Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Abrechnungsorganisation

    Lücken und Tücken in der Abrechnung und wie man darauf reagieren kann

    von Stephan F. Kock, Kock + Voeste Existenzsicherung für die Heilberufe GmbH, Berlin, www.kockundvoeste.de

    | Noch immer gehören Abrechnungsfehler in vielen Praxen zur Tagesordnung. Dabei verschenken sie bis zu 60.000 Euro pro Jahr. Wer kann sich einen Verlust in diesem Ausmaß leisten? Und das in jedem Jahr? Niemand. Daher enthält dieser Beitrag Hinweise, wie man das vermeiden kann. |

    Elf Faktoren, die Sie prüfen sollten

    Unzureichende und mangelhafte Abrechnung gehört zu den wesentlichen Risikofaktoren. Wo Geld in großen Summen verschenkt wird, dort kann schnell die Liquidität und damit die wirtschaftliche Existenz der Praxis gefährdet sein. Viele Fehler ließen sich mit einfachen Maßnahmen vermeiden. Die folgenden elf Faktoren sollten Sie dabei genauer unter die Lupe nehmen.

     

    Faktor 1: Aufmerksamkeit

    Viele Fehler passieren allein schon deshalb, weil der Abrechnung zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. In vielen Praxen ist es üblich, dass die Abrechnung zwischendurch erledigt wird. Ungestörtes Arbeiten ist damit ausgeschlossen. Es mangelt an Konzentration, Fehler sind vorprogrammiert.

     

    PRAXISHINWEIS | Schaffen Sie für die Tätigkeit der Abrechnung ein störungsfreies Arbeitsumfeld. Ein separates Büro, keine Unterbrechungen beispielsweise durch Telefonklingeln etc. ist wünschenswert. Aber auch schon mit kleinen Maßnahmen lässt sich für mehr Ruhe und Ungestörtheit sorgen. Beispielsweise können bereits fest für die Abrechnung geblockte Zeiten außerhalb von Sprech- und Telefonzeiten (!) zu einer deutlichen Verbesserung führen.

     

    Faktor 2: Wechselzeit

    In vielen Praxen sind im Zuge von Effizienzsteigerungen die Wechselzeiten in den Behandlungszimmern sehr knapp bemessen. Sind diese zu kurz ausgelegt, wird nur noch das Nötigste dokumentiert. Die Arbeit am Patienten wie auch die Durchführung von Hygienemaßnahmen haben Vorrang - auf Kosten einer umfassenden Dokumentation. Aber: Was nicht dokumentiert ist, kann nicht abgerechnet werden. Und so ist auch in diesem Fall Zeit bares Geld wert.

     

    PRAXISHINWEIS | Fragen Sie Ihr Team, wie es mit den Wechselzeiten zurechtkommt. Tauschen Sie sich mit Ihren Kollegen aus, welche Dauer in ihren Praxen für die Wechselzeiten vorgesehen ist und welche Erfahrungen sie damit haben. Nur wenn die organisatorischen Abläufe in der Praxis optimal ineinandergreifen, können ausreichend Kapazitäten für die benötigten Anforderungen zur Verfügung gestellt werden.

     

    Faktor 3: Informationsfluss und Kommunikation

    Abrechnung und Behandlung liegen in der Regel nicht in ein und derselben Hand. In vielen Praxen ist der Zahnarzt während der Behandlung allein mit seinem Patienten. Eine parallele Erfassung der Behandlung seitens der Mitarbeiter wäre optimal, ist jedoch oft nicht darstellbar. Schnell mangelt es in der Abrechnung an umfassender Information über den genauen Behandlungsverlauf - nicht erfasst ist nicht abgerechnet.

     

    PRAXISHINWEIS | Sorgen Sie für ausreichenden Austausch der für die Abrechnung benötigten Informationen. So kann beispielsweise parallel zur Behandlung eine Mitarbeiterin den Verlauf bzw. die einzelnen Leistungen direkt erfassen und dokumentieren. Geeignet können auch regelmäßige Fallbesprechungen zwischen Behandler und Abrechnungsmitarbeiterin sein, um eventuell abrechnungsrelevante Informationslücken zu schließen. Bewährt hat sich in vielen Praxen ein tägliches Gespräch, im Anschluss an die Sprechzeit. Je weniger Zeit zwischen Behandlung und Fallbesprechung vergeht, desto umfassender erweist sich normalerweise das Erinnerungsvermögen.

