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  • 25.08.2014 · IWW-Abrufnummer 142528

    Amtsgericht Bonn: Urteil vom 28.07.2014 – 116 C 148/13

    Die Position GO/ 2197 ist weder in Position GOZ 2120 enthalten noch deren notwendiger Bestandteil.


    Amtsgericht Bonn

    116 C 148/13

    Tenor:

    Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 100,92 EUR (in Worten: einhundert Euro und zweiundneunzig Cent) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.10.2013 zu zahlen.

    Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

    Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Entscheidungsgründe:

    Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.

    Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Zahlungsanspruch i.H.v. 100,92 EUR aus abgetretenem Recht in Form des Resthonorars aus der privatzahnärztlichen Behandlung des Beklagten durch den Zahnarzt Dr. X für den Behandlungszeitraum vom 14.09.2012 bis zum 03.12.2012 gemäß § 611 BGB in Verbindung mit den einschlägigen Tarifvorschriften der GOÄ/GOZ.

    Konkret hat die Klägerin einen Anspruch gegen den Beklagten auf Ausgleich der bisher nicht regulierten sechsfachen Position 2197 in den hier streitgegenständlichen Rechnungen vom 24.10, 26.11. und 03.12.2012, da der insoweit von dem Beklagten vorgenommene Einbehalt zu Unrecht erfolgte.

    Das Gericht schließt sich ausdrücklich den nachvollziehbaren, in sich schlüssigen und plausiblen sowie von großer Sachkunde geprägten Ausführungen des Sachverständigen Dr. U in dessen schriftlichem Gutachten vom 14.05.2014 an.

    Der Sachverständige hat die ihm mit Beweisbeschluss vom 21.02.2014 gestellten Beweisfragen durchgängig im Sinne der Klägerseite beantwortet. Insbesondere hat der Sachverständige ausgeführt, dass zu der von ihm im Einzelnen beschriebenen mechanisch physikalischen Technik zusätzlich eine chemisch adhäsive Verbindung des Füllwerkstoffes mit dem Zahn möglich ist. Diese zusätzlich chemisch adhäsive Befestigung kann selektiv im Zahnschmelz oder auch zusätzlich im Dentin und damit über die gesamte freigelegte Zahnoberfläche erfolgen. Im Zahnschmelz wird bei der adhäsiven Befestigung ein Haftverbinder aufgetragen, der regelmäßig separat ausgehärtet wird. Bei einer chemisch adhäsiven Verbindung mit dem Dentin ist bei einer vorher erfolgten Konditionierung eine Wiederbefeuchtung des Dentins erforderlich, um ein Zusammenfallen der Kollagengrundstruktur des Dentins zu verhindern. In die eröffnete Dentinstruktur kann dann ein Primer eingebracht werden, der die Oberfläche des Dentins so verändert, dass eine Auslagerung von Füllmassen möglich ist. Der Primer wandelten dabei die hydrophile Oberfläche des Dentins in eine hydrophobe Oberfläche um. Auf den Primer kann dann zusätzlich ein Haftvermittler aufgetragen werden. Auf die so veränderte Schmelz und Dentinstruktur kann am Ende eine Füllmasse aufgebracht werden, die im Ergebnis über die aufgetragenen Substanzen zusätzlich chemisch adhäsiv mit dem Zahn befestigt wird.

    Die Leistung nach GOZ 2197 ist daher weder in der Position 2120 enthalten noch ein bereits notwendiger Bestandteil der Leistung gemäß Position 2120 GOZ. Die Leistung nach GOZ 2120 beschreibt eine Arbeitstechnik, die eine mechanische physikalische Anlagerung von Füllmaterialien durch zusätzlich zu erstellende Präparationsformen, eine aufeinander aufbauend portionsweise Einbringung und jeweilige Aushärtung der Füllmasse, eine spezielle Art der Einbringung der Füllmasse und eine Veränderung der Zahnoberfläche im Sinne einer Aufrauhung durch eine Konditionierung (Säurebehandlung) beinhaltet.

    Die Position 2197 GOZ umfasst dagegen Arbeitsschritte, die eine chemische Verbindung zum Zahn aufbauen. Es wird im Ergebnis durch das Auftragen eines Primers und eines Haftvermittlers die Oberfläche des Zahnes so verändert, dass zusätzlich zu der mechanisch physikalischen Technik eine chemische Verbindung des Füllmaterials mit dem Zahn erfolgt. Somit ist die Position GOZ 2197 neben der Leistung gemäß Position 2120 gesondert abzurechnen.

    Die adhäsive Befestigung nach Position 2197 GOZ stellt einen Mehraufwand, also einen Zuschlag dar, und ist bei tatsächlicher Erbringung neben jeder adhäsiv befestigungsfähigen Grundleistung gesondert abrechenbar und nicht in der Grundleistung bereits enthalten. Die adhäsive Befestigung ist also eine Mehraufwandvergütung zu jeder tatsächlich vom Zahnarzt adhäsiv befestigten Grundleistung. Die adhäsive Befestigung stellt im Ergebnis eine chemisch adhäsive Befestigung dar und ist somit ein darüber hinausgehender zusätzlicher Mehraufwand, der über die Position 2197 GOZ beschrieben wird. Die Leistungsbeschreibung nach GOZ 2120 schließt nach den Angaben des Sachverständigen klar Leistungen nach GOZ 2197 nicht ein.

    Auch stellt das Konditionieren nicht bereits die adhäsive Befestigung dar. Die adhäsive Befestigung fängt technisch erst nach der Konditionierung an und ist mit einem Rehydrieren, Silanisieren im Sinne eines Primen, Bonden und separaten Lichthärten nicht in der Leistungsbeschreibung nach Position 2120 GOZ enthalten.

    Die adhäsive Befestigung ist schließlich auch kein Teilschritt der Restauration mit Komposit Materialien in Adhäsivtechnik (Konditionieren). Sie ist als zusätzlicher Arbeitsschritt zu betrachten und im Sinne eines Mehraufwandes selbstständig zusätzlich abrechenbar. Die Adhäsivtechnik unterscheidet sich grundlegend von der zusätzlich möglichen chemischen adhäsiven Befestigung.

    Soweit die Beklagtenseite den Ausgleich der Positionen 2197 GOZ verweigert hat, mit der Begründung, diese seien in der ebenfalls abgerechneten Position 2120 GOZ bereits enthalten und daher nicht gesondert abrechenbar, ist die dies durch die Darstellungen des Sachverständigen mit hinreichender Sicherheit widerlegt.

    Es ergibt sich somit ein Zahlungsanspruch der Klägerin i.H.v. 6 × 16,82 EUR jeweils für die Position 2197 GOZ aus den streitgegenständlichen Zahnarztrechnungen, mithin ein Gesamtzahlungsanspruch i.H.v. 100,92 EUR.

    Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 BGB.

    Die prozessualen Nebenentscheidungen ergehen gemäß den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 113 ZPO.

    Streitwert: 100,92 EUR.

    Rechtsbehelfsbelehrung:

    Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

    a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

    b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

    Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Bonn, Wilhelmstr. 21, 53111 Bonn, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

    Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bonn zu begründen.

    Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bonn durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

    Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

    RechtsgebietBGBVorschriftenBGB § 611