Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Kostenerstattung

    Wie werden Auskünfte an Kostenträger honoriert?

    von RA Ralf Lächler, Fachanwalt für Medizinrecht, Dr. Kroll & Partner; Stuttgart, Reutlingen, Balingen, Tübingen

    | Mit Blick auf die stets zunehmende Anzahl von Anfragen privater Krankenversicherungen (PKVen) und Beihilfen zur zahnärztlichen Behandlungsplanung stellt sich die Frage, wie der Aufwand zur Beantwortung von Anfragen und die Übersendung von Unterlagen an Versicherer zu vergüten ist. |

    Der Ansatz der Versicherung und die korrekte Abrechnung

    Regelmäßig schlagen Versicherungen die Vergütung nach GOÄ-Nr. 75 zu 2,3-fach vor, bei zügiger Bearbeitung auch mal zu 3,5-fach. Der Betrag von 17,43 Euro entspricht aber in den seltensten Fällen dem Verhältnis zwischen Zeitaufwand und Honorar in der Praxis. Außerdem handelt es sich bei Auskünften gegenüber Versicherungen nicht um medizinisch notwendige Leistungen. Mit der Erteilung von Auskünften an Versicherer steht dem Zahnarzt vielmehr eine Vergütung nach §§ 611, 612 BGB zu. Abrechnungsfähig sind die tatsächlich entstandenen Kostenin Verbindung mit der Herausgabe der Behandlungsunterlagen. Dazu zählt zum Beispiel die Vervielfältigung von Modellen und Röntgenaufnahmen. Außerdem kann der Zeitaufwand des Zahnarztes berechnet werden. Machen Sie stets den tatsächlichen Aufwand geltend!

     

    Mit Urteil vom 13. Februar 2013 (Az. 410 C 391/12, Abruf-Nr. 145101) hat das Amtsgericht Bielefeld der Klage auf Zahlung von 165 Euro gegenüber einer Patientin aus abgetretenem Recht stattgegeben. Von ihr war eingewandt worden, sie habe nicht selbst die Anfrage gestellt. Unstrittig wurde allerdings die Praxis seitens der Patientin von der Schweigepflicht entbunden. Das Gericht hat zudem die abgerechneten Beträge für die ausgeführten Arbeiten und Auskünfte für angemessen erachtet. Die Praxis hatte mit einem Stundensatz von 220 Euro kalkuliert und 45 Minuten abgerechnet.

     

     

    Die Übersendung von Kopien der Behandlungsdokumentation an PKVen oder nachbehandelnde Ärzte kommt nur bei Vorliegen der ausdrücklichen Einwilligung des Patienten und einer damit verbundenen Erklärung über die Entbindung der Schweigepflicht in Betracht. Bitte prüfen Sie stets bei Kontakt mit außenstehenden Dritten, ob die Erklärung vorliegt. Fordern Anwälte Kopien an, muss zusätzlich eine Vollmacht vorgelegt werden. Wenn die ärztliche Schweigepflicht verletzt wird, kann das nach § 203 Strafgesetzbuch geahndet werden.

    Die Herausgabe der Unterlagen kann verweigert werden

    Während Auskünfte an PKVen als gesonderte Dienstleistungen abgerechnet werden, sind Kosten für die Herausgabe von Behandlungsunterlagen nach den üblichen Sätzen abzurechnen. Hier werden regelmäßig die Fotokopiekosten mit 0,50 Euro je Seite berechnet. Selbstverständlich sind die Kosten der Duplizierung von Modellen und Röntgenaufnahmen gesondert zu vergüten.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Herausgabe der Unterlagen kann verweigert werden, falls der Patient oder dessen Vertreter keine Kostenübernahmeerklärung vorlegt - solange ist der Zahnarzt nicht in Verzug. Zudem darf die Praxis darauf verweisen, dass die Unterlagen nicht verschickt werden müssen. Es reicht aus, den Patienten darauf zu verweisen, dass die Unterlagen gegen Zahlung der Kopiekosten in der Praxis abgeholt werden können.