     

    Faktor 4: Kontrolle

    Selbst wenn täglich ein ausführliches Gespräch zwischen dem Behandler und der Abrechnungsmitarbeiterin stattfindet, lassen sich Missverständnisse nicht ausschließen. Am Ende sind das Fehler, die dafür sorgen, dass erbrachte Leistungen womöglich gar nicht oder falsch abgerechnet werden. Nur der behandelnde Arzt allein kann sicherstellen, dass die Dokumentation der durch ihn erbrachten Leistungen auch sachlich richtig ist.

     

    PRAXISHINWEIS | Sorgen Sie für entsprechenden Freiraum, um diesen wichtigen Kontrollaufgaben nachkommen zu können. Dabei geht es nicht um das Ahnden einzelner Fehler, sondern um das Schließen von Kommunikationslücken. Sehen Sie sich die Tagesprotokolle an und überprüfen Sie die gemachten Eingaben. Am Ende liegt es in Ihrem Verantwortungsbereich, dass die Abrechnungen, die Ihre Patienten bzw. deren Versicherer erreichen, vollumfänglich korrekt sind.

     

    Faktor 5: Schema F

    Ausnahmen bestätigen die Regel. Das gilt in gewissem Maße auch für die Abrechnung. In vielen Praxen wird beispielsweise standardmäßig mit dem Faktor 2,3 abgerechnet, denn oft gilt: Sicher ist sicher … Wie und auf Basis welcher Ziffern kalkulieren Sie Ihre Praxisstunde?

     

    PRAXISHINWEIS | Abrechnung ist ein komplexes Themenfeld. Deshalb sind regelmäßige Fortbildungen und Trainings für jede Praxis ein Muss, um auf dem aktuellen Stand zu bleiben. Darüber hinaus kann sich zusätzlich ein regelmäßiger - möglichst einmal pro Jahr - externer und damit neutraler Abrechnungscheck als nützlich erweisen. Die Prüfung durch unabhängige Spezialisten verschafft einen neutralen Außenblick und sorgt für Ihre Sicherheit, dass in Ihrer Praxis auch tatsächlich korrekt abgerechnet wird. So wissen Sie, wie gut Ihre Abrechnung funktioniert.

     

    Faktor 6: Vorsorge

    In vielen Praxen wird das Thema Vorsorge vernachlässigt. Dabei dürften Vorsorgeuntersuchungen bei den Krankenkassen zweimal pro Jahr abgerechnet werden; einmal pro Jahr ist notwendig, damit Patienten ihren Stempel im Bonusheft erhalten. Nur wer lückenlos die im Bonusheft dokumentierten Vorsorgen nachweisen kann, erhält entsprechende Zuzahlungen der Krankenkassen bei gegebenenfalls umfänglicheren Behandlungsleistungen.

     

    Manchmal liegt das Problem in der Praxissoftware - und zwar nicht so sehr in den Möglichkeiten der Programme, sondern eher in der Nutzung. Wiedervorlagen und Erinnerungsfunktionen müssen eingerichtet und gepflegt werden, nur so können sie funktionieren. In manchen Praxen ist die Software bestens eingerichtet und dennoch klappt es nicht. Jeder kennt es: Ungeduldige Patienten oder akute Schmerzpatienten, die verstärkt Aufmerksamkeit benötigen usw. … Schnell wird da ein auf dem Bildschirm zusätzlich eingeblendetes Erinnerungsfenster zum Störfaktor und weggeklickt, um am Ende eines langen turbulenten Praxistages dann ganz vergessen zu werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Schärfen Sie die Wahrnehmung für das Thema Vorsorge in Ihrem Team. Es ist wichtig, dass Vorsorgeleistungen mindestens einmal pro Jahr erbracht und dokumentiert werden. Nur so lassen sich gesundheitliche Probleme frühzeitig erkennen und die damit verbundenen Kosten durch einen erworbenen Bonuszuschuss der Krankenkassen reduzieren.

