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  • · Fachbeitrag · Leserforum

    Sie fragen - wir antworten!

    | In diesem Beitrag befassen wir uns mit der Rechtsfrage, ob der Zahnarzt die Herausgabe von Behandlungsunterlagen verweigern kann, wenn der Patient die Leistung nicht bezahlt hat. Außerdem beantworten wir Fragen nach der Abrechnung einer Abdruckdesinfektion und von Keramikblöcken. |

    Muss ich ein Röntgenbild herausgeben, wenn die Leistung nicht bezahlt wurde?

    Frage: „Eine GKV-Patientin wünschte nach eingehender Aufklärung eine 3D-Diagnostik (DVT mit Auswertung), die durchgeführt und berechnet wurde. Zur Abrechnung für die Erstellung der DVT kommen bei uns GOÄ-Nr. 5370 oder 5378; jeweils zzgl. GOÄ-Nr. 5377. Zur reinen Diagnostik - ohne Planungsschienen - rechnen wir insbesondere bei GKV-Patienten die Nrn. 5378/5377 ab, gegebenenfalls auch zum reduzierten Faktor für Nr. 5378. Hinzu kommt eine Beratungsleistung, je nach Umfang (Befund/Therapie ...) die GOÄ-Nr. 34 oder Nr. 3 mit entsprechendem Faktor (Gesamtkosten 165 bis 200 Euro).

     

    Für Implantatplanungen kommt in der Regel die GOÄ-Nr. 5370 mit Nr. 5377 zum Ansatz. Da wir bei uns alle Implantate minimalinvasiv navigiert insertieren, planen wir auch Einzelzahnversorgungen mit DVT. Sofern der Aufwand geringer ist, wird für die Nr. 5370 ein reduzierter Faktor angesetzt. Beratungsleistungen werden auch hier nach GOÄ-Nr. 34 oder Nr. 3 und GOZ-Nr. 9000 mit entsprechendem Faktor (plus Modelle und Technikleistungen) abgerechnet.

     

    Meine Frage: Hat die Patientin einen Anspruch auf das DVT und die Bilddokumentation, auch wenn sie die Leistung nicht bezahlt hat? Sind wir verpflichtet, einem Weiterbehandler oder der Patientin die Bilder zur Verfügung zu stellen?“ 

     

    Dazu die Antwort von Rechtsanwältin Doris Mücke aus Bad Homburg:

    Die Dokumentationspflicht des Zahnarztes erstreckt sich auf Tatsachen, die für die Diagnose und Therapie wesentlich und deren Aufzeichnung und Aufbewahrung für die weitere Behandlung erforderlich sind. Die aus diesem Grunde angefertigten Behandlungsunterlagen befinden sich im Eigentum des Zahnarztes. Hierzu gehören insbesondere die Karteikartenaufzeichnungen, Röntgenaufnahmen und Planungsmodelle.

     

    Der Patient hat nach anerkannter Rechtsprechung keinen Anspruch auf die Herausgabe der Originale dieser Krankenunterlagen, sondern nur ein Recht auf Einsichtnahme. Dieser Anspruch wird aus dem Recht auf Selbstbestimmung und die personale Würde des Patienten (Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz) und vertraglichem Nebenrecht hergeleitet (siehe BGH-Urteil vom 23. November 1982, Az. VI ZR 222/79).

     

    Einsichtnahme hat der Patient in der Regel in der Zahnarztpraxis zu nehmen. Alternativ kann er die Anfertigung und Herausgabe von Kopien der von ihm gewünschten Behandlungsunterlagen geltend machen, allerdings lediglich gegen Erstattung der hierdurch entstehenden Kosten. Die Übersendung der Kopien an den Wohnsitz kann der Patient nach überwiegender Rechtsansicht nicht verlangen, da es sich beim Recht auf Einsichtnahme um eine Holschuld handelt. Die Kopien der Behandlungsunterlagen sind daher streng genommen vom Patienten in der Zahnarztpraxis abzuholen und gegen Begleichung der Kopiekosten - bzw. bei Modellen der Kosten für das Duplizieren - auszuhändigen. Werden sie dem Patienten auf dessen Wunsch zugeschickt, hat die Zahnarztpraxis daneben Anspruch auf Erstattung der Portokosten.

     

    Keine Erstattung der Kosten: Zahnarzt hat Zurückbehaltungsrecht

    Da der Zahnarzt zur Herausgabe der Behandlungsunterlagen nur Zug um Zug gegen Erstattung der Kopie- und Portokosten verpflichtet ist, kann eine Zurückbehaltung geltend gemacht werden, solange die Kosten nicht beglichen sind. Es reicht nicht aus, dass der Patient die Zahlung der Kosten für die Kopien mündlich oder schriftlich zusichert. Vielmehr hat er eine Vorleistungspflicht. Das ist auch interessengerecht, da anderenfalls die Unterlagen Zug um Zug gegen Kostenerstattung persönlich abgeholt werden können (OLG München, Beschluss vom 10. Mai 2011, Az. 1 W 405/11).

