Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 02.11.2010

    Finanzgericht München: Urteil vom 16.10.2009 – 1 K 2593/05

    1. Treuhand an Aktien kann bei Rückdatierung und fehlender Kapitalbeibringung ein Scheingeschäft sein.

    2. Gehilfenlohn vermittelt Einkünfte aus sonstiger Leistung.


    IM NAMEN DES VOLKES

    URTEIL

    In der Streitsache

    hat der 1. Senat des Finanzgerichts München unter Mitwirkung … sowie der ehrenamtlichen Richter … und … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2009

    für Recht erkannt:

    1. Die Forderung des Finanzamts über ESt für 2000 wird nach folgender Maßgabe neu festgestellt:

    Bei der Berechnung der ESt für 2000 sind keine Gewinne aus der Veräußerung der Aktiender … AG zu berücksichtigen. Stattdessen sind die Einkünfte der Steuerpflichtigen H aussonstiger Leistung nach § 22 Nr. 3 EStG um 450.000 DM (entspricht 230.081,35 EUR) höheranzusetzen. Die Berechnung der Steuer wird dem Finanzamt übertragen.

    Mit entsprechendem Ansatz sind vom Finanzamt neu zu berechnen:

    2. Der Widerspruch des Insolvenzverwalters gegen die Anmeldung der Forderungen des Finanzamts vom 5. September 2005, lfd. Nr. 1 – 5, wird bestätigt, soweit er sich auf Beträge richtet, die die neu berechneten übersteigen.

    3. Die Kosten des Verfahrens trägt zu 1/20 der Kläger, zu 19/20 das beklagte Finanzamt.

    4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

    Gründe

    I.

    Streitig ist, ob der Steuerpflichtigen aufgrund einer Treuhandvereinbarung ein Teil des aus der Veräußerung von Aktien erzielten Gewinns zuzurechnen und von ihr nach § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) zu versteuern ist.

    Über das Vermögen der Frau H. (Steuerpflichtige; im Folgenden auch als „H.” bezeichnet) ist das Privatinsolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter hat zur Verfolgung seines Widerspruchs gegen die Anmeldung der Steuerschuld zur Insolvenztabelle den von der Steuerpflichtigen begonnenen Finanzrechtsstreit aufgenommen.

    Die mit B. (im Folgenden auch als B bezeichnet) verheiratete Steuerpflichtige wird vom Beklagten – dem Finanzamt (FA) – für das Streitjahr 2000 zur Einkommensteuer (ESt) getrennt veranlagt. Sie ist von Beruf (…).

    1. Seit 1993 war B alleiniger Gesellschafter/Geschäftsführer der S. GmbH (GmbH). Spätestens Mitte 1997 war B bewusst, dass die GmbH ohne Kapitalzufluss im Umfang mehrerer Millionen DM nicht überlebensfähig sein würde. Bankkredite für die GmbH waren nicht mehr zu erhalten. Im Mai 1997 nahm B daher ein Privatdarlehen bei der …bank (…) auf und zahlte 1,05 Mio DM auf ein Konto der GmbH als Gesellschafterdarlehen. Der [bank] diente als Sicherheit die dem B und H gemeinsam gehörende Doppelhaushälfte, in der die Eheleute wohnten.

    2. Bestrebt, einen Börsengang zu beschreiten, beschloss B. – unterstützt von seinem langjährigen Steuerberater W. – die Gründung einer neuen Kapitalgesellschaft, die verdeckt die Geschäfte der GmbH übernehmen und sich Geld am Kapitalmarkt verschaffen sollte. Dies setzte B mit der Gründung der … AG (im folgenden AG) zu notarieller Urkunde vom … September 1997 in die Tat um. Die AG wurde nach Anmeldung vom 8. Oktober 1997 im Handelsregister des Amtsgerichts …, Abteilung B unter der Nr. … am … Oktober 1997 eingetragen. Alleiniger Vorstand und Alleinaktionär war zunächst B. Dem Aufsichtsrat gehörten 6 Personen an. Die Aktiengesellschaft gab keine Aktienurkunden über die in der Satzung vorgesehenen Inhaber-Stammaktien aus.

    Das Nennkapital von zunächst 100.000 DM überwies B am 19. September 1997 von einem Konto bei der …bank, das auf seinen und den Namen seiner Frau lautete und über das beide jeweils alleine zeichnungsberechtigt waren, auf das Konto der AG. Zuvor hatte die GmbH am 18. September 1997 denselben Betrag auf das Konto der Eheleute B und H überwiesen. Vom selben Konto überwies B im Laufe des Oktober 1997 im Rahmen einer Erhöhung des Kapitals der AG auf 1 Mio DM in 5 Teilbeträgen weitere 900.000 DM auf das Konto der AG als Stammkapital. Von diesen insgesamt 1 Mio DM flossen jeweils binnen weniger Tage insgesamt rund 995.000 DM vom Konto der AG weiter auf ein Konto der GmbH (mit dem Verwendungszweck „a Conto Kaufvertrag”), vom Konto der GmbH zurück auf das gemeinsame Konto des B und der H (unter Bezugnahme auf das Gesellschafterdarlehen), letztlich also im Kreis.

    Nach Aufdeckung dieses Kreislaufs zahlte B den als ausstehende Einlage betrachteten Betrag in Höhe von 900.000 DM am 26. Mai 1999 von seinem Bankkonto bei der X-Bank auf ein Bankkonto der AG.

    3. Im Herbst 1997 kaufte die AG von der GmbH deren Warenlager zu einem weit überhöhten Preis. Zur weiteren „Schönung” der Bilanz der GmbH veranlasste B die Einbuchung einer Scheinrechnung in Höhe von 1,75 Mio DM. Auch ihre Betriebs- und Geschäftsausstattung veräußerte die GmbH über einen Strohmann an die AG. Schließlich schuldete die Hausbank der GmbH die an diese ausgereichten Darlehen auf die AG um. Seine GmbH-Anteile übertrug B an einen Treuhänder und veranlasste seinen Bruder, offiziell die Geschäftsführung der GmbH zu übernehmen. Die GmbH wurde umbenannt in S GmbH und der Sitz nach Hamburg, dem Wohnort des Bruders, verlegt, wo sie unter der Adresse eines Büro-Service-Unternehmens domizilierte. Am 24. März 1998 stellte der Geschäftsführer der GmbH Konkursantrag.

