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  • · Fachbeitrag · Aktuelle Gesetzgebung

    Rabatte, Skonti und Beteiligungen - was ist nach dem Antikorruptionsgesetz noch erlaubt?

    von Anja Mehling, Syndikusanwältin, FAin für Medizinrecht, Health AG, Hamburg

    | Das Antikorruptionsgesetz ist am 4. Juni 2016 in Kraft getreten. Damit wurden zwei neue Straftatbestände (§§ 299a und 299b StGB) eingeführt, die Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen unter Strafe stellen. Bestraft werden sollen sowohl der Heilberufler, der sich bestechen lässt, als auch derjenige, der besticht. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll damit gewährleistet werden, dass heilberufliche Verordnungs-, Abgabe- und Zuführungsentscheidungen frei von unzulässiger Einflussnahme getroffen werden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, in welcher Form das Gewähren von Preisnachlässen etc. weiterhin erlaubt ist. |

    Zahnarzt und Implantathersteller

    Wenn der Zahnarzt beim Bezug von Implantaten Preisnachlässe (Geld- und Naturalrabatte wie „10 zum Preis von 8“) erhält, muss er diese im Rahmen der Abrechnung gegenüber dem Patienten als solche weitergeben bzw. mit dem von ihm gezahlten Preis veranschlagen. Unterlässt der Zahnarzt dies, macht er sich schon nach der jetzigen Rechtslage wegen Betrugs (§ 263 StGB) strafbar, denn er ist gemäß § 9 GOZ verpflichtet, die tatsächlich entstandenen Auslagen auszuweisen. Korruptiv wird dieses Verhalten zusätzlich, wenn sich der Zahnarzt bei seiner Einkaufsentscheidung von kostenlosen Draufgaben und Preisnachlässen beeinflussen lässt und sich Patienten nicht mehr darauf verlassen können, dass die Entscheidung aus medizinischen Erwägungen und in ihrem Interesse getroffen wird.

    Zahnarzt und Dentallabor

    Gleiches gilt in der Zusammenarbeit zwischen Zahnarzt und Dentallabor. Bezieht der Zahnarzt von einem Dentallabor zahntechnische Leistungen besonders preiswert und rechnet er gegenüber dem Patienten ab, ohne die Preisvergünstigungen an ihn weiterzugeben, so ist das wegen Betrugs strafbar. Wird der Zahnarzt durch nicht weitergegebene Geld- oder Naturalrabatte zur alleinigen Zusammenarbeit mit dem Dentallabor motiviert bzw. verpflichtet, kann ein solches Verhalten die neuen Straftatbestände erfüllen.

     

    Der Bundesgerichtshof hat bereits im Jahr 2012 (Urteil vom 23. Februar 2012, Az. 1 ZR 231/10, Abruf-Nr. 122543) entschieden: Es stellt eine unangemessene unsachliche Einflussnahme auf die zahnärztliche Diagnose- und Therapiefreiheit dar, wenn sich Zahnärzte vertraglich dazu verpflichten, ein von einer GmbH betriebenes Dentallabor mit sämtlichen bei der Behandlung ihrer Patienten anfallenden Dentallabor-Leistungen zu beauftragen und die Zahnärzte durch eine gesellschaftsrechtliche Konstruktion am Gewinn dieser GmbH partizipieren könnten. Die auf eine solche unangemessene unsachliche Einflussnahme gerichtete Vertragsbestimmung ist gemäß § 134 BGB in Verbindung mit dem Berufsrecht sowie §§ 3, 4 Nr. 1 UWG nichtig.

     

    Der Gesetzgeber hat die Inhalte dieser Entscheidung bei seiner Begründung zum Entwurf des Antikorruptionsgesetzes berücksichtigt: Ärzte und Zahnärzte sind berufsrechtlich gehalten, die Entscheidung darüber, an wen sie einen Patienten verweisen oder wem sie Untersuchungsmaterial zur Laboruntersuchung überlassen, mit Blick auf das Patienteninteresse allein nach ärztlichen Gesichtspunkten zu treffen. Der Gesetzgeber hat ebenso wie der Bundesgerichtshof ausdrücklich betont, dass sich etwas anderes auch nicht aus § 11 Musterberufsordnung-Zahnärzte (Stand: 7. November 2014) ergebe. Demnach ist es Zahnärzten ausdrücklich erlaubt, ein eigenes Labor zu betreiben oder sich mit anderen zu Laborgemeinschaften zusammenzuschließen.

    Skonto oder Rabatt?

    Überwiegend wird davon ausgegangen, dass Skonti höchstens bis zu 3 Prozent bei Barzahlung innerhalb von 10 bis 14 Tagen nach Rechnungszugang nicht weitergegeben werden müssen. Dabei wird darauf verwiesen, dass Skonti dem Ausgleich des Zinsverlustes bzw. der Abgeltung der Vorfinanzierung der Vergütung der zahntechnischen Leistungen dienen (OLG Koblenz, Beschluss vom 23. September 2004, Az. 10 U 90/04, Abruf-Nr. 050673). Skontovereinbarungen, die einen Abzug vom Rechnungsbetrag nach Ablauf von 14 Tagen ermöglichen, sind jedoch kritisch zu hinterfragen.

     

    Häufig sind die begehrten und gewährten Skonti tatsächlich keine Skonti. Sobald nach Ablauf einer Skontofrist skontiert wird, stellt dies einen erzwungenen Rabatt dar. Wenn dieser Rabatt im Rahmen einer stillschweigenden Vereinbarung durch das Dentallabor hingenommen wird, um Auftragnehmer bzw. im Wettbewerb zu bleiben, dann ist ein solches Vorgehen unter Beachtung der neuen Strafnormen wiederum problematisch.

     

    Das OLG Frankfurt meinte schon in einem Urteil vom 16. Februar 2001 (Az. 24 U 128/99, Abruf-Nr. 020385), dass eine ausdrückliche „Skonto-Vereinbarung“ zwischen einem Zahnarzt und einem Zahntechniker zum Nachteil von Patienten und Krankenkassen sittenwidrig wäre: Wenn der Zahntechniker vereinbarungsgemäß stets die volle Vergütung in Rechnung stellt und der Zahnarzt diese an die betroffenen Patienten - bzw. die für ihre Mitglieder eintretenden gesetzlichen Krankenkassen - „weiterreicht“, in Wahrheit aber nicht die vollen in Rechnung gestellten Vergütungen, sondern um einen Skontoabzug verminderten Satz zahlen soll, hat diese Abrede betrügerischen Gehalt.

    Zusammenfassung

    Soweit Preisnachlässe an Patienten weitergegeben werden, hat der Zahnarzt keinen Vorteil. In der Praxis kann die Bestimmung von zulässigen und nicht weiterzureichenden Preisnachlässen sowie die Abgrenzung zwischen einer gewünschten und zulässigen Kooperation und einer strafbaren Zusammenarbeit schwierig sein. Es kann vom Zahnarzt auch nicht immer erwartet werden, eine richtige rechtliche Einordnung vorzunehmen.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2016 | Seite 2 | ID 44071677