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  • · Fachbeitrag · Gesetzgebung

    Die wichtigsten Neuregelungen durch das „Jahressteuergesetz 2015“

    von StB Dipl.-Finw. (FH) Sonja Steben, Dortmund

    | In seiner letzten Sitzung des vergangenen Jahres hat der Bundesrat dem „Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ (BGBl I 14, 2417) nach mehreren Änderungen im Gesetzgebungsverfahren doch noch zugestimmt. Die wichtigsten Neuregelungen des auch als „Jahressteuergesetz 2015“ bezeichneten Omnibusgesetzes werden nachfolgend vorgestellt. |

    1. Einkommensteuer

    Gerade im Bereich der Einkommensteuer sind einige Änderungen zu verzeichnen, die für die Besteuerungspraxis von besonderer Bedeutung sind:

     

    1.1 Arbeitgeberleistungen zur besseren Vereinbarung von Familie und Beruf

    Durch den neu eingefügten § 3 Nr. 34a EStG werden weitere Leistungen des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden, ab 1.1.15 steuerfrei gestellt:

     

    • Ohne Höchstgrenze: Leistungen an ein Dienstleistungsunternehmen, das den Arbeitnehmer hinsichtlich der Betreuung von Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen berät oder hierfür Betreuungspersonen vermittelt.

     

    • Höchstgrenze von 600 EUR im Kalenderjahr: Leistungen zur kurzfristigen Betreuung von Kindern, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder die wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten oder von pflegebedürftigen Angehörigen des Arbeitnehmers. Voraussetzung ist, dass die Betreuung, die auch im Privathaushalt des Arbeitnehmers erfolgen kann, aus zwingenden und beruflichen Gründen erforderlich ist. Anwendungsbeispiele sind dienstlich veranlasste Fortbildungsmaßnahmen, beruflicher Einsatz zu außergewöhnlichen Dienstzeiten oder Krankheit des Kindes bzw. des pflegebedürftigen Angehörigen.

     

    1.2 INVEST-Zuschuss für Business Angels

    Im Mai 2013 wurde der INVEST-Zuschuss für Wagniskapital eingeführt. Danach können Business Angels für ihre Investments in nicht börsennotierte Kapitalgesellschaften aus einer öffentlichen Kasse einen Zuschuss erhalten. Unter den Voraussetzungen des neuen § 3 Nr. 71 EStG werden Zuschüsse i.H. von 20 % der Anschaffungskosten, höchstens jedoch 50.000 EUR, rückwirkend ab dem VZ 2013 steuerfrei gestellt.

     

    1.3 Verschärfung des Teilabzugsverbots

    Für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.14 beginnen, wurden die Regelungen zum Teilabzugsverbot (Betriebsausgabenabzug nur zu 60 %) verschärft, wovon insbesondere Betriebsaufspaltungen betroffen sind.

     

    Das Teilabzugsverbot ist nunmehr auch anzuwenden auf Betriebsausgaben oder Betriebsvermögensminderungen im Zusammenhang mit nicht fremdüblichen Gesellschafterdarlehen sowie der un- oder teilentgeltlichen Überlassung von Wirtschaftsgütern. Dies gilt zumindest dann, wenn der Steuerpflichtige zu mehr als 25 % mittel- oder unmittelbar an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder war (§ 3c Abs. 2 S. 2 bis S. 6 EStG).

     

    PRAXISHINWEIS | Somit sind die Regelungen überholt, wonach das Teilabzugsverbot für substanzmindernde Aufwendungen (wie Abschreibungen und Erhaltungsaufwendungen) und für Substanzverluste (wie Teilwertabschreibung und Forderungsverzicht) nicht gilt.

     

    1.4 Kriterien für die Erstausbildung

    Die erste Berufsausbildung und das Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, sind den Kosten der privaten Lebensführung zugeordnet. Aufwendungen können in diesen Fällen nur als Sonderausgaben bis maximal 6.000 EUR im Kalenderjahr geltend gemacht werden. Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind nur dann gegeben, wenn eine Erstausbildung abgeschlossen wurde oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet.

     

    PRAXISHINWEIS | Ob der Ausschluss von Erstausbildungskosten vom Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug verfassungsgemäß ist, liegt dem BVerfG (2 BvL 23/14 und 2 BvL 24/14) zur Entscheidung vor.