    4. In der Folge betrieb B den Börsengang der AG. Hierzu übernahm er die bereits für die GmbH entwickelten Planzahlen für die „Börsenstory” der AG. Spätestens ab Mitte 1998 fanden Gespräche mit Banken statt, die den Börsengang begleiten sollten, der zunächst etwa im März 1999 geplant war. Ab spätestens August 1998 veranlasste B die Verbuchung von Scheinumsätzen, um die geplanten Umsatzzahlen zu erreichen. Hierzu warb B zusammen mit seinem Steuerberater aktiv in seinem Bekanntenkreis um andere Firmen, mit denen die Scheinumsätze stattfinden sollten. Durch die Verbuchung der Scheinumsätze konnte B gleichzeitig die Überbewertung des von der GmbH übernommenen Warenlagers verschleiern.

    5. Parallel warb B ab April 1998 über zwei Vermögensberatungsfirmen von Privatanlegern Darlehen in Höhe von insgesamt 7,33 Mio DM ein. Die Darlehen wurden auf das gemeinsame Oder-Konto von B und H bei der …bank eingezahlt. Entgegen der Bestimmung im Darlehensvertrag leitete B Teile des Geldes nicht an die AG weiter (2,53 Mio DM). Stattdessen wurden die Gelder teilweise zur Begleichung von Verbindlichkeiten der GmbH eingesetzt, der B das Geld darlehensweise weiterreichte. Dies geschah auch unter dem Gesichtpunkt, dass eine drohende Haftung der AG für Schulden der GmbH nach § 419 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Börsengang gefährdete. Einen anderen Teil des Geldes reichte B darlehensweise an die AG weiter (4,8 Mio DM).

    6. Im ersten Quartal 1999 fanden Gespräche mit potentiellen Konsortialbanken statt, die den Börsengang begleiten sollten. Dabei ergaben sich Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Kapitalerhöhung von 100.000 DM auf 1 Mio DM – zutreffenderweise, weil ja die Gelder nur im Kreis gebucht worden waren (siehe oben 2.). Daraufhin überwies B den Betrag von 900.000 DM am 26. Mai 1999 von seinem Bankkonto bei der X-Bank auf ein Bankkonto der AG.

    Auch tauchten von Seiten der Wirtschaftprüfungsgesellschaft Y Zweifel an der der Werthaltigkeit der im Jahresabschluss zum 30. September 1998 ausgewiesenen Forderungen auf. Um diese Zweifel auszuräumen, ohne dass weitere Nachforschungen die Scheinumsätze endgültig aufdecken, gab B entsprechende Schuldanerkenntnisse ab.

    Ein weiterer Anlauf zum Börsengang scheiterte im ersten Quartal 2000. Neue Planungen sahen einen Börsengang binnen eines Jahres vor. Im Vorfeld erfolgte mit Beschluss vom 12. November 1999 eine Kapitalerhöhung, in deren Rahmen die Z-bank … % der Anteile erwarb, die sie später wieder veräußerte. Auch diese Börsengang-Planung wurde im März 2000 wiederum um avisierte 9-12 Monate verschoben. Wegen der Entwicklung des Grundkapitals und der Aktienanteile wird auf die Übersicht in RB-Akte II, Bl. 117 verwiesen.

    Zur Vorbereitung des Börsengangs übernahmen 2 Investorengruppen knapp die Hälfte der Aktien des B. Mit Veräußerungsvertrag vom … April/ … Mai 2000 verkaufte B von seinen ….720 Stück – „davon treuhänderisch haltend für seine Ehefrau H: …360 Stück” – an die beiden Investoren 863.232 Stück (davon treuhänderisch haltend für seine Ehefrau H …360) und …488 Stück – das entspricht 44,96% der gesamten Aktien – zu einem Kaufpreis von …371.200 DM + …580.800 DM. Die Abtretung der Aktien erfolgte unter aufschiebender Bedingung der Zahlung des Kaufpreises (wegen des genauen Wortlauts wird auf den Vertrag verwiesen, siehe Ermittlungsakte der Steuerfahndung Bl. 273 ff.). Im März 2001 meldeten die Vorstände der AG Insolvenz an.

    7. Parallel zum vorgenannten Sachverhalt fanden spätestens ab August 1998 Überlegungen statt, wie ein Teil des beabsichtigten Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG durch eine treuhänderische Beteiligung der H steuerfrei gestellt werden könnte. Überlegt wurde zunächst, die H mit 20% des Grundkapitals zu beteiligen (damalige Wesentlichkeitsgrenze in § 17 EStG: 25%). Da im August 1998 bereits Bestrebungen des Gesetzgebers zu einer Verringerung des Anteils bekannt waren, ab dem eine wesentliche Beteiligung besteht, wurde im Vorfeld der Hauptversammlung erwogen, zwei getrennte Treuhandvereinbarungen über je 10% abzuschließen. Es könne dann – bei einer Gesetzesänderung – eine Vereinbarung „vergessen” werden, so der anwaltliche Rat am 4. August 1998. Tatsächlich erstellten die Anwälte des B frühestens im August 1998 einen Entwurf für einen oder zwei Treuhandverträge über je 10% Beteiligung. Erwogen wurden auch andere Arten der Beteiligung, etwa ein Verzicht des B auf Teilnahme an einer Kapitalerhöhung zu Gunsten der H. Bei der Kapitalerhöhungs-Lösung sollte klar sein, dass B die H „im Innenverhältnis … von den Fremdfinanzierungskosten für den Anteilserwerb freihält”. Zu einer Unterzeichnung der Treuhandverträge kam es jedoch nicht.

    Als der Gesetzgeber zum Jahresbeginn 1999 eine wesentliche Beteiligung bereits ab 10% vorsah, wäre die H auch bei „Vergessen” eines der Verträge wesentlich beteiligt gewesen. Darüber hinaus entstand das Problem, dass eine Beteiligung der H anlässlich einer Kapitalerhöhung das Risiko barg, dass diese als unentgeltlich eingeräumt beurteilt werden könnte, was zu einer Steuerverhaftung des Anteils geführt hätte. Daher unterzeichneten B und H etwa im ersten Quartal 1999 einen neu erstellten Treuhandvertrag, nach dem B im Wege der verdeckten Treuhand (nur) 9% der Aktien für H halte. Der Vertrag war rückdatiert auf den … September 1997, also einen Zeitpunkt kurz vor Gründung der AG. Wegen des genauen Wortlauts wird auf den Vertrag verwiesen (Bl. 101 ff. der Steufa-Akte). Am 15. Februar 1999 war die Beteiligungsquote der H noch ungewiss. Im Juli 2000 wurde die über Treuhand vermittelte Beteiligung der H den mit der Erstellung eines Beteiligungsprüfungsberichts (Due Dilligence) befassten Prüfern mitgeteilt und dort auch vermerkt.

