Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Kostenerstattung

    So vermeiden die Kostenerstatter Präzedenzfälle: Anerkenntnis oder Zahlung vor Prozessende

    von Rechtsanwältin Doris Mücke, Bad Homburg

    | Die häufigsten Erstattungsstreitigkeiten mit privaten Krankenversicherern (PKVen) beziehen sich auf die Kürzung berechneter zahntechnischer Laborkosten und die medizinische Notwendigkeit geplanter Behandlungen. Außerdem werden Kürzungen bei der Berechnung einzelner Leistungen vorgenommen. Trotz vieler Klageverfahren gibt es kaum Urteile. Woran liegt das? |

     

    Klagen gegen Kostenerstatter führen oft zu einem positiven Ergebnis

    Häufig bleiben Kostenerstatter trotz anwaltlicher Intervention bei ihrer Leistungsverweigerung - nicht zuletzt in der Erwartung, dass der Versicherte aus Kostengründen von einer Klage absieht. Klagen sind regelmäßig langwierig und arbeitsaufwendig. Dennoch gilt: Erreichen die Leistungskürzungen Beträge, die für den Versicherten nicht mehr hinnehmbar sind, und entschließt er sich zur gerichtlichen Geltendmachung, so wird er bei qualifizierter anwaltlicher Vertretung meistens mit einem für ihn positiven Klageergebnis belohnt.

     

    Versicherer versuchen, für sie ungünstige Präzedenzfälle zu vermeiden

    Da es bei den Streitigkeiten häufig auf grundsätzliche rechtliche Erwägungen ankommt, besteht ein Interesse des Versicherers daran, für ihn ungünstige Urteilsbegründungen und deren Veröffentlichung zu vermeiden. Zeichnet sich im Rahmen eines Rechtsstreits ab, dass das Gericht der Rechtsauffassung des klagenden Patienten zustimmt, oder ergibt die Durchführung des Beweisverfahrens, dass zum Beispiel die medizinische Notwendigkeit der Behandlung begründet ist, machen Versicherer oftmals von der Möglichkeit Gebrauch, den Klageanspruch in vollem Umfang anzuerkennen oder vor dem Prozessende die Klageforderung nebst Zinsen zu begleichen. Damit können sie den Erlass eines Urteils verhindern, das eine gerichtliche Begründung dazu enthält, warum der Versicherer zur Leistung verpflichtet ist.

     

    Zwar bleibt der positive Prozessausgang durch Anerkenntnis oder Erstattung für den Kläger erfreulich, da er die gewünschte Erstattung bekommt. Für die Gemeinschaft der Versicherten ist er jedoch wenig hilfreich, weil das „Warum“ der Verurteilung des Versicherers im Anerkenntnisurteil nicht dargelegt wird. Ein Urteil zu Ungunsten des Versicherers mit Entscheidungsbegründung wird angesichts dieses taktischen Verhaltens zunehmend zur Ausnahme.

     

    Taktik ist auch bei langjährigen Verfahren bis zum BGH zu beobachten

    Die Taktik der Versicherer, in letzter Minute eine für sie ungünstige „begründete“ Gerichtsentscheidung zu verhindern, wird im Übrigen auch bei Rechtsstreitigkeiten beklagt, die nach langjähriger Prozessdauer vor dem Bundesgerichtshof (BGH) zur höchstrichterlichen Entscheidung gelangen. Oftmals werden derartige „Musterprozesse“ - soweit sich eine für den Versicherer ungünstige höchstrichterliche Entscheidung abzeichnet - in letzter Minute durch ein bloßes Anerkenntnis oder die Zahlung des Versicherers beendet.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2013 | Seite 1 | ID 42272730