     

    Faktor 7: Datenschutz

    Wer über einen externen Dienstleister abrechnen lässt, braucht eine Einverständniserklärung der Patienten. Gleiches gilt für die Kommunikation mit Patienten außerhalb medizinisch notwendiger Indikation wie Recall-Systeme und Newsletter. Wer ohne die Einverständniserklärung der Betroffenen Patientendaten weitergibt, macht sich strafbar - und das kann teuer werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Überprüfen Sie, ob Ihr Vorgehen im Rahmen des Datenschutzgesetzes noch aktuell ist, und nehmen Sie gegebenenfalls Anpassungen vor.

     

    Faktor 8: Wissen

    In vielen Praxen ist das Wissen, welche Leistung wie viel kostet, allein auf die mit der Abrechnung betrauten Mitarbeiter beschränkt. Selbstverständlich muss nicht jeder alles wissen. Eine übermäßige Unkenntnis über das Verhältnis von Leistungen und Kosten jedoch führt in der Praxis schnell dazu, dass erbrachte Leistungen gar nicht oder nur unzureichend erfasst und nicht abgerechnet werden können. Ohne ausreichende Kenntnis werden schneller Budgetierungsgrenzen überschritten, was zu Abstaffelungen führt.

     

    PRAXISHINWEIS | Sorgen Sie mit regelmäßigen Schulungen dafür, dass alle - auch die behandelnden Zahnärzte - zumindest im Groben wissen, welche Leistungen wie viel kosten. Schulungen und Trainings helfen, die Wahrnehmung zu schärfen und die Kompetenz Ihres Teams zu steigern.

     

    Faktor 9: Datenpflege

    Daten müssen gepflegt werden - akribisch, regelmäßig und kontinuierlich. Je exakter der Anamnesebogen ausgefüllt, die Daten übertragen und weiter gepflegt werden, desto gezielter kann der Zahnarzt seine Behandlung daran ausrichten. Diese Daten bilden die Basis jeder Abrechnung und brauchen dementsprechende Aufmerksamkeit.

     

    PRAXISHINWEIS | Sorgen Sie dafür, dass Ihr Team ausreichend Zeit hat, die Daten bei den Patienten abzufragen und einzupflegen. Schärfen Sie die Wahrnehmung, warum das aus den verschiedenen Perspektiven so wichtig ist und nur mit vollständigen und gepflegten Daten zu arbeiten ist.

     

    Faktor 10: Prophylaxe

    Viele Krankenkassen unterstützen die Prophylaxe-Behandlung mit Bonuspunkten oder einer Bezuschussung. Wissen Sie und Ihr Team, welche Krankenkassen das sind, und werden Ihre Patienten darauf angesprochen?

     

    PRAXISHINWEIS | Klären Sie den Informationsstand in Ihrem Team. Manchmal kann es hilfreich sein, diese Information mithilfe von Listen dem Praxisteam und den Patienten zur Verfügung zu stellen.

     

    Faktor 11: Labor

    Manchmal liegen die Fehlerquellen in den Abrechnungen der Fremdlabore. Abrechnungsstellen können Fehler in den Heil- und Kostenplänen in der Regel nicht direkt korrigieren, sondern senden sie wieder zurück in die Praxis. Hier entsteht zusätzlicher Verwaltungsaufwand, der vermeidbar gewesen wäre.

     

    PRAXISHINWEIS | Durch eigene Prüfung von Fremdlaborrechnungen vor der Weiterleitung lassen sich etwaige Fehler auf dem „kurzen Wege“ korrigieren. Das schont Ressourcen. Weitere Ersparnisse und Optimierungen sind häufig durch gezielte Ausdehnung von Eigenlabor-Leistungen möglich. Gerade kleinere, individuell zu fertigende Materialien, wie Abdrucklöffel oder Schienen beispielsweise, lohnen sich in der Eigenlabor-Fertigung. Und der Patient profitiert auch, denn längere Warte- und Transportzeiten entfallen auf diese Weise für ihn.

     

    Tipp: Gegebenenfalls die Abrechnungsprozesse überprüfen

    Unausgeschöpftes Potenzial kann sich zum Risikofaktor für das wirtschaftliche Gleichgewicht einer Praxis entwickeln. Abrechnungsprozesse erfordern daher höchste Aufmerksamkeit und gegebenenfalls eine Überprüfung.

     

    Quelle: Ausgabe 12 / 2015 | Seite 4 | ID 43705084