     

    Durch die Änderung der §§ 4 Abs. 9, 9 Abs. 6 EStG sowie Aufhebung des § 12 Nr. 5 EStG wurde der Begriff der Erstausbildung ab 2015 gesetzlich definiert. Danach muss eine in Vollzeit (Dauer von durchschnittlich mindestens 20 Wochenstunden) durchgeführte Erstausbildung einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten umfassen. Ist eine Abschlussprüfung nicht vorgesehen, gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen planmäßigen Beendigung als abgeschlossen.

     

    Beachten Sie | Keine erste Berufsausbildung sind nach der Gesetzesbegründung z.B. Kurse zur Berufsorientierung oder -vorbereitung, Kurse zur Erlangung von Fahrerlaubnissen, Betriebspraktika, Anlerntätigkeiten oder die Grundausbildung bei der Bundeswehr.

     

    1.5 Betriebsveranstaltungen

    Die Steuerpflicht geldwerter Vorteile bei Betriebsveranstaltungen wurde mit Wirkung ab 2015 gesetzlich festgeschrieben (§ 19 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Statt der ursprünglich vorgesehenen Freigrenze von 150 EUR wurde nun ein Freibetrag von 110 EUR eingeführt. Der Freibetrag gilt für maximal zwei Veranstaltungen jährlich, wenn diese allen Mitarbeitern des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.

     

    Beachten Sie | Im Gegensatz zur steuerzahlerfreundlichen Rechtsprechung des BFH (16.5.13, VI R 94/10, VI R 7/11) werden in die Berechnung jedoch alle Aufwendungen einbezogen - auch die Kosten für den äußeren Rahmen der Veranstaltung. Die geldwerten Vorteile, die auf Begleitpersonen des Arbeitnehmers entfallen, werden dem Arbeitnehmer zugerechnet. 

     

    1.6 Weitere einkommensteuerliche Änderungen

    Neben den vorgenannten Änderungen sind eine Vielzahl weiterer Neuregelungen zu beachten, die ab 2015 gelten. Dies sind u.a.:

     

    • Ausgleichsleistungen zur Vermeidung des Versorgungsausgleichs sind als Sonderausgaben abzugsfähig, soweit dies der Verpflichtete mit Zustimmung des Berechtigten beantragt. Im Gegenzug erfolgt eine Besteuerung beim Empfänger (§ 10 Abs. 1a Nr. 3 EStG i.V. mit § 22 Nr. 1a EStG).

     

    • Die Steuerfreiheit der privaten Nutzung von betrieblichen Telekommunikationsgeräten für Arbeitnehmer wurde auf im öffentlichen Dienst stehende Personen, die Aufwandsentschädigungen gemäß § 3 Nr. 12 EStG erhalten, ausgeweitet (§ 3 Nr. 45 EStG).

     

    • Die maximal abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen zugunsten einer Basisversorgung im Alter wurden auf den jeweils geltenden Höchstbeitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung erhöht (§ 10 Abs. 3 S. 1 EStG).

    2. Umsatzsteuer

    2.1 Wechsel der Steuerschuldnerschaft bei Metallen

    Die Ausweitung des Reverse-Charge-Verfahrens auf die Lieferung bestimmter Metalle (§ 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG) hat viele Abgrenzungsfragen aufgeworfen und wurde mit Wirkung ab 2015 (folgerichtig) eingeschränkt. Die Umkehr der Steuerschuld gilt nur, wenn die Summe der für sie in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5.000 EUR beträgt. Gleichzeitig wurden aus der Anlage 4 zu § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG diverse Metallerzeugnisse (z.B. Draht, Bleche sowie Bänder aus Aluminium) entfernt. Diese Produkte bzw. Gegenstände unterliegen damit nicht mehr § 13b UStG.

     

    PRAXISHINWEIS | Bei Lieferungen, die nach dem 31.12.14 und vor dem 1.7.15 ausgeführt werden, kann die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers angewendet werden, obwohl durch die Neufassung der leistende Unternehmer Steuerschuldner wäre. Somit bestehen für die ursprüngliche und für die aktuelle Fassung Nichtbeanstandungsregelungen (vgl. BMF 22.1.15, IV D 3 - S 7279/14/10002-02).

     

    2.2 Schnellreaktionsmechanismus

    Der neue § 13b Abs. 10 UStG sieht vor, dass das BMF durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats die Umkehr der Steuerschuldnerschaft zeitnah auf neue Tatbestände erweitern kann. Dies soll eine schnellere Reaktion auf schwerwiegende Umsatzsteuerbetrugsfälle ermöglichen. Diese vorläufige Maßnahme tritt dann nach neun Monaten außer Kraft oder muss das „normale“ Gesetzgebungsverfahren passieren.

