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  • · Fachbeitrag · Gewerbesteuer

    Aktuelle Praxisprobleme bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung

    von StB Dipl.-Finw. (FH) Sonja Steben, Dortmund

    | Die Finanzverwaltung hat mit ihrem koordinierten Ländererlass vom 2.7.12 (BStBl I 12, 654) zur Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach § 8 Nr. 1 GewStG Stellung genommen und ihre Gesetzesauslegung zum Teil erheblich zum Nachteil der Steuerpflichtigen verschärft. Unter Zugrundelegung der Verwaltungsmeinung kann es sogar zur Substanzbesteuerung kommen, wie nachstehende Beispiele aus der Praxis zeigen. |

    1. Hinzurechnung ohne tatsächliche Ergebnisminderung

    Zum Gewerbeertrag hinzugerechnet werden nach § 8 Nr. 1 GewStG grundsätzlich nur die Beträge, die zuvor bei der Ermittlung des Gewinns auch tatsächlich abgesetzt worden sind. Der Aufwand wird durch die Hinzurechnung im Ergebnis gewerbesteuerlich neutralisiert. Der explizite Gesetzeswortlaut wird so zunächst auch von der Verwaltung wiederholt (Ländererlass, a.a.O., Rz. 2).

     

    Für Gewerbetreibende, die Wirtschaftsgüter an- und weitervermieten, ist die Hinzurechnung der in den Mieten enthaltenen Finanzierungsanteile besonders relevant. Die Verwaltung sieht auf jeder Stufe der Überlassung eine eigene Benutzung i.S. des § 8 Nr. 1d bzw. e GewStG, sodass Mietaufwendungen und Mieterträge nicht saldiert werden dürfen (Ländererlass, a.a.O., Rz. 29a).

     

    • Beispiel 1

    A betreibt eine GmbH in gemieteten Räumen mit zehn Angestellten. Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten musste er drei Mitarbeiter entlassen. Den hierdurch frei gewordenen Büroraum konnte er an den Kleinunternehmer B untervermieten, sodass er wirtschaftlich insoweit von der anteiligen Raummiete entlastet ist.

     

    Nach der Verwaltungsauffassung müssen 50 % der Büromiete weiterhin dem Gewerbeertrag hinzugerechnet werden, obwohl sich die anteilige Raummiete nicht gewinnmindernd ausgewirkt hat.

     

    Nach den Erfahrungen in der Praxis wird die vorgenannte Rz. 29a bei Betriebsprüfungen derart streng ausgelegt, dass bereits generelle Kostenerstattungen zu einem Saldierungsverbot führen sollen.

     

    • Beispiel 2

    Die A-GmbH stellt chemische Substanzen her, die zur Weiterverarbeitung an andere Chemieunternehmen veräußert werden. Aus ökologischen Gründen muss die A-GmbH eine Osmoseanlage errichten. Bis zur Fertigstellung mietete sie eine Osmoseanlage an. Das Umweltamt erstattete die Mietaufwendungen sowie weitere im Zusammenhang mit der Anlage entstandene Kosten.

    Obwohl es sich nicht um den im Ländererlass angesprochenen Fall der An- und direkten Weitervermietung handelt, rechnen Betriebsprüfer (nach den Praxiserfahrungen) 50 % der Mietkosten dem Gewerbeertrag hinzu. Der unmittelbare wirtschaftliche Zusammenhang zwischen der Kostenerstattung und den Mietaufwendungen sei unerheblich. Somit kommt es zu einer Gewerbesteuerbelastung, obwohl de facto keine vorherige Gewinnminderung vorliegt.

     

    2. Eventveranstalter

    Auch Eventveranstalter, Konzertveranstalter oder Veranstalter von Messen sind von der Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1e GewStG betroffen. Hiernach werden Mieten bzw. Pachten für unbewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, zu 50 % dem Gewerbeertrag hinzugerechnet. Strittig ist derzeit die Auslegung der Voraussetzung „Anlagevermögen“. Nach Ansicht der Verwaltung und einiger FG reicht es aus, dass das Wirtschaftsgut im fiktiven Eigentumsfall als Anlagevermögen auszuweisen wäre (Ländererlass, a.a.O., Rz. 29b). Unerheblich soll dagegen sein, ob der gedachte Erwerb als Anlagevermögen wirtschaftlich überhaupt sinnvoll ist.

     

    • Beispiel 3

    Der überregional tätige Konzertveranstalter X mietet jeweils tageweise verschiedene Veranstaltungsorte an. Lage, Art und Größe sind jeweils völlig unterschiedlich, d.h., es kann sich z.B. um Clubs, Theater, Konzerthallen oder Stadien handeln.

     

    Nach der Verwaltungsauffassung unterliegt die Miete der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1e GewStG, da der Zuordnung zum Anlagevermögen bei einem gedachten Erwerb nicht entgegensteht, dass die gemieteten Immobilien nur wenige Tage im Jahr genutzt werden und die Orte regelmäßig wechseln.

     

    3. Gewerbesteuer auf betriebliche Zinsen gem. § 233a AO

    Die Hinzurechnung von Zinsaufwendungen erfolgt seit 2008 unabhängig davon, ob es sich um eine Dauerschuld oder um eine kurzfristige Verbindlichkeit handelt. Insbesondere Nachzahlungszinsen auf Umsatzsteuer werden daher nach § 8 Nr. 1a GewStG der Gewerbesteuer hinzugerechnet und somit zum „echten“ Kostenfaktor (Ländererlass, a.a.O., Rz. 24a). Erstattungszinsen sind dagegen steuerpflichtig.

    4. Anhängige Verfahren

    Die Hinzurechnungen gem. § 8 Nr. 1a, d und e GewStG verstoßen nach Auffassung des FG Hamburg (29.2.12, 1 K 138/10) gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip. Einschlägige Fälle sollten daher unter Verweis auf das beim BVerfG anhängige Verfahren (1 BvL 8/12) mit dem Einspruch angefochten und ruhend gestellt werden. Für die Fälle der kurzfristigen An- und Weitervermietung sind derzeit zwei Verfahren vor dem BFH (IV R 24/11, IV R 55/10) anhängig. Beide Verfahren ruhen bis zur Entscheidung des BVerfG.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2014 | Seite 21 | ID 42463360

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