    8. Der Veräußerungserlös aus dem Verkauf an die beiden Investorengruppen (siehe obenTz. 6) in Höhe von ….952.000 DM floss wie folgt:

    10 Mio DM flossen als Sofortdarlehen an die AG, wohl über ein Sperrkonto bei der Bank D(aus Kaufpreis …)

    15 Mio DM flossen auf ein Sperrkonto bei der Bank D und wurden ebenfalls derAG als Darlehen zur Verfügung gestellt (aus Kaufpreis …)

    …952.000 DM (gerundet, Rest) flossen im Mai und Juni 2000 auf ein Treuhandkonto (Ebank …), das die Kanzlei … für den B (Anderkonto für B) eingerichtet hatte.

    Über die Darlehen mit einem Betrag von insgesamt 25 Mio DM zeichneten B und die AG einen gesonderten Vertrag vom … April 2000.

    In der Folgezeit drängten die steuerlichen Berater und Rechtsanwälte des B bzw. der AG darauf, die Durchführung des Treuhandverhältnisses deutlicher nach Außen herauszustellen und das wirtschaftliche Eigentum der H besser zu dokumentieren. Hierzu sollte ein „für H” eröffnetes Treuhandkonto dienen. Am 13. September 2000 bestätigte die E-bank der Kanzlei des Dr. K die Eröffnung eines Rechtsanwaltsanderkontos mit der Nr. … für die wirtschaftlich berechtigte H (Anderkonto für H). Zeichnungsberechtigt über das Konto waren Dr. K und die H gemeinschaftlich. Bereits am 12. September 2000 erfolgte die Überweisung eines Betrages in Höhe von …742,47 DM vom Anderkonto für B auf das Anderkonto für H.

    Über den auf das Anderkonto für H überwiesenen Betrag verfügte H zusammen mit Dr. K im Wesentlichen wie folgt (angegeben sind die Wertstellungstage):

    Mit auf den 9. September 2000 datierten Vertrag gewährte die H dem B ein Darlehen über 3 Mio DM zur Ablösung dessen Schuldeinstandsverpflichtung gegenüber der AG wegen Scheingeschäften. Am selben Tag unterzeichnete die H zusammen mit RA Dr. K eine Überweisung in dieser Höhe an die AG (Wertstellung 10. Oktober 2000).

    Am 14. November 2000 überwies die H auf das von ihr gemeinsam mit B geführte Konto bei der …bank (…) einen Betrag von 100.000 DM, den sie gemeinsam mit B zur Begleichung von Aufwendungen der privaten Lebensführung verbrauchte.

    Am 15. November 2000 überwies sie einen weiteren Betrag von 100.000 DM auf ein Konto des B mit dem Verwendungszweck „Darlehen”.

    Am 5. Dezember 2000 reichte sie ein Darlehen über 223.024 DM an B aus, das dieser in 100.000 US $ wechselte und offenbar für US-Geschäfte verwendete.

    Am 18. Dezember 2000 und erneut am 29. Dezember 2000 überwies Sie in zwei Teilbeträgen ca. 1,5 Mio DM an eine [ausländische] Anwaltskanzlei (die als Treuhänder für B ausländische Investments betreute).

    Mit Überweisungen vom 21. Dezember 2000 verfügte die H über insgesamt 600.000 DM in Zusammenhang mit dem Erwerb des Miteigentumsanteils ihres Ehemannes an der bis dahin im gemeinsamen Miteigentum stehenden selbst bewohnten Doppelhaushälfte. Sie überwies 200.000 DM auf ein ihr alleine zustehendes anderes Konto, über das sie auch alleine verfügungsberechtigt war. Einen Betrag von 400.000 DM überwies sie auf ein Konto des B. Von diesem Betrag überwies B am nächsten Tag einen Betrag von 200.000 DM weiter auf ein Konto der H. Mit diesen Zahlungen oder weiteren Überweisungsvorgängen stellten die H und der B die Zahlung des Kaufpreises für die genannte Doppelhaushälfte dar. Tatsächlich wurde der Miteigentumsanteil des B auf die H übertragen. Dieser Erwerb wurde im Folgejahr zugunsten von Gläubigern des Ehemannes auf deren Klage nach dem Anfechtungsgesetz hin rückabgewickelt.

    Im April 2001 löste die H das Anderkonto auf und überwies den Restbetrag (rd. …131 DM) auf ein anderes auf sie lautendes Bankkonto.

    9. Das FA veranlagte die ESt der H für 2000 zunächst wie erklärt (Erklärung vom 25. Juli 2002) ohne einen Veräußerungserlös zu berücksichtigen (Bescheid vom 9. September 2002 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung). Unter Übernahme des Ergebnisses der zwischenzeitlichen Ermittlungen der Steuerfahndung änderte es den ESt-Bescheid für 2000 mit Bescheid vom 22. Dezember 2003, geändert mit Bescheid vom 7. Januar 2004 unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung, indem es einen Veräußerungsgewinn in Höhe von …386.000 DM zusätzlich ansetzte. Der Einspruch der Steuerpflichtigen blieb in der Einspruchsentscheidung (EE) vom 20. Juni 2005 ohne Erfolg.

    Mit seiner Klage trägt der Kläger vor,

    die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Treuhandverhältnisses lägen nicht vor (wegen der Einzelheiten wird auf das schriftsätzliche Vorbringen im Klageverfahren verwiesen).

    Der Kläger beantragt,

    bei der Berechnung der Einkommensteuer 2000 das zu versteuernde Einkommen von Frau H um …386.000,– DM niedriger anzusetzen und die Einkommensteuer für 2000, Zinsen zur Einkommensteuer 2000, Säumniszuschläge zur Einkommensteuer 2000, Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer 2000, Säumniszuschlag zum Solidaritätszuschlag 2000 neu zu berechnen. Der Widerspruch des Insolvenzverwalters zur Anmeldung des Finanzamts zur Insolvenztabelle solle insoweit bestätigt werden, als die neu berechneten Steuerbeträge unter den vom Finanzamt angemeldeten Beträgen bleiben, und die neu berechneten Beträge mögen zur Tabelle festgestellt werden,

    hilfsweise die Revision zuzulassen.