     

    Laut Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 9. November 2011 (Az. 8 W 20/11, Abruf-Nr. 120070) muss ein Arzt noch nicht einmal reagieren, wenn vom Patienten nur die Zusendung von Kopien verlangt wird, allerdings eine Kostenerstattung gerade nicht angeboten und zugesagt wird. Wird der Behandler gebeten, Krankenunterlagen herauszugeben, ist zunächst der Patient vorleistungspflichtig. Das gilt auch, wenn er für oder im Einverständnis des Versicherers Unterlagen vorgelegt haben möchte. Die Pflicht ergibt sich aus § 811 Abs. 2 S. 2 BGB (LG Dortmund, Beschluss vom 3. Januar 2012, Az. 4 O 75/11, Abruf-Nr. 145193; OLG Hamm, Beschluss vom 1. Juni 2011 Az. 3 U 74/11; OLG Hamm, Beschluss vom 7. November 2011, Az. 1-3 U 140/11, Abruf-Nr. 145194).

    Das neue Patientenrechtegesetz

    Die Einsichtnahme in die Patientenunterlagen ist mittlerweile in § 630g BGB geregelt. Dort ist ausdrücklich aufgeführt, dass der Patient Abschriften auch einer elektronischen Akte gegen entsprechende Kostenerstattung erhalten kann. An der Vorleistungspflicht und der Zug-um-Zug-Situation ändert sich allerdings auch durch das neue Patientenrechtegesetz nichts.

    Ist die Weitergabe der Kosten für eine Auskunft möglich?

    Regelmäßig wird vom eigenen Patienten eine fachliche Stellungnahme der Praxis für die Versicherung angefordert. Zahlungspflichtiger ist dann der Patient. Allerdings wird häufig übersehen, dass es eine Vorschrift gibt, die die Weitergabe der Kosten ermöglicht. Hier ist auf § 202 VVG zu verweisen : „ ... hat der Versicherungsnehmer das Gutachten oder die Stellungnahme auf Veranlassung des Versicherers eingeholt, hat der Versicherer die entstandenen Kosten zu erstatten.“ Bei der Beantwortung der Anfrage einer PKV ist daher der jeweilige Patient Primärschuldner; er kann allerdings seine Versicherung in Anspruch nehmen, sofern keine tariflichen Ausschlussklauseln vorliegen.

    Die Vergütungsvereinbarung nach BGB sollte getroffen werden, wenn die Auskunft verlangt wird, aber bevor die Stellungnahme an die PKV gesandt wird. Dies kann in einem kurzen Musterschreiben erfolgen, wonach dann Auskünfte erteilt werden, wenn die definitive Zusage der Versicherung zur Übernahme der Kosten erfolgt. Dazu folgendes Muster:

     

    • Musterschreiben

    An die Private Krankenversicherung ..........................................

     

    Honorierung Ihres Auskunftsersuchens vom ..................

     

    Patient/in: ..................................................................................

     

    Sehr geehrte Damen und Herren,

     

    selbstverständlich bin ich gern bereit, Ihr oben genanntes Auskunftsersuchen unter den nachfolgend aufgeführten Voraussetzungen zu bearbeiten:

     

    1. Aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht bitte ich Sie, Ihre(n) Versicherte(n) zu veranlassen, dass ich in diesem betreffenden Fall von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden werde. Ich bitte um Übermittlung der entsprechenden Erklärung zur Entbindung von der Schweigepflicht.

     

    2. Da es sich bei Ihrem Auskunftsersuchen nicht um eine medizinisch notwendige Heilbehandlung handelt, die mithin nicht nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) oder der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) liquidiert werden kann, bitte ich um schriftliche Bestätigung, dass Sie mir die nachfolgend aufgeführten Aufwendungen

     

    • Beantwortung Ihrer Anfrage
    • Röntgenaufnahmen (Vervielfältigung)
    • Kopien von Dokumentationen
    • Modelle
    • Portokosten

     

    gemäß §§ 612, 670 BGB mit ......................... Euro erstatten.

     

    3. Die gewünschten Patientenunterlagen werde ich ausschließlich an Ihren Beratungszahnarzt und nicht an Ihre Geschäftsstelle übermitteln. Ich darf Sie deshalb bitten, mir die Anschrift Ihres Beratungszahnarztes mitzuteilen, damit die Unterlagen an diesen übersandt werden können.

     

    Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass ich das an mich gerichtete Auskunftsersuchen erst nach Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen beantworten werde.

     

    Mit freundlichen Grüßen

     

    Weiterführender Hinweis

    • Das Muster dieser Vereinbarung kann auf der PA-Website (pa.iww.de) im Download-Bereich aufgerufen und in der Praxis verwendet werden.
    Quelle: Ausgabe 09 / 2015 | Seite 14 | ID 43538486