     

    Kein Honorar: Recht zur Zurückbehaltung nicht geklärt

    Ob ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB an den Krankenunterlagen auch dann besteht, wenn gegenüber dem Patienten eine nicht beglichene Honorarforderung offensteht, ist dagegen in der Rechtsprechung noch nicht hinreichend geklärt. Ein Zurückbehaltungsrecht nach der Regelung des § 273 BGB wird überwiegend dann verneint, wenn das Recht des Patienten zur Einsichtnahme der Klärung von Haftungsansprüchen oder der Berechtigung der Honorarforderung oder der Planung der Weiterbehandlung dient.

     

    Kein Honorar für DVT und Modelle: Zahnarzt hat Zurückbehaltungsrecht

    Verweigert der Patient ausschließlich zum Beispiel die im Rahmen der Vorbehandlung aus Gründen der Diagnostik angefallene Tätigkeitsvergütung für das Anfertigen der Röntgenaufnahme, DVT, Modelle etc. (zum Beispiel beim Behandlerwechsel), verlangt aber die diagnostischen Unterlagen heraus, so wird man dem Zahnarzt wohl ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Herausgabe der Kopien zubilligen müssen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die entsprechende Honorarforderung des Zahnarztes nicht ausgeglichen ist, da es in diesem Fall lediglich darum geht, dass der Patient das Ergebnis einer vergütungspflichtigen Leistung einfordert, ohne diese vergüten zu wollen.

    Ist die Abdruckdesinfektion abrechenbar?

    Frage: „Auf dem Seminar einer Zahnärztekammer hat man gesagt, dass die Abdruckdesinfektion nicht abrechnungsfähig sei, und sich dabei auf die RKI-Richtlinien bezogen. Außerdem behauptet eine Beihilfestelle, dass die Desinfektion von Abdrücken eine Selbstverständlichkeit sei und dem Selbstschutz diene.“

     

    Dazu die Antwort von Erika Reitz-Scheunemann, Training mit Biss:

    Es existieren tatsächlich unterschiedliche Auffassungen zu diesem Thema. Im aktuellen Kommentar der Bundeszahnärztekammer (Stand: 9. Februar 2013) ist die Abrechnungsmöglichkeit der Abdruckdesinfektion gemäß § 9 der GOZ ausdrücklich bestätigt und beispielhaft als zusätzlich berechnungsfähige Leistung bei den Nrn. 0050 (Abformung oder Teilabformung eines Kiefers ...), 0060 (Abformung beider Kiefer ...), 5170 (Anatomische Abformung des Kiefers ...), 5180/5190 (Funktionelle Abformung des Ober- bzw. Unterkiefers ...) und 5260 (Maßnahmen zur Wiederherstellung der Funktion ... einer abnehmbaren Prothese, mit Abformung) aufgeführt.

     

    Die Bundeszahnärztekammer hat die Abdruckdesinfektion als berechnungsfähige Leistung auch bei der Nr. 5250 (Maßnahmen zur Wiederherstellung der Funktion ... einer abnehmbaren Prothese, ohne Abformung) aufgeführt. Hier handelt es sich sicher um einen Lapsus, denn ohne Abformung besteht die Leistungsnotwendigkeit nicht.

     

    Wie wird die Abdruckdesinfektion korrekt berechnet?

    Abrechnungstechnisch stellt die Eingangs- und Ausgangsdesinfektion eine zahntechnische Leistung auf der Basis des § 9 GOZ dar. Dieser lautet:

     

    • § 9 Ersatz von Auslagen für zahntechnische Leistungen

    (1) Neben den für die einzelnen zahnärztlichen Leistungen vorgesehenen Gebühren können als Auslagen die dem Zahnarzt tatsächlich entstandenen angemessenen Kosten für zahntechnische Leistungen berechnet werden, soweit diese Kosten nicht nach den Bestimmungen des Gebührenverzeichnisses mit den Gebühren abgegolten sind.