    Das FA beantragt,

    den Widerspruch des Insolvenzverwalters gegen die Anmeldung der Steuerforderung in Höhe von …638.274,67 EUR betreffend die Einkommensteuer 2000 von Frau H zurückzuweisen.

    Es trägt vor, die Steuerpflichtige habe im Jahr 1999 das wirtschaftliche Eigentum an 9% der Aktien durch Vereinbarung einer Treuhand erworben. Das Treuhandverhältnis sei Dritten gegenüber offengelegt worden und sie habe den ihrem Anteil entsprechenden Teil des Kaufpreises mit Zufluss auf dem Anderkonto erhalten, über das sie zusammen mit ihrem Rechtsanwalt verfügungsbefugt war. Es bezieht sich im Wesentlichen auf die EE, auf die wegen der dortigen Rechtsausführungen im Einzelnen verwiesen wird.

    In der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2009, auf deren Niederschrift wegen der Einzelheiten verwiesen wird, hat das Gericht den B als Zeugen vernommen. Befragt zu den Verfügungen über das Anderkonto für H sagte er aus, dass diese Zahlungen auf seine Veranlassung hin erfolgt seien. Er sei mit den Überweisungsträgern zu seiner Frau gegangen und habe sie nach deren Unterschrift an den Anwalt Dr. K zurückgesandt. Die halbe Doppelhaushälfte und der Restbetrag sollten eine Zuwendung an die Ehefrau sein. Verfügungen in der Folge des Treuhandvertrages seien Bausteine desselben gewesen und hätten der folgerichtigen Durchführung desselben gedient. Das gelte insbesondere für den Darlehensvertrag. Irgendwie habe man ja darstellen müssen, dass das Geld vom Anderkonto für H wieder in die AG zurückfließt.

    II.

    Die Klage ist zum Teil begründet.

    Die Steuerpflichtige war in den 5 Jahren vor dem Verkauf und auch im Verkaufszeitpunkt nicht an der AG – vermittelt über eine Treuhand – beteiligt. Soweit die Steuerpflichtige aus dem Kaufpreis einen Anteil Geld so erhalten hat, dass es ihrem Vermögen zuzurechnen ist und diese Gelder eine Gegenleistung für ihre Gehilfentätigkeit darstellen, sind diese als Einkünfte aus sonstiger Leistung zu qualifizieren.

    1. a) Nach § 39 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) sind Wirtschaftsgüter regelmäßig dem Eigentümer zuzurechnen. Bei Treuhandverhältnissen erfolgt die Zurechnung hiervon abweichend beim Treugeber (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO). Derjenige, der behauptet, einen Gegenstand nur als Treuhänder zu besitzen, hat nach § 159 Abs. 1 AO auf Verlangen nachzuweisen, wem die Rechte oder Sachen gehören; anderenfalls sind sie ihm regelmäßig zuzurechnen.

    Treuhandverhältnisse erkennt die Rechtsprechung als Ausdruck der in § 39 AO normierten wirtschaftlichen Betrachtungsweise steuerlich an, wenn der Treugeber das Treuhandverhältnis sowohl rechtlich als auch tatsächlich beherrscht (Urteile des Bundesfinanzhofs [BFH] vom 4. Dezember 2007, VIII R 14/05, BFH/NV 2008, 745; vom 20. Januar 1999 I R 69/97, BFHE 188, 254, BStBl II 1999, 514).

    Die fiduziarische Vollrechtstreuhand wird durch ein dingliches und ein obligatorisches Element gekennzeichnet. Das dingliche Element bestimmt die Zuordnung des Rechtes. Der Treuhänder muss Gesellschafter sein. Das schuldrechtliche Element ist für die interne Bindung des Treuhänders maßgebend. Das dingliche Rechtsverhältnis kann in drei verschiedenen Formen zustandekommen:

    Als Übertragungstreuhand durch die Abtretung der Beteiligung vom Treugeber an den Treuhänder,

    als Erwerbstreuhand durch Erwerb der Beteiligung seitens des Treuhänders für Rechnung und im Auftrag des Treugebers von einem Dritten (vgl. hierzu auch BFH-Urteil vom 14. Oktober 2003 VIII R 22/02, BFH/NV 2004, 620, HFR 2004, 327) und

    als Vereinbarungstreuhand, wenn ein Gesellschafter mit einem Dritten (Treugeber) vereinbart, seine Beteiligung für diesen künftig als Treuhänder zu halten (vgl. BFH-Urteil vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, BStBl II 1998, 152,BFHE 183, 518; vgl. auch BFH in BFH/NV 2008, 745).

    Auch die Vereinbarungstreuhand wird trotz früherer Bedenken im Steuerrecht grundsätzlich bei Erfüllung folgender Voraussetzungen anerkannt, wobei bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich gegeben ist, ein strenger Maßstab anzulegen ist (BFH-Urteil in BStBl II 1998, 152 m.w.N. zu den Bedenken und zur historischen Entwicklung).

    Wesentliche inhaltliche Kriterien der Treuhand sind die Weisungsgebundenheit des Treuhänders und dessen Verpflichtung zur jederzeitigen Rückgabe des Treugutes. Das Treuhandverhältnis muss auf ernstgemeinten und klar nachweisbaren Vereinbarungen zwischen Treugeber und Treuhänder beruhen und tatsächlich durchgeführt werden. Das Handeln des Treuhänders im fremden Interesse muss wegen der vom zivilrechtlichen Eigentum abweichenden Zurechnungsfolge eindeutig erkennbar sein (auch BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 620). Nicht als notwendig erachtet wird die Vereinbarung eines Treuhandentgeltes. Allerdings spricht ihr Fehlen im Rahmen einer Gesamtwürdigung eher gegen eine Anerkennung.

    Ein gewichtiges Indiz für oder gegen die Ernstlichkeit einer Treuhandvereinbarung stellt die vereinbarungsgemäße Durchführung oder Nichtdurchführung dar (vgl. BFH-Urteil vom 28. Februar 2001 I R 12/00, BFHE 194, 320, BStBl II 2001, 468, zur Indizwirkung des Ausweises des Treuhandverhältnisses in der Bilanz des Treuhänders; BFH-Beschlüsse vom 16. Juli 2003 I B 213/02, BFH/NV 2003, 1536; vom 28. Januar 2004 I B 71 und 72/03, BFH/NV 2004, 915).

    b) Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Besteuerung maßgebend. Ist ein Rechtsgeschäft unwirksam oder wird es unwirksam, so ist dies für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen (§ 41 Abs. 1 AO). Scheingeschäfte und Scheinhandlungen sind nach § 41 Abs. 2 AO für die Besteuerung unerheblich.

    Durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts kann das Steuergesetz nicht umgangen werden. Liegt ein Missbrauch vor, so entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht (§ 42 AO).

    c) Nach der BFH-Rechtsprechung sind Vertragsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen steuerrechtlich nur anzuerkennen, wenn die Verträge bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart worden sind und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Diese Anforderungen gründen auf der Überlegung, dass es innerhalb eines Familienverbundes typischerweise an einem Interessensgegensatz fehlt und zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten steuerrechtlich missbraucht werden können. Im Interesse einer effektiven Missbrauchsbekämpfung ist es daher geboten und zulässig, an den Beweis des Abschlusses und an den Nachweis der Ernstlichkeit von Vertragsgestaltungen zwischen nahen Angehörigen strenge Anforderungen zu stellen. Die besonderen Anforderungen der Rechtsprechung bilden Beweisanzeichen (Indizien) bei der im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu treffenden Entscheidung, ob die streitigen Aufwendungen in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Erzielen von Einkünften stehen oder dem nicht steuerbaren privaten Bereich (§ 12 EStG) zugehörig sind (vgl. BFH-Urteil vom 22. Februar 2007 IX R 45/06, BFH/NV 2007, 1400, BFHE 217, 409, m.w.N.).

    2. Nach Maßgabe dieser Rechtsgrundsätze war die Steuerpflichtige nicht an der AG beteiligt.

    a) Vor dem Abschluss des auf das Jahr 1997 rückdatierten Treuhandvertrages im Jahr 1999 bestand kein Treuhandverhältnis, das der Steuerpflichtigen irgendeinen Einfluss auf die Geschicke der AG vermittelt hätte. Ein mündliches Treuhandverhältnis ist weder vorgetragen noch wäre es unter Berücksichtigung der Grundsätze über die steuerliche Anerkennung von Angehörigenverträgen steuerlich anzuerkennen. Auch fehlt jedes objektive Indiz für das Bestehen eines solchen Treuhandverhältnisses. Schließlich zeigt die in den verschiedenen Gutachten vorgenommene flexible Diskussion bzw. Anpassung des Anteils der Steuerpflichtigen an die steuerrechtlichen Änderungen, dass vor dem Jahr 1999 keine rechtlich verbindliche Einigung über Essentialia des Geschäfts, insbesondere den Umfang des Treuguts, also die Höhe des Anteils erfolgte. Im Übrigen bestand keinerlei Grund für eine Beteiligung der H an der AG. Das Kapital der AG im Jahr 1997 brachte alleine der B auf, indem er Geldkreisläufe mit seiner früheren Firma generierte. Sämtliche für die Kapitalausstattung der AG verwendeten Gelder stammen aus der unternehmerischen Sphäre des B. Dagegen war die Steuerpflichtige als Lehrerin tätig, hatte eine völlig getrennte Einkunfts- und Berufssphäre und zeigte weder in den Vorjahren noch im Jahr 1997 eine aktive Beteiligung an den Geschäften des B. Unter diesen Umständen führt die Tatsache, dass die Gelder zur Kapitalausstattung der AG vom auf beide Eheleute lautenden Girokonto an die AG überwiesen wurden, nicht zu der Beurteilung, damit hätten beide je hälftig zur Kapitalausstattung beigetragen. Vielmehr wurde ein Großteil des Geldes durch das gemeinsame Konto nur binnen eines kurzen Zeitraums von wenigen Tagen „durchgebucht”. Die rein theoretische Möglichkeit eines verfügenden Zugriffs der H auf diese Gelder während der Durchbuchung führt aber nicht zu einer Änderung der Vermögenszuordnung von B auf H. Vielmehr stellte die H dem B das gemeinsame Konto für derartige geschäftliche Zwecke zur Verfügung. Welche Hintergründe dies hatte, ist für die wirtschaftliche Zuordnung der hier relevanten Gelder ohne Bedeutung.

    b) Der im ersten Vierteljahr 1999 von den Anwälten des B vorbereitete und von B und H unterzeichnete, rückdatierte Treuhandvertrag wird vom erkennenden Senat als Scheingeschäft qualifiziert. Er ist mithin nach § 41 Abs. 2 Satz 1 AO für die Besteuerung unerheblich. Das ergibt sich schon daraus, dass er eine Treuhand zu einem Zeitpunkt einzuräumen vorgibt, zu dem eine solche Treuhand nicht eingeräumt wurde. Auch gibt der Vertrag vor, Pflichten etwa der H zu begründen, die diese zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (1999) bereits längst erfüllt haben musste, wie etwa zur Kapitalausstattung beizutragen. B und H wussten zu diesem Zeitpunkt jedoch, dass die H niemals hierzu beigetragen hatte und auch nicht beitragen sollte. Der Vertrag wurde somit nicht tatsächlich durchgeführt und sollte auch nicht durchgeführt werden. Wesentlicher Zweck des Vertrages war es vielmehr, eine Gründungslegende zu schaffen, die ein wirtschaftliches Eigentum der H in Höhe des größtmöglichen steuerlich nicht wesentlichen Anteils überhaupt wirtschaftlich nachvollziehbar erscheinen lässt.

    c) aa) Nach § 41 Abs. 2 Satz 2 AO ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Besteuerung maßgeblich, sofern es von einem Scheingeschäft verdeckt wird. Dies ist im Zusammenhang mit § 41 Abs. 1 AO zu lesen, wonach die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts für die Besteuerung unerheblich ist, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Letztlich aus diesen Vorschriften entnimmt das FA, dass B der H im Zeitpunkt der Zeichnung des rückdatierten Vertrages im ersten Quartal 1999 der H jedenfalls im Schenkungswege den 9%-Anteil übertragen hat. Nur damit – so die sinngemäße Argumentation des FA – könne das im Vertrag ausgedrückte Ziel, bei der bevorstehenden Veräußerung der Aktien den Veräußerungsgewinn insoweit nicht steuerbar zu stellen, als er auf die nicht wesentliche wirtschaftliche Beteiligung der H entfällt, erfüllt werden.

    bb) Diese Beurteilung teilt der erkennende Senat nicht.