     

    2.3 Monatliche Abgabe von Voranmeldungen

    In Neugründungsfällen müssen die Voranmeldungen im laufenden und folgenden Kalenderjahr monatlich abgegeben werden. Dies gilt für Voranmeldungszeiträume, die nach dem 31.12.14 enden, auch für Vorratsgesellschaften ab dem Zeitpunkt des Beginns der tatsächlichen Ausübung der Tätigkeit sowie für Unternehmer, die einen Firmenmantel übernehmen (§ 18 Abs. 2 S. 5 UStG).

    3. Abgabenordnung

    3.1 Identifikationsmerkmal

    In § 139a Abs. 1 AO wurde klargestellt, dass die Identifikationsnummer (IdNr.) nicht nur vom Steuerpflichtigen selbst, sondern auch von Dritten bei Anträgen, Erklärungen oder Mitteilungen zu verwenden ist, bei denen sie Daten des Steuerpflichtigen an die Finanzbehörden übermitteln. Der Dritte muss die IdNr. nicht für jede Mitteilungspflicht neu erheben, sondern kann eine einmal rechtmäßig erhobene IdNr. für weitere Mitteilungspflichten verwenden, bei denen er Daten desselben Steuerpflichtigen zu übermitteln hat (§ 139b Abs. 2 AO). Auch ein Konzernunternehmen, das Daten des Steuerpflichtigen zu übermitteln hat, darf die im Konzern bereits vorhandene IdNr. desselben Steuerpflichtigen verwenden, ohne die IdNr. erneut erheben zu müssen.

     

    Erstmalige Anwendung: Diese Änderungen treten am Tag nach der Gesetzesverkündung in Kraft (Verkündung am 30.12.14).

     

    3.2 Ablaufhemmung für außersteuerliche Grundlagenbescheide

    Soweit für die Steuerfestsetzung ein Grundlagenbescheid bindend ist, endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids (§ 171 Abs. 10 AO). Für Grundlagenbescheide ressortfremder Behörden hat der BFH (21.2.13, V R 27/11) entschieden, dass sie nur dann eine Ablaufhemmung bewirken, wenn sie vor Ablauf der Festsetzungsfrist für die betroffene Steuer erlassen worden sind.

     

    Um hier Rechtssicherheit zu schaffen, hat der Gesetzgeber die Vorschrift um einen Satz 2 ergänzt, der besagt, dass die Ablaufhemmung nur gilt, soweit der Grundlagenbescheid vor Ablauf der Festsetzungsfrist bei der zuständigen Behörde beantragt worden ist. Die Änderung gilt für alle am 31.12.14 noch nicht abgelaufenen Festsetzungsfristen.

     

    PRAXISHINWEIS | Betroffen sind Grundlagenbescheide, die nicht dem Anwendungsbereich der §§ 179 ff. AO unterliegen (z.B. Bescheinigungen der Landesbehörde für die Umsatzsteuerfreiheit von Künstlern, § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG) oder Bescheide über Billigkeitsmaßnahmen nach § 163 AO.

     

    3.3 Zuständigkeit bei Wohnsitz- und Betriebsverlagerungen

    Liegen Wohnsitz und Ort der gewerblichen oder selbstständigen Tätigkeit in unterschiedlichen Finanzamtsbezirken, werden die betrieblichen Einkünfte von dem Finanzamt gesondert festgestellt, wo sich die Geschäftsleitung befindet bzw. die Tätigkeit vorwiegend ausgeübt wird. Wird der Betrieb nach Ablauf des Gewinnermittlungszeitraums in den Bereich des Wohnsitzfinanzamtes (oder umgekehrt) verlegt, sind die aktuellen örtlichen Verhältnisse auch für Feststellungszeiträume vor dem Ortswechsel maßgebend (§ 180 Abs. 1 S. 2 i.V. mit § 18 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und § 26 AO). Dies gilt erstmals für Feststellungszeiträume, die nach dem 31.12.14 beginnen.

     

    Beachten Sie | Ob dem Grunde nach überhaupt eine gesonderte Feststellung durchzuführen ist, richtet sich weiterhin allein nach den tatsächlichen Verhältnissen zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2015 | Seite 33 | ID 43147946

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