –, oder gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. d ZollschuldVO dadurch, dass eine Bedingung für die Überführung des str. Flugzeugs in das Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung nicht erfüllt war. Für die Entstehung der EUSt gelten die Zollvorschriften sinngemäß (§ 13 Abs. 3,21 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz a.F. – UStG).

    Nach Art. 8 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3 der VO Nr. 1855/89 des Rates über die vorübergehende Verwendung von Beförderungsmitteln vom 14. Juni 1989 (ABl. der EG Nr. L 186/6) ist die vorübergehende Verwendung nur für Zivilflugzeuge allgemein bewilligt, die von außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft ansässigen Personen eingeführt werden. Diese Voraussetzung war in der Person des P. nicht erfüllt.

    Eine Zollfreiheit im Rahmen einer besonderen Verwendung unter Zollbefreiung kommt nicht in Betracht, weil das Luftfahrzeug ohne Gestellung und Zollanmeldung eingeführt worden ist und somit nicht zu diesem Zollverfahren abgefertigt werden konnte.

    Das HZA ist zur Nacherhebung des im Steuerbescheid vom 26. April 1996 irrtümlich nicht angeforderten Zolls nach Art. 220 Abs. 1 der VO Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaft vom 12. Oktober 1992 (ABl. der EG Nr. L 302) – ZK – verpflichtet. Es konnte nicht von der Nacherhebung nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK absehen, weil P. den Irrtum der Zollbehörde hätte erkennen können. Aus den in den Verfahren 3 V 2991/99 und 3 V 3462/99 vorgelegten Zollbelegen ist erkennbar, dass P. in einer Vielzahl von Fällen der Einfuhr von Flugzeugen, aber auch der Einfuhr von Bau- und Ersatzteilen die zollbegünstigte Verwendung in Gestalt der Freigutverwendung beantragt hatte. Für das str. Luftfahrzeug, das er mehrere Jahre und letztendlich ausschließlich im Zollgebiet der Gemeinschaft verwendete, hatte er eine derartige Bewilligung nicht beantragt und daher nicht erhalten. Eine nachträgliche Bewilligung der Freigutverwendung konnte nicht bewilligt werden und wurde – im Gegensatz zu den übrigen Bescheiden, mit denen die Freigutverwendung von vomeherein von … beantragt wurde – mit dem Steuerbescheid vom 26. April 1996 gerade nicht bewilligt.

    Die nachgeforderten Abgaben sind nicht verjährt, weil für die Nacherhebung die 10-jährige Festsetzungsverjährung gilt (Art. 3 der VO Nr. 1697/79 des Rates betreffend die Nacherhebung von noch nicht vom Abgabenschuldner angeforderten Eingangs- und Ausfuhrabgaben für Waren, die zu einem Zollverfahren angemeldet worden sind, das die Verpflichtung zur Zahlung derartiger Abgaben beinhaltet vom 24. Juli 1979 (ABl. der EG Nr. L 197) bzw. Art. 221 Abs. 3 ZK in Verbindung mit § 169 Abs. 2 Abgabenordnung – AO –). P. hat dadurch eine Steuerhinterziehung begangen, dass er die Zollbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen hat und dadurch Steuern verkürzt worden sind (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO).

    P. war verpflichtet, das Flugzeug bei dem Verbringen in das Zollgebiet der Gemeinschaft zur Abfertigung zu gestellen und anzumelden (Art. 5 und 14 der VO Nr. 4151/88 des Rates zur Festlegung der Vorschriften für in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachte Waren vom 21. Dezember 1988 (ABl. Nr. L 367/1). Die mit dem vorschriftswidrigen Verbringen entstandene Zollschuld (Art. 3 Buchst. b der ZollschuldVO) wurde nicht rechtzeitig entrichtet, d.h. mit ihrer Entstehung, und damit verkürzt (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO). P. handelte insoweit vorsätzlich, weil er als Unternehmer im grenzüberschreitenden Flugverkehr mit den abgabenrechtlichen Vorschriften vertraut war, insbesondere auf Grund vieler gleichgelagerter Einfuhren von Luftfahrzeugen wusste, dass die vorübergehende Verwendung nur dem ausländischen Einführer allgemein bewilligt ist und dass eine abgabenfrei Verwendung eine entsprechende zollrechtliche Bewilligung voraussetzte, die zu beantragen er unterlassen hat.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    VorschriftenVO Nr. 2144/87 Art. 2 Abs. 1 Buchst. b, VO Nr. 2144/87 Art. 2 Abs. 1 Buchst. d, VO Nr. 1855/89 Art. 5, VO Nr. 1855/89 Art. 8, VO Nr. 1697/79 Art. 3, VO Nr. 4151/88 Art. 5, VO Nr. 4151/88 Art. 14, ZK Art. 220, ZK Art. 221 Abs. 3, UStG § 13 Abs. 2, UStG § 21