     

    Die GOZ 2012 hat kein bindendes Laborverzeichnis. Das bedeutet, dass die Leistungen individuell kalkuliert werden können. Der Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen (VDZI) hat für diese Kalkulation ein umfassendes versicherungsunabhängiges Fachverzeichnis für zahntechnische Leistungen entwickelt, die BEB Zahntechnik®. Dieses Fachverzeichnis kann, muss aber nicht angewandt werden. Die BEB Zahntechnik® aus dem Jahre 2009 wird nach individuellen Planzeiten und betriebswirtschaftlichen Grundlagen kalkuliert. In der Gruppenstruktur sind die folgenden BEB-Zahntechnik®-Nummern für die Abdruckdesinfektion zu finden:

     

    Arbeitsvorbereitung

    1.10.12.0 Eingangsdesinfektion

    1.10.13.0 Ausgangsdesinfektion

     

    Die Leistungsbeschreibung lautet jeweils: „Aufstellung aus der Transportbox entnehmen und ins Desinfektionsbad legen, Einwirkzeit des Herstellers beachten“. Der Abrechnungshinweis zur Eingangsdesinfektion beschreibt eine Pflichtdesinfektion sowie eine Pauschalvergütung. Die Ausgangsdesinfektion wird als optionale Desinfektion mit einer Pauschalvergütung definiert.

     

    Eine Alternative besteht darin, sich im (Praxis-) Eigenlabor individuelle Leistungsnummern anzulegen. Die Preise müssen auch hier individuell kalkuliert werden. Ob diese Leistungen dann je Abformung oder je Vorgang berechnet werden, ergibt sich aus den jeweiligen Kalkulationsgrundlagen.

    Wie können Keramikblöcke korrekt berechnet werden?

    Frage: „Wie werden ‚Ceramic Blocs‘ für CAD/CAM-Rekonstruktionen korrekt berechnet? Es liegen Laborrechnungen vor, in denen ‚Schleifblöcke‘ sehr unterschiedlich kalkuliert und berechnet wurden.“

     

    Antwort: Die Verwendung von Keramikblöcken für CAD/CAM-Herstellungsverfahren führt beim gesetzlich versicherten Patienten dazu, dass der Umfang der Regelversorgung überschritten wird. Daher ist sowohl für diese Patientengruppe als auch für Privatpatienten eine Betrachtung der Berechnung nach privaten Kalkulationsgrundlagen - wie der BEB-Liste - angezeigt.

     

    Das Gewerbelabor bemisst die Preise für die zahntechnischen Leistungen zur Herstellung vollkeramischer Kronen, Brücken, Inlays usw. individuell. Insofern sind keine allgemeingültigen Vorgaben - z.B. durch Zahntechniker-Innungen - zur Preisbildung möglich. Grundsätzlich gibt es - so die Zahntechniker-Innung Baden - für die Kosten der Keramikblöcke zwei Möglichkeiten:

     

    • 1.Das Labor rechnet den Einkaufspreis der Keramikblöcke mittels betrieblicher Kalkulation in die zahntechnischen Hauptleistungen ein.
    • 2.Das Labor rechnet die Herstellungsleistung der Arbeit als zahntechnische Leistung und die Kosten für die Blöcke als Verbrauchsmaterial separat ab.

     

    Die BEB-Liste von 1997 bietet kaum Positionen zum CAD/CAM-Verfahren an. Es besteht aber genug Raum für das Anlegen von neuen Unterpositionen. Das sollte das Labor auch tun, um den tatsächlichen Aufwand individuell abbilden und dokumentieren zu können. Alternativ kann die Abrechnung nach der BEB-Zahntechnik® erfolgen. Diese enthält diverse Leistungen, die die neuen Herstellungsverfahren berücksichtigen, und entsprechende Planzeiten.

     

    Unabhängig von der gewählten Vorgehensweise wird das Gewerbelabor aus betriebswirtschaftlichen Gründen Lagerhaltungskosten auf den Einstandspreis aufschlagen. Diese betreffen anteilige Kosten für Beschaffung, Lagerhaltung, Vorfinanzierung usw. Das Praxislabor kann so nicht vorgehen. Als Teil des zahnärztlichen Betriebs ist es anderen Restriktionen unterworfen und es dürfen nur tatsächlich entstandene Einstandskosten weitergegeben werden.

     

    Bezüglich der umsatzsteuerlichen Behandlung im Praxislabor muss der Steuerberater befragt werden. Das Fremdlabor unterliegt grundsätzlich der Umsatzsteuerpflicht. Werden die Kosten der Keramikrohlinge in die zahntechnischen Leistungen eingerechnet, unterliegen sie der 7-prozentigen Umsatzsteuer - wie dies bei den zahntechnischen Leistungen insgesamt der Fall ist (§ 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG). Es liegt kein Handelsgeschäft vor, sondern das Material geht in der Hauptleistung auf und teilt damit umsatzsteuerrechtlich das Schicksal der Hauptleistung - so die Zahntechniker-Innung Baden.

     

    Bei separater Berechnung der Keramikblöcke als Verbrauchsmaterial empfiehlt sich im Praxislabor die gleiche umsatzsteuerliche Behandlung wie bei Abformungsmaterial, Stiften usw. Diese können brutto - also ohne Ausweis der gezahlten Umsatzsteuer - in der Eigenlaborrechnung aufgeführt werden.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2013 | Seite 15 | ID 39306610