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  • · Fachbeitrag · Umsatzsteuer

    Aktuelle umsatzsteuerliche Brennpunkte bei der Vermietung von Grundstücken

    von Dipl.-Finw. (FH) Thomas Meurer, Baesweiler

    | Die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken ist grundsätzlich umsatzsteuerfrei, sodass man davon ausgehen könnte, dass sich insoweit kaum umsatzsteuerrechtliche Probleme ergeben. Im Hinblick auf die (zeitliche) Ausübung der Option zur Steuerpflicht und die daran anknüpfende Ermittlung des Vorsteuerabzugs sind derzeit jedoch einige praxisrelevante Fragen offen. |

    1. Grundsätzliches

    Nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG ist die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken umsatzsteuerfrei. Darunter fallen sowohl die Vermietung von ganzen Grundstücken (inklusive aufstehendem Gebäude) als auch von Grundstücksteilen, wie z.B. einzelnen Stockwerken, Wohnungen und einzelnen Räumen.

     

    § 4 Nr. 12 S. 2 UStG enthält jedoch auch einige Ausschlusstatbestände. So fällt insbesondere die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung (bis zu 6 Monate) von Fremden bereithält, nicht unter die Umsatzsteuerfreiheit. Hier ist der ermäßigte Steuersatz i.H. von 7 % anzuwenden (§ 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG).

     

    Hinweis | Der BFH hat jüngst seine Auffassung bestätigt, dass die entgeltliche Überlassung möblierter Zimmer an Prostituierte keine umsatzsteuerfreie Vermietung darstellt, wenn zusätzliche Leistungen (wie z.B. Alarmknopf und Gegensprechanlage, die Reinigung der Zimmer, Schaufenster) der Gesamtleistung ein anderes Gepräge geben (BFH 17.12.14, XI R 16/11). Diese Leistungen unterliegen dem Regelsteuersatz (BFH 22.8.13, V R 18/12).

    2. Option zur Steuerpflicht

    Der Vermieter kann auf die Steuerfreiheit verzichten, wenn der Mieter ein Unternehmer ist und für sein Unternehmen anmietet (§ 9 Abs. 1 UStG) und er die angemieteten Flächen ausschließlich vorsteuerunschädlich verwendet (§ 9 Abs. 2 UStG). Das Tatbestandsmerkmal der Ausschließlichkeit legt die Finanzverwaltung dahingehend aus, dass bis zu 5 % Ausschlussumsätze i.S. des § 15 Abs. 2 UStG unschädlich sind (Bagatellgrenze des A 9.2 Abs. 3 UStAE).

     

    PRAXISHINWEIS | In der Praxis wird oftmals die zeitliche Anwendungsregel des § 27 Abs. 2 UStG „übersehen“, die immer noch Bestand hat. Danach ist § 9 Abs. 2 UStG (vorsteuerunschädliche Verwendung) nicht anzuwenden, wenn das auf dem Grundstück errichtete Gebäude vor dem 1.1.98 fertiggestellt wurde und mit der Errichtung vor dem 11.11.93 begonnen worden ist. In diesen Fällen gilt also nur die Optionsbeschränkung des § 9 Abs. 1 UStG.

     

    2.1 Zeitliche Ausübung der Option

    Nach Verwaltungsmeinung ist die Optionsausübung bzw. deren nachträglicher Widerruf nur innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist (formelle Bestandskraft) zur Jahressteuerfestsetzung zulässig (A 9.1 Abs. 3 UStAE). Nach Ablauf dieser Frist kann der Vermieter selbst dann nicht mehr optieren, wenn seine Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) steht.

     

    Dem ist der BFH aber entgegengetreten (BFH 19.12.13, V R 6/12). Danach kann der Verzicht auf die Steuerbefreiung zurückgenommen werden, solange die Steuerfestsetzung für das Jahr der Leistungserbringung anfechtbar oder aufgrund eines Vorbehalts der Nachprüfung noch änderbar ist. Was für die Rücknahme gilt, müsste auch für die erstmalige Ausübung gelten. Die Verwaltung hat sich zu dieser neuen Rechtsprechung bislang noch nicht positioniert.

     

    Dies kann insbesondere bei der Grundstücksübertragung (§ 4 Nr. 9a UStG) von Bedeutung sein, die zunächst irrtümlicherweise als nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen (GiG) i.S. von § 1 Abs. 1a UStG beurteilt wird.

     

    • Beispiel

    Unternehmer A verkauft dem Unternehmer B in 2013 ein unternehmerisch genutztes Gebäude. Das Gebäude hatte A in 2010 herstellen lassen und 500.000 EUR Vorsteuern abgezogen. A und B gehen im Kaufvertrag einstimmig von einer GiG aus, sodass der Berichtigungszeitraum durch B fortzuführen ist (vgl. § 15a Abs. 10 UStG). Sicherheitshalber vereinbaren A und B eine Optionsausübung für den Fall, dass keine GiG vorliegen sollte (bedingte Option). In 2015 stellt sich bei einer Betriebsprüfung heraus, dass tatsächlich keine GiG vorlag. Die Jahreserklärung 2013 des A ist bereits bestandskräftig, steht aber unter dem Vorbehalt des § 164 AO.

