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  • 01.06.2007 | Laborabrechnung

    Für Laborleistungen sind die angemessenen Kosten und nicht die BEB-Gebühren zu erstatten

    von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Emil Brodski und Rechtsanwältin Katrin Völker, München, www.brodski-lehner.de

    Im Dauerstreit um die Erstattung von Laborleistungen hat das Amtsgericht (AG) Wuppertal am 5. April 2007, Az: 39 C 325/05 (Abruf-Nr. 071788)) ein höchst aufschlussreiches Urteil im Sinne der Zahnärzteschaft gefällt. Strittig waren die Laborkosten, die ein in Bayern niedergelassener Zahnarzt gegenüber seinem bei der Barmenia privat versicherten Patienten abgerechnet hatte. Dem Standpunkt vieler privater Krankenversicherer, ihren Versicherungsnehmern nicht mehr erstatten zu brauchen als in der von den Spitzenverbänden der Zahntechniker entwickelten Bundeseinheitlichen Benennungsliste für zahntechnische Leistungen (BEB) festgehalten ist, wurde eine klare Absage erteilt. Dabei hat das AG Wuppertal auch einige Fragen beantwortet, die im zahnärztlichen Praxisalltag bislang erheblichen Argumentationsaufwand verursacht haben.  

    Allein die Angemessenheit im Einzelfall ist maßgeblich

    Eine zentrale Aussage im zugunsten des Patienten gegen die Barmenia ergangenen Urteil lautet: „Weder die ‚bundeseinheitliche Benennungsliste für zahntechnische Leistungen‘ noch sonstige Regelungen geben für das zwischen den Parteien bestehende Versicherungsverhältnis bindende Maßstäbe für die Ermittlung der erstattungsfähigen Kosten bei zahntechnischen Leistungen vor. Vielmehr ist die Angemessenheit der geltend gemachten Kosten im Einzelfall zu prüfen.“ Damit liegt das AG auf einer Linie mit weiteren Gerichten, die bereits in diesem Sinn entschieden haben.  

    Konsequent hat das AG Wuppertal genau diese Einzelfallprüfung dann auch vorgenommen. Das Gericht hat einen Sachverständigen mit der Feststellung beauftragt, ob die vom Zahnarzt abgerechneten Laborkosten vor Ort üblich und angemessen waren. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass das Gericht den Einwand der Versicherung, in einem anderen Bundesland lägen die durchschnittlichen Kosten einer Produktionsstunde unter den vom Sachverständigen für den Praxisstandort des Zahnarztes ermittelten Kosten, ausdrücklich verworfen hat. Das AG führt in dazu lebensnah wörtlich aus: „Bei der Frage der Angemessenheit der Kosten ist auf den Bereich abzustellen, in dem der behandelnde Zahnarzt und das von diesem beauftragte Zahnlabor ansässig sind.“ Zu gerne unterschlagen die Assekuranzunternehmen, dass Zahnärzte und Labore beispielsweise in München, Stuttgart oder Hamburg höheren Praxisbetriebskosten ausgesetzt sind und daher anders kalkulieren müssen.  

    Qualität darf ihren Preis haben

    Neben der Frage nach der Ortsüblichkeit hat das AG Wuppertal dem Gutachter zudem die Frage nach der Angemessenheit der abgerechneten Laborkosten zur Klärung aufgegeben. Auch in diesem Punkt hat der Sachverständige die Liquidation des Zahnarztes bestätigt. Insbesondere der Umstand, dass die Laborarbeiten mit der Lupenbrille gefertigt seien und stets von einem Meister ausgeführt oder beaufsichtigt wurden, gewährleistet nach Ansicht des Sachverständigen eine hohe Qualität, deren Preis vom Labor angemessen berechnet worden ist. Keineswegs seien die Kosten, wie von der Barmenia eingewandt, „exorbitant überhöht“.  

    Kalkulation muss nicht offengelegt werden

    Gegen die Stellungnahme des Sachverständigen versuchte sich die Versicherung mit dem Einwand zur Wehr zu setzen, dass eine Feststellung der Angemessenheit der abgerechneten Laborkosten nur möglich sei, wenn das Labor seine betriebswirtschaftliche Kalkulation vorlegen würde. Erfreulicherweise hat das Gericht auch diese Argumentation verworfen: Da niemand von dem Labor die Vorlage seiner innerbetrieblichen Kalkulation verlangen könne, dürfe sich dies nicht auf den Erstattungsanspruch des klagenden Patienten auswirken.  

    Fazit

    Die Taktik der Versicherung, mit immer neuen Anforderungen Patienten und Zahnärzten einen kaum zu bewältigenden Rechtfertigungsaufwand für die Liquidationen aufzubürden, ist nicht aufgegangen. Das Wuppertaler Gericht hat die beiden tragenden Säulen, auf denen eine Laborabrechnung zu stehen hat, klar herausgearbeitet: Ortsüblichkeit und Angemessenheit. Weiß der Zahnarzt, dass sein Labor qualitativ hochwertige Arbeit auf einem soliden, dem Grundsatz der Ortsüblichkeit entsprechenden Fundament abrechnet, braucht er sich weder auf die BEB-Liste noch auf die Preise ortsfremder Anbieter von Laborleistungenverweisen zu lassen. Und schon gar nicht muss er die Bücher seines Labors offenlegen.