    Aus dem rückdatierten Vertrag ist nicht ersichtlich, dass B der H etwas zuwenden hätte wollen. Zwar ist richtig, dass ein Wechsel der wirtschaftlichen Eigentümerstellung zu H vor Gründung der AG erforderlich gewesen wäre, um das Ziel der Vertragsparteien, die Nichtbesteuerung des 9%-Anteils, zu erreichen. Gerade dieses Ziel konnten H und B mit einer Schenkung im Jahr 1999 aber nicht erreichen. Um als verdecktes Geschäft eine Schenkung anzunehmen, müsste jedoch die Absicht des Schenkers und des Beschenkten, den letzteren zu bereichern, nach außen eindeutig zum Ausdruck gekommen sein. Entsprechendes muss gelten, wenn zwar nicht eine Schenkung, aber eine steuerlich bedeutsame Zurechnungsänderung beim wirtschaftlichen Eigentum hätte eintreten sollen. Das ist nicht ersichtlich. Auch ist kein außersteuerlicher Grund ersichtlich, warum die H im Jahr 1999 hätte bereichert werden sollen. Eine „Belohnung” für die Mitaufbringung des Kapitals der AG konnte schon deshalb kein Grund sein, weil das Kapital ausschließlich aus der Sphäre des B kam – wie die Zahlungsflüsse zeigen – und auch weiterhin kommen sollte – wie die Aktenvermerke des Rechtsanwalts zum Treuhandvertrag zeigen.

    cc) Der weitere Lauf der Geschehnisse bringt ebenfalls nicht zum Ausdruck, dass die H ab 1999 eine – wirtschaftliche – Eigentümerstellung wahrgenommen hätte. Vielmehr hat von Anfang an alleine B wie ein Alleineigentümer der AG gehandelt. Eine Einflussnahme auf Entscheidungen durch H oder etwa Berichte des B an H sind nicht ersichtlich. Vielmehr hatte B eine alleinige beherrschende Stellung. Er hat die Geschäftsentwicklung gesteuert und die Umsetzung des von ihm geplanten Börsengangs betrieben. Demgegenüber beschränkte sich das aktive Handeln der H darauf, den zum Schein geschlossenen Treuhandvertrag zu unterzeichnen und – nach Zahlung des Kaufpreises – auf die Unterzeichnung der Überweisungen vom für sie errichteten Rechtsanwaltsanderkonto. Selbst bei der Verwendung des auf dem „Konto für H” befindlichen Geldes unterwarf sich die Steuerpflichtige nach den Gesamtumständen bedingungslos den Wünschen des B.

    dd) Demgegenüber tritt die Kundgabe der Treuhandstellung durch den B und seine Anwälte gegenüber den an dem Börsengang bzw. der Veräußerung Beteiligten zurück. Diese Kundgabe alleine vermag es nicht, an der gegenüber dem B völlig untergeordneten Stellung der H etwas zu ändern. Zwar ist dem FA zuzugeben, dass ein Treuhandverhältnis wegen der vom zivilrechtlichen Eigentum abweichenden Zurechnungsfolge eindeutig erkennbar sein muss, um nicht von Vorneherein die Anerkennung auszuschließen. Das heißt aber nicht, dass jede Kundgabe automatisch zur Anerkennung des Treuhandverhältnisses führt. Im Streitfall ist dazu bemerkenswert, dass die Kundgabe zunächst nur innerhalb des durch berufliche Schweigepflichten besonders gebundenen Personenkreises erfolgte. Bedeutsam erscheint dem Senat, dass die Kundgabe an die Käufer eine Notwendigkeit war, die sich aus dem gemeinsamen Tatplan ergab, den B mit seinem Rechtsanwalt J erarbeitet hatte (die Rückdatierung des Treuhandverhältnisses). Diese Legende einer Beteiligung musste natürlich folgerichtig in die nachfolgenden rechtlichen Schritte getragen werden, um überhaupt eine Chance auf rechtliche Anerkennung der Treuhand zu haben. Soweit die handelnden Personen nicht ohnehin Kenntnis vom Scheincharakter hatten – davon ist auch zumindest beim unmittelbar beteiligten RA J uszugehen – war allen anderen Beteiligten die Einräumung einer Minderheitsbeteiligung als übliche Steuerumgehungsmethode bekannt. Daher hatte es für sie keine Bedeutung und sie hinterfragten auch nicht, ob die treuhänderische Beteiligung vorgespiegelt war. Wichtig und bekannt war für den Beteiligten hingegen, dass B die zentrale Figur aller Geschehnisse war und er alleine schalten und walten konnte, wie er wollte, weil sich die H – sofern erforderlich – dem Willen des B unterordnen würde und unterordnete.

    ee) Schließlich hat die H auch nicht dauerhaft den ihr bei Annahme des wirtschaftlichen Eigentums zustehenden Gewinn erhalten. Vielmehr flossen die auf die 9% entfallenden Gelder aus dem Aktienverkauf durch das auf die H lautende „Treuhandkonto” zum weit überwiegenden Teil hindurch und gelangten wieder in die Geschäftssphäre des B. Auch hieran ist erkennbar, dass die H sich bedingungslos dem Willen und den Plänen des H unterwarf und die Eheleute den Veräußerungserlös zunächst als einen dem B zustehenden betrachteten. Die fehlende Rechtsmacht der H, auf Aktien oder Erlöse zuzugreifen, bevor die „auf sie entfallenden Erlöse” auf dem auf sie lautenden Rechtsanwaltsanderkonto gutgeschrieben waren, ist im Streitfall daher nicht lediglich notwendiger Ausdruck einer Treugeberstellung. Sie entspricht nach den Gesamtumständen auch genau dem, was die Beteiligten wirtschaftlich wollten. Unter diesen Umständen sieht der erkennende Senat es nicht als möglich an, in einer Art „geltungserhaltenden Reduktion” als verdecktes Geschäft des Scheingeschäfts eine schenkweise Einräumung wirtschaftlichen Eigentums samt Treuhand für die Zukunft zu sehen.

    ff) Dem kann nicht entgegen gehalten werden, B und H hätten bei Abschluss des rückdatierten Treuhandverhältnisses dessen Wirksamkeit und Durchführung unbedingt gewollt, weil anderenfalls die begehrte Steuerfreistellung des 9%-Anteils nicht erzielbar gewesen wäre. Denn nach dem Plan des B reichte es für die steuerliche Anerkennung auch, wenn dem FA das Treuhandverhältnis nur vorgespiegelt wird. Notwendigerweise musste es auch rückbezogen auf den Gründungszeitpunkt der AG vorgespiegelt werden, um die Steuerverhaftung zu vermeiden. Eine unentgeltliche Zuwendung des wirtschaftlichen Eigentums am 9%-Anteil der AG an die Steuerpflichtige im Jahr 1999 wäre daher nicht zielführend gewesen, weil auch diese zur Steuerverhaftung geführt hätte – das ist ja gerade die Argumentation des FA.