     

    Nach Ansicht der Verwaltung erfolgt die bedingte Optionsausübung durch A nicht mehr rechtzeitig, da diese erst in 2015 wirksam wird. Somit ist der Verkauf steuerfrei (§ 4 Nr. 9a UStG) und führt zu geänderten Verhältnissen i.S. des § 15a Abs. 8 und 9 UStG. A muss die Vorsteuern aus der Herstellung für den Restberichtigungszeitraum an das FA zurückzahlen.

     

    Hinweis | Nur bei einer unbedingten Steuerklausel kann von einer im Zeitpunkt des Vertrags wirksam erklärten Option ausgegangen werden. Dies ist anzunehmen, wenn im notariellen Kaufvertrag die unbedingte Option zur Steuerpflicht erklärt wird und die Parteien gleichzeitig vereinbaren, die Grundstückslieferung als GiG zu behandeln (vgl. u.a. OFD Frankfurt 11.3.13, S 7198 A - 25 - St 111).

     

    Der BFH ist hingegen der Meinung, dass A die Option noch ausüben kann. Dies hat zur Folge, dass die Veräußerung zwar steuerpflichtig ist und B insoweit zum Steuerschuldner wird (§ 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG), aber bei A keine geänderten Verhältnisse i.S. des § 15a UStG vorliegen.

     

    2.2 Teiloption

    Auch ein teilweiser Verzicht auf die Steuerfreiheit ist möglich, wenn die Teilflächen eindeutig bestimmbar sind (BFH 24.4.14, V R 27/13). Dies ist bei einer Abgrenzung nach baulichen Merkmalen, wie etwa nach den Räumen eines Mietobjekts, zu bejahen. Teilflächen innerhalb eines Raums (z.B. bei der Vermietung eines Büros) sind indes im Regelfall nicht hinreichend abgrenzbar.

     

    • Beispiel

    V vermietet eine Büroetage (200 m2) an den Mieter M. 175 m2 nutzt M ausschließlich zur Ausführung von steuerpflichtigen Umsätzen, wohingegen die restlichen 25 m2 für vorsteuerschädliche Ausgangsumsätze verwendet werden, die mehr als 5 % des Gesamtumsatzes ausmachen.

     

    Betrachtet man die gesamte Etage, ist eine Option nach § 9 Abs. 2 UStG nicht möglich, da M diese zu mehr als 5 % vorsteuerschädlich verwendet. Handelt es sich bei den 25 m2 allerdings um einen abgeschlossenen Raum, kann für die übrige Fläche (175 m2) eine Teiloption erfolgen.

     

    2.3 Option bei Vermietungen an Gemeinschaften

    Bei Leistungen an Gemeinschaften (u.a. Eheleute als gemeinsame Leistungsempfänger) gehen die Meinungen von BFH und Verwaltung seit Jahren auseinander, wenn nicht die Gemeinschaft, sondern nur ein Gemeinschafter unternehmerisch tätig ist. Sieht die Rechtsprechung die einzelnen Gemeinschafter unmittelbar als Leistungsempfänger an (zuletzt BFH 28.8.14, V R 49/13), empfängt nach Verwaltungsmeinung die Gemeinschaft die Leistung und überlässt diese unentgeltlich weiter. Nur für Zwecke des Vorsteuerabzugs greift auch das BMF auf den Gesellschafter an sich zurück (A 15.2b Abs. 1 S. 4 ff. UStAE). Dies hat insbesondere Auswirkungen im Hinblick auf die Optionsmöglichkeit eines Vermieters, der an eine solche Gemeinschaft vermietet.

     

    • Beispiel

    V möchte an den Ehegatten E1 ein Ladenlokal vermieten, der dort einen Elektronikhandel betreiben möchte. V hat Bedenken hinsichtlich der Bonität des E1 und besteht darauf, dass auch der Ehegatte E2 als Mieter im Mietvertrag auftritt.

     

    Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist die Ehegattengemeinschaft Leistungsempfängerin. Da diese das Ladenlokal unentgeltlich an E1 überlässt, ist sie keine Unternehmerin. Die Option des V scheitert somit an § 9 Abs. 1 UStG.

     

    Der BFH hingegen erkennt zumindest die anteilige, unmittelbare Vermietung an E1 an, sodass V zu 50 % optieren kann (BFH 1.2.01, V R 79/99).

