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  • · Fachbeitrag · Gesellschafterdarlehen

    Bilanzierung von Verbindlichkeiten bei Rangrücktritt

    von StB Dipl.-Finw. (FH) Sonja Steben, Dortmund

    | Der Rangrücktritt für Gesellschafterdarlehen ist ein beliebtes Mittel, um eine (zivilrechtliche) Überschuldung i.S. der InsO zu vermeiden. Die möglichen steuerlichen Folgen werden beim Abschluss einer Rangrücktrittsvereinbarung jedoch oftmals nicht bedacht. Sind nämlich die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2a EStG erfüllt, ist die Verbindlichkeit gewinnwirksam aufzulösen. Der Beitrag zeigt, worauf zu achten ist. |

    1. Zivil- und Handelsrecht

    Darlehen, die ein Gesellschafter seiner GmbH gewährt, stellen grundsätzlich Fremdkapital dar und sind daher in der Bilanz als Verbindlichkeiten auszuweisen. Zur Beseitigung einer bestehenden bzw. zur Abwendung einer drohenden Überschuldung i.S. der InsO können Gläubiger und Schuldner einen Rangrücktritt vereinbaren. Hierbei handelt es sich um eine Vereinbarung, nach der die Tilgung dieser Verbindlichkeit nachrangig gegenüber anderen Verbindlichkeiten erfolgt.

     

    Nach der Rechtsprechung des BGH (8.1.01, II ZR 88/99) kann der Ausweis einer Verbindlichkeit im Überschuldungsstatus unterbleiben, wenn der Gesellschafter aufgrund eines qualifizierten Rangrücktritts erklärt hat, er wolle wegen seiner Forderungen erst nach Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger und - bis zur Abwendung der Krise - auch nicht vor, sondern nur zugleich mit den Einlagerückgewähransprüchen der Mitgesellschafter berücksichtigt werden. Er wolle also so behandelt werden, als handele es sich bei dem Darlehen um statutarisches Kapital. Ein Rücktritt in den Rang von § 39 Abs. 2 InsO a.F. genügte den Anforderungen an einen qualifizierten Rangrücktritt, wenn der Gesellschafter in dieser Klasse an die letzte Stelle trat (BGH 1.3.10, II ZR 13/09).

     

    MERKE | Seit dem MoMiG (am 1.11.08 in Kraft getreten) kann die Erklärung nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 S. 2, § 39 Abs. 2 InsO darauf beschränkt werden, hinter die Forderungen aus § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO zurückzutreten, ohne darüber hinaus eine Gleichstellung mit den Einlagerückgewähransprüchen zu verlautbaren. Dies hat der BGH (5.3.15, IX ZR 133/14) aktuell entschieden.

     

    Für die Passivierung einer Schuld in der Handelsbilanz ist allein deren rechtliche Verpflichtung relevant (§ 246 Abs. 1 S. 3 HGB i.d.F. des BilMoG). § 5 Abs. 2a EStG ist als Spezialvorschrift zur handelsrechtlichen Rechtslage zu verstehen. Da dem Grunde nach eine rechtliche Verpflichtung besteht, dürfte handelsbilanziell trotz Rangrücktritts eine Passivierungspflicht bestehen. Ein Wahlrecht, das mitunter noch unter Hinweis auf die ältere Rechtsprechung des BFH (10.11.80, GrS 1/79) angeführt wird, ist aus heutiger handelsbilanzrechtlicher Sicht m.E. abzulehnen (so auch Kraft/Schreiber in NWB 15, 2640).

    2. Steuerrecht

    Für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, sind Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind (§ 5 Abs. 2a EStG). Bei der Beurteilung dieser Norm gehen die Verwaltung und der BFH zumindest teilweise getrennte Wege.

     

    2.1 Verwaltungsmeinung

    Verbindlichkeiten mit Rangrücktrittsvereinbarungen sind grundsätzlich auch in der Steuerbilanz als Fremdkapital zu passivieren. Denn sie werden weiterhin geschuldet und stellen für den Steuerpflichtigen eine wirtschaftliche Belastung dar (BMF 8.9.06, IV B 2 - S 2133 - 10/06). Je nach Ausgestaltung des Rangrücktritts soll jedoch § 5 Abs. 2a EStG greifen.

     

    Das BMF fordert bei einfachen Rangrücktritten mit Besserungsabrede die ausdrückliche Vereinbarung der Tilgungsmöglichkeit auch aus sonstigem freien Vermögen. Fehlt diese, ist die Verbindlichkeit gewinnerhöhend aufzulösen. Qualifizierte Rangrücktritte sollen dagegen die Passivierung in der Steuerbilanz nicht hindern.

     

    2.2 BFH-Rechtsprechung

    Nach BFH-Meinung ist eine ausdrückliche Bezugnahme auf die Möglichkeit der Tilgung auch aus sonstigem freien Vermögen nicht zwingend erforderlich, um die Rechtsfolgen des § 5 Abs. 2a EStG zu vermeiden (BFH 10.11.05, IV R 13/04, im Kern bestätigt durch BFH 30.11.11, I R 100/10, unter II. 2. b) bb)).

     

    Eine Verbindlichkeit, die nur aus künftigen Gewinnen oder einem etwaigen Liquidationsüberschuss erfüllt zu werden braucht, kann mangels gegenwärtiger wirtschaftlicher Belastung jedenfalls nicht ausgewiesen werden (BFH 30.11.11, I R 100/10). Dasselbe gilt grundsätzlich auch dann, wenn auf einen künftigen Bilanzgewinn abgestellt wird (BFH 15.4.15, I R 44/14). Nach Ansicht des BFH ist der Gewinnbegriff des § 5 Abs. 2a EStG nämlich nicht nur auf den Steuerbilanzgewinn bezogen.

     

    PRAXISHINWEIS | Allerdings kann der Bilanzgewinn begrifflich auch „freies Vermögen“ enthalten, wenn z.B. Kapitalrücklagen aufgelöst werden. Der BFH sah dieses Argument im Streitfall wegen der geringen Rücklagen als nicht relevant an. Sollten die Rücklagen bei einem Krisenunternehmen jedoch (ausnahmsweise) ausreichend hoch sein, damit sich ein Bilanzgewinn einstellen kann, könnte auch ein anderes Ergebnis möglich sein.

     

    Besteht ein Passivierungsverbot nach § 5 Abs. 2a EStG, kann die aus der Ausbuchung resultierende Gewinnerhöhung ggf. durch eine verdeckte Einlage außerbilanziell gemindert werden (BFH vom 15.4.15 unter Änderung der Rechtsprechung vom 30.11.11). Hierfür muss der Rangrücktritt gesellschaftsrechtlich veranlasst sein, wovon in der Regel auszugehen sein dürfte. Die Einlage bezieht sich jedoch nur auf den werthaltigen Teil der Verbindlichkeit - eine vollständige Neutralisierung des Wegfallgewinns dürfte damit in Krisenzeiten nicht zu erreichen sein.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2015 | Seite 185 | ID 43583221

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