    3. Allerdings hat die H im Jahr 2000 von B Gelder erhalten, die vom erkennenden Senat als Sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG beurteilt werden.

    a) Leistung im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Unterlassen und Dulden, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und das eine Gegenleistung auslöst (BFH-Urteil vom 21. September 2004 IX R 13/02, BFHE 207, 284, BStBl II 2005, 44). Ein synallagmatisches Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ist nach dem zitierten Urteil nicht mehr erforderlich. Entscheidend ist vielmehr, ob das Entgelt durch das Verhalten des Steuerpflichtigen veranlasst ist. Hinreichend ist ein wirtschaftlicher Zusammenhang in der Weise, dass die Gegenleistung durch das Verhalten „ausgelöst” wird (ebenda, m.w.N.). Daher ist nicht erforderlich, dass der Leistende bereits beim Erbringen seiner Leistung eine Gegenleistung erwartet. Ausreichend ist, dass er eine in wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Gegenleistung annimmt.

    Einen ausreichenden Zusammenhang in diesem Sinne hat die Rechtsprechung bejaht für Belohnungen, wenn sie als Gegenleistung für eine Leistung gezahlt werden. Etwa Provisionen bei ringweiser Vermittlung von Lebensversicherungen (BFH-Urteil vom 20. Januar 2009 IX R 34/07, BFHE 224, 252, BStBl II 2009, 532) oder das aus einer Erpressung erlangte Lösegeld können unter die Vorschrift fallen, ebenso Schmier- oder Bestechungsgelder (BFH-Beschluss vom 20. Juli 2007 XI B 193/06, BFH/NV 2007, 1887; BFH-Urteile vom 26. Januar 2000 IX R 87/95, BFHE 191, 274, BStBl II 2000, 396; vom 31. Mai 2000 IX R 73/96, BFH/NV 2001, 25; vom 19. Dezember 1960 VI 62/60, Juris; Finanzgericht München, Urteil vom 24. Mai 2006 9 K 1725/05, Juris), auch werthaltige Tipps (BFH-Urteil vom 26. Oktober 2004 IX R 53/02, BFHE 207, 305, BStBl II 2005, 167) oder die Bereitschaft mit persönlichen Beziehungen geschäftliche Transaktionen zu befördern (BFH-Urteil vom 20. April 2004 IX R 39/01, BFHE 206, 105, BStBl II 2004, 1072). Auch der Lohn, den der Gehilfe an einer Straftat bekommt oder den er – insbesondere bei einer Vermögensstraftat – als Teilhabe am Erfolg erwarten darf und erhält, ist nach Auffassung des Senats eine Gegenleistung, die für die Mitwirkung des Gehilfen gezahlt wird und daher wirtschaftlich eine Gegenleistung darstellt.

    b) Ausgehend vom oben gefundenen Ergebnis, dass dem B auch nach 1999 und im Verkaufszeitpunkt der streitige 9%-Aktienanteil wirtschaftlich und damit steuerlich zuzurechnen ist, ist ihm auch der erzielte Veräußerungserlös, der dem B im Mai/Juni 2000 zugeflossen ist, zuzurechnen. Die bloße Tatsache, dass der Rechtsanwalt des B darauf achtete, dass der Saldo der Konten den nach dem verworfenen Treuhandvertrag der H zustehenden Anteil nicht unterschreitet, wertet der Senat nicht so, dass diese schon eine Rechtsmacht über diese Gelder gehabt hätte, solange sie sich noch auf dem Anderkonto „für B” befanden.

    c) Auch die Umbuchung auf das „Anderkonto für H” im September 2000 verschaffte der Steuerpflichtigen nach Auffassung des Senats noch nicht eine hinreichende Verfügungsmacht, um ihr die Gelder bereits wirtschaftlich zuzurechnen. Nach wie vor konnte sie nicht frei über die Gelder verfügen, da sie nur zusammen mit dem im Lager ihres Ehemannes stehenden Rechtsanwalt Dr. K erfügungen zeichnen konnte. Daher und belegt durch die – insoweit glaubhafte – Aussage der Steuerpflichtigen und des B in der mündlichen Verhandlung, die H habe das Konto als „Geld des B” betrachtet, rechnet der Senat auch diese Phase des Geschehens noch zu dem Lügengebilde, das die Schein-Treuhand in ihrer Durchführung nach außen bestätigen sollte. Das oben unter 2 c) cc) ff. Ausgeführte gilt auch hier: auch zu dieser Phase unterwarf sich die Steuerpflichtige weiterhin dem Plan und den Weisungen des H.

    d) Auch soweit die H zusammen mit Rechtsanwalt Dr. K die Gelder in den Bereich des B weiterleitete, ist in dieser tatsächlich wahrgenommenen Mitverfügungsgewalt noch nicht der Zufluss wirtschaftlichen Eigentums zu sehen. Soweit die Gelder ohne nähere rechtliche Absicherung an B oder auf dessen Weisung an Dritte – etwa das Treuhandkonto … – geleitet wurden, gehört dies noch zur Abwicklung des eingefädelten Lügengebildes.

    e) Etwas anderes gilt auch nicht für das dem B eingeräumte Darlehen über 3 Mio DM, das am 10. Oktober 2000 direkt auf ein Konto der AG ausgereicht wurde. Der Senat hat zwar erwogen, ob in der der H mit Zeichnung des Darlehensvertrags vom 9. September 2000 eingeräumten Darlehensgläubigerposition die Zuwendung wirtschaftlichen Eigentums zu sehen ist. Dafür spräche, dass die H mit diesem Vertrag eine zivilrechtlich durchsetzbare Darlehensrückzahlungsforderung gegenüber B erlangt hat, die – jedenfalls auf den ersten Blick – auch den wesentlichen steuerlichen Anforderungen an Ehegattenverträge genügt. So ist dieser Vertrag schriftlich und wohl im vorhinein eindeutig geschlossen und genügt in wesentlichen Punkten einem Drittvergleich. Mit der Ausreichung erscheint er auch in Durchführung begriffen. Dass die spätere Rückzahlung unterblieben ist, weil der Schuldner B in Insolvenz geraten ist, wäre nicht weiter schädlich.