     

    PRAXISHINWEIS | Die Finanzverwaltung wendet die diesbezügliche ständige Rechtsprechung des BFH vehement nicht an, sodass in vergleichbaren Fällen der Klageweg bestritten werden muss (vgl. BMF 9.5.08, IV A 5 - S 7300/07/0017). Alternativ kann die Bruchteilsgemeinschaft aufgefordert werden, die angemieteten Räume an den nutzenden Ehegatten umsatzsteuerpflichtig weiterzuvermieten, um die Unternehmereigenschaft zu erlangen. Dann könnte der Vermieter sogar insgesamt für seine Vermietung an die Gemeinschaft optieren.

     

    3. Aufteilung des Vorsteuerabzugs

    Auch in Bezug auf den Aufteilungsmaßstab bei Gebäuden, wenn diese z.B. teilweise steuerpflichtig und teilweise steuerfrei vermietet werden, gehen die Meinungen der Finanzgerichtsbarkeit und der Verwaltung auseinander.

     

    Handelt es sich um Aufwendungen für das Gebäude selbst (Anschaffungs- oder Herstellungskosten), kommt nur eine Aufteilung der gesamten Vorsteuerbeträge nach einem sachgerechten Aufteilungsmaßstab (§ 15 Abs. 4 UStG) in Betracht. Im Gegensatz zu dieser „Ein-Topf-Methode“ sind Erhaltungsaufwendungen hingegen dem jeweiligen Gebäudeteil direkt zuzuordnen (A 15.17 Abs. 5 S. 4 UStAE).

     

    PRAXISHINWEIS | An der Anwendung der „Ein-Topf-Methode“ hat der BFH jedoch Zweifel angemeldet und insoweit den EuGH angerufen (BFH 5.6.14, XI R 31/09, Az. beim EuGH C-332/14). Sollte die Direktzuordnung zu den einzelnen Etagen günstiger sein, sollten die Fälle derzeit offengehalten werden.

     

    Nach § 15 Abs. 4 S. 3 UStG kommt eine Aufteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach den Umsatzverhältnissen nur subsidiär in Betracht. Vielmehr bevorzugt die Finanzverwaltung bei Gebäuden eine Aufteilung anhand der Nutzflächen (A 15.17 Abs. 7 S. 4 UStAE). Zwar hat der BFH den Flächenschlüssel als Regelaufteilungsmaßstab bestätigt. Vorsteuerbeträge sind aber dann nach dem Umsatzschlüssel aufzuteilen, wenn erhebliche Unterschiede in der Ausstattung der verschiedenen Zwecken dienenden Räume bestehen, z.B. wegen der Höhe der Räume, der Dicke der Wände und Decken oder in Bezug auf die Innenausstattung (BFH 7.5.14, V R 1/10). Führt dies zu einem günstigeren Ergebnis, sollten auch hier die Festsetzungen offengehalten werden.

     

    • Beispiel

    V errichtet in guter Innenstadtlage ein mehrgeschossiges Objekt. Das Vorsteuervolumen beträgt 6 Mio. EUR (davon entfallen 1 Mio. EUR auf gemeinsame Räumlichkeiten). Das Erdgeschoss (500 m2; 20 EUR mtl. Miete pro m2; 3 Mio. EUR Vorsteuern) soll steuerpflichtig an eine Apotheke und das Obergeschoss (500 m2; 10 EUR mtl. Miete pro m2; 2 Mio. EUR Vorsteuern) steuerfrei an einen Arzt vermietet werden.

     

    Nach Verwaltungsmeinung müssen die gesamten Vorsteuern von 6 Mio. EUR aufgeteilt werden. Der BFH hält es indes für möglich, dass nur für die gemeinsamen Räumlichkeiten (1 Mio. EUR) eine Aufteilung erfolgen muss und für die übrigen Aufwendungen eine direkte Zuordnung zu den Etagen erfolgen kann.

     

    Die Verwaltung nimmt die Aufteilung nach der Fläche vor (500 m2/1.000 m2 = 50 % Vorsteuern), wobei gemeinsam genutzte Räume außen vor bleiben. Der V. Senat des BFH dürfte vorliegend anhand der Ausgangsumsätze aufteilen (= 66,67 % Vorsteuern), da bei einem Vorsteuerverhältnis von 3 Mio. EUR zu 2 Mio. EUR wohl erhebliche Ausstattungsunterschiede vorliegen dürften.

     

    Je nach Sichtweise sind derzeit prinzipiell folgende Ergebnisse möglich (Flächenschlüssel = FS; Umsatzschlüssel = US):

     

    • „Ein-Topf-Methode“ FS = 3 Mio. EUR (6 Mio. EUR x 0,5)
    • „Ein-Topf-Methode“ US = 4 Mio. EUR (6 Mio. EUR x 0,667)
    • Direktzuordnung FS = 3,5 Mio. EUR (3 Mio. EUR + (1 Mio. EUR x 0,5))
    • Direktzuordnung US = 3,667 Mio. EUR (3 Mio. EUR + (1 Mio. EUR x 0,667))
    Quelle: Ausgabe 05 / 2015 | Seite 81 | ID 43284472

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