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  • · Fachbeitrag · Forderungseinzug

    Prophylaxe in eigener Sache: Beugen Sie frühzeitig der Verjährung Ihrer Forderung vor!

    von Anja Mehling, Syndikusanwältin, FAin für Medizinrecht, Health AG, Hamburg

    | Alljährlich stellt sich die Frage, ob zahnärztliche Honorarforderungen zum Ende des Jahres verjähren können. Mit der Prüfung sollte nicht erst kurz vor Jahresende begonnen werden. Anderenfalls fehlt u. U. die Zeit, um rechtzeitig ausreichende Maßnahmen einzuleiten, damit Forderungen nicht verjähren. |

    Wann tritt Verjährung ein?

    Zahnärztliche Honoraransprüche verjähren gemäß § 195 BGB regelhaft nach drei Jahren. Die Frist beginnt mit dem Jahresende, in dem der Anspruch entstanden ist. Das ist der Fall, wenn er erstmals im Wege der Klage geltend gemacht werden kann. Voraussetzung ist grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs. Ab diesem Zeitpunkt kann der Zahnarzt die Bezahlung seiner Liquidation verlangen bzw. muss der Zahlungspflichtige die Forderung erfüllen.

     

    Der zahnärztliche Honoraranspruch wird fällig, wenn die zahnärztlichen Leistungen vollständig erbracht worden sind. Zudem sind die Bestimmungen der GOZ zu beachten. § 10 Abs. 1 GOZ regelt, dass die Vergütung fällig wird, wenn der Zahlungspflichtige eine den Vorschriften der GOZ entsprechende Liquidation erhalten hat. Mithin verjähren Honorarforderungen, die im Jahr 2013 in Rechnung gestellt worden sind, grundsätzlich mit Ablauf des 31.12.2016 (§ 199 Abs. 1 BGB).

    Wann sollte abgerechnet werden?

    Eine gesetzliche Frist, innerhalb derer die erbrachten Leistungen abgerechnet werden müssen, gibt es nicht. Allgemein üblich ist eine Rechnungserstellung unmittelbar nach Behandlungsabschluss bis zum Ablauf des Kalenderjahres. Rechnungen sollten zeitnah gestellt werden. Erfahrungsgemäß ist die Zahlungsbereitschaft nach - erfolgreicher - Beendigung der Behandlung höher, als wenn bereits einige Zeit vergangen ist.

     

    Wenn seit dem Zeitpunkt, in dem die Rechnung hätte erteilt werden können, die Verjährungsfrist von drei Jahren noch nicht vergangen ist, dann kann der Patient bei Hinzutreten weiterer Umstände dennoch mit Erfolg einwenden, eine verzögerte Rechnungsstellung sei missbräuchlich und die Forderung sei verwirkt. Ein Recht ist verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment) und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten begründet darauf eingerichtet hat, dass dieser das Recht wohl auch in Zukunft nicht mehr geltend machen werde (Umstandsmoment).

     

    Es ist nicht abschließend gerichtlich geklärt, wie viel Zeit sich ein Zahnarzt zur Abrechnung seiner Behandlung nehmen kann, ohne dass der Patient diesen Einwand mit Erfolg führen kann. Die Gerichte gehen überwiegend davon aus, dass eine Verwirkung nicht vor Ablauf von drei Jahren eintreten kann (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 09.01.2008; AG München, Urteil vom 28.09.2010, Az. 2013 C 18634/10).

    Welche Maßnahmen sollten ergriffen werden?

    Der Zahnarzt muss rechtzeitig vor dem Stichtag Maßnahmen treffen, um seine Forderungen nicht verjähren zu lassen. Einfache Mahnungen genügen nicht. Die Verjährung wird z. B. durch die Erhebung einer Klage auf Zahlung des Honorars oder die Zustellung eines Mahnbescheids im gerichtlichen Mahnverfahren gehemmt (§ 204 Abs. 1 BGB). Leistet der Zahlungspflichtige Teilzahlungen, beginnt die Verjährungsfrist vollständig erneut zu laufen (§ 212 Abs. 1 BGB).

     

    Soweit der Patient keine Einwände gegen die Forderung erhoben hat, bietet sich die Durchführung eines automatisierten gerichtlichen Mahnverfahrens an. Der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids kann ohne anwaltliche Hilfe gestellt werden. Ein Mahnverfahren ist kostengünstiger und erlaubt bei problemlosem Durchlauf die schnelle Titulierung. Wenn Einwände des Patienten bekannt sind, ist die Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens nicht sinnvoll - es sei denn, der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids soll genutzt werden, um schnell und einfach die Hemmung der Verjährung auszulösen. Das kann auch Basis für weitere Gespräche mit dem Patienten sein. In jedem Fall sollte sich der Zahnarzt bei Durchführung eines Klageverfahrens nicht selbst vertreten, sondern einen im Zahnarztrecht versierten Anwalt beauftragen.

     

    Checkliste / Die wichtigsten Punkte im Überblick

    1.

    Die Behandlung sollte zeitnah - unmittelbar nach Abschluss der Behandlung, spätestens zum Jahresende - abgerechnet werden.

    2.

    Wenn dem Patienten die Rechnung persönlich übergeben wird, sollte dies in der Dokumentation vermerkt werden. Im Falle des postalischen Versands und unterbliebener Reaktion des Zahlungspflichtigen empfiehlt sich eine telefonische Nachfrage.

    3.

    Es sollte ein regulärer Ablauf zum Mahnwesen bestehen. Üblich, aber nicht zwingend, sind eine Zahlungserinnerung etwa vier Wochen nach Rechnungserhalt und zwei weitere Mahnungen im Abstand von zwei Wochen. Mit dem Mahnwesen sollte möglichst nur eine Person beauftragt werden, die ein transparentes und beständiges System nachhält.

    4.

    Wurde die Rechnung während des zuvor genannten Mahnlaufs nicht gezahlt, sollte zügig über weitere Schritte entschieden werden (Mahnverfahren und/oder Anwalt). Bevor ein Mahnverfahren eingeleitet oder ein Anwalt beauftragt wird, ist zu prüfen, ob die Anschrift des Zahlungspflichtigen stimmt und ob Zahlungen geleistet worden sind.

    5.

    Grundsätzlich sollten einmal jährlich, spätestens Anfang des letzten Quartals, alle offenen Rechnungen unabhängig vom Alter geprüft werden.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Beachten Sie hierzu auch folgende Beiträge: „Professionelles Forderungs-Management in der Zahnarztpraxis: Strategien und Arbeitshilfen“ in PA 04/2008; „OLG Nürnberg: Keine Verwirkung des Honoraranspruchs trotz später Rechnungsstellung“ in PA 02/2000.
    Quelle: Ausgabe 09 / 2016 | Seite 1 | ID 44231112