    Indes hat sich der Senat von den Erläuterungen der H und des B in der mündlichen Verhandlung überzeugen lassen, dass beide den Darlehensvertrag als weiteres Scheingeschäft betrachtet haben, der wie die anderen „Darlehen” nur dazu gedient habe, den Schein eines durchgeführten Treuhandverhältnisses aufrecht zu erhalten und dem Geldrückfluss an B einen glaubhaften rechtlichen Grund zu unterlegen. Dafür, dass diese Darlegung der damaligen Absicht von B und H entsprochen hat, spricht auch die fehlende Besicherung der Darlehensrückforderung. Deren Fehlen ließe im Übrigen auch Zweifel aufkommen, ob der Vertrag den sog. Drittvergleich letztendlich bestehen würde. Denn eine Forderung dieser Höhe pflegt regelmäßig mit entsprechenden Sicherheiten hinterlegt zu werden. In einer Gesamtschau beurteilt der Senat daher den Darlehensvertrag als Scheingeschäft, der nicht dazu geführt hat, dass der H insoweit Geldwerte zugeflossen sind.

    f) Allerdings sind der Steuerpflichtigen durch Überweisungen auf solche Konten, über die sie alleine verfügungsberechtigt war, Gelder zugeflossen. Dies gilt einmal für die Überweisung vom 21. Dezember 2000 über 200.000 DM vom „Anderkonto für H” auf ihr Konto Nr. 566115. Das gilt aber auch für den durch das Konto des B durchgeleiteten Betrag von weiteren 200.000 DM. Von dem am 21. Dezember 2000 vom „Anderkonto für H” dem B überwiesenen Betrag von 400.000 DM gelangten einen Tag später 200.000 DM auf das Konto der H. Auch insoweit liegt also eine Zahlung von B an H vor. Gleiches gilt für einen im Schätzungswege auf 1/2 des Betrages zu begrenzenden Anteil an der Überweisung von 100.000 DM am 14. November 2000 auf das gemeinsame Konto der Eheleute, von dem Lebenshaltungsaufwendungen beglichen wurden. Auch insoweit liegt eine Zuwendung des B an H vor. Der Steuerpflichtigen sind mit diesen Zahlungen vermögenswerte Positionen in Höhe von 450.000 DM zugeflossen.

    g) Die Gelder sind der Steuerpflichtigen als Gegenleistung für deren Leistung zugeflossen. Die von der Steuerpflichtigen erbrachte Leistung, die mit den genannten Zahlungen abgegolten werden sollte, ist deren Mitwirkung an der versuchten Steuerfreistellung des Anteils des Veräußerungserlöses, der nach dem Schein-Treuhandvertrag als der H gehörend nicht steuerbar wäre. Sie hat nicht nur den rückdatierten Vertrag unterschrieben und sich als Strohmann und Kontoinhaber zur Verfügung gestellt, sondern auch an der Falschdarstellung gegenüber dem Finanzamt mitgewirkt. Bei einer Würdigung der gesamten Umstände besteht kein Zweifel, dass die H an dem hierdurch erzielbaren Steuervorteil teilhaben sollte und durch die genannten Gelder, die ihr verblieben sind, auch teilhatte. Die Gelder stammen unmittelbar aus dem Geld, das nach dem Tatplan ohnehin als solches der H dargestellt werden musste. Auch erscheint der Betrag von 450.000 DM als angemessene Beteiligung am geplanten Taterfolg. Geht man von einem nach Tatplan nicht steuerbaren Betrag des Veräußerungsgewinns von …386.000 DM aus, so konnten H und B unter Zugrundelegung eines Grenzsteuersatzes von 50% von einer Steuerersparnis von rd. 5 Mio DM ausgehen. Nach Kopfteilen aufgeteilt auf die beiden Eheleute wäre es im Wege der Schätzung gerechtfertigt einen Betrag bis zu 2,5 Mio DM als Teilhabe an der geplanten und in der Durchführung stecken gebliebenen Steuerverkürzung und somit als Entgelt und sonstige Leistung anzusehen. Angesichts dessen, dass der „plötzliche Reichtum” der Eheleute im Wesentlichen auf den Handlungen des B beruhte, mag ein Abschlag an dieser rechnerischen Beteiligung der H gerechtfertigt sein. Nach den Gesamtumständen erscheint der Betrag von 450.000 DM jedenfalls als angemessene Beteiligung der H am Taterfolg der damals noch nicht gescheiterten Steuerverkürzung. Eine solche Beteiligung konnte und durfte die B für ihre Leistungen in jedem Falle erwarten.

    Nach den Gesamtumständen ist dieser Betrag auch als Gehilfenlohn und somit als sonstige Leistung und nicht etwa als Schenkung oder als ehebedingte Zuwendung zu beurteilen. Der wirtschaftliche Bezug zur Hilfeleistung der H bei der geplanten Steuerverkürzung liegt im Streitfall offen zutage. Die Gelder stammen zum Einen unmittelbar aus dem mit dem Schein-Treuhandverhältnis verbundenen Beträgen. Zum Anderen wurden sie in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit Hilfeleistungen der H – nämlich deren Verfügungen über das „Treuhandkonto für H” und mit dem Wiedereinschleusen der Gelder aus dem betrügerischen Verkauf der Aktien in den Geldkreislauf des B – gezahlt.

    4. Die beantragte Revisionszulassung wird abgelehnt, weil ein Revisionszulassungsgrund (§ 115 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung) nicht ersichtlich ist. Die Frage, wann ein Treuhandverhältnis steuerlich anzuerkennen ist, ist höchstrichterlich geklärt. Gleiches gilt für die anderen im Streitfall maßgeblichen Rechtsgrundsätze. Im Übrigen waren im Streitfall im Wesentlichen tatsächliche Fragen zu würdigen, also solche Beurteilungen vorzunehmen, die dem Tatrichter obliegen und dem Revisionsgericht nicht zugänglich sind.

    5. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 136 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.

    VorschriftenAO § 39, AO § 41, EStG § 22 Nr. 3, InsO § 179 Abs. 2