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  • 07.07.2011 | Beihilfe

    Patienteninformation zur „pauschalen“ Ablehnung eines erhöhten Steigerungsfaktors

    In der letzten Zeit häufen sich die Fälle in den Praxen, bei denen die Beihilfe sämtliche Begründungen bei erhöhtem Steigerungsfaktor nicht anerkennt und die Erstattung aller Leistungen auf den Faktor 2,3 begrenzt. Die Patienten sind zum Teil natürlich verärgert, da sie einen großen Teil des Rechnungsbetrages selbst tragen müssen. Besonders ärgerlich ist es für die Praxis dann, wenn der Patient droht, den Zahnarzt aufgrund der Nichterstattung zu wechseln. Die folgende Patienteninformation soll dem entgegenwirken und das Vertrauensverhältnis zwischen Behandler und Patient bzw. Zahlungspflichtigem stärken.  

     

    Sehr geehrte(r) Herr, sehr geehrte Frau (Name des Patienten),  

     

    die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) enthält die Vorgaben, die der Zahnarzt bei der Berechnung privatzahnärztlicher Leistungen gegenüber seinem Patienten zu beachten hat. In § 10 Abs. 3 GOZ ist bestimmt: „Überschreitet die berechnete Gebühr nach Absatz 2 Nr. 2 das 2,3-fache des Gebührensatzes, ist dies schriftlich zu begründen. Auf Verlangen ist die Begründung näher zu erläutern.“  

     

    Präzise Aussagen zum Umfang, aber auch zum Inhalt der geforderten Erläuterungen gemäß § 10 Abs. 3 GOZ hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 20. Juli 1992 (Az: 4 S 962/91) gemacht, in dem es unmissverständlich heißt: „Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung ist, dass für die nach der Gebührenordnung erforderliche Begründung eine stichwortartige Kurzbegründung genügt. Das ergibt sich daraus, dass die Begründung (erst) auf Verlangen näher zu erläutern ist. Auch hinsichtlich der Erläuterung dürfen die Anforderungen nicht überspannt werden. Notwendig, aber auch ausreichend ist, dass der Arzt die nach § 5 Abs. 2 Satz 4 erforderlichen Besonderheiten der Bemessungskriterien im Einzelfall so darlegt, dass sie dem Patienten - gegebenenfalls nach Erläuterung medizinischer Fachbegriffe auf Verlangen - nachvollziehbar sind.“ Und nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 5. April 2011 (Az: 5 LB 231/10) müssen den Schwellenwert überschreitende beihilfefähige Aufwendungen nicht besonders außergewöhnliche Schwierigkeiten aufweisen. Vielmehr reiche es aus, wenn der Zahnarzt Schwierigkeiten, die über dem Durchschnitt liegen, schriftlich begründet stichwortartig darlegt.  

     

    In meiner Praxis werden dem Patienten sämtliche Besonderheiten, die im Einzelfall die Überschreitung des Mittelsatzes rechtfertigen, mündlich erläutert, sofern er darauf Wert legt. Ebenso werden ihm die Bemessungskriterien ausführlich dargelegt. Wir richten unsere Begründungen somit an der für uns ausschließlich maßgeblichen Gebührenordnung für Zahnärzte aus.  

     

    Mit einer pauschalen Nicht-Anerkennung der Begründungen handelt die Beihilfestelle übrigens eigenen Richtlinien zuwider. So ist zum Beispiel in einem Runderlass des Finanzministeriums NRW vom 19. August 1998 festgehalten, dass lediglich „allgemein gehaltene Bemerkungen ohne konkreten Bezug auf die einzelne Leistung“ der Erläuterungspflicht nicht genügen. Ansonsten reiche eine „stichwortartige Kurzbegründung aus, wenn in ihr die Besonderheiten bei der Erbringung der einzelnen Leistung substantiiert angesprochen sind.“  

     

    Ich bedaure, wenn sich das Erstattungsverhalten der Beihilfe zu Ihrem Nachteil auswirkt. Aber bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich Kürzungen meiner ordnungsgemäßen Liquidation allein aus diesem Grund nicht akzeptieren kann.  

    Das Musterschreiben erhalten Sie auch unter dem nachstehenden Link.  

    Quelle: Ausgabe 07 / 2011 | Seite 15 | ID 146577